Geschichten:Begegnungen am Wegesrand - Sannah

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Dramatis personae:


Auf einem Schiff nach Beilunk, 21. Efferd 1038 BF

Toran stand an der Reling und blickte auf die Wellen die gegen das Schiffsrumpf schlugen. Die Luft war frisch und roch salzig, doch war das nichts ungewönliches auf dem Meer. Er war mit einer Karavelle auf dem Weg nach Beilunk. Dieses Schiff war eines der Versorgungsschiffe das im Zuge des Paktes der Markgrafen die Länder jenseits der Trollzacken unterstützte. Er hatte recht zügig ein Platz auf dem Schiff bekommen.

In den zwei Tagen, die er in Perricum auf diese Passage gewartet hatte, hatte er den kleinen Parinor in der Magierakademie vorgestelt und die dortigen Magister hatten seine Einschätzung geteilt, daß er magisch begabt war. Er sollte noch einige Tage dort bleiben um sein Potential zu prüfen, doch dann sollte er wieder nach Hause geschickt werden.

Toran lächelte, als er an Parinor dachte. Er war wirklich ein aufgeweckter kleiner Bursche. Aus ihm würde ein guter Magier werden.

Doch dann entstand Unruhe auf dem Schiff und Toran wurde aus seinen Gedanken gerissen. Es hatten sich mehrere Matrosen auf dem Vorschiff zusammen gerottet und sie schienen jemand fest zu halten. Toran glaubte das Wort "Blinder Passagier" zu hören, als der Bootmann nach dem Kapitän rufen lies. Er näherte sich dem Tumult. Als er den blinden Passagier sah, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen: Es war Sannah, das Mädchen, das Parinor eigentlich zurück nach Hause hätte begleiten sollen. Was machte sie hier?

"Nun lasst sie doch los - sie ist doch noch ein Kind!", hörte er einen seiner Begleiter – Raul – laut brüllen und die Männer ließen sie ob des bösen Tonfalles tatsächlich los. Toran schob sich vor.

"Bei Hesinde! Sannah, was machst du hier?", fragte er sie erschrocken.

"Gehört die zu euch, Magister?", fragte der Bootsmann böse. Er wollte grad schon Nein sagen, als der andere der Brüder einschritt.

"Nicht zu dieser Reise. Aber sie gehört zu uns", sagte Tolak. "Das ist unsere kleine Schwester und so Naseweiß, dass man sie gern mal schubsen möchte. Also Sannah, was machst du hier?", meinte Tolak böse. Toran hätte nie angenommen, dass Tolak log wie gedruckt, wenn er es nicht gewusst hätte.

Toran betrachtete Sannah ein weiteres Mal, sie war ein merkwürdiges Mädchen. Mit Parinor und Maya hatte sie gelächelt und war sehr freundlich gewesen, bei allen anderen eher einsilbig und verschlossen. Er hatte sie nicht weiter beachtet, aber nun stand sie vor ihm.

Sannah war wegen dieser offensichtlichen Lüge erst völlig verdattert, fing sich aber erstaunlich schnell. "Du weißt genau, dass ich mit wollte! Immer muss ich zu Hause bleiben und ihr zieht los!" Sie fand sich gut in Ihre Rolle, die meisten lachten mitleidig.

"Nun umdrehen können wir nicht mehr, und wenn es so ist wie ihr sagt, ist sie einfach über Bord werfen auch keine Option", meinte der Bootsmann leichthin und er sah wie Sannah blass wurde.

"Nein, nein. Wir zahlen für sie - sie kommt mit", meinte Tolak freundlich und aus irgendeinem Grund schien das zu klappen. "Und mit dir haben wir noch ein Hühnchen zu rupfen, Madame!", fügte er mit einem vieldeutigen Blick hinzu.



Ein wenig später in einer der Kabinen des Schiffes schüttelte Toran den Kopf, seufzte und griff nach seinem Becher. Aufgrund der Schwankung des Schiffes griff er daneben und hätte beinahe alles verschüttet, wenn Sannah den Becher nicht festgehalten hätte - ihre Reflexe waren erstaunlich gut. Raul und Tolak machten sich einen Spaß und hatten ihre "Schwester" erstmal in die Kabine des Magiers geschickt - um ihm die Befragung zu überlassen. Er wollte nicht. Aber sie saß vor ihm.

"Warum bist du mitgekommen?", begann er so freundlich wie er konnte. Im Geiste schon am überlegen, wie er sie wieder loswurde.

Sie sah ihn an, dann wieder weg, dann wieder an. "Du solltest doch Parinor nach Hause bringen. Was ist mit ihm und warum hast du das gemacht?" Seine Stimme wurde strenger.

Sie zögerte. Dann sprach sie leise.

"Er hat es mir gesagt."

"Wer? Was?"

"Parinor. Er hat mir gesagt, ich soll mitkommen. Und auf den leuchtenden Mann aufpassen ... seine Freunde sagen, der leuchtende Mann ist in Gefahr und braucht jemanden der auf ihn aufpasst ..."

"Seine Freunde sagen das", wiederholte Toran und lehnte sich zurück. War es möglich, daß Parinor die Gabe der Prophezeiung besitzt? Wie auch immer. Hier ging es um Sannah. War das der einzige Grund, warum sie hier war? Kurz blitzte in Torans Gedanken die Möglichkeit auf, daß sie vielleicht nur ein Werkzeug eines feindlichen Agenten war. Doch er verwarf den Gedanken gleich wieder. Er glaubte nicht wirklich daran. Aber warum war sie dann hier? Wirklich nur, weil der kleine Parinor sie darum bat?

Nun, ein Blick in ihre Gedanken konnten nicht schaden. Er blickte auf und sah Sannah in die Augen, während er sich auf den Zauber konzentrierte.

"Und du glaubst ihm das?", fragte er. "Bedenke Sannah, ich beherrsche einen Zauber, der es mir ermöglicht deine Gedanken zu lesen. Was werde ich sehen, wenn ich diesen Zauber spreche und dich frage, warum du wirklich hier auf dem Schiff bist?"

Er wusste, dass er eigentlich nur sehen würde was Sannah gerade jetzt dachte, aber er hoffte ihre Gedanken mit diesen einleitenden Worten schon in die richtige Richtung zu lenken und da sie zwar rot wurde aber nickte, machte er sich an sein Werk.

"Denk einfach daran, warum du hier bist."

Sich in den Kopf eines Menschen zu bewegen, hatte immer was mit dem Überwinden eines gewissen Widerstandes zu tun, aber er schaffte es. Er sah Sannah, Parinor und eine ältere Dame bei denen die beiden in Perricum bleiben sollten in der Akademie. Sie war für die Rückreise der beiden zuständig und er hatte Ihren Namen vergessen. Die ältere Frau sprach mit einem der Magister und Parinor spielte.

Sannah sah dem Magier nach, obwohl er gar nicht mehr zu sehen war. "Ein netter Mann", meinte Parinor. "Schade dass er sterben wird."

Sannah ruckte herum. "Was?"

"Jaja, bald ... so wie es jetzt ist wird er das was er vorhat wohl nicht schaffen."

"Woher weißt du das?"

Parinor verdrehte die Augen, wie immer nervte ihn die Unwissenheit der anderen.

"Ach, ihr hört einfach nie zu ... du solltest ihm helfen gehen ..." und er rannte zu der Aufpasserin, hatte das Interesse an Sannah schon verloren. Sannah hatte zuviel mit dem Kleinen zu tun gehabt, dass sie nicht auf ihn hören wollte.

Der Rest waren nur Gedankenfetzten. Ein hektischer Abschied, eine sehr schnelle Reise und verstecken auf einem Schiff voller Angst und das gefunden werden.

"Meinst du nicht, daß Raul und Tolak nicht schon genügen, um für meine Sicherheit zu garantieren?"

"Sicher. Ich kann auch auf mich selber aufpassen und auf Euch."

Toran seufzte. Er kannte Sturheit. Etwas irritierte ihn, aber er wusste zuerst nicht was, konnte es an nichts festmachen - aber es war nichts bedrohliches und augenscheinlich war sie nun bei Ihnen. Was sollte er machen?

Sie zurückschicken wäre eine Variante - aber vielleicht war er doch ein klein wenig abergläubisch.

"Gut, du kannst bleiben, aber du wirst auf mich und die Anderen hören?", er wusste es war nutzlos aber gesagt haben wollte er es nochmal, als sie dankbar verschwand um sich was zu essen zu besorgen.

Einer der Brüder wartete draußen und folgte ihr, nachdem er ihm zugenickt hatte.

Später mitten in der Nacht wusste er, was ihn irritiert hatte. Er schreckte hoch und stieß sich als Erstes dabei ordentlich den Kopf - an der Decke über seiner Koje.

"Au, verdammter...!" fluchte er und bewegte sich nun vorsichtiger und fühlte seine Stirn.

Es war er selbst gewesen. Das wie sie ihn sah. Doch das Bild was sie ihm da von sich gezeigt hatte entsprach wirklich nicht dem was er von sich hatte. Er war nicht eitel - wusste aber auch das er nicht hässlich war, aber ganz augenscheinlich mochte sie ihn.



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Texte der Hauptreihe:
K2. Sannah
21. Eff 1038 BF
Sannah
Parinor


Kapitel 2

Autor: Balrik, Aurora