Geschichten:Die Last des Alterns - Teil 6: Von Travias und Rahjas Gaben

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Dramatis Personae:

Olblodor von Mistelstein

Cassim

Tsaiane von Mistelstein


Baronie Gnitzenkuhl, Herrschaft Natternhöh` im Perainemond 1033 BF

Sein Blick schweifte durch das Zimmer als er es betrat. Natürlich, war sie schon da! Energisch warf er hinter sich die Türe zu und ging auf seinen Platz zu. Seine Gemahlin ignorierte er schlichtweg, als er dies tat. Wahrscheinlich würde gleich die Tirade los gehen. Er wappnete sich schon innerlich und legte sich im Geiste deftige Erwiderungen parat.

Ein Schritt- Cassim sprang ihm in den Weg, doch er ging weiter, keine Zeit für Spielereien.

Zweiter Schritt- Stille von der anderen Tischseite.

Dritter Schritt- er war an seinem Platz angelangt- immer noch nichts!

Genervt zog er ruckartig seinen Stuhl zurecht, sodass er sich darauf nieder lassen konnte. Misstrauisch blickte er über die Tafel hinüber zu Tsaiane, bereit das Wortgefecht zu eröffnen.

Überrascht nahm er ihre gewandelte Erscheinung wahr. Endlich hatte sie einmal wieder diese lächerlichen Kleider abgelegt, die sie wie eine Fischersfrau aussehen ließen. Der Duft von Rosen, der im Raum lag, und den er erst jetzt bemerkte, zeigte ihm, dass sie sich auf den Abend scheinbar vorbereitet hatte. Fast bereute er es, dass er sich solange herum getrieben hatte, doch es blieb abzuwarten welche Pläne sie damit verfolgte. Bei Weibern konnte man das nie wissen!

Nachdenklich musterte er sie. Ein wenig zu füllig, und bereits in die Jahre gekommen, aber dem Leben und dem Charme, der aus ihrem Gesicht und ihren Augen sprühte konnte man sich nur schwer entziehen. Travias Gaben waren ebenfalls üppig ausgefallen, sodass man noch immer durchaus Gefallen an ihr finden konnte- es sei denn man war ein Klotz aus Stein, wozu er sich wirklich nicht zählte.

„Ich denke es kann aufgetragen werden.“ Kam aus ihrer Richtung, nachdem er Platz genommen hatte und die Magd, die im Hintergrund stand ging eilends hinaus.

Wie lange es her war, dass sie so zu zweit hier saßen? Olblodor hasste es, wenn sie sich in die Abgeschiedenheit ihrer Kate zurück zog und nur Selissa sie sehen durfte. Seit dem Tod ihrer beiden ältesten Kinder war dies wieder häufig der Fall gewesen. In der ersten Zeit des Trauerns hatte sie ständig mit ihm reden wollen.

REDEN! Als ob das die beiden wieder zurück bringen würde. Rasch nahm er einen Schluck des Rotweines, der bereits in einem Pokal eingegossen war und sog unauffällig die Gerüche ein, die aus der Küche empor stiegen. Seine Leibspeise?

Roch ganz danach: Ein Eintopf aus Rotpüscheln eingelegt in schweren Rotwein, geschmort in jungem Gemüse und dazu frisches Brot. Er bemerkte wie sein Bauch zu rumoren begann. Um die Stille zu durchbrechen und keineswegs das Gefühl aufkommen zu lassen, alles wäre in bester Ordnung grummelte er in ihre Richtung:


„Wo sind Selissa und der Junge?“

„Sie haben bereits etwas gegessen. Du musst die Zeit vergessen haben bei deinem Kontrollritt.“

Kein Vorwurf war in ihrer Stimme zu hören gewesen. Ihr Gesicht drückte auch keinerlei Belustigung aus. Sorge vielleicht in Ansätzen, stellte er irritiert fest. Was war nur mit ihr? War sie am Ende krank?


„Hm…kann ja mal vorkommen.“ Gab er als einsilbige Antwort, während die Speisen bereits auf dem Tisch dargereicht und anschließend auf die Teller verbracht wurden.


„Danke, ihr könnt euch zurückziehen!“ meinte die Hausherrin freundlich in Richtung der beiden Frauen, die scheinbar nur allzu gerne den Raum wieder verließen. Die Adlige sprach ihren Gemahl an:

„Lass uns dieses Mahl genießen und anschließend bereden wie es weiter gehen soll mein Lieber. Wir würden Travias Gebote mit Füßen treten, wenn wir die köstliche Speise mit kleingeistigen Streitereien madig machten.“ Ihr Lächeln wirkte versöhnlich.


„Wohl gesprochen, lass uns erst speisen…!“ meinte Olblodor nur, und griff sich gierig den Löffel, brach für Beide das Brot und reichte ihr es hinüber.