Geschichten:Angespült - Stromaufwärts

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An Deck der Admiral Dozman, Markt Gaulsfurt, Rondra 1042BF

„Phexverflixt nochmal!“, mit einem dumpfen Klappern fiel der schwere Hammer auf die frisch verlegten, strahlend hellen Pflastersteine.
Sein linker Daumen pochte fürchterlich und würde vermutlich in den nächsten Tagen das übliche, tiefe Blau annehmen, das ein stetiger Begleiter seiner Arbeit war. „Blau und weiß, wie passend.“, dachte Jolandolo verbittert, als er das schwere nusshölzerne Wappenschild der Gaulsfurter Junker neben sich abstellte, um sich stöhnend nach dem Hammer zu bücken:
Die weiße Gaulsfurter Feste auf blauem Grund über den Wellen des Darpat.

Das war ihm schon häufig passiert, das mit dem Hammer. Meistens dann, wenn es besonders schnell gehen musste. Und seitdem die junge Samia das Ruder in Gaulsfurt in der Hand hatte, musste es für die Handwerker oft schnell gehen:
Schnell musste der Darpat wieder befahrbar gemacht werden, schnell müsse das Kloster zu Ehren der Sancta Laiella fertig gestellt sein, schnell das neue Warenlager entstehen… schnell, schnell, schnell.
Wobei, diesmal konnte er es nicht allein dem jugendlichen Übermut der Junkerin zuschreiben, dass er schon seit vier Tagen vom ersten bis zum letzten Strahl der Praiosscheibe arbeitete. Er hatte ihn selbst gesehen, den markgräflichen Reiter, der vor Wochenfrist seinen stolzen Rappen an ihm vorbei eilig zur Tränke im Burghof führte.
Und schon am Abend des Tages hieß es dann für ihn: Sämtliche Arbeiten an der noch kaum als solche erkennbaren Statue des Zangners werden eingestellt, die Stege und Wappen am Hafen müssen in Windeseile hergerichtet und erneuert werden – hoher Besuch steht an: Die neue „Wächterin vom Darpat“ wolle sich in der kommenden Woche die Zoll- und Grenzfesten zu Lande und zu Wasser ansehen und gedenkt dafür auch in Gaulsfurt halt zu machen, um den Toten der grausamen Schlacht vor zwei Jahren im Kloster die Ehre zu erweisen. Und so hatte er die letzten Tage an den befestigten Bootsstegen - übermütig Hafen genannt - verbracht, die in den letzten beiden Jahren eilig, aber nicht unzweckmäßig wiederhergerichtet wurden. Wenn er jetzt nur noch dieses alberne Wappenschild endlich…

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Yanda blickte auf die beiden steinernen Zolltürme und schickte ein kurzes Stoßgebet zum Launenhaften, als die Admiral Dozman die mächtige Sankta Reshmina Brücke durchfuhr, die, wie bereits schon so oft, wiedereröffnet werden sollte.
Dies war exakt das 17. Mal – die erste Fahrt unter der alten Brücke hindurch zählte sie absichtlich nicht mit – dass Sie diese Stelle Ihres geliebten Darpat vollkommen gefahrlos passierte und doch hielt sie noch immer an diesem Brauch fest. Diese Brücke, so mächtig und stabil sie auch gebaut worden war und jetzt wieder sein mochte, gefiel dem Herrn Efferd nicht, da war sie sich sicher, seitdem er Sie vor zwölf Götterläufen tosend eingerissen hatte, nur wenige Tage nachdem sie als junger Leutnant an Bord der Windhatz zum ersten Mal unter ihr hindurchgesegelt war.

„Der Herr Efferd gibt, der Herr Efferd nimmt.“ Das war lange her, dachte Sie und gürtete ihren Offizierssäbel.
„Wie meinen, Frau Kommandantin?“, fragte ihr neuer Adjutant etwas zögerlich, als er ihr ihren neuen gold-blauen Zweispitz reichte, bevor sie an Deck trat.
„Ach, nichts weiter, mein Guter.“, erwiderte Sie und blickte etwas verträumt auf die bewaldeten Ufer im Norden, während Sie auf dem Achterdeck entlangschlenderte. >br> Zum ersten Mal seit Ihrer feierlichen Ernennung und Beförderung vor zwei Wochen war Yanda in den letzten Tagen ein wenig zur Ruhe gekommen. Tatsächlich war in den letzten Monaten der alten Seebärin einiges an Arbeit liegengeblieben und Sie tat zusammen mit Miria seither ihr Möglichstes, die Verteidigung des Darpat neu zu organisieren.
Erst jetzt, wo Sie als Kapitänin der Admiral Dozman ihre erste offizielle Inspektion der Verteidigungsanlagen im Flusslauf angetreten hatte, realisierte Sie, was es bedeutete, Wächterin vom Darpat zu sein. Und das waren bei weitem nicht nur freudige Erkenntnisse. Natürlich war sie glücklich darüber, die beiden anderen Kapitäne so bravourös ausgestochen zu haben, obwohl ihr das vorher wohl nur die wenigsten zugetraut hätten. Und auch der Zuspruch von Torbald hatte ihr gut getan, von Almara ganz zu schweigen, die sich mit stolzgeschwellter Brust kurzerhand zur „Wächterstochter vom Darpat“ erkoren hatte, ehe Yanda es ihr ausdrücklich verbieten musste, diesen „Titel“ an der Akademie zu führen.

Doch gleichzeitig ging Yanda auch die Reaktion ihres Vaters nicht aus dem Kopf, der sich zwar vordergründig freute, aber auch nicht müde wurde zu betonen, dass die politische Arbeit damit erst begonnen habe. Tatsächlich hatte Sie den Gedanken daran immer wieder verdrängt.
Sie war mittlerweile richtig gut darin geworden. Mit dem Amt war sie aber wohl auch in die politischen Ränkespiele der Reichsstadt eingestiegen, auf die Sie eigentlich am liebsten verzichtet hätte. Spätestens die regelmäßigen Sitzungen im Admiralssaal und der markgräflichen Administration erinnerten sie mindestens wöchentlich daran.
Sie war Seefrau, das war sie immer und daran würde sich auch nichts ändern!
Vielleicht hatte Sie sich auch deshalb Mirias Idee den Darpat hinaufzusegeln um den Wiederaufbau der Flussbefestigungen in Augenschein zu nehmen, so bereitwillig angenommen. Im Gegenzug hatte Sie Miria, der neu ernannten Kapitänin der „Wolfsjäger“ das Versprechen abgenommen, als „stellvertretende Wächterin vom Darpat“ persönlich bei Ihrer ungeliebten Familie in Gaulsfurt vorzusprechen und an Ihrer Statt den Wiederaufbau der Hafen- und Verteidigungsanlagen zu inspizieren. Yanda wusste, dass dies Miria trotz ihres anfänglichen Zögerns mit großer Genugtuung erfüllen würde, da Miria von ihrer Familie zeitlebens spöttisch betrachtet wurde, seit sie, ebenso wie Ihre Mutter Brunhilde, eine Militärkarriere dem Mummenschanz des Niederadels der Markgrafschaft vorgezogen hatte.

Dies würde Yanda die Möglichkeit geben, sich einmal in Ruhe dem Gebet im neu erbauten Efferdkloster an der ehemaligen Gaulsfurt zu widmen. Vielleicht erlaubte sie sich auch den Spaß, während des Ausgangs ihrer Besatzung einmal als Zivilist durch die Straßen zu schlendern und die ein oder andere inoffizielle Aussage der einfachen Leute zu erhaschen. Die „Seemannshaltung nicht verlieren“ nannte Sie das und verlor sich in einem erwartungsfrohen Lächeln, als vor der Admiral Dozman der neu entstandene, gepflasterte Kai des Marktes Gaulsfurt auftauchte, über dem sich ein hölzernes blau-weißes Wappenschild erhob.

„Blau und weiß, wie passend.“, dachte Yanda zufrieden, als sie Ihren Blick von den an den Steg brandenden und heftig schäumenden Darpatwellen auf ihre prächtige neue Kommandantinnenuniform schweifen ließ, um sich lächelnd aufs Achterdeck zu begeben.