Geschichten:Fest der Gaben – Überrumpelt

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Schloss Gerbaldsaue, Hof der Burggrafen zur Gerbaldsmark, Kaiserlich Gerbaldsmark, 22. Tsa 1040 BF:

Es war noch früh am morgen, das Leben auf Schloss Gerbaldsaue begann sich erst langsam wieder zu regen. Vergnügt zwitschernde Vögel gegrüßten die aufgehende Sonne und nicht ein einziges Wölkchen hatte sich an den strahlend blauen Himmel verirrt. Es war zwar noch empfindlich kühl draußen, aber Firun hatte dem Tsagefälligen Frühling endgültig das Feld geräumt. Die Natur erwachte zu neuem Leben.

Ludomir räkelte sich im Bett. Er rieb sich träge den Schlaf aus den Augen und fasste sich an seine schmerzenden Stirn. Der Perricumer Rote gestern Abend war wohl doch etwas zu viel für ihn gewesen, dachte er sich, oder war es doch dieser Eibenhainer Feentraum? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Er schaute an seinem drahtigen Körper herunter. Wie es schien, erwachte auch dort wieder das Leben. Doch bei Rahja, er war allein, sein Gefährte der Nacht war bereits fort.

Der Spross aus altem hirschfurter Stadtadel legte sich entspannt zurück. Er war eine schillernde Persönlichkeit in den höheren Kreisen von Gareth. Als Gesellschafter für gelangweilte Damen und Herren der Obersicht hatte er einen exzellenten Ruf – für seine Spielsucht hingegen eher weniger. Das Arrangement mit dem Reichsvogt war daher durchaus lukrativ. Er bekam finanzielle Zuwendungen – die er bei seinem Hang zur Spielerei auch dringend brauchte – und vor allem Zugang zum Hof. Der Reichsvogt konnte durch Lubomir dessen Kontakte zur Garether Unterwelt, vor allem zu den Almadanern, nutzen. Er lächelte vergnügt.

Unvermittelt stand auf einmal eine schlanke Gestalt vor ihm. Rehbraune Augen sahen ihn mit strengen Blick an.

Timshal“, keuchte Ludomir, „das du mich immer so erschrecken musst. Sag, wo ist Reto?“ Er schaute wieder zu sich herab und grinste. „Ich wäre wieder bereits für das nächste Lanzenstechen.“

„Der Reichsvogt hat Termine und für dich ist es nun Zeit zu gehen!“

„Wie unbefriedigend.“ Lubomir verdrehte seine Augen. „Schon gut, ich bin ja schon weg.“

Nach dem er sich angezogen hatte, verschwand er lautlos durch eine Geheimtür hinter einem Wandteppich, während der Kammerherr mit einem triumphierenden Lächeln das Nebenzimmer betrat. Er konnte diesem Taugenichts nichts abgewinnen und wusste nicht, was der Reichsvogt an ihm fand. Sicherlich, er hatte provinziellen Charme und sah recht ansehnlich aus, aber das war auch schon alles. Davon gab es hier viele.

Im herrschaftlichen Ankleidezimmer wurde Reichsvogt Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor von einem jungen Diener angekleidet. Neben ihm stand sein Mundschenk Yaron von Alxertis, sowie sein Berater Borro von Agur und dessen Sohn Romelio, dem Sekretär des Reichsvogtes. Die Stimmung war frostig und sollte so gar nicht zu diesen an sich schönen, gerade neu beginnenden Tag passen.

Der Reichsvogt hielt zwei Briefe in der Hand, die ihm zuvor von Romelio ausgehändigt worden waren. Seine Stirn zog sich in Falten und er schaute grimmig auf die Zeilen.

SIE wagt es, in unserem Namen zu sprechen, OHNE uns vorher konsultiert zu haben?“ Reto warf die Briefe verärgert zu Boden.

„Vielleicht ist der andere Brief nur einfach zu spät hier angekommen, immerhin haben zwei verschiedene Boten die Briefe übergeben … wenn auch am gleichen Tage.“ Romelio versuchte eine logische Antwort zu finden.

„Meine Absprachen mit meinem Vetter Gerwulf waren da unmissverständlich. Das kleine Füchslein sollte in den Vordergrund gerückt werden. Stellvertretend für uns sollte der großgaretische Almosenmeister genannt werden und NICHT SIE! Was erlaubt diese FRAU sich?“ Der Aimar-Gor hatte sich in Rage geredet. Mitunter kam sein aranisches Temperament noch einmal durch.

„Ein wenig Wein um die Gemüter zu beruhigen?“, warf Yaron von Alxertis ein und schenkte bereits einen Becher ein. Als der Reichsvogt abwehrend seine Hand erhob, zuckte der Mundschenk nur mir den Schultern und trank den Becher selber in einem Zug leer.

„Nun, sie ist nun mal als Gräfin die Ranghöchste deiner Almosensammlertruppe, kein Wunder, ich würde da auch den Platz an der Sonne beanspruchen.“ Die Worte von Borro von Agur trafen wie so oft den Kern.

„Das ist mir auch klar, aber IHR ist nun mal nicht zu trauen.“ Trotz lag in der Stimme des Reichsvogtes. „SIE hat sich schon viel zu sehr in unsere Angelegenheiten eingemischt. Das muss aufhören!“

„Was sollen wir tun?“, fragte Romelio.

„Wir spielen das Spiel mit, was bleibt uns anderes übrig.“ Borro von Agur zuckte mit den Schultern.

„Das werden wir! In Korgond sehen wir uns wieder!“ Die Worte des Reichsvogtes klangen beinahe wie eine Drohung.