Geschichten:Ehre dem Ritterlichen – Flucht vor der Geschichte

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Version vom 31. März 2018, 10:22 Uhr von Kristofer (D | B)
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Anfang Rondra 1035, Kaiserstadt Gareth, Pentagontempel der Hesinde zu Gareth

Nachlässig warf Edorian das Federmesser beiseite, mit dem er gerade seine Schreibfeder gespitzt hatte und wandte sich wieder dem vor ihm liegenden Buch zu. Zugegeben es war eine der besten Abhandlung über die Geschichte des Neuen Reiches, die er seit langem gelesen hatte, aber es war auch unglaublich trocken geschrieben und es schien Stunden zu dauern, sich nur durch wenige Seiten zu quälen. Auch das verklausulierte Bosperano des Autors und dessen Tendenz sämtliche Personen abwechselnd mit dem Namen ihres primären Lehens, mit erworbenen Ehrennamen oder dem Namen ihres Geschlechtes zu bezeichnen, ohne Vornamen zu nennen, machte die Sache nicht leichter.

Edorian wurde jäh aus seinen schon wieder abschweifenden Gedanken gerissen, als es verhalten an der Tür klopfte. "Herein!", rief er und fragte sich sofort schuldbewusst, ob er nicht gerade ein bisschen zu erleichtert geklungen hatte.

Die Tür öffnete sich und ein junger Scholar mit feuerroten, strubbeligen Haar streckte den Kopf herein. "Entschuldigt Euer Gnaden, an der Pforte ist ein Schreiben für euch abgegeben worden. Es stammt von Schloss Ritzewull, Herr."

Edorian legte Feder und Buch beiseite und ließ sich das Schreiben geben. Nachdem sich der Scholar zurückgezogen hatte, begann er mit wachsendem Interesse zu lesen: Einen Schrein wollten sie für die vermeintliche Alriksreliquie also weihen lassen und ein Turnier zu Ehren Rondras veranstalten. Auch wenn ihn weder die zu erwartenden Zeremonien zu Ehren des Herrn Praios und der Herrin Rondra sonderlich reizten, noch die Aussicht in der brütenden Sommerhitze zuzusehen, wie sich schwitzende Ritter im Staub prügelten, gefiel ihm der Gedanke dort seine alten Gefährten wiederzusehen und vielleicht herauszufinden, was es mit dieser Reliquie nun auf sich hatte. Bei der Rückkehr aus den Tulamidenlanden hatte er keine Gelegenheit gehabt der Examinierung des Panzerhandschuhs beizuwohnen. Er hatte dem im Entstehen begriffenen Stift nicht länger als nötig fern bleiben wollen. So hatte er sich schon recht früh von seinen Gefährten getrennt. Über die Ergebnisse der Untersuchung war er also noch nicht informiert. Wieder in Gareth angekommen war es zwar eine Freude gewesen zu sehen, wie weit die Arbeiten am Stift schon fortgeschritten waren, doch er hatte auch festsellen müssen, dass seine Mutter ihn nun kaum noch benötigte, da sie sich inzwischen haupsächlich mit Schwester Esmeria austauschte. So hatte Edorian vor einigen Tagen angefangen sich wieder seinen Studien zuzwenden und es bald bereut seinen Gefährten so früh den Rücken gekehrt zu haben. Ein bischen frische Luft außerhalb der Mauern der Tempelbibliothek würde ihm sicher gut tun. Freilich hätte er gerade ohnehin alles getan um diesem Wälzer zu entkommen.

Kurzentschlossen machte er sich auf den Weg zum Hause seiner Mutter. Es war schon später Nachmittag, aber wenn er schnell packte, konnte er schon morgen in der Frühe aufbrechen. Eigentlich war es noch zu früh um anzureisen, aber wen störte das schon?