Geschichten:Eine Frage der Ehre - Teil 4

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Liebe Eltern,

am 30. Peraine bin ich in Eslamsgrund angekommen. Die Stadt war voll von Leuten, die das Frühlingsturnier besuchen oder daran teilnehmen wollten. Glücklicherweise war ich zeitig genug da und habe ein Quartier unweit des Traviatempels gefunden. Die Herbergspreise sind um einiges höher als in Rommilys. Als ich mir die Stadt ein wenig ansehen wollte, habe ich eine Ritterin vom Grafenhof namens Lachwige von Fuchsbau getroffen. Sind wir mit den von Fuchsbaus irgendwie verwandt? Wir beide konnten das nicht rausfinden, aber vielleicht wisst ihr ja mehr? Ihr Wappen zeigt auf Gold einen linksgewendeten roten Fuchs mit einer weißen Gans im Maul. Jedenfalls bot sie an, mir die Stadt und das St. Ardare-Feld zu zeigen, was ich gerne angenommen habe.

Der Eslamsgrunder Tempel des Strahlenden Lichts trägt seinen Namen wirklich zu recht. Es ist erstaunlich, wie die Bauleute derartig große Fenster bauen können, und das Gebäude nicht einstürzt. Man könnte sich stundenlang in den lichten Glasmalereien verlieren. Die Statue des Kaisers Eslam mitten auf dem Marktplatz ist nichts besonderes, allein ihre Größe ist recht ansehnlich. Die Dame Lachwige erzählte mir während unseres Spazierganges auch einiges über die Ereignisse in der Stadt und im Umland. Der Graf von Eslamsgrund kämpft noch immer im Osten, in Beilunk gegen die Daimonenanbeter. Und in den letzten Monden sind immer wieder Menschenfresser aus den Bergen des Raschtulswall gekommen, die schon etliche Orte überfallen und deren Bewohner vertilgt haben. Gegen diese Monster erscheinen die Trollzacker Barbaren fast harmlos bei den Geschichten, die hier über die Oger die Runde machen. Insgesamt habe ich mich aber trefflich mit der Dame Lachwige unterhalten. Auch sie wollte anderntags am Turnier teilnehmen, so dass wir uns gleich für den Morgen vor dem Eslamstor verabredeten.

Der Tag des Ingerimmturnieres selbst wird mir wohl lange im Gedächtnis bleiben. Überall Wimpel, Banner, Festtagskleider, blitzende Rüstungen und prächtige Pferde, ein riesiges buntes Gewimmel, wie ich es selbst in Rommilys noch nie gesehen habe und am Turnierfeld stand eine Tribüne, auf der gewisslich an die zweihundert Damen und Herren Platz fanden! Hela hat der ganze Lärm und das Durcheinander nicht so gut gefallen und ich hatte meine liebe Not damit, dass sie nicht ausbricht, aber sie wird – sie muss – sich daran gewöhnen, wir haben über den Sommer schließlich noch so einiges zusammen vor. Leider bin ich schon in der ersten Tjostenrunde ausgeschieden, gegen einen der Hiesigen, Yesolf von Prestelberg. Ich bin zwar nicht gestürzt, aber er hatte am Ende eine Lanze mehr zerbrochen, oder Oculi, wie sie hier sagen. Die Tjoste endete hingegen mit einem riesigen Skandal. Im Finale standen sich der Baron von Hirschfurten und der Baron von Brendiltal gegenüber. Ersterer ist Anführer eines der garetischen Turnierbünde, den sogenannten Pfortenrittern, die mit den Pulethanern, welchen der zweitere angehört, in Fehde liegen. Jedenfalls tötete der Hirschfurter seinen Gegner! Wie sich dann aber herausstellte, war der Tote nicht sein eigentlicher Turniergegner, sondern dessen Bruder, der unerkannt die Stelle des Brendiltaler Barons eingenommen hatte! Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das für einen Tumult auslöste, als es bekannt wurde. Naja, jedenfalls wird nun die gesamte Turniersaison in Garetien nach dem Sieger dieser Eslamsgrunder Turnei genannt und in den Schänken spricht man jetzt schon von ‚Nimmgalfs blutigem Jahr‘.

In dem später stattfindenden Buhurt hatte ich immerhin die Gelegenheit zur Revanche an meinem Gegner aus der Tjost. Die beiden verfehdeten Ritterbünde standen sich dabei auch gegenüber und das war kein Spiel mehr, das war Todernst, wie ich erfahren musste. Mein Schädel brummt jetzt noch von dem Schlag auf meinen Helm. Die Pfortenritter hatten schließlich das bessere Ende für sich. Wie kann es sein, dass sich der garetische Adel bis aufs Blut untereinander bekämpft, während im Osten nach wie vor jeder Schwertarm gebraucht wird? Lachwige meinte später, dass das Hemd eben näher liege als der Rock, und die persönliche Ehre manchem über die Ehre des Reiches ginge. Aber ich frage mich doch, warum die Kaiserin derartiges Handeln gutheißt oder zulässt.

Ich werde noch zwei Tage in Eslamsgrund bleiben und dann entweder einen Abstecher hinunter nach Ragath ins Almadanische machen oder nach Gareth reisen. Fredemar, der immer noch mächtig stolz darauf ist, dass ich ihn mitgenommen habe, hat sich mit einem Knappen des Ritters von Prestelberg geprügelt, als der sich über mich lustig gemacht hat. Ansonsten hat er sich in seinem Dienst sehr viel Mühe gegeben und sendet euch seine Grüße. Bleibt behütet und den Zwölfen befohlen.

Eure Stemma


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3. Ing 1033 BF zur mittäglichen Rahjastunde
'Nimmgalfs Blutiges Jahr'
Das Schicksalsduell


Kapitel 4

Autor: Steinfelde