Geschichten:Eine Rose für den Marschall - Wolf im Schafspelz

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Auf Gut Eychgras erschien ein Ritter in glänzender Rüstung, auf hohem Ross mit Wappendecke, das Banner eingelegt und flatternd im Frühlingswind. Wappenrock, Banner und Wappendecke zeigten – wie auch der Schild des Mannes – das rote Rad auf goldenem Grund. Das Wappen des Edlen vom Königsweyher, der bekannter ist als Obrist der ›Goldenen Lanze‹, garetischer Marschall und Sieger über die Meilersgrunder Aufständischen: Ugo von Mühlingen. Als man ihn ansprach, was er wolle, sagte er: »Ich bringe im Namen von Rondra und Travia Zeitung und Nachricht von Seiner Exzellenz, dem Marschall Garetiens, und wünsche unter dem Gastrecht, Seine Wohlgeboren Eberhalm Praioslob von Eychgras, Junker zu Eychgras daselbst, zu sprechen, sobald es ihm genehm. Ich bin Ritter Giselhold von der Mühlen, des Marschalls Neffe.«

Die Mägde sahen dem stattlichen Ritter zu, wie er sein Ross am Brunnen tränkte, das blonde Haar nässte und elegant zurückstrich, den Knebelbart richtete und ein Stäubchen von seinem blutroten Umhang schnippte: vom Scheitel bis zur Sohle Ritter, ganzer Mann.

Als Junker Eberhelm Zeit für den Ritter hatte, empfing er ihn. Er wusste, worum es ging: Um die Absprachen, die zu Osenbrück zwischen ihm und dem Marschall getroffen worden waren. Eine Heirat, Erben für den Marschall, Gold für Eychgras. Viel Gold. Ritter Giselhold übergab dem alten Haudegen eine Pergamentrolle, die mit dem Siegel des Marschalls verschlossen war:


›Die Zwölfe seien allezeit gelobt in Alverans Höh’, Praios, Rondra und Travia insonderen.

Ugo von Mühlingen, Reichsedler zum Königsweyher, Ritter der Krone, Edler zu Mühlingen, Marschall des Königreichs und Herre auf Rudes Schild, Obrist des kaiserlichen und königlichen Heeres des Reiches Rauls des Großen, Träger der Greifensterne in Bronze, Silber und Gold,

entbietet demütigen Gruß und Segen dem

wohlgeborenen Eberhelm von Eychgras, Junker zu Eychgras daselbst, Hauptmann im kaiserlichen Heere des Reiches Rauls des Großen und Träger des Jergan-Ordens.

Weil des Menschen Lebenszeit so kurz und seine Tage auf Deren gezählt sind bereits am Tage seiner Geburt, strebt er nach göttergefälligem Leben, nach Ruhmestaten den Göttern und dem Heiligen Reiche zu Ehr und nach Familie und trautem Heim. Da ich, Ugo von Mühlingen, alles dies genossen, als bis auf die Freuden der Familie, bis auf Tsas Segen unter meinem Dache, trete ich gesenkten Hauptes an Euch heran, Wohlgeboren Eberhelm, um zu besiegeln und zu beteuern, was zwischen uns besprochen ward zu Osenbrück, der Rondrafeste: dass ich nämlich werbe um die Hand Eurer Enkelin, der holden Jungfer Elene Praiosmin von Eychgras, möge sie in der Götter Glanz wandeln!

Bereitet Travias Segen uns Tsas Hoffnung den Weg und gewähret mir Euren Segen und die Zuneigung Eurer Enkelin.

Als Morgengabe lege ich fest und unverbrüchlich dar: 8.000 Dukaten roten Goldes mit des Kaisers Prägung sowie die Zusage, Baumwolle von Euch für die ›Goldene Lanze‹ zu beziehen und einen guten Preis zu entrichten.

Alle Verhandlungen führtet bitte mit meinem vertrauenswürdigen Neffen Giselhold von der Mühlen.

Gegeben auf Rudes Schild am 5. Tage des Praios im Jahre 1030 nach dem Falle Bosparans. Es bezeugen Burggraf Parinor von Borstenfeld auf dem Kaiserlichen Bugenhog und Burgvogt Illehardt von Rathsamshausen.‹


Ritter Giselhold setzte ein strahlendes Lächeln auf und sah mit seinen klaren blauen Augen dem alten Recken ins Gesicht. »Und?«