Geschichten:Das Erbe des Vaters Teil 4

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Firun 1033 BF Gut Hommern

Raim packte geräuschvoll seine Sachen. Goswin sass am Tisch und war dabei aus einem Geweihende einen Griff für eine Messerklinge zu schnitzen. “Ich versteh noch immer nicht, warum die Junkerin ausgerechnet Dich mit zu diesem Adligengedöns mitnehmen will. Kann sie denn nicht ihre Brüder mitnehmen?“ Raim drehte sich nicht um, “Vielleicht braucht sie einen Botenreiter für Notfälle...“ Goswin lachte auf, “Was denn für Notfälle? Falls die Wohlgeborene Junkerin Verlangen nach einem Manne hat?“ Raim unterbrach das Packen kurz, antwortete nicht. Goswin runzelte die Stirn. Dann sprang er auf, griff Raim bei den Schultern und drehte ihn zu sich. “Sag mir, dass das nicht wahr ist!“, Goswin merkte kaum, dass er seinen Ziehsohn anschrie. Der größere Raim wischte Goswins Hände von der Schulter und warf sich den gepackten Rucksack über die Schulter. “Bleib stehen.“, Goswin hielt Raim am Gürtel fest. “Ich verlange, dass Du nichts mit der Junkerin anfängst!“ Raim drehte sich um, “Warum?“ Goswin starrte Raim an. Tränen füllten seine Augen. Stumm schüttelte er den Kopf. Raim schaute ihn einen Moment lang traurig an, dann drehte er sich um und verliess das Haus.

Goswin starrte auf den leeren Türrahmen. Was sollte er tun? Er hatte einen Eid vor den Göttern geleistet... Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Ein Becher kippte um und rollte langsam auf die Tischkante zu. Goswin starrte weiter zur Tür. Das Zerbrechen des Bechers auf dem Fussboden riss ihn aus seinen Gedanken. Er rannte hinaus. Raim war bereits verschwunden. Goswin schwang sich auf sein Pferd und ritt Richtung Hommern. Vor dem Hommeraner Traviatempel angekommen, sprang er vom Pferd und stürmte zum Eingang. An der Schwelle besann er sich und versuchte gemessenen Schrittes einzutreten. Der Traviageweihte Alabrecht der wohl eben noch auf einer der Bänke gesessen hatte, hatte sich erhoben und schaute dem eiligen Besucher neugierig entgegen. Goswin versuchte Fassung zu bewahren. Der Geweihte schien zu bemerken, wie aufgewühlt der Besucher war und winkte ihn zu sich. “Euer Gnaden“, stammelte Goswin.

Alabrecht zog ihn mit sich in den Raum hinter dem Heiligen Kessel und drückte ihn dort auf einen schlichten Stuhl. “Sei willkommen im Haus der Travia. Was kann ich für Dich tun?“ Alabrecht hatte sich auf einen zweiten Stuhl gesetzt und schaute Goswin aufmerksam an. Dieser knetete seine Hände. “Euer Gnaden, ich stehe vor einem großen Problem und weiss keine Lösung.“ “Erzählt. So ihr nicht gegen Recht und Gesetz verstossen habt, werde ich mein Bestes tun euch zu helfen.“ “Verzeiht, Euer Gnaden. Aber ich muss euch bitten bei Travia zu schwören, niemandem zu berichten, was ich euch erzählen werde.“ Goswins Blick hing flehend an den Augen des Geweihten. Alabrecht runzelte die Stirn, “Eine ungewöhnliche Bitte.“ Goswin rutschte vom Stuhl auf die Knie, “Ich schwöre vor Travia, dass ich nichts Unrechtes getan habe und ich nur deshalb diese Bitte stelle, weil ein Eid mich bindet ein Unglück zu verhindern.“ Alabrecht zog den Jäger hoch, “Gut, ich schwöre, dass Euer Geheimnis bei mir sicher ist. Aber nun setzt euch und erzählt.“


“Wie gut kennt ihr die Geschichte der Familie zu Hommern?“ Alabrecht zuckte die Schultern, “Nicht besonders gut. Wie ihr wisst, bin ich erst seit wenigen Götterläufen hier und kannte den Vater der Junkerin kaum.“ Goswin nickte, “Ich kannte ihn umso besser. In unserer Jugend bereisten wir Aventurien, erlebten Abenteuer, die uns für den Rest des Lebens verbanden. Doch irgendwann war die Zeit vorbei und Elgeon musste zurück nach Hommern um hier seine Pflicht als Junker zu erfüllen.“ Alabrecht nickte. “Ich reiste noch ein paar Jahre durch Aventurien, doch als ich mich zur Ruhe setzen wollte, kam ich hierher. Elgeon nahm mich auf, gab mir ein Haus und ein Auskommen als Jäger. Damals trug seine Frau Sadera bereits ein Kind unterm Herzen....“ Goswin atmete tief ein. “Das muss Samia die Erstgeborene sein“, schlussfolgerte Alabrecht. Goswin schaute ihm traurig in die Augen, “Nein, es war ein Junge.“ Alabrecht hob überrascht die Brauen. “Der Junge war ein munteres Kerlchen und die Eltern waren so stolz auf ihn.“ Goswin lief eine Träne aus dem rechten Auge. “Was ist geschehen?“, fragte der Geweihte. “Unerklärliche Dinge. Geschirr ging zu Bruch wenn der Kleine in der Nähe war, Türen klapperten, seltsame Stimmen waren in der Luft.“ Alabrechts Mund stand offen. “Elgeon befragte einen alten Freund, einen Magus. Schnell war dann klar, dass der Junge mit Madas Gabe gesegnet war.“ Goswin lachte freudlos auf. “gesegnet... das sagte er.“ “Das Garether Pamphlet...“, flüsterte Alabrecht. Goswin nickte, “Genau, jenes Pamphlet das Magiern verbietet weltliche Macht zu besitzen. Elgeon war am Boden zerstört. Sein Erstgeborener war magisch begabt.“ Alabrecht fasste Goswins Hände, “Was hat er getan?“ “Es brach ihm das Herz, aber er gab seinen Sohn fort. Er wusste wie abergläubig seine Untertanen waren. Hätte er seinen Sohn ausbilden lassen, hätten sie ihm und den Seinen fortan misstraut.“ Alabrecht stöhnte, “Er hat seinen Sohn fortgegeben?“ Goswin nickte, “Er tat es für sein Junkertum. Sadera war anfangs dagegen, doch schließlich willigte sie ein.“ “Was wurde aus dem Jungen?“ Goswin schaute den steinernen Boden des Tempels an, als gäbe es nichts Wichtigeres auf Dere. “Elgeon brachte ihn zu einem alten Freund. Dieser lebte ein paar Götterläufe mit dem Kleinen in einem kleinen Bergdorf in Höllenwall. Er nähte heimlich Eisen in die Kleider des Jungen, zudem trug der Kleine immer Armbänder in denen Eisen versteckt war. Das unterdrückte Madas Gabe. Als der Junge begann ein Mann zu werden, kehrten beide nach Fremmelsfelde zurück.“ Alabrecht grübelte, “Und der Junge erfuhr nichts über seine Herkunft?“ Goswin schüttelte den Kopf, “Ich hab Elgeon vor Travia und Firun geschworen, dieses Geheimnis keinem Menschen gegenüber zu lüften.“ Der Geweihte starrte ihn mit offenem Mund an, “Ihr seid....?“ Goswin nickte, ihm liefen die Tränen übers Gesicht, “Aber heute ich kann nicht anders....“ Seine Stimme versagte. Alabrecht stand auf und ging einige Schritte auf und ab. “Dies ist in der Tat eine erstaunliche Geschichte, aber was um Travias Willen ist geschehen, dass ihr nun so aufgebracht seid?“ “Die Junkerin reist heute nach Sturmfels, und sie hat Raim mitgenommen.“ Alabrecht runzelte die Stirn, “Ich verstehe nicht.“ “Die beiden sind verliebt!“, Goswin schrie die Worte beinahe. “Wohl schon seit einigen Monden. Raim hat mir nie gesagt, wer die Frau ist mit der er sich heimlich trifft. Aber heute hat er sich verraten.“ Alabrecht starrte den Jäger an, “Die beiden sind Bruder und Schwester?“ Aufgeregt lief er hin und her. Goswin sass auf seinem Stuhl und schaute hoffnungsvoll zu dem Geweihten. “Wir müssen es den Beiden sagen.“, meinte Alabrecht. Der Jäger sprang auf, “Nein! Ich schwor Elgeon, dass sie es nie erfahren dürfen.“ Alabrecht schaute ihn nachdenklich an, “Ein Schwur gegenüber einem Toten auf der einen Seite oder ein Frevel an den Gesetzen der Travia auf der anderen.... Aber vielleicht gibt es einen anderen Weg. Ich muss mit Samia sprechen.“ Er rannte zur Tür. “Vertraut mir.“ Goswin rannte hinter dem Geweihten her. Das Haus der Junkerin lag dem Tempel gegenüber. Die Ruhe die über dem Platz lag, lies Goswin Schlimmes ahnen. Er hielt inne. Die Junkerin war bereits aufgebrochen und mit ihr Raim. Alabrecht kam gesenkten Hauptes zurück. “Wir sind zu spät.“ “Also müssen wir warten, bis beide aus Sturmfels zurück sind?“, fragte Goswin resignierend. Der Traviageweihte senkte den Kopf. Kurz darauf hob er ihn wieder. “Ich werde ihr einen Brief nachschicken. Vielleicht können wir damit das Schlimmste verhindern...“


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Texte der Hauptreihe:
7. Tra 1033 BF
Kapitel 4
Kapitel 3


Kapitel 4

Autor: Goswin