Geschichten:Frühlingssturm - Des Heermeisters Gefolge

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Der nächtliche Schnee hatte sich wie ein bleicher Schleier über die Flanken von Burg Leuenfels gelegt. Noch war die Sonne hinter einer grauen Wolkendecke verborgen und die klirrende Luft verhieß einen kalten Tag. Nur die klappernden Geräusche der Pferdehufe verrieten die Ankömmlinge, die unter dem schwarz-silbernen Banner der Rabenmark der Arveburg entgegenstrebten. Gut ein Dutzend Waffenknechte in aschgrauen Wappenröcken mühte sich redlich ab, mit den Rittern und Edlen hoch zu Ross Schritt zu halten, die dem Heermeister der Rabenmark folgten.

Im Burghof war das Gesinde bereits damit beschäftigt, Holz zu spalten, Holzbottiche mit Brunnenwasser zu füllen, oder das Brot für die Herrschaft zu backen. Nach einem kurzen Blick über den Hof schwang sich Baron Welfert von Mersingen aus dem Sattel und warf einem verschreckten Knecht die Zügel zu. „Absatteln, Striegeln, füttern. Und melde Er seinem Herrn die Ankunft der Rabenmärker. Aber hurtig!“ In einem Anflug von Gehässigkeit, die zweifelsohne seinem schmerzenden Hinterteil geschuldet war, fragte er sich kurz, ob der Knecht tatsächlich dumm genug war, seinen Herrn um die ungastliche Zeit zu stören.

Gewohnt, dass man seinem Befehl folge leistet, harrte er nicht dessen Erfüllung, sondern wandte sich sogleich an den kratzfüßigen Leibdiener, der mit devotem Ausdruck an die Seite seines gestrengen Herrn geeilt war. „Radumir, sieh zu, dass du einen guten Wein auftreibst. Wir wollen uns doch nicht in Langeweile ergehen, derweil wir der Turney harren. Doch nicht die wohlfeile Plörre, die du mir sonst in der Ferne zu kredenzen pflegst. Uns friert.“

Mit einer Stimme, die sich fast im Wind verlor, wandte er sich an die puppengleiche Edle Thara von Bodiak, die stets in seinem Schatten wandelte und bat mit jetzt seidenweicher Stimme für eine standesgemäße Unterbringung zu sorgen, während er den Junker von Vierbürgen kühl anwies, den Aufbau seines nachtschwarzen Ritterzelts am Tjostenfeld und des Wappenpfahls zu veranlassen.

Wenig später saß Welfert auf einem hölzernen Steckstuhl zu Füßen des mächtigen Bergfrieds und tunkte saumselig den warmen Ranft in den silbernen, von Totentanzszenen umrankten Weinpokal. Erst der genüssliche Biss in das Brotstück, der die scharlachrote Flüssigkeit des Rebensaftes über seine Lippen rinnen ließ, glätteten seine von der beschwerlichen Reise gespannten Züge und ließen seine Gedanken wieder zum bevorstehendem Wettstreit zurückkehren.

Answin Gerofan von Föhrenstieg-Bregelsaum, der Sohn des Junkers Praiodan, schluckte seinen gewachsenen Groll hinunter. Es will diesem Mersinger anscheinend nicht in den Sinn kommen, das er und nicht sein Vater mit ihm reitet, dachte sich Answin ehe er knapp: „Jawohl mein Herr!“ herausbrachte und sich aufmachte die Knechte anzuweisen.

Seit Tagen schon kümmerte sich Welfert anscheinend eher darum die Tage hier auszuspannen, als sich mal Gedanken zu machen wie man hier auftreten sollte. Geschweige denn zu merken dass nicht sein Vater Praiodan neben ihm her ritt, sondern dessen Sohn. Der eitle Gockel sollte ihn aber noch kennen lernen und wenn es seine Lanze auf dem Turnierfeld sein würde. Auch diese Tharia von Bodiak, die wie ein Hund um den Mersinger herumschwänzelt und seinem Vater seit jeher auch nichts als Unsympathie gegenüber brachte, war ihm ein Dorn im Auge. Gefallen würde sie ihm ja, aber wenn man so verbohrt seinen Idealen nachrennt wie sie es anscheinend tut, kann ihr Weg nur im Schwert der Nekromanten enden. Zu allem Überdruss erspähte er am Ende des Tjostenfeldes den weißen Mantel der Golgariten. Nicht mal hier ist man vor denen sicher ... sollen sie sich zurück in den Kosch scheren wo sie herkommen, ziehen sie doch eh nur Ärger an.

Auch die Geschichten von den beiden Schlachten am Arvepass und vor Beilunk, wurde ihm von seinem Vater erst vor kurzem erzählt. Die Bannstrahler auf Auraleth hatten sie ihm erzählt. Die Rabenritter hätten die Bannstrahler vor Beilunk verraten und sich aus dem Staub gemacht. „Das wundert mich gar nicht!“, sinnierte der Edle so halblaut vor sich hin ehe er sich wieder seinem Lehensherren näherte der es sich, bequemlich wie er zu sein schien, bereits wieder faul vor dem Bergfried herumsaß.

Wie vom Heermeister gebeten, machte sich Thara davon, um eine Unterbringung für die im Schnee wartenden Aschenfelder Ankömmlinge zu arrangieren. Es war ihr nur zu recht, dass Welfert auf seinen Komfort nicht verzichten wollte, denn die Müdigkeit saß auch ihr schwer in den Knochen, und sie sehnte sich nach nichts mehr als einer Ruhestatt.

Mit der ihr innewohnenden Hartnäckigkeit erreichte sie, dass schleunigst ein Hausdiener der Burg geweckt wurde, der ihr ein wenig verschlafen nicht gerade bester Laune, aber dennoch dienstbeflissen genug Gemächer für die Unterbringung der soeben eingetroffenen Gäste zuwies. Thara inspizierte die Räumlichkeiten genauestens, um nicht Welferts Unwillen auf sich zu ziehen. Denn bisher hatte er sie stets zuvorkommend behandelt (wenn auch zumeist begleitet von ein wenig Gönnerhaftigkeit), und an diesem durchaus angenehmen Zustand hatte sie nicht vor, etwas zu ändern. Nach langer Zeit der Ruhelosigkeit hatte sie endlich wieder einen Platz für sich gefunden, was sie mit grimmiger Zufriedenheit erfüllte. Außerdem wusste sie, dass die ein oder andere Dame es ihr durchaus neiden würde, zum näheren Umfeld des charismatischen Heermeisters zu gehören.

Die Gemächer waren halbwegs geräumig und sauber, darüber würde Welfert nicht klagen können, außerdem waren sie beheizt. Lediglich die Einrichtung mutete etwas karg an. Die Edle war vollauf zufrieden und kehrte mit dem Hausdiener in den Burghof zurück, wo sie den Heermeister am Fuß des Bergfrieds erspähte.

"Hochgeboren? Es ist alles für Euch arrangiert, die Gemächer sind bereit."

Wenig später ließ sich eine erschöpfte Edle auf eine einfache Bettstatt sinken und schlief sofort tief und fest ein. Derweil kümmerte sich ein nicht minder müder Waffenknecht um die nötigen Vorbereitungen, die für ihre Turnierteilnahme zu treffen waren.



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Texte der Hauptreihe:
Autor: Corvinius