Geschichten:Ein Traum wird wahr - Teil 2

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Nebeneinander ritten die beiden im Nieselregen des einsetzenden Herbstes den Weg entlang, der von Burg Angareth hinunter führte nach Heerelagen. Der Burgherr hatte den Edlen von Hagenshain aufgefordert, ihn auf einem Inspektionsritt durch die Palisadenwerke zu begleiten, die den südlichen Passausgang sperrten, angeblich um vor dem Winter noch eventuelle Reparaturen ausführen zu können. Dass die begleitenden Wachen von Aldron beordert wurden, Abstand zu halten, verriet Reto schon vor dem Antritt des Rittes, dass der Landvogt reden wollte. Tatsächlich, kaum hatten sie das erste Steile Stück vor dem Burgtor hinter sich gelassen und mussten sich nicht mehr derart auf den Tritt der Pferde konzentrieren, begann Aldron.

"Was haltet ihr von Malina von Niederriet?" Aldrons Frage war knapp und sachlich gestellt, aber hinter seiner gefurchten Stirn gingen die Gedanken einen Augenblick zurück an den Tag, an dem sie ihm ihren Zustand eröffnet hatte. Sie hatte keinen Namen genannt, doch zu viele Möglichkeiten gab es wohl kaum. Wie sehr hatte er sich doch in seinem Lager südlich von Peirish geirrt vor nun zwei Monden. "Sie ist eine strebsame Offizierin, Hochgeboren. Für die Schwierigkeiten, die sich durch die Reihen ihres Banners ziehen, hat sie die Leute recht gut im Griff, scheint mir. Nach euren Erzählungen hat sie sich in Bergesruh ja ganz gut geschlagen." Abwartend sah Reto von Binsböckel den Firunslichter an. Dieser schien über irgendetwas zu grollen - inzwischen kannte Reto ihn ausreichend. Schließlich rückte Aldron mit der Sprache heraus: "Wir werden sie zumindest für eine Weile verlieren. Sie hat mir diese Woche eröffnet, von Tsa gesegnet worden zu sein."

Wenn er nicht im Sattel gesessen hätte, Reto wäre wohl stehen geblieben. Sein Pferd machte einen tänzelnden Schritt zur Seite. "Bitte? Schwanger? Ich hatte nicht den Eindruck, sie würde sich überhaupt einem Mann hingeben können." Kurz darauf bereute er seinen Ausbruch schon und fügte etwas leiser hinzu: "Potztausend, das ist wahrlich eine Überraschung. Wer ist denn der Vater? Und warum weiß ich nichts von dem Manne?" - "Das, Binsböckel, ist eine entscheidende Frage. Im Sinne Travias gibt es keinen. Allerdings drängt sich mir eine Vermutung auf." Den fragenden Blick Retos überging Aldron einstweilen. "Einerlei. Da sie nun damit geschlagen ist, einen Bastard auszutragen, wird sie in einigen Monden auf unbestimmte Zeit ausfallen."

Reto schwieg beflissen. Er hatte keinen Bedarf, sich der nüchternen Betrachtung seines Herrn wegen mit diesem anzulegen. Ein wenig tat ihm die Frau indes durchaus leid, auch wenn sie sicherlich Mitschuld an ihrer Misere trug.

"Ich möchte, dass ihr nominell das Banner führt, solange Hauptfrau Niederriet ausfällt. Sie hat keinen Leutnant." - "Und was ist mit diesem tulamidischem Weibel?" Reto überlegt angestrengt, der Name wollte ihm jedoch nicht mehr einfallen. Allmählich wurde er auch alt. "Der scheint mir jedenfalls besser zu Fuß zu sein als meine Person. Und es handelt sich schließlich um Infanteristen..." Mit der flachen Hand klopfte er gegen sein versehrtes Bein. Aldron folgte der Bewegung und erwiderte schlicht: "Ich plane nicht, euch die Hänge hinauf zu jagen. Ihr sollt das Banner verwalten. Die Außendienste wird Weibel Sayid ibn Jarrah sicherlich vortrefflich übernehmen. Ein guter Mann. Wäre er von Stand, würde er es noch weit bringen." - "Das Banner hat doch noch immer keinen neuen Leutnant, oder, euer Hochgeboren?" Aldron nickte knapp. "Seit Wehrheim gefallen ist, ist es nicht mehr so einfach, gute Offiziere zu bekommen. Und die Feuerlilie hat ihre Standards so weit gesenkt, dass ich es nicht gutheißen kann, was immer mein werter Bruder dazu auch sagen mag."

Nun war es an Reto zu nicken. "Das dachte ich mir bereits. Aber wenn ich mir die Bemerkung gestatten dürfte, der Gatte eurer Base, möge Boron ihn gnädig empfangen haben, hat uns im Leibregiment gelehrt, der Befähigung auch die Möglichkeit zur Entfaltung zu lassen, wenn sie vorhanden ist."

Es dauerte eine Weile, bis Aldron wieder sprach. Inzwischen hatten sie den Fuß des Burgfelsens erreicht. "Baltram war ein Rüpel, aber er hatte das Herz am rechten Fleck. Vielleicht bringt er sogar im Tode mir noch etwas bei." Mit einem Wink befahl er die Reiter näher heran. Als sie sich daran machten, aufzuschließen, setzte er noch hinzu: "Wir werden sehen. Je nachdem, wie sich verschiedene Angelegenheiten entwickeln, werden wir vielleicht auf Dauer auf sie verzichten müssen." Dann spornte er sein eigenes Schlachtross an. Den etwas befremdlichen Blick, den Reto ihm hinterher warf, bemerkte der Landvogt nicht mehr. Insgeheim nahm er sich vor, die fragliche Offizierin bald einmal zur Seite zu nehmen.



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Texte der Hauptreihe:
K1. Teil 1
K2. Teil 2
K3. Teil 3
K4. Teil 4
K5. Teil 5
K6. Teil 6
K7. Teil 7
K8. Teil 8
K9. Teil 9
K10. Teil 10
K11. Teil 11
K12. Teil 12
4. Tra 1032 BF zur mittäglichen Ingerimmstunde
Teil 2
Teil 1


Kapitel 2

Teil 3
Autor: metal/Nicole R./Alex K./Tobias K.