Geschichten:Fluss der Erkenntnis - Das Vermächtnis

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Hochnjerburg, Königliche Domäne Neerbusch, Ende Boron 1038 BF:

Edorian saß an einem schweren Schreibtisch aus Eiche und betrachtete einige Dokumente, als Leomar das Turmzimmer der `Langen Hallermine´ betrat.

„Ach dieses Firuns-Wetter … der Winter bringt das Leben hier ja zum erliegen. Fast schon würde man es dem Bären gleichtun wollen und die ganze Misere verschlafen.“ Leomar ging zu einem der Turmfenster und schaute hinaus. Von hier oben hatte man einen bemerkenswerten Blick über dem Reichsforst. Gar bis zur Harschenheide konnte man sehen. In der Ferne ragten die schneebedeckten Hügel der Klappechser Höhen empor und bildeten ein sehenswertes Panorama.

„Hat sich Ardare eigentlich wieder beruhigt?“, fragte Leomar im eher gelangweilten Ton. Wirklich zu interessieren schien es ihm nicht.

„Was glaubst du denn“, entgegnete Edorian, ohne dabei seinen Blick von den vor ihm liegenden Pergamenten zu lassen, „ICH war es, der ihr deine Beileidsbekundungen überbracht hat. Sie hasst mich!“ Ein wenig Genugtuung war von seiner Mimik abzulesen, denn er hatte es genossen sie so verwundbar zu sehen. Aber wusste er auch, verletzte Raubtiere waren umso gefährlicher.

„Wie war es in der Schwitzkammer mit Mulziber und Reto?“

„Puh, das ist der einzige Ort hier auf der Burg an dem es sich bei diesem Wetter aushalten lässt. Zumal … die Zunge lockert sich, wenn man in vertrauter Runde beisammen sitzt und sich entspannt.“, Leomar lächelte wissend und drehte sich zu Edorian, „Der neue Seneschall auf Neu-Sighelmsstein soll ein recht strammer Bursche sein – und eloquent noch dazu, wenn man dem Tannengrund glauben schenken darf. Der würde dir gefallen. Wir sollten ihm mal unsere Aufwartung machen … aber ohne Reto, der ist zu aufdringlich.“

„Ich werde eh in Kürze gen Perricum aufbrechen da meine Base heiratet. Das ließe sich also verbinden“, außerdem würde er dort Anshelm wieder sehen, dachte sich Edorian im Stillen und ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht. Es war mitunter erschreckend, es schien als wohnten zwei Seelen in seiner Brust. Zum einen der kühl kalkulierende Machtmensch und zum anderen der liebevolle Familienvater und Geliebte. Gut, dass Anshelm nur die eine Seite von ihm kannte. Schnell schob Edorian diesen Gedanken beiseite. „Und wie ist der neue Haushofmeister der uns in den letzten Briefen von Aline angekündigt wurde?“ Der königliche Jagd- und Forstmeister hatte nun seinen Blick von den Pergamenten erhoben und sah Leomar direkt an.

„Der ist eine Taugenichts. Tannengrund hält gar nichts von ihm.“ Leomar winkte ab.

„Uns fehlt nun ein zuverlässiges Auge und Ohr am Sighelmsmärker Hof, nun, da die Trenck nicht mehr ist. Es sei denn du möchtest auf die Dienste von Rondriga zurückgreifen“. Edorian wusste was jetzt kommen würde.

„Bist du verrückt, Feenwasser“, echauffierte sich der Kronvogt, „der traue ich nicht über den Weg. Ganz im Gegenteil, ich brauche jemanden der sie für mich im Auge behält und ich habe da auch schon jemanden im Blick.“

„So?“, nun war Edorian doch überrascht.

„Ja, deinen Vetter Salerian!“ Leomar zog vielsagend seine rechte Augenbraue hoch.

„Salerian? Der ist doch eigentlich in Windfest ganz gut aufgehoben und erledigt dort gewissenhaft Arbeit“. Edorian war gar nicht begeistert seinen Vetter wieder in den Diensten Leomars zu wissen, hatte er doch mit Müh und Not verhindern können, das dieser Salerian an den Neerbuscher Hof holte. Der Eibenhainer Junker fürchtete seinen Vetter als Konkurrenten. Nun, in der Kaisermark war er allerdings auch weit genug weg, vielleicht war es also doch keine so schlechte Idee. „Aber wenn du meinst, dass er dir in der Sighelmsmark besser dienen kann, dann sei es so.“

„Ja, es ist bereits alles mit Tannengrund abgesprochen, er wird versuchen Salerian als Kämmerer am Hof des Burggrafen unterzubringen.“

Edorians Miene versteinerte. War also alles schon abgemacht? Und das ohne ihn vorher zu konsultieren? Das gefiel ihm ganz und gar nicht.

„Liegt sonst noch was an, Feenwasser?“ Leomars Blick fiel auf die Dokumente auf dem Schreibtisch.

„Nein, nichts wichtiges“, Edorian straffte sich und legte die vor ihm liegenden Papiere eilig zusammen. Denn, eigentlich wäre da noch was gewesen. Die Dokumente die die Trenck bei sich geführt hatte und wegen denen sie augenscheinlich ermordet wurde waren hochbrisant. Darion hatte, wohl wissend dass die Trenck etwas Wichtiges bei sich trug, den Inhalt der ledernen Tasche kurz vor dem Erreichen von Eibmühlen ausgetauscht. Fraglich war nun, ob der Mörder das wusste und er nun hier bei Hofe weilte um sein Werk zu vollenden.

Eigentlich hätte er diese Angelegenheit mit Leomar besprechen wollen, doch entschloss er sich der Sache erst einmal alleine auf den Grund zu gehen.

„Gestern ist doch Elbrecht von Trenck eingetroffen, oder?“, fragte Edorian fast beiläufig.

„Ja, er möchte an das Grab seiner Frau gebracht werden um sich von ihr zu verabschieden.“ Leomar schien dies herzlich wenig zu interessieren.

„Gut, ich werde ihn dort hinbringen. Ein kleiner Ausritt würde mir sicher gut tun.“ Und dabei hat man die Möglichkeit sich ungestört zu unterhalten, dachte Edorian.

„Ach, wunderbar, dann muss ich mich nicht mit solche bedrückenden Angelegenheiten rum schlagen.“ Leomar verließ eilig die Turmkammer. Ihm war nach einem Bad in dem angenehm warmen Wasser der Therme.