Geschichten:Faust des Ostens Teil 15 - Politik

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Personen:
Aldron von Firunslicht, Landvogt des Arvepasses
Leodane, Edle zu Salcaprea, seine Gemahlin
deren Falke

"Du bist ein ganz feiner... ja..." Zärtlich strich Leodane über das Federkleid ihres Falken, der es sich auf dem Handschuh gemütlich gemacht hatte, dessen starkes Leder sie schützte. "Ist er nicht ein Prachtexemplar? Ich habe neu anfangen müssen, aber allmählich ernte ich wieder Früchte. Dies Land ist geradezu ideal für meine Lieblinge!" Aldron nickte und sah sich um. Die Eheleute waren von Salcaprea aus ein Stück weit nach Süden geritten über das offene und leicht wellige Weideland, dass sich von hier bis zu den Ausläufern der Salzberge erstreckte, unterbrochen nur von vereinzelten Wäldchen und den Feldern der Bauern an den Bachläufen, die den Marschen im Norden zustrebten.
"Es freut mich, dass deine Zucht sich erholt hat." - "Wiederauferstanden ist sie!", korrigierte Leodane indigniert. Der Verlust ihrer Falken im Jahr des Feuers hatte sie tief getroffen. "Wiederauferstanden, das wohl", pflichtete ihr Gatte ihr bei und weckte sofort wieder ihren Argwohn. Tadelnd bemerkte sie: "Du hörst mir nicht zu. Wo sind deine Gedanken schon wieder?" Aldron sah zu seiner Angetrauten hinüber und gab sich keine Mühe, den Umstand verbergen zu wollen. "Raul von Brendiltal hat geschrieben." - "Ach, der Bote, der heute Mittag in den Hof geritten ist?" Aldron nickte knapp und fasste ebenso knapp zusammen: "Er fragt an, ob ich mit ihm zum Sturmfels reise und Chaliba von Brendiltal auf ihrem Weg zum Baronsreif unterstütze." Er machte eine kurze Pause, um dann zu ergänzen: "Ich kenne die Dame annähernd gar nicht. Und sie trägt offenbar nicht einmal den Namen Sturmfels. Andererseits ist er mein Bundesbruder."
Leodane lächelte hintersinnig und genoß ihre folgenden Worte sichtlich: "Das ist die verschmähte Verlobte." Aldrons Konsterniertheit drückte sich wie so oft in einem bewegungslosen Gesicht aus. Schmunzelt fügte Leodane hinzu: "Chaliba war die Verlobte Leobrechts von Ochs, bevor der ihr den Laufpass gegeben hat, sehr zum Mißfallen seines Hauses, wie man hört. Nachdem seine langjährige Buhlin begonnen hat, sich um den Sturmfels zu bemühen, hat Chaliba nachgezogen." Aldrons Stirn zeigte eine nachdenkliche Falte. "Sie ist eine Brendiltal und keine Sturmfels." Leodane machte eine wegwerfende Handbewegung mit der freien Hand. "Sind wir nicht alle ein wenig Sturmfels? Ich denke nicht, dass es darauf wirklich ankommt. Stell dir lieber die Frage, welche Parteiung wir am liebsten als Sieger sähen."
Leodanes Pragmatismus veranlaßte Aldron zu einer Vertiefung seiner Stirnfalte. "So leicht ist es nicht. Immerhin geht es um eine alte Familientradition des Hauses Sturmfels und nicht um ein höfisches Geschacher. Der jüngere Alrik wird seit Jahren auf diesen Augenblick vorbereitet." Leodane zuckte mit den Schultern und begann wieder ihren Gefiederten zu kraulen. "Wenn die Götter es wollen, wird er schon gewinnen. Tradition hin oder her - dich muss ich nicht an die Bedeutung von Schwüren erinnern. Es war solch eine ergreifende Zeremonie im Efferd am Darpat... das - und wir sollten die guten Beziehungen zu Brendiltal weiter ausbauen. Du kannst sie gut gebrauchen. Und nicht nur du - die ganze Markgrafschaft." Sie riß ihren Blick von dem Vogel los und schenkte eine ernste Variante davon ihrem Gatten. "Ich bin mir recht sicher, dass unter dir so ein - wie hast du es genannt, ach ja... So ein Debakel wie letzten Hesinde gäbe es nicht. Und wenn es stimmt, was man hört..."
Aldron fuhr auf und wies die Edle von Salcaprea unwirsch zurück. "Das sind lediglich Gerüchte! Und davon gibt es verschiedene, das wohl!" Diese nickte. "Eben, es sind viele Namen im Gespräch. Aber wenn du die wichtigeren davon an deine Seite holst, dann erledigt sich diese Angelegenheit." - "Goldene Worte, Leodane, wieder einmal. Bist du sicher, dass du nur das Wohl der Markgrafschaft im Sinne hast?" Lediglich für Eingeweihte war der leise Spott in seiner Frage erkennbar. Und beinahe rituell antwortete die Falknerin: "Ausschließlich, du kennst mich doch." - "Das in der Tat... das in der Tat..." Sinnierend blickte Aldron über die weite seines Junkertums. Leodane beließ es vorerst dabei bewenden und schickte ihren Greifvogel auf die Reise, um ihn danach zu beobachten. Schließlich räusperte sich Aldron wiederum und erklärte: "Ich werde sie mir ansehen. Wenn sie was taugt, seh ich, was sich machen läßt. Dort zu sein kann indes keinesfalls schaden. Also soll Raul seine Antwort haben, wir reiten zusammen zum Sturmfels, das wohl."
Mit einem weithallenden Schrei stürzte sich der Falke auf seine Beute. Leodane beobachtete ihn, ein Lächeln zierte ihr Gesicht.