Geschichten:Briefeschreiben auf Weißbarûnisch

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Burg Ferkinaschreck in Weißbarûn.


Soeben hatte der Kastellan der Burg den Brief aus Dürsten-Darrenfurt, genauer: aus Hügelwacht, vorgelesen, denn Baronin Gidiane fand es immer schon mühsam, lästig und vor allem ganz und gar unnötig, sich mit Buchstaben, Tinte und Pergamenten zu befassen. Außerdem ermangelte es ihr meistens an der Zeit zum Lesen. Oder besser: an der Ruhe. So auch heute: Unruhig war sie auf und ab gegangen, während der heiße Wind durch die schießschartenartigen Öffnungen in die Kommandantenkammer wehte. "Fenster" wurden diese Löcher nur von wenigen genannt, Baronin Gidiane gehörte allerdings zu diesen. Der Brief war nicht lang, doch hatte es mehrerer Anläufe bedurft, ihn vorzutragen, denn schon beim vorgelesenen Absender war der erste der berüchtigten Wutausbrüche erfolgt. "Ich bin nicht Ludovig Salvanger", stammelte der Kastellan sicherheitshalber - wer wusste schon, ob die Baronin im Zweifelsfalle unterscheiden würde? "Natürlich bist du das nicht! Aber ich wünschte, du wärest dieser Wurm!" Und dabei deutete sie Würgegesten an.

Stunden später, die Baronin hatte derweil einen Hengst zugeritten, den alle nur "Dämon" nannten, der aber einsehen musste, dass nicht einmal ein Wahrer Name ihn heute vor dem Zorn der besten Reiterin Weißbarûns hätte schützen können, sollte die Antwort verfasst werden. In nämlicher Kommandantenkammer, Öllampen erleuchten zumindest den Pult des Kastellans.

"Schreib, Kastellan!" befahl die Baronin, nachdem sie mit der Gerte in der Hand und mit eindeutigen Metzelbewegungen deutlich gemacht hatte, wie sinnlos das Schreiben von Briefen doch sei. "Schreib: Widerlicher Wurm, Ludoviech! Mögen die Götter dich an der Nase auf die Spitzen des Walls ziehen und dich an den Nasenlöchern dort aufhängen, bis die letzten räudigen Geier satt sind!"

"Ludo... Götter ... satt ...", murmelte der Kastellan, die Zungenspitze immer wieder zwischen die Zähen schiebend.

"Was auch immer für Nachrichten du erfindest, die von deinen namenlosen Bastardbrüdern aus dem verdorrten Aranischen stammen: Ein Emblem mit dem Wappen der Walterns gibt es nicht, denn wir fertigen aus Metall Waffen an, du Weiberschreck!" fauchte Gidiane und erwischte mit der Gerte eine herumflatternde Motte. "Ist doch wahr: Die Spange hat er doch selbst geschmiedet, der aranische Lumpenhund. Wenn es überhaupt einen solchen Beweis gibt! Dieser Viehdieb!"

"... Nachrichten ... Brüdern ... Waltern ..."

"Deine Frechheiten, mich in deine Wolfshöhle einzuladen, kannst du deiner Geliebten ins Ohr flüstern - hähähä! Als würden Ziegen ihn verstehen, den Bock! -, wollen doch einmal die Stände nicht vertauschen, Edelbübchen! Und Waffen würde ich sowieso nicht mitbringen: Solche wie dich tritt man zu Tode." Aus den fechtenden Bewegungen war mittlerweile fast ein Tanz geworden.

"eingeladen ... Stände ... verstehen ... Edlen..."

"Klärungen kann sich der Muttermörder gerne hier abholen, wenn er sich hertraut. Vielleicht kann ihm ja die Schweinemagd die Flasche geben. Sollte der Widerling es aber wagen, sich nach Weißbarûn zu begeben, dann schneide ich ihm die Haut in Streifen vom Leib und binde daraus Wäscheleinen für die Unfreien! Genau: Schreib: Wehe, er wagt sich mit seinem Diebesgesindel nach Weißbarûn, sonst erlebt er, wie heiß die Suppenkessel der Ferkinas sein können!"

" .... Klärungen ... wagen ... Weißbarûn ..."

"So, fertig. Gut gemacht, Kastellan! Jetzt noch Siegel und Unterschrift, und dann lass das Scheiben von unserem langsamsten Reiter auf einem Esel nach Eiterwacht bringen. Ha! Briefe schreiben ist doch manchmal besser, als ich gedacht hätte!" Fröhlich und ausgelassen verließ die Baronin die Kammer, um noch einmal nach "Dämon" zu sehen.


Folgender Brief geht nach Hügelwacht:

Dem Wohlgeborenen Edlen

Ludovigo Salvanger zu Hügelwacht
 
 
 
 
Mögen die Götter Euch allezeit huldvoll beschützen und Euch und die Euren immerdar satt und zufrieden sehen!

Die Nachrichten über zunehmende Überfälle auf Kornhändler an der aranischen Grenze, bestürzen uns nicht weniger als Euch. Es steht zu hoffen, dass Eure Lehnsherrin wie auch Ihr die Sicherheit unserer Schwestern und Brüder im Darrenfurtschen bald wieder gewährleisten können. Wir wollen hier unseren Beitrag leisten und jene ausfindig machen, die die Familie Waltern bestohlen haben mögen. Über Embleme mit dem erlauchten Wappen der Familie Waltern ist hier allerdings weder bekannt noch wird eines vermisst, zudem es unglaubhaft klingt, dass Wegelagerer sich mit Emblemata schmücken.

Ergebensten Dank schulde ich für die vorzügliche Achtung, mich einzuladen, doch möget doch ein Treffen verschieben, als bis ein neuerlicher Ständetag zu Perricum uns zusammenführt und wir versuchen können zu verstehen, welche Verfehlungen im Edlengut Hügelwacht oder der Baronei Dürsten-Darrenfurt geschehen seien. Es wird gewiss gelingen, die notwendigen Körungen dann herbeizuführen.

Derweil kann ich versichern, dass das Diebesgesindel es nicht wagen wird, nach Weißbarûn zu kommen, denn hier hat es Verfolgung und umgehende Bestrafung nach alte Sitte und Gesetz zu befürchten.
 
 
 
 
Gesiegelt auf Burg Ferkinaschreck zur Baronei Weißbarûn

Am 7. Tage der Rahja im Jahre 1029 BF

Zeichen der Baronin Gidiane von Waltern zum Weißbarûn