Geschichten:Dornentriebe - Ein Fest der schönen Göttin

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"Nur herein, willkommen, verehrter Gast. Preiset die schöne Göttin an diesem Tag und genießt den Aufenthalt in meinem bescheidenem Heim!" Der Gastgeber begrüßte den Neuankömmling mit den weitausholenden Bewegungen der südlichen Lande. Schon in der Vorhalle des prächtigen Hauses war die Musik aus dem Festraum zu hören. Der Geruch nach frischem Backwerk lag in der Luft und gerade in diesem Augenblick trug ein Dienstbote eine Amphore Wein in den Raum, in dem sich schon eine illustre Gästeschar versammelt hatte und nach den Huldigungen im Tempel der Göttin die Feier auf Einladung des Gastgebers auf dessen Kosten fortführte. Durch die offene Tür betrat man die Szenerie, die dem puren Gefühl südlicher Leichtlebigkeit entsprungen schien. In der sommerlichen Wärme waren alle Versammelten leicht bekleidet und der göttliche Hauch des Tages tat sein übriges dazu, die Körper in umgekehrter Proportionalität zum Alter in Kleidung zu hüllen. Man saß auf großen Kissen auf dem Boden aus feinen Keramikfliesen und genoss Wein und süßes Gebäck, während von Rahja inspirierte Musikanten ihren Instrumenten süße Klänge entlockten. Es wurde getanzt, gelacht und mit fortschreitender Stunde wurde das Fest ausgelassener.

Neben dem Diwan standen die Reste eines kleinen Mahles. Ein trauriger Streifen gebratenen Huhnes in einem antrocknendem Rest Soße und etwas Gemüse zeugte von Überfluss und dem Unwillen, das gereichte Mahl vollständig zu verspeisen. Die Besitzerin des Ruhelagers folgte dem Treiben der Gesellschaft mit gelangweiltem Blick. Die Wangen der braunhaarigen Adligen waren vom Wein schon leicht gerötet - die Narbe auf der Rechten trat dadurch noch etwas mehr hervor - und die Hitze der zahlreichen Kerzen an diesem warmen Abend tat ihr übriges dazu, dass ihr warm war. Nachlässig führte sie den Weinpokal in ihrer Hand an die Lippen und trank einen Schluck des schweren Weines darin. Mühsam verbarg sie ein Gähnen, als ein Schatten auf sie fiel. Etwas träge glitten die Blicke hinauf zu dem Neuankömmling, der sich zu ihr auf den benachbarten Diwan gesellte. "Ich hoffe doch, ihr genießt meine kleine Feier?", begann der Mann die Plauderei. "Nun, ich habe mich schon mehr gelangweilt. Aber ihr hattet mir etwas Außergewöhnliches versprochen und das sehe ich hier noch nicht." Ein kurzes Schweigen folgte, als sich beide umsahen. Dann jedoch bemerkte der Gastgeber. "Nein, noch nicht. Aber ihr braucht nur noch ein wenig Geduld. Es wird euch jemand geleiten, wurde mir gesagt. Ich wünsche euch viel Vergnügen... entschuldigt mich, ich glaube, man verlangt nach mir."

Die Stimme des Fremden klang dumpf und seltsam monoton hinter der Maske. "Hier entlang." Ein leichter Schauer lief über ihren Rücken und allmählich fragte sie sich, ob es eine gute Idee war, mit ihm zu gehen. Schon mehrfach hatte sie auf dem Weg nach dem Dolch in ihrem Ärmel getastet. Tief durchatmend trat sie durch die Tür in einen nur spärlich beleuchteten Raum. Ihr Führer schloß hinter ihr die Tür und deutete dann auf den Tisch in der Mitte der Kammer. Dort lag eine schlichte Maske aus schwarzem Leder, der Seinen nicht unähnlich, doch die Mundpartie wurde von einem Seidenschleier verdeckt statt des Leders an der seinen. "Wir pflegen unser Incognito. Nur eure Paten und der Zeremonienmeister wissen um euch." Nach kurzem Zögern griff sie zu und band sich das Leder um den Kopf. Zufrieden nickte er und öffnete die zweite Tür. Sofort war der würzige Geruch verbrannter Kräuter zu riechen. Ein Stöhnen war zu hören.

Auch wenn der jungen Frau ein leichter Schauer über den Rücken lief, als sie das Stöhnen hörte, während sie die Maske aufsetzte: Ihre Neugier war geweckt. Endlich erlebte sie etwas wirklich Außergewöhnliches! Bisher war ihr Leben recht eintönig verlaufen. Dienst in der Armee, weil ihr Vater es wollte, dann Burgvögtin auf seinem Sitz, weil er es so wollte. Nun wollte sie endlich einmal das tun, was sie wollte und das auch nicht in dem todlangweiligen Flecken Deres, über den er gebot! Ihm würde das alles sicherlich nicht passen, aber zum ersten war sie schon lange kein Kind mehr und zum zweiten war ja wohl kaum etwas gegen ein wenig Zerstreuung einzuwenden. Ihren Pflichten könnte sie später immer noch nachkommen. Nachdem sie noch einmal aufgeregt den richtigen Sitz der Maske überprüft hatte, folgte sie dem Maskierten.