Geschichten:Düstere Schatten – Zeichen Korgonds

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Baronie Hundsgrab, 23. Efferd 1040 BF:

Es war ein lauer Herbsttag, die Vögel zwitscherten vergnügt und hier und da hoppelten Hasen am Wegesrand entlang. Das Praiosmahl hatte hier im Norden zu dieser Jahreszeit noch genug Kraft um genügend Wärme zu spenden. Die Reisegruppe kam trotzdem nur langsam den nur mäßig ausgebauten Weg vom Marktflecken Schnayttach zur Stadt Hundsgrab voran. Gerade hatten sie den kleinen Weiler Bugenbühl hinter sich gelassen, der auch gleichzeitig die Grenze zwischen den Baronien Hundsgrab und Schayttach bildete. Edorian wirkte wenig erbaut. So tief in greifenfurter Land war er schon lange nicht mehr gewesen. Er fühlte sich denkbar unwohl, doch versuchte er dies zu verbergen, denn bei dieser Mission war sein diplomatisches Geschick gefragt. Mit Verwunderung hatte Edorian die Hesindeschule in dem kleinen Grenzweiler zur Kenntnis genommen. Scheinbar war man hier nicht ganz so Hesinde verlassen wie er immer geglaubt hatte. Ansonsten war hier – passend zum Namen der Baronie - wahrlich der Hund begraben.

Es war Edorians Eigenschaft als gräflicher Wegevogt von Waldstein, die ihn mitten in die Mark führte. Es ging um den schon vor etlichen Götterläufen durch königlichen Ratsschluss beschlossenen Ausbau des Elfenpfades. Doch gab es einigen Dissens über den Verlauf der neuen Straße, besonders auf dem Hoheitsgebiet der Markgrafschaft Greifenfurt. Der Kressenburger Baron befürwortete die Variante von Osenbrück über Ulmenhain, Kressenburg nach Niemith, während die Barone von Eslamsroden und Hundsgrab für die Nordroute nach Esmlamsroden einstanden. Aus diesem Grunde hatte Edorian, gemeinsam mit dem Osenbrücker Stadtvogt Raulbart von Zweifelfels, um eine persönliche Unterredung mit dem geschäftstüchtigen Baron Anselm Hilberan von Hundsgrab-Bugenbühl gebeten, der sich damals sehr für den Ausbau stark gemacht hatte. Es sollte zeitnah eine Lösung herbeigeführt werden, die alle beteiligten zufriedenstellen sollte.

Der Wegevogt reiste in ungewohnt großer Reisegesellschaft. So hat sich der ansonsten eher zurückgezogen lebende Baron Orlan von Windenstein-Zweifelfels nicht nehmen lassen höchst persönlich mit nach Hundsgrab zu reisen – sehr zur Verwunderung von Edorian und Raulbart. Dabei war dessen Verletzung aus dem Tobrien-Feldzug immer noch nicht vollkommen auskuriert. Ein Umstand, der sich auch auf die Reisegeschwindigkeit auswirkte, denn der Baron war schon ab Quastenbroich nicht mehr in der Lage auf seinem Pferd zu sitzen, so dass ein Karren angeworben werden musste. Trotz aller Umstände bestand der Baron weiterhin darauf, weiter zu reisen. Diese eine Sache müsste er noch zu Ende bringen, hatte er mit eindringlicher Stimme gesagt. Begleitet wurde der Baron von den Ritterinnen Arva von Birkentau und Siglinde von Hagenbronn. Ausgerechnet eine Hagenbronn, dachte sich Edorian. Diese Familie konnte noch schlechter mit den Greifenfurtern als er selber.

Die unfreiwillig längere Reise hatte Edorian zum besseren Kennenlernen seiner Mitreisenden genutzt. Besonders die junge Arva war dem Eibenhainer Junker dabei auf Anhieb sympathisch. Ihre kühlen, eisblauen Augen und ihre langen blonden Haare schmeichelten der selten lächelnden Ritterin. Sie wirkte oft abwesend und in sich gekehrt, als trüge sie die ganze Last Deres. Es waren die selten Momente abends am Feuer, wo sie ein wenig auftaute und was von ihrem Innenleben preis gab. Sie stammte aus einer alten Junkerfamilie, die an den Ufern des sagenumwobenen Birkentaus schon seit Ewigkeiten als Herren des Sees herrschten. Sie hatte Edorian auch von den Fieberträumen des Barons erzählt, die ihn seit seiner Heimkehr aus Tobrien plagten und wohl der Grund waren, warum sich Orlan auf diese Reise aufgemacht hatte. Edorian empfand Mitleid mit dem rondragefälligen Recken, der lieber heldenhaft in der Schlacht geblieben, als siechend heimgekommen wäre.

Im Verlauf der Reise war Greifwin Treuherz Keilholtz mit seinem Gefolge zu den Waldsteinern gestoßen. Auch er war offenbar auf dem Weg nach Hundsgrab. Der Keilholtzer war ein aufgeschlossener und freundlicher Mann mittleren Alters, was Edorian überrascht feststellte. Der eslamsrodener Baron erzählte während der Reise von den mysteriösen Ereignissen, die die Mark in den letzten Götterläufen wie eine Plage heimgesucht hatten. Er berichtete von riesenhaften Wölfen, ledrigen Schwingen und vielen rätselhaften Todesfällen. Edorian wurde hellhörig, denn auch während der Ausbauarbeiten des Elfenpfades war es in Waldstein zwischen Tannwirk und Osenbrück zu unerklärten Vorkommnissen gekommen. Sei es, dass gerodete Waldstücke am nächsten Morgen wieder zugewachsen waren, oder aber Holzfäller spurlos verschwanden. Gab es da einen Zusammenhang? Das Land lehnte sich gegen seine Bewohner auf, da war sich der Waldsteiner sicher, aber warum? Edorian musste mehr darüber erfahren, doch genaueres konnte Greifwin auch nicht berichten. Statt dessen verwies er den Junker von Eibenhain an seinen Schwager Ardo.

An den Ausläufern des düsteren Rensforst machte die Reisegruppe halt. Baron Orlan musste austreten – mal wieder. Wie es schien plagte den Osenbrücker auch noch eine schwache Blase und zum Verdruss der anderen Reisenden dauerte diese Rast länger als erwartet.

„Wo ist der Baron eigentlich?“, fragte Edorian nach einer Weile, „müsste er nicht schon längst wieder hier sein? Ich meine, so lange… .“

„Der ist in den Forst gegangen“, antwortet Siglinde lapidar, als wäre es keine große Sache. Wäre es auch nicht, wenn es sich um den Forst nicht um den Rensforst handeln würde.

„Er ist in den Rensforst gegangen“, tuschelten sich die Greifenfurter verängstigt zu und machten demütig das Praioszeichen.

„Was hat es mit dem Forst auf sich?“, fragte Raulbart sichtlich beunruhigt.

„Glaubt mir, das wollt Ihr nicht wissen!“, versuchte Greifwin zu beschwichtigen.

„Im Rensforst herrscht das Böse“, antwortete einer der Begleiter Greifwins flüsternd, als könnten die Bäume ihn hören, „Der Forst ist geheimnisvoll, dunkel und finster. Keine rechtschaffene Seele würde auf den Gedanken kommen den Rensforst zu betreten, denn in ihm lauert die Verderbnis.“

Edorian schaute den Greifenfurter ungläubig an. Er konnte Aberglauben nichts abgewinnen und war ein durch und durch rational denkender Mensch. Doch hatten ihn die letzten Götterläufe in Waldstein gelehrt, nicht jeden Aberglauben gleich als Spinnerei abzutun, denn mitunter gab es einen wahren Kern.

„Verderbnis hin oder her, wir müssen da jetzt rein und den Baron suchen“, Edorian zuckte mit den Schultern, „Hilft ja nichts.“

„Vielleicht brauch er ja nur etwas länger … Ihr wisst schon.“ Raulbart räusperte sich.

„Naja, bei dem Essen hier durchaus plausibel … aber so lange? Wir werden ihn suchen müssen.“

Edorian schritt voran und hielt inne als er merkte, dass ihm keiner außer Arva und Siglinde folgten.

„Ernsthaft? Dann suchen wir ihn eben allein!“

„Ich werde Euch begleiten“, sprach Greifwin beherzt.

So machten sich die vier auf in den Forst. Schon nach wenigen Schritten verwandelte sich der lichte Wald in ein nahezu undurchdringliche Wildnis. Zweige schlugen Edorian ins Gesicht, widerspenstiges Gestrüpp und Dornenranken zerrten an seiner Kleidung. Dieser Forst war tatsächlich anders, das spürte Edorian. Auch seine Begleiter hatten ihre Mühe sich durch das Unterholz zu zwängen. Wie sollte der Baron denn hier durchgekommen sein, fragte sich Edorian verwundert. Er bekam eine Gänsehaut, denn es wurde auf einmal merklich kälter. Einige Schritte weiter fröstelte es Edorian gar und auf dem Waldboden und auf den Blättern machte er Raureif aus. Zu dieser Jahreszeit?

Schließlich erreichten die Suchenden eine kleine Lichtung. Edorian rutschte beinahe aus und konnte sich nur durch einen beherzten Griff von Greifwin auf den Beinen halten. Der Boden war komplett vereist. Mitten auf der Lichtung stand, mit den Rücken zu ihnen gewandt, Baron Orlan. Vorsichtig und etwas unbeholfen tänzelte Arva über den spiegelglatten Boden zu ihrem Lehnsherren.

„Hochgeboren, da seid Ihr ja, wir haben uns schon …“, als die junge Ritterin den Baron erreichte, stockte ihr der Atem.

Edorian und die anderen hatten sich nun ebenfalls dem Baron genähert und was sie sahen ließ sie erschaudern. Orlans Gesicht war von Eis überzogen, wie auch der ganze Körper einem Eisblock glich, der funkelnd im Sonnenlicht glitzerte. Leere Augen starrten ins Nichts. Der erhobenen rechte Arm des Baron deutete praioswärts ins Dunkel des Forstes.

Fassungslos starrte Edorian auf den starren Körper vor ihm und ein sonderbares Gefühl machte sich in ihm breit. Leise flüsterte er das Wort das ihm wie ein Donnerschlag durch den Kopf fegte „Korgond!“




Wappen Baronie Hundsgrab.svg
Ereignis:
Einer Reisegruppe offenbart sich im geheimnisvollen Rensforst ein Zeichen Korgonds. Für Orlan von Windenstein-Zweifelfels erfüllt sich dabei sein Schicksal durch einen eisigen Fingerzeig.
Datum:
23. Eff 1040 BF