Benutzer:Robert O./Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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== Schmuggel in Greifenfurt ==
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==Unruhige Zeiten==
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===Kapitel 11===
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'''Ende Tsa 1043 BF, Kaiserlich Randersburg, [[Handlungsort ist::Garetien:Pfalz Randersburg|Pfalz Randersburg]]'''
  
=== Kurzer Prozess ===
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Auf der Pfalz herrschte bereits große Aufregung als die Kutsche mit der Pfalzgräfin kurz vor Sonnenuntergang auf den Hof fuhr. Immerhin hatte man sie bereits gegen Mittag erwartet und da man um die marodierenden Kaisermärker in der Umgebung wusste, war [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Udilbert von Hardt|Pfalzgraf Udilbert]] in großer Sorge um [[Nebendarsteller ist::Garetien:Ailyn von Hardt|Frau]] und [[Nebendarsteller ist::Garetien:Quelina von Hardt|Tochter]] gewesen. Umso erleichterter schloss er sie in die Arme und ließ sich ausführlich von den Ereignissen des Tages berichten. Stets einen Schritt hinter ihm hielt sich eine junge Ritterin, die vor allem ein Auge auf das restliche Geschehen auf dem Burghof hatte und hin und wieder knappe Befehle an Bedienstete und Soldaten gab, die in ihre Nähe kamen.
''Ingerimm 1033 BF''
 
  
Erwartungsvoll sah Ardo seinen Jagdmeister an. „Nun, wie schaut es aus Balduin? Was haben deine Leute gefunden, dass ich sofort herkommen musste?
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„[[Nebendarsteller ist::Garetien:Hagen von Rallerau|Hauptmann Rallerau]]! Euch erwarte ich in zehn Minuten zum Rapport in meinem Besprechungszimmer! Der Rest von euch schiebt die nächsten zehn Tage Nachtwache! Weggetreten!
  
„Gemeine Schmuggler haben wir und einen garetischen Gecken dazu. Sie kamen einfach aus dem Wald spaziert als wär der Wildpfad dem sie gefolgt sind eine Reichsstraße und liefen uns geradewegs in die Arme. Wie es aussieht habt eine unserer Patroullien sie zu früh hinausgetrieben. Bei einem fanden wir eine einfache Karte, die darauf schließen lässt, dass sie im Forst efferdwärts an Kressenburg vorbei wollten um kurz vor [[Greifenfurt:Dorf Hexenfeuer|Hexenfeuer]] auf die Straße zu kommen. Von dort aus hätten sie unbehelligt nach [[Greifenfurt:Reichsstadt Greifenfurt|Greifenfurt]] oder [[Greifenfurt:Reichsstadt Eslamsroden|Eslamsroden]] gekonnt.
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Mit deutlich angesäuerter Mine trat er zu [[Hauptdarsteller ist::Greifenfurt:Wulfhelm von Keilholtz|Wulfhelm]] und [[Nebendarsteller ist::Greifenfurt:Gerion von Sturmfels|Gerion]], die noch immer neben ihren Pferden im Burghof standen. Unwirsch winkte Udilbert zwei Stallknechte herbei die sich gerade um die Kutsche kümmerten, damit sie zuerst die Pferde der Ritter versorgten.
  
„Ganz schön dreist, das muss ich schon sagen. Aber wegen ein paar Schmugglern muust du doch eigentlich nicht so einen Aufruhr machen. Dein Bote stotterte etwas Undeutliches von illegaler Ladung?
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„Ritter Gerion von Sturmfels, bitte begleitet meine Frau und meine Tochter in den Palas. Sie werden Euch ein Zimmer geben lassen, wo Ihr Euch ausruhen könnt.“ Er wartete kurz, bis sich Gerion mit einem knappen Nicken verabschiedet hatte, um den beiden wartenden Frauen und einem herbeigeeilten Kammerdiener in die Burg zu folgen. „Ritter Wulfhelm von Keilholtz. Ich bin Euch zu großem Dank verpflichtet! Ich will mir gar nicht ausmalen was alles hätte passieren können, wenn Ihr nicht so selbstlos eingeschritten wärt!
  
[[Greifenfurt:Balduin von Kieselholm|Balduin von Kieselholm]] warf dem hinter ihnen stehenden jungen Büttel einen strafenden Blick zu. Der Bursche wurde sofort pflichtbewusst rot und senkte den Blick zur Erde.
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„Ich tat was meine Ehre mir gebot, Euer Hochwohlgeboren.“ Bescheiden und etwas beschämt über das überschwängliche Lob des Pfalzgrafen neigte Wulfhelm den Kopf.
  
„Kommt, ich zeige Euch was sie dabei hatten.“
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„Ich sehe, ein Ritter der alten Schule. Das gefällt mir Keilholtz, das gefällt mir sehr. Ihr und Euer Begleiter sollt heute Abend Ehrengäste an meiner Tafel sein.“
  
Der Baron und der Junker von Kieselbronn gingen zwei Dutzend Schritt weiter und an der Zollbaracke vorbei. Ardos Knappin [[Greifenfurt:Mechthild von Kieselholm|Mechthild von Kieselholm]] folgte ihrem Schwertvater und ihrem Onkel mit einigen Schritten Abstand. Hinter dem Holzhaus saßen sechs abgerissene Gestalten und etwas abseits von ihnen ein einzelner junger Mann, auf dessen zweckmäßiger Lederkleidung ein Wappen prangte. An der Rückseite der Baracke standen bewacht von zwei Bütteln ein halbes Dutzend Kiepen und Taschen. Auf den ersten Blick sah man nur Ballen einfachen Leinen Stoffs. Erst als Balduin die oberste Schicht Stoff aus einer der Kiepen entfernte konnte man die darunter liegenden und wohl verstauten Pakete erkennen. Der Junker nahm ein kleines Päckchen heraus und hielt es Ardo unter die Nase.
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„Vielen Dank, Euer Hochwohlgeboren. Es wird mir eine große Ehre sein.“ Wulfhelm straffte sich, versuchte aber weiter seinen verwundeten Arm zu schonen.
  
„Da, riecht ihr das? Rauschkraut! Und zwar in rauen Mengen! Keine Ahnung wie die da an das Zeug ran gekommen sind, aber es ist locker ein paar hundert wenn nicht tausend Dukaten wert. Damit hätte halb Eslamsroden eine Feier wie zu Bardos und Cellas besten Zeiten abhalten können. Meine [[Greifenfurt:Uschel von Keilholtz-Kieselholm|Mutter]] würde sich im Grabe umdrehen wenn sie das hier sehen könnte.“
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„Zuvor aber sucht Ihr unseren Medicus auf. Wir wollen doch nicht, dass Ihr Euren Schildarm verliert, mit dem Ihr meine Familie so trefflich verteidigt habt.“ Er winkte die junge Frau heran, die ihn schon die ganze Zeit begleitete. [[Hauptdarsteller ist::Garetien:Jeswine von Pfortenstein|Die Ritterin Pfortenstein]]“, stellte er sie knapp vor. „Sie ist im Moment meine Verbindungsfrau zum Reichsforster Grafenbann. Frau von Pfortenstein, Ihr geleitet den Ritter Keilholtz bitte zum Medicus, bringt ihn hernach zum Palas und meldet euch dann wieder bei mir.“
  
Wie versteinert blickte Ardo auf das Beutelchen vor seinem Gesicht. An seienm Hals fing die Schlagader mächtig an zu pumpen und binnen Sekunden war sein Gesicht rot vor Wut. Auf den Hacken drehte er sich um und ging schnurstracks zu den Gefangenen hinüber. Vor dem der sich als Adliger zu erkennen gegeben hatte blieb er stehen. Das Wappen kam ihm sehr bekannt vor, aber in seiner Wut kam ihm der Familienname nicht in den Sinn.
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„Natürlich, Euer Hochwohlgeboren.“ Die Ritterin stand stramm und wartete einen Moment, bis der Pfalzgraf sich in Richtung des oberen Burghofes verabschiedet hatte.
  
„Wer seid Ihr?!“
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„Ritterin Pfortenstein“, ließ der Keilholtzer sich neben ihr vernehmen.
  
Laut herrschte der Kressenburger seinen Gegenüber an. Dieser zuckte allein ob der Lautstärke zusammen, blickte ansonsten aber eher gelassen vor sich hin. Mit ruhiger Stimme, die von der Gewissheit der Unantastbarkeit seiner edlen Abkunft zeugte stellte er sich vor.
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„Oh, bitte nennt mich Jeswine.“ Mit einem offenen Lächeln wandte sie sich an den Greifenfurter. „Der alte Hardt ist so unglaublich steif im Protokoll müsst Ihr wissen. Ein Windhager halt“, tat sie es mit einem Achselzucken ab.
  
„[[Garetien:Helmbrecht von Hagenbronn|Helmbrecht von Hagenbronn]], Ritter zu Hagenau, wenns beliebt. Und Ihr seid?“
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„Sehr angenehm. Wulfhelm“, stellte er sich noch einmal vor und reichte ihr die Hand. Der Ritter mochte die offene Art seiner Gegenüber und konnte nicht anders als das Lächeln zu erwidern, wenn es bei ihm wegen der Schmerzen auch reichlich gequält ausfiel.
  
„Der [[Greifenfurt:Ardo von Keilholtz|Baron von Kressenburg]]! Wenns beliebt!“  
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„Bitte folgt mir, Wulfhelm. Es ist gleich dort drüben.“ Die Pfortensteinerin setzte sich in Bewegung, hörte aber nicht auf zu reden. „Ihr seid ein [[Akteursnennung ist::Greifenfurt:Familie Keilholtz|Keilholtzer]] aus Greifenfurt habe ich gehört? Kommt Ihr gar aus Kressenburg?
  
Die stoische Ruhe mit welcher der etwa gleichaltrige Ritter aus [[Garetien:Baronie Ulmenhain|Ulmeinhaim]] sich seiner Wut stellte, reizte Ardo nur noch mehr. Natürlich kannte er die Familie Hagenbronn. Er war in seiner Jugend oft genug durch die Ländereien der praioswärts gelegenen waldsteinschen Nachbarn geritten um auch den Junkern von Hagenau zu begegnen. Er hatte schon immer gewusst, dass diese Familie dem Phexischen nicht abgeneigt war, aber dieses Mal waren sie zu weit gegangen. Langsam wich die Röte aus Ardos Gesicht. Sein Jähzorn wandelte sich in kalte Wut. Die Kälte die aus seinen Augen sprach ließ nun auch den selbstbewussten jungen Ritter aus Ulmenhain erschaudern.
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Verblüfft wandte Wulfhelm ihr das Gesicht zu. „Ja, tatsächlich. Wie kommt es, dass eine Ritterin aus dem Reichsforst sich so gut mit den Greifenfurter Familien auskennt? Seid ihr etwa meinem [[Briefspieltext mit::Greifenfurt:Ardo von Keilholtz|Neffen Ardo]] auf einem Turnier begegnet?“
  
„Seit Jahren kämpfen wir in Greifenfurt gegen das Vordringen der Wildermark. Gegen Wegelagerer, Banditen, Räuber, Diebe und Schmuggler. In Hasenfeld, Reichsweg und Dunkelsfarn wütet die Gesetzlosigkeit Jahr für Jahr schlimmer. Zuletzt hat dieser Zustand auch unsere direkten Nachbarn in Quastenbroich und Eslamsroden ergriffen. Ich werde es nicht dulden, dass sich diese unhaltbaren Zustände auch in Kressenburg verbreiten oder meine Baronie als weiteres Einfalltor für solche gewissenlose Kerle wie Euch genutzt wird! Irgendwo muss dem ein Riegel vorgeschoben werden und genau das werde ich jetzt tun.“
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„Baron Ardo meint Ihr? Von dem habe ich auch schon gehört. Aber nein, getroffen habe ich ihn noch nicht persönlich. Aber meine Mutter kommt aus Kressenburg. Sie stammt aus dem Geschlecht derer von [[Akteursnennung ist::Greifenfurt:Familie Immingen|Immingen]].“
  
Ardo drehte sich zu seinem Junker um und deutete auf die restlichen Gefangenen die wie ein Häuflein Elend beieinander hockten. Sie wussten, dass sie kaum mit Gnade rechnen konnten. Der Jüngste, ein Bursche von kaum vierzehn Jahren, heulte schon die ganze Zeit Rotz und Wasser
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„Ah, die Imminger. Ich wusste gar nicht, dass sie so weit im Süden Verwandtschaft haben. [[Briefspieltext mit::Greifenfurt:Arnulf von Immingen|Ritter Arnulf]] hat zumindest nie davon erzählt, soweit ich weiß. Aber zugegeben hatte ich bisher noch nie viel Gelegenheit mit ihm zu reden und die ferne Verwandtschaft war dann auch kein Thema gewesen.“
  
„Balduin! An der Straße werden sofort sechs Galgen errichten und sobald sie stehen lässt du diese Strauchdiebe dort gut sichtbar aufhängen! Aber vorher schafft mir jemand den Hauklotz dort her!
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„Ja seht Ihr, der Ritter Arnulf ist tatsächlich mein Vetter. Unsere Mütter sind Schwestern.
  
Mit großen Augen verfolgte Helmbrecht von Hagenbronn das Geschehen. Um seine Begleiter war es ihm nicht Leid. Aber offensichtlich hatte der Kressenburger Baron noch eine besondere Gemeinheit mit ihnen vor, ehe er sie zu Boron schicken wollte. In Windeseile kamen die Büttel den Befehlen ihres Herren nach und gleich stand der von vielen Kerben übersähte Baumstumpf vor dem Baron. Angsterfüllt starrten die Schmuggler den Keilholtzer an, der jetzt sein Schwert zog und sich zwischen ihnen und dem Hagenauer Ritter aufbaute.
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„Wie klein Dere doch manchmal ist.“ Wulfhelm schüttelte belustigt den Kopf. „Warum besucht Ihr uns nicht einmal in Kressenburg? Mein Neffe Ardo veranstaltet jeden Götterlauf zum Jahreswechsel ein Turnier. Selbst der berühmte [[Briefspieltext mit::Garetien:Nimmgalf von Hirschfurten|Baron Nimmgalf von Hirschfurten]] ist als Vertreter Reichsforsts schon dort gewesen. Das wäre doch eine interessante Gelegenheit mal wieder auf die Familie zu treffen und Geschichten auszutauschen. Es würde mich freuen, Euch da einmal wiederzusehen.
  
„Ihr seid gemeine Strauchdiebe und Verbrecher und werdet den euch zustehenden Tod durch den Strang erhalten.“ Das Schluchzen des Jünglings wurde lauter. Undeutlich hörte man ihn nach seiner Mutter rufen. Doch selbst er wusste, dass es keinen Sinn machen würde um Gnade zu flehen. Ardo wandte sich von ihnen ab und dem Ulmenhainer Ritter zu.
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„Das klingt verlockend.“ Die Pfortensteinerin schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln und blieb dann vor einem an die innere Mauer der Pfalz gebauten Haus stehen. „Wir sind da. Geht rein und lasst Euch verbinden. Ich muss noch kurz beim Burgvogt reinschauen und hole Euch dann hier wieder ab.“ Als der Keilholtzer keine Anstalten machte durch die Tür zu gehen, öffnete sie diese und schob ihn mit sanftem Nachdruck hinein. „Und keine Sorge, wir werden schneller Gelegenheit zum Erzählen haben als Ihr denkt. Ich bin heute Abend eure Tischdame.“ Mit einem kecken Zwinkern verabschiedete sie sich, zog die Tür hinter sich zu und ließ ihn im plötzlichen Halbdunkel stehen.
  
„Ihr, Ritter Helmbrecht von Hagenbronn zu Hagenau, werdet nicht am Galgen landen, denn edles Blut fließt durch Eure Adern.“ Zufrieden grinste der junge Edelmann bei diesen Worten vor sich hin. „Da Ihr von Adel seit gebührt Euch nach Praios’ Recht ein schneller und sauberer Tod durch das Schwert. Und den sollt Ihr erhalten!“
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==Auf dem Holzweg==
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===Gebotene Eile===
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Mitte Praios 1041 BF, Kressenburg
  
Von einem Moment auf den anderen war das Grinsen auf Helmbrechts Gesicht einer Maske des Entsetzens gewichen. Blanke Angst stand in seinen Augen. Trotz gefesselter Hände und Füße versuchte er sich aufzurichten, schaffte es aber nur halb.
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Die kleine Keilholtzer Reisegruppe war schnell vorangekommen. Neben Baron Ardo, seinem Vater Wulfhart und dem entfernten Vetter Unswin, bestand sie noch aus den diversen Knappen und Pagen der hohen Herren. Sie hatten von Gareth aus den Weg durch Waldstein, den Elfenpfad, gewählt. Ardo war vor allem neugierig, wie weit die bauliche Instandsetzung dieses Handelsweges auf der garetischen Seite fortgeschritten war. Die elfische Gräfin hatte sich damals sehr entschieden gegen den weiteren Ausbau ausgesprochen, was den hochfliegenden Plänen des Waldsteiner Adels und den angrenzenden Greifenfurter Baronen etwas den Wind aus den Segeln genommen hatte. So stimmte es Ardo sehr froh zu sehen, dass die Waldsteiner Edlen sich unter dem Einfluss Leomars von Zweifelsfels doch mehrheitlich gegen den Wunsch ihrer Gräfin zu stellen schienen und das einzig Richtige taten, was den Handel in dieser Region voranzubringen vermochte. Der Karrenweg Richtung Greifenfurt war an vielen Orten verbreitert und bis zur Stadt Osenbrück sogar vollständig mit Feldsteinen befestigt worden. Auch zwei neue Gasthäuser waren dem Kressenburger aufgefallen, die bei seiner letzten Durchreise noch nicht fertig gestellt gewesen waren. Auch das letzte Teilstück durch das Gebiet der Junker von Hagenbronn war trotz der schwelenden Feindschaft friedlich verlaufen. Drei gut gerüstete Ritter samt ihrem Gefolge schüchterten die Büttel genug ein, dass sie sich diesmal kaum mehr als ein paar unfreundliche Blicke und ein mürrischen Knurren gewagt hatten. So war die Heimreise vom Kaiserturnier in Gareth deutlich angenehmer gewesen, als Baron Ardo es erwartet hatte.
  
„Das könnt Ihr nicht tun! Dazu...dazu habt Ihr kein Recht! Ihr müsst mich freigeben! Oder meinen Vater mich auslösen lassen! Ich bin von Adel! Dazu habt Ihr kein Recht!“
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Im heimatlichen Kressenburg öffneten sich schnell alle Tore vor ihnen. Ardo merkte vor allem am Baufortschritt des Praios-Tempels, dass er schon wieder für mehrere Monde fern seines Lehens gewesen war. Die üblichen Schuldgefühle überkamen ihn und zum wiederholten Male nahm er sich vor, in Zukunft deutlich mehr Zeit bei seiner Gemahlin und den Kindern zu verbringen. Sie waren auch kaum auf den Burghof geritten und von den Pferden gestiegen, als eine kleine lärmende Kleinkinderschar aus den Stallungen stürmte und sie umringte. Kurz danach traten zwei jungen Edeldamen dazu. Die eine zierlich von Gestalt und von fast elfenhafter Anmut. Die andere nicht minder schön, doch von eher muskulöser Statur, der man die Kriegerin auf eine halbe Meile Entfernung ansah, die zudem einen etwa fünf Monde alten Säugling auf dem Arm hielt.
  
Mit unbewegter Miene und stoischer Ruhe gab der Baron ein Zeichen worauf zwei Büttel sich hinter Helmbrecht stellten, ihn unter den Armen packten und zum Hauklotz schleiften. Zeternd wehrte sich der junge Adlige gegen diese Behandlung, so weit es ihm in seinem gefesselten Zustand möglich war. Das Schwert mit beiden Händen haltend und schon halb erhoben stellte sich Ardo seitlich auf.
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Noch bevor Wulfhart und Ardo ihre Gemahlinnen begrüßen konnten, trat eine dritte, noch etwas jüngere Frau dazu, gewappnet und in den Farben der Mark gewandet. Das eher gezwungene Lächeln, das sie zur Schau stellte als sie Ardo sah, sagte dem Baron, dass seine Tante nicht auf einen Freundschaftsbesuch vorbeigekommen war. Nachdem sich der größte Trubel des Willkommens gelegt hatte, nahm die Ritterin der Mark den Baron dann auch kurz zur Seite, um ihre Botschaft los zu werden.
  
„Habt Ihr irgendeinen letzten Wunsch, Ritter Helmbrecht?
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„Die Greifin wünscht dich umgehend zu sehen, Neffe! Ich weiß, du bist gerade erst heimgekehrt, aber es wird das Beste sein, du lässt dein Pferd sofort wieder satteln und begleitest mich jetzt sofort, damit wir noch vor Sonnenuntergang in der Residenz sein können.
  
„In die Niederhöllen sollt Ihr fahren!“
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==Keilholtzer Neuordnung==
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===Geordnete Verhältnisse===
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{{Brief
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|Adressat=Ich, [[Greifenfurt:Ardo von Keilholtz|Ardo von Keilholtz ä.H.]], Baron zu Kressenburg, verfüge Folgendes als meinen letzten Willen:
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|Text=1. Als Erbe der Baronswürde bestimme ich meinen Vater [[Greifenfurt:Wulfhelm von Keilholtz|Wulfhelm von Keilholtz]].<br>
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2. Ihm nachfolgen soll mein Erstgeborener [[Greifenfurt:Answin Shazar von Keilholtz|Answin Shazar]]. Sollte dieser sein Erbe nach dem Willen der Zwölfen nicht antreten können, so bestimme ich an seiner Statt eines meiner nachgeborenen Kinder in der Reihenfolge ihrer Geburt.<br>
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3. Sollte nach der Götter Willen keines meiner Kinder das Erbe antreten können, so bestimme ich meine Geschwister aus der ersten Ehe meines Vaters in der Reihenfolge ihrer Geburt, mir nachzufolgen. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.<br>
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4. Sollte nach der Götter Willen keines meiner genannten Geschwister das Erbe antreten können, so bestimme ich die Geschwister meines Vaters und ihre Nachkommen in der Reihenfolge ihrer Geburt. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.<br>
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5. Sollte es dem Herrn Boron gefallen mich und meinen Vater zu sich rufen, bevor mein rechtmäßiger Erbe die Mündigkeit erreicht, so bestimme ich meine Gemahlin [[Greifenfurt:Praiadne Leuinherz Keilholtz|Praiadne Leuinherz Keilholtz]] zur Verweserin der Baronie Kressenburg, bis mein Erbe dieses antreten kann.<br>
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6. Meiner Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz sei das [[Greifenfurt:Herrschaft Greifenwehr|Edlengut Greifenwehr]] bis zu ihrem Tode als Wittibengut zugesprochen, auf das es ihr im Leben an nichts mangele.<br>
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7. Meine derischen Besitztümer vermache ich meinem rechtmäßigen Erben, ausgenommen der nachfolgend genannten.<br>
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8. Aus meiner Privatschatulle erhält die Praioskirche Zwölf mal Zwölf Dukaten um den Bau des neuen Kressenburger Tempels voranzutreiben.<br>
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9. Meine Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz erhält mein Gebetsbüchlein, auf das es ihr in dunklen Stunden Trost spende.<br>
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10. Mein Bruder [[Greifenfurt:Firnward von Keilholtz|Firnward von Keilholtz]] erhält mein Schwert Orkentod.<br>
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11. Meine Knappin [[Greifenfurt:Mechthild von Kieselholm|Mechthild von Kieselholm]] erhält mein Streitross Boromil. Sollte das treue Tier mit mir verstorben sein, so erhält sie ein Streitross aus der Zucht des Märkischen Marstalls.<br>
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12. Es ist mein Wunsch und Wille in der Krypta des [[Greifenfurt:Praios-Tempel Sankt Garafan vor dem Tore|Praios-Tempels Sankt Garafan vor dem Tore]] zu Kressenburg meine letzte Ruhestatt zu finden. Dieselbe soll sein die Grablege meiner Familie auf immerdar.<br>
  
„Diesen Wunsch kann ich Euch leider nicht gewähren. Aber ich werde dafür Sorge tragen, dass Eure Familie von Eurem Schicksal erfährt.“
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Gegeben am 1. Tag des Herrn Phex im Jahre 1037 nach Bosparans Fall
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|Absender=Gesiegelt und bezeugt
  
„Mein Vater wird Euch umbringen! Ihr wollt uns nicht zu Feinden haben!“
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[[Greifenfurt:Badilak von Praiostann|Badilak von Praiostann]]<br>
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Ardo von Keilholtz ä.H.<br>
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[[Greifenfurt:Praiomel von Kieselholm|Praiomel von Kieselholm]]
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}}
  
Wütend begehrte der Hagenbronner ein letztes Mal auf, wurde aber von den Bütteln niedergehalten. Der Baron holte weit aus und ließ seinen Anderthalbhänder ohne langes Zögern mit aller Wucht herabsausen. Abrupt endete der Wortschwall des Ritters als krachend die Halswirbel brachen und sich ein Strom von Blut über den Hauklotz und die Wiese ergoss.
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== DEUS VULT ==
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=== Bauarbeiten ===
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*Bauholz: aus Kressenburg
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*Stein: ggf. eigener Steinbruch (Neuerschließung mit Folgenutzung, mit Volker abklären) oder aus dem Finsterkamm (Spieler?)
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*Versorgung der Arbeiter: zusätzliche Getreidelieferungen aus Eslamsroden und Hexenhain
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*Gold: aus Gareth?
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*Marmor: Eslamsgrund? oder andere Quelle?
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*Arbeiter: Tagelöhner aus der Region (Mark und Waldstein), ggf.dauerhafte Erhöhung der Einwohnerzahlen durch Zuzug? (mit Volker abklären)
  
„Das wäre erledigt. Balduin, Ihr tragt Sorge dafür, dass mit den anderen wie befohlen verfahren wird. Ich werde zur Burg zurückreiten und dem Junker von Hagenau mitteilen, dass er seinen Sohn hier abholen kann. Lass die Leiche transportfertig machen. Wenn bis in einer Woche niemand auftaucht um ihn abzuholen bring den Ritter auf den Boronsanger von [[Greifenfurt:Markt Kressenburg|Kressenburg]], damit er noch vor den Namenlosen Tagen göttergefällig unter die Erde kommt.“
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=== Gästeliste zur Einweihung ===
 
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Geladene Gäste:
Ardo griff nach einer Stoffbahn und säuberte die Klinge gründlich. Auf einen Wink eilte seine äußerst blasse Knappin herbei und brachte ihm wortlos das Pferd. Ohne ein Wort zu wechseln ritten die eilig zurück nach Kressenburg. Dort gab er Mechthild die Erlaubnis sich für den Rest des Tages zurückzuziehen, während er selbst sich in die Schreibstube begab um den Brief für [[Garetien:Bernfried von Hagenbronn|Junker Bernfried]] aufzusetzen. Nachdem er die Botschaft einem Boten übergeben hatte zog er sich mit einer Flasche Waldkräuterlikör in das Kaminzimmer zurück. Er hatte getan was er glaubte tun zu müssen um Kressenbrug und Greifenfurt zu schützen. Trotzdem kamen seine Gedanken erst in den frühen Morgenstunden zur Ruhe, als er mit dem Kopf auf der Tischplatte neben der leeren Flasche einschlief.
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*Kaiserin [[Rohaja von Gareth]] mit Prinzgemahl [[Perricum:Rondrigan Paligan|Rondrigan Paligan]]
 
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*Markgräfin [[Greifenfurt:Irmenella von Wertlingen|Irmenella von Wertlingen]] mit Prinz [[Greifenfurt:Edelbrecht vom Eberstamm|Edelbrecht von Eberstamm-Wertlingen]]
== Familienfrieden ==
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*Illuminatus [[Greifenfurt:Praiomon Caitmar von Dergelstein|Praiomon Caitmar von Dergelstein]]
''Peraine 1032 BF bis Praios 1035 BF''
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*Markvogt [[Garetien:Barnhelm von Rabenmund|Barnhelm von Rabenmund]] (als letzter (?) Answinspross)
 
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*Burggräfin [[Garetien:Irmhelde von Luring-Rabenmund|Irmhelde von Luring-Rabenmund]] (als Answins Urenkelin)
Der seit über einhundert Jahren andauernde Unfriede zwischen dem älteren und jüngeren Haus Keilholtz soll beigelegt und mit einer Hochzeit besiegelt werden.
+
*Praios-Novizin/-Geweihte [[Garetien:Fredegard von Rabenmund|Fredegard von Rabenmund]] (Irmheldes Schwester)
 
+
*???
=== Ruhmreiche Heimkehr ===
 
Mühsam stapfte Greifwin neben seinem Pferd den Hügel zum Gut Weidensee hinauf. Der Regen hatte zwei Stunden zuvor aufgehört, aber die Sonne hatte weder Zeit noch Kraft gehabt, den Schlamm auf der Straße zu trocknen. Und auch der frischgebackene Baron war von dem erfrischenden Schauer gut durchweicht und bot keinesfalls den edlen Anblick, den man bei einem Mann seines Standes erwarten sollte. Nichtsdestotrotz war er recht guter Dinge, denn die Reise war lang gewesen, was ihm genug Zeit gegeben hatte, sich auf die Reaktionen seiner Familie vorzubereiten.
 
 
 
Am Eingang des Gutes traf er auf drei junge Männer, die gerade dabei waren, Teile eines Zaunes zu erneuern und dazu Pfähle in den Boden trieben. Als sie Greifwins gewahr wurden, stellten sie die Arbeit ein und beäugten ihn neugierig. Der jüngste von ihnen, wohl noch keine zwanzig Götterläufe alt, trat zwei Schritte vor und rief: „Heda, Bruder! Schon zurück von Deiner Reise? Was gibt es Neues aus der weiten Welt?“
 
 
 
Müde hob Greifwin den Blick. Mit einem Nicken nahm er die beiden Knechte war, dann wandte er sich an seinen Bruder: „Mehr, als Du denkst, Firngrimm. Weißt Du wo Ifirnia und Oma stecken? Wir haben eine Menge zu besprechen.“
 
 
 
„Oma ist wie üblich im Lager“, antwortete der Angesprochene, „und Ifirnia hängt über den Büchern.“
 
 
 
Greifwin stutzte: „Die kann sie doch mir überlassen!“ Mit einem Schnauben winkte Firngrimm ab: „Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, Bruderherz: Du bist in letzter Zeit etwas selten zu Hause!“
 
 
 
Wie von einer unsichtbaren Ohrfeige getroffen zuckte Greifwin zusammen. Dann zuckte er resigniert mit den Schultern. „Du hast ja recht. Aber das soll uns jetzt nicht kümmern. Sammel bitte die Familie in der Halle, ich will mich nur rasch umziehen. Oh“, er wandte sich an den ältesten der Männer, „wenn Du nach Hause gehst, gib doch bitte im Dorf Bescheid, Olgerd, dass ich die Großbauern morgen zur Praiosstunde in derGastwirtschaft sprechen möchte.“
 
 
 
Der Angesprochene blickte ihn verwundert an. „Ja, Euer Wohlgeboren! Ist was besonderes?“ Greifwin schnaubte: „Kann man sagen. Aber das besprechen wir morgen!“ Damit trat er durch das Hoftor und ging nachdenklich in Richtung Haupthaus. Wehmütig streifte sein Blick die Wehrmauern. An vielen Stellen konnte man erkennen, wo altes Mauerwerk mit neuem ausgebessert worden war. „Gerade, wo wir fast fertig waren!“, entfuhr es ihm, bevor er die beginnende Schwermut mit einem Kopfschütteln beiseite wischte. „Klagen bringt nichts, und vielleicht lässt sich ja noch was richten. Aber das ist ein Problem für einen anderen Tag...“
 
 
 
Eine knappe halbe Stunde später kam Greifwin in frischer, trockener Kleidung die Treppe hinunter. An deren Fuß zögerte er einen Augenblick. Dann betrat er die Wohnstube, wo sich der Rest der Familie bereits versammelt hatte. Ohne ein Wort trat er zu einem kleinen Beistelltischchen, wo er eine irdene Flasche entkorkte und deren klaren Inhalt großzügig auf vier Becher verteilte. Er wandte sich seiner Familie zu und stellte vor jedem einen der Becher ab, wobei er jeden musterte. Firngrimm, blickte ihn neugierig an, aber Firngrimm würde so oder so einfach sein. Er blickte weiter zu seiner Schwester, Ifirnia, deren Gesicht von deutlicher Missbilligung gekennzeichnet war. Das war kaum überraschend aber dennoch schmerzlich. Rasch wandte er sich in Richtung seiner Großmutter Ingrimma.
 
 
 
Für einen Moment hielt er ihren durchdringenden Blick, dann wandte er sich an eine Stelle über dem glimmenden Kamin und begann unvermittelt zu sprechen, den vierten Becher nachdenklich zwischen den Fingern drehend: „Es gibt eine Reihe von Neuigkeiten, die ich mit Euch besprechen muss. Zunächst eine sehr unerfreuliche Nachricht: Wir verlieren Weidensee.“ Er hielt einen Moment inne, und beobachtete die Reaktionen, die sich auf den Gesichtern seiner Familie zeigten. Firngrimm schien es die Sprache verschlagen zu haben, er schnappte nach Luft wie ein Fisch an Land. Der Blick seiner Schwester durchbohrte ihn wie ein Eiszapfen, während das Gesicht seiner Großmutter so unbewegt und undeutbar wie meist blieb.
 
„Was???“, entrang es sich der Kehle seiner Schwester, „aber wieso?“ Greifwin schnaubte: „Ich wurde vom Meister der Mark entlehnt, darum. Mit Willen und Wissen der Greifin um das gleich vorwegzunehmen.“ Das brachte seine Schwester zum Schweigen, deren Gesicht die gleiche fahlweise Farbe annahm, welche Firngrimm schon nach dem Auftakt zeigte. Und selbst seine Großmutter schien erschüttert.
 
 
 
„Aber um Eure Sorgen gleich zu zerstreuen: Offenbar ist Euer Bruder respektive Enkel nicht vollkommen unfähig, denn im gleichen Rahmen wurde mir“, er legte eine leichte, aber unüberhörbare Betonung auf das letzte Wort, „das Lehen Eslamsroden übergeben. Die Familie Keilholtz ist damit zurück auf dem Weg zu alter Größe.“ Ein weiterer Blick in die Runde. Farbe schien in die Gesichter seiner Verwandten zurückzukehren, aber noch brachte niemand ein Wort heraus. „Das Ganze hat eine Reihe von Implikationen, über die wir noch diskutieren müssen, aber das hat Zeit. Ich denke, darauf sollten wir anstossen.“ Er hob den Becher, und stellte befriedigt fest, dass seine Familie es ihm gleich tat. „Auf uns! Auf die Familie Keilholtz!“ Damit nahm er, unter dem Ausruf „Auf den neuen Baron von Eslamsroden“ seines Bruders, einen tiefen Zug.
 
 
 
„Gratulation, Bruder!“ Wie nicht anders zu erwarten, hatte Ifirnia ihre Fassung rasch wiedergewonnen. „Aber du hast recht, ich habe eine Menge Fragen. Warum verlieren wir Weidensee? Und was ist mit dem Sohn des Breitenquellers, wieso ist er entlehnt worden?“
 
 
 
Greifwin zuckte mit den Schultern. „Das erstere ist mir auch schleierhaft, aber ich habe auch Hoffnung, in dieser Richtung noch etwas unternehmen zu können. Das letztere ist auch nicht gerade klar, aber wenn die Gerüchte stimmen, die ich gehört habe, muss Seguld wohl das Treiben der Wildermärker in Eslamsroden wohl etwas zu sehr ignoriert haben. An die Stadt kommt der Meister der Mark nicht heran, also will er sie wohl isolieren.“
 
 
 
„Scharfsichtig, Junge“, meldete sich seine Großmutter zu Wort. „Danke. Ich wüsste zu gerne, was da genau abgelaufen ist, denn wenn es für eine Entlehnung reicht, muss es fast bis zur Anklage wegen Reichsverrat reichen. Die Familie Breitenquell hat hier natürlich praktisch keinen Rückhalt, das dürfte die Sache erleichtert haben. Aber trotzdem...“ Greifwin nahm einen weiteren Zug besten Birnenbrandes. „Aber bevor wir das vertiefen: Ich habe ein paar Aufträge für Euch“, er nickte seinen Geschwistern zu. „Firngrimm, du musst nach Eslamsroden, und dort alles organisieren.“
 
 
 
„Sollte das nicht besser ich machen?“ meldete sich Ifirnia spitz zu Wort. „Eigentlich schon, Schwesterherz. Aber ich brauche Dich an anderer Stelle.“ „Und wo wäre die?“
 
 
 
„An meiner Seite, wenn wir dem neuen Baron von Kressenburg unsere Aufwartung machen. Und bevor Du fragst: Das wäre dann Ardo von Keilholtz.“ Ein süffisantes Lächeln umspielte Greifwins Lippen.
 
 
 
„Ardo von Keilholtz?“, erklang schneidend die Stimme Oma Ingrimmas. „Sie haben einen von diesem auf Burg Keilholtz dahinrottenden Haufen von degenerierten Schwachköpfen zum Baron gemacht?“ So wenig sie seine Neuigkeiten bisher beeindruckt zu haben schienen, so sehr erregte sie sich über die letzte.
 
 
 
„Ardo von Keilholtz ist keineswegs ein degenerierter Schwachkopf, Oma. Ganz im Gegenteil, er scheint durchaus fähig und tüchtig!“, hob Greifwin an, nur um sofort unterbrochen zu werden.
 
 
 
„Papperlapapp! Diese ganze Bande taugt zusammen genommen nicht für einen! Allein damals, als...“ „...sie unserer großen Vorfahrin alles Böse Deres angetan haben“, fuhr Greifwin seinerseits seiner Großmutter ins Wort. „Ja, ja, ich kenne die ganze, alte Leier, verdammt noch eins! Und sie interessiert mich nicht im Mindesten! Ich weiß nicht, was der Rest der Familie treibt, aber ich bin mit Ardo geritten, und ich kann keinen Makel finden, der über ein gewisses Maß an… Selbstüberschätzung hinausgeht. Ja, die Alt-Höltzer haben ganz sicher einen Haufen schräges Gelichter in ihren Reihen, aber es gibt auch Ausnahmen. Und daher“, wandte er sich an seine Schwester, „wirst Du, als meine derzeit nächste Verwandte und Erbin, mich zu Ardo begleiten. Ende der Diskussion.“
 
 
 
Mit Erleichterung und zunehmender Zufriedenheit stellte er fest, dass er sich mit seinem, von ihm für seine Familie ungewohnt harten, Tonfall offenbar tatsächlich durchgesetzt hatte.
 
 
 
Der Bericht der anderen Neuigkeiten und die Diskussionen zogen sich bis spät in die Nacht, aber als sich Greifwin schließlich in Borons Arme begab, war eine schwere Last von ihm gefallen...
 
 
 
 
 
=== Ein neuer Aufbruch ===
 
Zwei Tage später verliessen die drei jungen Keilhöltzer Weidensee. Greifwins Laune hatte einen neuen Höhepunkt erreicht. Zwar hatten die Großbauern die Nachrichten vom Verlust ihres Junkers deutlich weniger freudig aufgenommen als seine Familie, denn Greifwins Hand war stets leicht gewesen und wer wusste schon, wer der neue Junker sein und was er bringen würde. Aber auch hier war es ihm gelungen, die positiven Aspekte hervorzuheben. Und zum ersten Mal seit langem schienen sowohl seine Großmutter als auch seine Schwester keinen Grund zu finden, allzu unzufrieden mit ihm zu sein. Zum Abschied drückte er fest die Hand seines Bruders (was er sofort bereute, denn Firngrimms Gegengriff erinnerte ihn schmerzhaft an einen Schraubstock), bevor er ihm einen Brief und ein Beutelchen übergab. „Wenn Du in Eslamsroden bist, sorge bitte dafür, dass dieses Schreiben an den Meister er Mark weitergeleitet wird. Den Rest haben wir ja besprochen.“
 
 
 
Grinsend deutete sein Bruder eine Verbeugung an. „Jawohl, Euer Hochgeboren! Werde die Burg in Besitz nehmen, Euer Hochgeboren!“ Dann wurde sein Grinsen noch breiter. „Hast Du eigentlich auch Briefe für die anderen?“
 
 
 
Irritiert blickte Greifwin ihn an. „Welche anderen denn?“ Firngrimm schüttelte seufzend den Kopf. „Für Yanis und Praiadne. Die möchten vielleicht auch erfahren, was Ihr Bruderherz so treibt?“
 
 
 
„Oh, ja, natürlich.“ Greifwin runzelte die Stirn. „Sind mit bei den Botschaften, die ich dir gestern gegeben habe. Was Du eigentlich noch wissen solltest!“
 
 
 
Firngrimms Grinsen machte widerwillig einer etwas ernsteren Miene Platz. „Keine Sorge, Bruderherz. Habe ich nicht vergessen, ich wollte dich nur foppen. Dann die Zwölfe mit Euch und auf bald!“ Damit wendete er sein Pferd und begann, davon zu traben.
 
 
 
„Und mit Dir!“ riefen die beiden älteren ihm hinterher, bevor auch sie sich auf den Weg machten.
 
 
 
 
 
Gegen Abend des nächsten Tages erreichten Greifwin und Ifirnia schließlich Kressenburg.
 
 
 
„...und ich sollte Ardo vorschlagen, dass wir etwas an der Straße tun.“, beendete Greifwin eine längere Aufzählung, während ihre Pferde zur Burg hinauf trotteten.
 
 
 
Seine Schwester schüttelte müde den Kopf. „Wozu eine Straße mitten ins...“, sie blickte sich abschätzend um, „...Nirgendwo? Das Geld kannst du wahrlich besser nutzen!“
 
 
 
„Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte...“, Greifwin schloss mit einer Handbewegung Burg und Dorf ein, „...das hier ist keine arme Gegend. Kressenburg hat Zinn, und das Erz kann von hier nur in zwei Richtungen: Greifenfurt oder Eslamsroden. Und jetzt rate mal, wo ich es gerne hätte.“
 
 
 
„Und was nützt Dir das Erz in Eslamsroden? Die Stadt gehört nicht dir...“
 
 
 
Greifwin verdrehte die Augen. „Herr Phex, hilf ihr! Kressenburg hat Zinn und Holz, aber nur wenig brauchbares Land. Wir hingegen haben Korn und zwar jede Menge davon. Muss ich noch mehr sagen? Und was die Stadt angeht: Ja, die Stadt gehört nicht mir. Und sie wird uns mehr Probleme machen, als Du ahnst. Aber sie ist auch die Quelle unseres zukünftigen
 
Einkommens! Denn auch die Stadt braucht Korn, braucht Fleisch, braucht Holz. Wenn es der Stadt gut geht, geht es auch uns gut.“
 
 
 
Über diese Belehrung alles andere als erfreut gab Ifirnia ein schnippisches „So wie Seguld von Breitenquell?“ von sich.
 
 
 
Greifwin winkte ab. „Nun, das Wohl der Stadt ist wichtig, aber natürlich darf man nicht alles durchgehen lassen. Doch davon erstmal genug.“
 
Dem Tor schon recht nahe wandte Greifwin sich einer der Torwachen zu: „Travia zum Gruße! Sagt, guter Mann, ist der Herr Baron hier anzutreffen? Sein Nachbar, der Baron zu Eslamsroden würde ihm gerne seine Aufwartung machen!”
 
 
 
=== Anderer Leute Probleme ===
 
„Diese garetischen Schwachköpfe! Im Finsterkamm lauert der Ork und die fangen an sich auf der Greifin Grund und Boden die Fehde zu erklären! Hat denn seine Liebden nichts dazu gesagt? Ein Skandal ist das sondergleichen! Und jetzt fangen sie gar an Söldner nach Osenbrück zu führen? Das hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben!“
 
 
 
Phexian von Kieselholm hatte sich in Rage geredet. Der alte Vogt von Kressenburg saß an seinem Schreibtisch der aussah als hätte er ebenfalls schon weit über sechzig Götterläufe gesehen und schaute den viele Jahre jüngeren neuen Baron mit hochrotem Kopf an. Beschwichtigend hob Ardo von Keilholtz die Hände. Er wusste nur zu gut um das Temperament des alten Kieselholmers und auch, dass es dessen Gesundheit nicht zuträglich war.
 
 
 
„Ich bitte Euch, ehrenwerter Schwertvater, es wird alles halb so schlimm sein wie es aussieht. Natürlich liegt Osenbrück gleich hinter der Grenze, aber es ist garetischer Boden. Dort können sie tun und lassen was sie wollen. Immerhin hat der Ritter vom Zornesorden verhindert, dass die Fehde auf märkischen Boden ausgetragen wird und dafür sollten wir dankbar sein. Wir werden ein wachsames Auge haben, so wie immer. Nur müssen wir uns nun ebend ein paar Mal mehr drehen um alles zu sehen. Früher war es nur der Ork im Westen und im Norden. Nun haben wir noch das Gesindel aus der Wildermark im Osten und die streitlustigen Garetier im Süden. Sicherlich stimme ich Euch zu, dass diese Reibereien mehr als unnötig sind, aber wenn seine kaiserliche Hoheit Prinz Storko schon nicht eingeschritten ist, wem außer der Kaiserin und den Göttern selbst stünde es zu ein Machtwort zu sprechen? Wir werden die Grenzen Greifenfurts sichern, so wie wir es immer getan haben. Ich werde sogleich einen Boten mit einer unserer Brieftauben zum Quastenbroicher schicken, damit er uns rechtzeitig warnen kann wenn sich bei ihm etwas tut. Zudem wird mein Großvater uns sicherlich eine Nachricht zukommen lassen, wenn sich die Söldner der Kressenburger Grenze nähern sollten.“
 
 
 
Mit seiner entwaffnenden Unbeschwertheit schaffte es Ardo für den Moment den Altvogt zu beruhigen. Dieser fuhr sich grummelnd durch den Bart und fing wieder an durch die Unterlagen zu wühlen die er vor Ardos Eintreffen gesichtet hatte.
 
 
 
„Du magst Recht haben mein Sohn, aber die hätten das trotzdem anständiger lösen können. Glaube mir, es entsteht nichts Gutes daraus, wenn sich die Edlen des Reichen gegenseitig an die Kehle gehen. Was sind wir denn dann noch für ein Vorbild für den Pöbel? Praios hat uns nicht zu Herren gemacht, damit wir den Schutz von Land und Lehen vernachlässigen um uns der Streitsucht hinzugeben. Wo ist nur die gute alte Zeit hin, wo alle Streitfragen bei einer guten Partie Pölches geklärt werden konnten? Das Schwert sollte für den Ork aufgespart bleiben!“
 
 
 
Schwer seufzend schob Phexian einen schweren Folianten über den Tisch, der die Abrechnungen des letzten Jahres enthielt. Drei Götterläufe war es her, dass Ardo seinen Ritterschlag erhalten hatte und als Hauptmann in die große Stadt Greifenfurt gegangen war. Doch als neuer Baron war es an der Zeit sich wieder in die Verwaltung Kressenburgs einzuarbeiten. Und er würde dafür Sorge tragen, dass es hier auch weiterhin so ruhig und beschaulich zuging wie es seit Generationen der Fall gewesen war.
 
 
 
„Lasst das jetzt ruhig meine Sorge sein, ehrenwerter Schwertvater. Das Wichtigste für uns ist im Moment bis zum Turnier die Abrechnungen fertigzustellen. Der Parsenburger hat die Steuern gerne pünktlich. Ordnung muss ebend sein. Und wenn wir damit fertig sind schauen wir nach, ob Euer Pölchesarm schon eingerostet ist. Ich habe auf dem Konvent etwas kennengelernt, das ich unbedingt ausprobieren will. Krumm-Pölches, eine neue Mode aus dem Perricumschen. Ohne Frage recht ungewöhnlich, aber sie haben eine sehr interessante Flugbahn.“
 
 
 
Ardo und Phexian saßen bereits seit vielen Stunden über den Rechnungsbüchern, als der zwergische Kammerdiener des Altvogtes hohen Besuch anmeldete. Offensichtlich hatte es der neue Eslamsrodener Baron sehr eilig mit seinem Antrittsbesuch. Aber das war auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedachte was alles für Aufgaben vor ihm, aber auch vor den restlichen Greifenfurter Adligen in den nächsten Götternamen lagen. Zunächst galt es die Fehde zwischen dem Vogt von Sertis und dem Baron von Höllenwall dort zu behalten wo sie war, nämlich in Garetien. Dann sollte in wenigen Wochen das jährliche Turnier in Greifenfurt stattfinden, das Ardo und Greifwin zugleich als Hintergrund für ihre Erhebungsfeierlichkeiten zu nutzen gedachten. Schließlich und endlich blieb ihnen noch die dräunende Gefahr der Schwarzpelze im Finsterkamm und, im Moment weit näher vor dem Burgtor, die ständige Gefahr des Wildermark, die ihre Klauen von Osten her in die Mark Greifenfurt streckte. Der junge Baron erhob sich, strich das Wams glatt und hieß den Kammerdiener die hohen Gäste in den Salon zu führen wo er sie mit seinem Schwertvater erwarten wollte.
 
 
 
 
 
=== Antrittsbesuch ===
 
Ardo und Phexian hatten den Salon gerade erst betreten als Schritte auf dem Gang die Ankunft der Nachbarn ankündigte. Einen Augenblick später öffnete Ugrimm die große Flügeltür und bat die Eslamsrodener herein. Baron Greifwin schritt voran, seine Schwester folgte ihm auf den Fuss. Die Geschwister waren in etwa gleich groß, doch wirkte Ifirnia wegen ihrem zwar sehr weiblichen, doch gut durchtrainierten Körperbau deutlich größer. Während Greifwins Blick offen durch den Raum wanderte, hielt seine Schwester die Lider bedeckt und ließ Ardo von dem Moment an wo sie sein Wappen erkannt hatte nicht mehr aus den Augen. Der Kressenburger Baron schritt ihnen entgegen, reichte Greifwin die Hand und verbeugte sich höflich vor Ifirnia.
 
 
 
„Greifwin, edle Dame, seid mir in Travias Namen willkommen. Darf ich euch vorstellen, Phexian von Kieselholm, mein ehrenwerter Schwertvater und Vogt von Kressenburg. Ein Amt, welches er unter der letzten Baronin erhielt, bis zuletzt für die Markgräfin ausübte und auch weiterhin in meiner Abwesenheit inne haben wird.“
 
 
 
Greifwin verneigte sich leicht in die Richtung des Vorgestellten. „Erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Euer Hochgeboren. Erlaubt mir im Gegenzug, Euch meine Schwester Ifirnia vorzustellen, die Ihrerseits in meiner Zeit als Junker als meine Vertreterin fungiert hat und diese Aufgabe bis auf weiteres fortführen wird.“
 
 
 
Ifirnia deutete eine knappe Verbeugung an, machte jedoch keine Anstalten, selbst das Wort zu ergreifen. Ihre Lippen waren zu einem dünnen Strich zusammengepresst, während sie aus grüngrauen Augen Ihre Gegenüber stechend musterte.
 
 
 
Während der Begrüßung kam Ardo nicht umhin, den erschöpften Zustand seiner Gäste zu bemerken. Weidensee lag zwar kaum mehr als zwei Tagesritte entfernt, aber im Phex konnte selbst diese Strecke in der Mark mit erheblichen Strapazen verbunden sein.
 
 
 
„Eure Reise war sicherlich nicht sehr gemütlich wenn man das Wetter bedenkt. Darf ich etwas zu Trinken anbieten bevor das Abendessen serviert wird? Etwas warmen Wein? Oder einen Brannt aus Waldbeeren? Ansonsten haben wir auch noch Bier. Die Kressenburger Zwerge brauen ein wirklich hervorragendes Dunkles, welches dem Ferdoker in nichts nachsteht.“
 
 
 
„Nun, ob der Stunde würde ich zum Bier neigen. Dabei diskutiert es sich besser. Und für den Abend können wir auf einen Krug des Gastgeschenks zurückgreifen…“, erwiderte Greifwin, während er eine flache Ledertasche auf dem Tisch platzierte. Er warf einen Blick in Richtung seiner Schwester, die jedoch noch immer ihren entfernten Verwandten mit Blicken durchbohrte.
 
 
 
Auf Ardos Wink hin eilte der Kammerdiener fort um wenige Minuten später mit dem Gewünschten wiederzukehren, um es vor den Anwesenden auf dem Tisch zu plazieren.
 
 
 
„Danke Ugrimm. Jetzt geh bitte in die Küche und gib Bescheid, dass wir zwei Gäste haben. Danach wirst du für den Baron und seine Schwester zwei Zimmer herrichten lassen. Bis zum Abendessen wünschen wir nicht mehr gestört zu werden.“
 
 
 
Der Angesprochene verbeugte und entfernte sich eilfertig und schloss sorgsam die Tür hinter sich als er den Raum verließ.
 
 
 
„Sehr schön.“ Ardo hob sein Humpen und prostete seinen Gästen zu bevor er einen tiefen Schluck nahm. Sein Blick ruhte vor allem auf Ifirnia, die er noch nicht kannte und nach ihrer eher reservierten Begrüßung versuchte einzuschätzen. „Ich freue mich dass ihr hier seid. Es gibt viel zu besprechen.“
 
 
 
Auch die Weidenseer erhoben die Humpen zur Erwiderung. „Und wir danken für die Gastfreundschaft. Wie mir scheint, habt Ihr Euch in der kurzen Zeit schon gut eingerichtet.“, antwortete Greifwin. „Aber Ihr habt natürlich recht. Dann gehen wir mal in medias res. Zum ersten: Bezüglich unserer Idee einer Feier bei der Turnei habe ich mir erlaubt, einen Rohentwurf einer Einladung zu verfassen.“ Er zog ein Pergament aus der Ledermappe und schob es in Richtung Ardos. „Wir werden nur wenig Zeit zur Vorbereitung haben, aber es wird reichen müssen.“ Greifwin nahm einen tiefen Zug aus dem Humpen. „Ich werde die Vorbereitungen Ifirnia überlassen müssen, denn Seine Exzellenz von Nebelstein hat mich zum Hoftag auf Pfalz Weißenstein beordert…“
 
 
 
Ifirnia räusperte sich. „Was sollst denn gerade…“, hob sie an, doch Greifwin warf ihr einen finsteren Blick zu und fiel ihr ins Wort. „Das bringt mich unter erheblichen Zeitdruck, ist aber nicht zu ändern. Darum weiter zu den deutlich wichtigeren Angelegenheiten. Die Götter haben es gefügt, das gleich zwei Mitglieder der Familie Keilholtz…“, er warf seiner Schwester, die bei diesen Worten in ihren Humpen schnaubte, einen weiteren finsteren Blick zu, „… zu Baronen erhoben wurden, und das auch noch in benachbarten Baronien.“ Er wendete sich halb seiner Schwester zu bevor er weitersprach: „Auch wenn es zwischen unseren Häusern in der Vergangenheit… Unstimmigkeiten… gegeben hat, so würde ich dies als Zeichen werten, diesen Zwist hinter uns zu lassen. Ich hatte bisher weder Zeit noch Gelegenheit, mich mit den Büchern der Baronie auseinanderzusetzen, aber mir scheint es eine Reihe von wechselseitigen Interessen zu geben. Mir fallen da auf Anhieb Korn und Brand für Kressenburg und Bier für Eslamsroden ein, von Bodenschätzen ganz zu schweigen. Weshalb wir uns früher oder später auch um die… Straße… Gedanken machen müssen. Abhängig davon, ob es gelingt, die Wildermark im Osten unter Kontrolle zu bringen, wäre längerfristig ein neuer Weg ins Garetische wünschenswert…“, Greifwin nahm einen weiteren Zug aus seinem Humpen und blickte wieder zu Ardo. „Aber das sind spinnerte Ideen für die Zukunft. Habt Ihr etwas Konkreteres?“
 
 
 
Aufmerksam folgte Ardo den Ausführungen seiner Gäste. Ifirnias kleine Ausbrüche registrierte er dabei mit verhohlener Neugier. Dass ihr als Tochter des jüngeren Hauses eine Zusammenarbeit mit ihm nicht gefiel, konnte er sich denken. Greifwin war es gelungen ähnliche Vorurteile nach anfänglicher Reserviertheit rasch abzulegen, deswegen blieb ihm die Hoffnung, dass seine Schwester mit der Zeit ähnlich denken würde. Als der Eslamsrodener geendet hatte blickte Ardo kurz zu Phexian, der ihm zunickte und schob ihm das Pergament zu. Mit einem Räuspern beugte er sich dann.
 
 
 
„Ich kann dem nur zustimmen. Unsere Familie hat nach Generationen endlich wieder einen Status erreicht, der unser Wort in Greifenfurt gewichtig werden lässt. Es ist nun an uns zu entscheiden, wie wir mit dieser neuen Verantwortung umgehen, sowohl Greifenfurt als auch die Familie betreffend.“ Der Blick von Ardos grünen Augen ruhte nun auf Ifirnia. Mit Greifwin hatte er sich bei den Erhebungsfeierlichkeiten schnell verständigt, aber dessen Schwester schien nicht so einfach von der alten Feindseeligkeit zwischen den Häusern ablassen zu wollen. „Diese Möglichkeit sollten wir nicht dadurch leichtfertig verspielen, indem wir uns wie Almadaner verhalten und Feindseeligkeiten pflegen, die zwar ihre Ursachen und Berechtigung haben mögen, die aber weder uns noch Greifenfurt zum Vorteil gereichen. Wir müssen diese Möglichkeiten jetzt nutzen, so lange der Ork sich ruhig verhält, denn wir wissen nicht wie lange uns dieser Frieden erhalten bleibt. Greifwin hat bereits einige Aufgaben angesprochen die es zu meistern gilt und gemeinsam wird uns das viel besser gelingen als allein und gegeneinander.“ Mit einem gewinnenden Lächeln schloss Ardo, doch konnte er auf den ersten Blick keine Veränderung in Ifirnias Mimik erkennen. „Auch ihr werdet hoffentlich bald erkennen, dass wir hier in Kressenburg das ältere Haus deutlich besser repräsentieren, als es die Querköpfe im Finsterkamm jemals könnten.“ Ohne sich nachhaltig entmutigen zu lassen wandte er sich nun wieder Greifwin zu.
 
 
 
„Greifwin, du hast da einige Dinge angesprochen, die durchaus überlegenswert sind. In der Tat ist Kressenburg zum Teil davon abhängig Mehl und Getreide zu importieren. Unsere Äcker sind zwar fruchtbar, doch zu klein und können in einem guten Jahr so gerade die Bevölkerung ernähren. Auf der anderen Seite haben wir Einiges an handwerklichen Erzeugnissen zu bieten, die in der Mark Ihresgleichen suchen. Eslamsroden ist als zweitgrößte Stadt natürlich ein wichtiger Markt für uns, aber...“ In das kurze Zaudern hinein, erhob der alte Vogt kurz seine Stimme um den Satz zu vervollständigen. „... es ist nun einmal so, dass die Wege östlich der Kressenburger Grenzen nicht mehr zu den sichersten gehören.“ Mit einem Nicken quittierte Ardo den Einwurf seines Schwertvaters. „Es ist fürwahr gefährlich geworden unsere Waren zu den großen Märkten der Mark zu schicken. Zumeist wurde deswegen zuletzt der Umweg über Königsgau nach Greifenfurt in Kauf genommen, da immer mehr Gerüchte über zwielichtiges Gesindel aus Eslamsroden die Runde machen. Hier gilt es schnell und hart durchzugreifen. Der Handel mit Eslamsroden macht für Kressenburg nur dann einen Sinn, wenn die Sicherheit unserer wertvollen Waren gewährleistet ist.“
 
 
 
Schnell nahm Ardo einen kleinen Schluck aus seinem Bierkrug um die vom Reden trockene Kehle wieder anzufeuchten.
 
 
 
„Leider nur zu wahr“, antwortete Greifwin. „Als Junker habe ich daran auch nur wenig tun können. Und das waren nicht nur einfache Räuber, sondern Plünderer aus der Wildermark. Zweimal hatten wir das Gesindel sogar direkt in Weidensee. Ich fürchte, das wird mein vordringlichstes Problem für die absehbare Zukunft werden. Aber da rechne ich auf die Hilfe der Familie…“
 
 
 
Mit schneidender Stimme fiel ihm Ifirnia ins Wort: „Glaubst Du nicht, Bruder, das unsere Schwester etwas jung für eine derartig große Herausforderung ist?“
 
 
 
Greifwin verdrehte die Augen. „Ich halte große Stücke auf Praiadne, Schwesterherz, aber natürlich will ich keineswegs sie auf die Jagd schicken. Vielmehr dachte ich an die Schroffensteiner. Das ist eine der Aufgaben, mit denen ich Firngrimm betraut…“
 
 
 
„Du bezeichnest diesen Emporkömmling als Familie?“, fuhr Ifirnia erneut dazwischen. „Reicht es nicht, dass Sigane offenbar den Verstand verloren und sich einem Bürgerlichen an den Hals geworfen hat? Musst du dem…“
 
Krachend fuhr Greifwins Faust auf den Tisch, während er sich erhob. „Genug!“ Alle Wärme war aus Greifwins Stimme gewichen, Zornesflecken waren auf seinen Wange zu sehen. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er seine Schwester an. „Ich dulde nicht, dass Du Dich unseren Gastgebern oder mir gegenüber derartig ungebührlich benimmst. Ich“, er legte viel Gewicht in dieses Wort, „bin der Baron zu Eslamsroden, und das wirst du respektieren! Familie ist Familie, und wenn Sigane ihn will, gehört Algrimm für mich dazu. Wenn du damit ein Problem hast, dann wirst du das nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten!“ Wütend starrte er auf seine Schwester herab, der es, wie es schien, tatsächlich die Sprache verschlagen hatte. Irritiert blinzelte sie einige Male, als hätte sie Schwierigkeiten, ihren Bruder richtig zu sehen, während es in ihrem bleichen Gesicht arbeitete. Drückend breitete sich Stille aus.
 
 
 
Ardo bemühte sich, ein leichtes Lächeln zu unterdrücken. Die Familienzwistigkeiten waren scheinbar nicht nur ein Problem des älteren Hauses, auch im jüngeren lag offenbar einiges im Argen. Als sei nichts geschehen stellte er den Humpen beiseite und fuhr fort: „Das bringt uns dann zum nächsten Punkt, den Straßen. Bis zum Abzweig über Praiostann und Halwill nach Weidensee sind die Straßen meines Erachtens gut genug ausgebaut. In Kressenburg ist man von jeher auf gute Handelswege angewiesen gewesen, allerdings betrifft das im Moment eher die Wege zu den Minen, sowie nach Greifenfurt und Quastenbroich. Die angestrebten erweiterten Handelsbeziehungen zwischen unseren Baronien würden natürlich bedingen, dass man auch den bisherigen Nebenstraßen zukünftig erhöhte Aufmerksamkeit schenkt. Doch im Moment...“, wieder machte Ardo eine Pause und leerte den inzwischen ohnehin fast leeren Krug zur Gänze, „...im Moment sollte die Organisation des Festes unsere ganze Aufmerksamkeit erhalten. Hier werden wir die Gelegenheit haben nicht nur der Mark sondern auch den zum Turnier zahlreich erscheinenden Gästen zu zeigen, dass mit der Familie Keilholtz wieder zu rechnen ist. Natürlich ist es auch wichtig auf dem Hoftag Flagge zu zeigen. Die Mark will wohl vertreten sein, wenn für das Reich Entscheidungen gefällt werden. Wenn du erlaubst, Greifwin, so wird mein Vater an meiner statt mit dir reiten. Seit dem Tod meiner Mutter hat er Kressenburg kaum mehr verlassen und eine Reise wird ihm sicher dabei helfen einmal auf andere Gedanken zu kommen.“
 
 
 
Während Ardo sprach, stürzte Greifwin den Inhalt seines Humpens herunter. Langsam war die Zornesröte aus seinem Gesicht verschwunden und nur ein leichtes Zittern in seiner Stimme zeugte noch von seinem Ausbruch. Er warf einen warnenden Blick in Richtung seiner Schwester, die jedoch noch immer nicht zu reagieren schien. „Es wird mir eine Ehre sein! Wie ich hörte, wird auch Prinz Edelbrecht den Meister der Mark begleiten. Da kann ein weiterer erfahrener Kämpe nicht schaden…“ Während er den leeren Humpen beiseite schob, blickte er ein weiteres Mal zu seiner Schwester, in deren Mundwinkel es verdächtig zuckte.
 
 
 
„Doch kommen wir zurück zum Fest. Das Turnier bietet natürlich einen hervorragenden Rahmen dafür. Zuvorderst bleibt sicherzustellen, dass alle Gäste ausreichend verköstigt werden. Ich bezweifle, dass selbst die großen Kornkammers Eslamsrodens ausreichen werden den Hunger, und ganz zu schweigen den Durst, aller Gäste zu stillen. Wir werden uns also bei unseren Nachbarn umschauen müssen wer einen Teil zu dem Fest beitragen kann und dort einkaufen. Wie die Kosten zu tragen sind, darüber müssen wir uns noch mit dem Hexenhainer absprechen.“
 
 
 
„Zumal ich über den Zustand der Lager noch keinen Überblick habe, denn die… Zeit ließ es nicht zu, dass ich die Eslamsrodener Burg aufsuchen konnte…“ antwortete Greifwin, bevor ihn ein Schnauben Ifirnias unterbrach. Mit einem schiefen Lächeln fuhr er fort: „Aber dieses kleine Problem wird meine Schwester sicher ohne Schwierigkeiten lösen. Ich hoffe nur, dass wir rechtzeitig vom Reichskongress zurückkehren werden. Mein Weg hat mich bislang nie in den Windhag geführt, aber ich hörte, die Pfalz sei nur über den Großen Fluss gut zu erreichen. Das stimmt mich für die Rückreise nicht gerade hoffnungsvoll. Ein Mond ist da recht wenig Zeit, doch mag uns die Anwesenheit des Prinzen da zum Vorteil gereichen…“
 
Er wandte sich an seine Schwester, die sich inzwischen wieder darauf verlegt hatte, Ardo giftig anzufunkeln: „Da wir Weidensee vermutlich verlieren werden, kannst Du das Fest nutzen, die Lager weitestgehend zu leeren. Firngrimm sollte bis zu Deiner Rückkehr die Sache in Eslamsroden soweit geregelt haben, dass Du damit keine Probleme haben dürftest. Und nein“, kam er ihrem erneuten Ausbruch zuvor, „ich habe Weidensee keineswegs bereits aufgegeben. Aber ich bin Realist und lieber auf das Schlimmste vorbereitet.“
 
Greifwin blickte zu Ardo: „Im schlimmsten Fall sollten wir überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, die Feier im nächsten Jahr stattfinden zu lassen. Ob nun zur Turnei oder zu einem anderen Zeitpunkt. Ein weiterer Punkt, den wir mit dem Hexenhainer klären müssen. Und auch unsere gemeinsame Verwandtschaft dürfen wir nicht vergessen.“ Er lächelte gezwungen in Richtung seiner Schwester. „Vielleicht kann das dazu beitragen, die alten Zwistigkeiten zwischen unseren Häusern beizulegen…“
 
 
 
„So ist es Greifwin!“ Den Geschwistern mit seinem leeren Krug zuprostend stimmte Ardo dem letzten Punkt entschieden zu. „Blut ist noch immer dicker als Wasser und wir sollten diese Praiosgegebene Verbundenheit zwischen uns nicht länger mit alten Geschichten belasten. Greifenfurt hat weit dringendere Probleme die es zu bekämpfen gilt, die Zwölfe seien meine Zeugen.“ Die Sympathie die er Greifwin entgegenbrachte, ermöglichte es dem Kressenburger auch dessen Schwester trotz ihrer offensichtlichen Antipathie weiterhin unverändert freundlich anzuschauen.
 
„Wenn ich dir in irgendeiner Weise behilflich sein kann was Weidensee angeht, so lass es mich wissen. Ich weiß wie sehr es mich schmerzen würde Neue Gerbaldslohe für meine Familie zu verlieren, auch wenn es nur ein einfaches Rittergut ist. Wo unsere Wurzeln liegen, daran hängt auch unser Herz.“
 
Den leeren Krug zwischen den Händen haltend beugte Ardo sich vor als er weitersprach. „Ich denke was die Feierlichkeiten angeht, wird es sich wirklich nicht vermeiden lassen diese ins neue Jahr zu verschieben. Vielleicht sollten wir dann eher einen Termin nach der Ernte Ende Travia ins Auge fassen. Das gibt uns genügend Zeit sämtliche Vorbereitungen in Ruhe zu treffen und nichts überstürzen zu müssen. Schließlich wollen wir mit diesem Fest Praios danken, dass er uns diese Gnade zu Teil werden ließ. Deswegen ist mir sehr daran gelegen, dass wirklich alles perfekt wird.“ Er machte ene kurze Pause und schien einen Moment über etwas nachzusinnen. Nach einem Seitenblick auf Ifirnia stahl sich ein verschmitztes Lächeln auf Ardos Lippen und ein Hauch von Belustigung schwang in seiner Stimme mit als er weitersprach. „Was das Turnier angeht so denke ich, dass wir diese Gelegenheit trotzdem nicht verstreichen lassen sollten um gemeinsame Stärke zu zeigen. Solltest du auf der Rückreise aufgehalten werden und es nicht rechtzeitig zurück schaffen, so wird es mir eine Ehre sein, an der Seite deiner Geschwister auf den Turnierplatz zu reiten. Wie könnten wir unsere neue Verbundenheit besser zeigen?“
 
Bei den letzten Worten des Barons öffnete sich leise die Tür des Zimmers und der Diener, der zuvor die Getränke gebracht hatte trat ein. Mit einem Wink gab der Kressenburger ihm zu verstehen, dass er reden konnte. Der Diener verbeugte sich tief und machte dann eine einladende Geste in Richtung der Tür. „Hohe Herrschaften, das Abendmahl ist angerichtet und bereit serviert zu werden.“
 
Ardo blickte fragend zu Greifwin, der ihm mit einem Nicken zu verstehen gab, dass man das Gespräch auch bei Tisch fortsetzen konnte. „Sehr gut Ugrimm. Richte der Küche aus, dass wir anfangen können. Ich führe unsere Gäste selbst in den Speisesaal.“
 
 
 
Der Kressenburger erhob sich und bat Greifwin, Ifirnia und Phexian mit einer Handbewegung ihm zu folgen. Sie gingen drei Türen weiter und betraten einen größeren Saal. An der Stirnseite befand sich ein großer Kamin in dem ein Feuer prasselte. Mittig war eine lange Tafel aufgestellt, um diese herum einige gepolsterte Stühle. Eingedeckt war für vier Personen, edles Silberbesteck und Zinnpokale, wobei Ardo den Geschwistern aus Weidensee bedeutete die Plätzen zu seiner Linken und Rechten einzunehmen. Die wenigen Minuten bis aufgetan wurde hatten die Gäste Zeit sich genauer im Raum umzusehen.
 
 
 
An den Wänden hingen große Banner. An der Stirnseite über dem Kamin das persönliche Wappen Ardos, an den Seiten die Wappen Kressenburgs und der Familie Keilholtz. Die Wand am unteren Ende der Tafel war mittig geteilt von der Tür durch die der Saal betreten wurde. Dort hingen auf der einen Seite ein Banner welches ein grünes vierblättriges Kleeblatt auf weißem Grund zeigte und eine lange Stoffbahn auf der ein wenig verzweigter, aber weit zurück reichender Stammbaum eingezeichnet war.
 
 
 
Bevor ein genauerer Blick möglich war kamen schon zwei Mägde mittleren Alters herein und plazierten mit einem Knicks einen gut gefüllten Teller vor jedem der Sitzenden. Der Geruch der aufstieg verriet den Wildschweinbraten. Auch wenn außer Salz und einigen Waldkräutern keine Gewürze benutzt worden waren, roch es sehr verlockend. Als Beilage waren Waldpilze um das Fleisch drappiert und mit einer angedickten Biersoße verfeinert. „Nun denn, dann lasst es euch schmecken.“
 
 
 
 
 
=== Tischgespräche ===
 
Erste Gedanken zu einer familiären Verbindung.
 
 
 
''folgt''
 
 
 
 
 
=== Reichskongress zu Perricum ===
 
''Peraine 1033 BF''
 
 
 
Die Nacht war bereits weit fortgeschritten und es war ruhig geworden in den weitläufigen Hallen der Markgrafenburg in Perricum. Natürlich hörte man noch immer die Klänge der albernischen Musiker mit ihren sehnsüchtig klingenden Weisen. Albernische Edle saßen an den Tischen umher und manch Träne floss wo Weinselligkeit und Heimweh sich vermengten. Da und dort hörte man laute Stimmen wo einem Adligen der gute Wein zu Kopf gestiegen war. Noch immer huschten eilfertige Diener umher um jedem Wunsch schnell nachzukommen.
 
 
 
Ardo jedoch hatte sich mit einem Krug Bier in eine ruhige Ecke verzogen, nachdem er zuvor ein paar Stunden damit zugebracht hatte einem Weidener Baron und dessen Ritterin beim Würfelspiel Taler um Taler abzuknöpfen. Im Augenwinkel sah er seinen Vetter sein Gespräch mit dem Meister der Mark beenden und mit einer Flasche Likör auf ihn zu gehen. Einladend deutete der Kressenburger auf den freien Platz neben sich und Greifwin ließ sich nicht lange bitten.
 
 
 
„Hier sind wir also wieder.“ Der Eslamsrodener Baron suchte sofort das Gespräch und goss sich nebenher ein. „Ich habe keine Ahnung wie ich das schon wieder unbeschadet überstehen konnte, aber hier sitze ich und habe kaum einen Kratzer abbekommen. Aber ich sehe Phex war auch dir hold mein Vetter.“ Fröhlich deutete er auch den kleinen Geldhaufen den Ardo noch nicht in seine Börse getan hatte, weil er plante es noch zu vertrinken. „Morgen kehren wir endlich wieder zurück. Ich will für diesen Svellter hoffen, dass er bei unserer Rückkehr mein Papier liefern kann. Und mach dir keine Sorgen mehr wegen Mechthild. Sie wird wieder auf die Beine kommen.“
 
 
 
„Das hoffe ich wirklich. Sie ist ein tolles Mädel und es täte mir Leid sie zu verlieren. Vor allem wüsste ich nicht wie ich meinem Schwervater je wieder unter die Augen treten sollte, wenn ich seine geliebte Großnichte zu Tode kommen ließe.“ Greifwins Anwesenheit ließ Ardo wieder munter werden. Er setzte sich gerade auf, trank den Krug leer und hielt ihn seinem Vetter hin, auf das dieser nachschenke. „Aber die Geschehnisse in Lodenbach haben mich zu der Einsicht gebracht, dass es an der Zeit ist unser Gespräch von vor einem Götterlauf fortzusetzen. Du weißt schon, wegen Ifirnia.“
 
 
 
Greifwin nickte verstehend, trank einen Schluck und setzte den Becher dann ab. „Du hast Recht. Es war wirklich eine gefährliche Situation. Wir hätten genauso gut alle bei Boron enden können. Wir sind noch jung, aber dir fehlt nach wie vor ein Erbe für Kressenburg. Und wir zwei sind weiterhin die Einzigen die wirklich ernsthaft an eine Versöhnung der Familie glauben.“
 
 
 
„So ist es. Ich habe nicht vor mich demnächst auf meiner Burg zur Ruhe zu setzen. Die Feinde des Reiches sind zahlreich und vom Herumsitzen verschwinden sie nicht. Es braucht uns und unsere Schwerter um die Ordnung zu verteidigen, sonst werden wir der Wildermark niemals mehr Herr. Doch wäre mir bedeutend wohler, wenn ich die Erbfolge zweifelsfrei geregelt wüsste und auch endlich diesen bedeutenden Schritt zur Aussöhnung zu gehen.“ Auch Ardo nahm jetzt einen Schluck vom süßen Likör. „Mag Ifirnia mich noch immer nicht leiden?“
 
 
 
Beschwichtigend wedelte Greifwin mit der Hand. „Sie wird es schon noch rechtzeitig lernen dich zu mögen. Du bist ja kein schlechter Kerl und wenn sie nicht so stur wäre, könnte sie auch irgendwann hinter den Namen schauen. Unsere Großmutter hat sie völlig gegen das ältere Haus eingenommen. Wenn sie erst einmal bei dir in Kressenburg lebt wird sie sich schon an dich gewöhnen.“
 
 
 
Ardo pustete kurz durch. Es war ihm deutlich anzumerken, dass diese Regelung ihm nicht wirklich zusagte und er auch den Optimismus seines Vetters in dieser Sache nicht teilte. Trotzdem nickte er und schluckte seine Bedenken mitsamt einem großen Schluck Waldbeerlikör hinunter. „Dann soll es so sein. Du kennst sie besser als ich und wenn du ihr zutraust, dass sie ihre Vorurteile irgendwann zu überwinden vesteht, dann will ich ihr die Möglichkeit dazu geben. Doch mit der Verlobung kann und will ich nicht länger warten. Sie hatte einen Götterlauf Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen und ich gestehe ihr einen weiteren zu. Aber dann ist es an der Zeit.“
 
 
 
Greifwin ließ nicht erkennen, wie sehr ihm der Gedanke missfiel seiner Schwester diese Nachricht bei seiner Heimkehr überbringen zu müssen. Er begann zu rechnen und im Kopf zu überschlagen wie eine Hochzeit im nächsten Götterlauf zu finanzieren und auszurichten sei. „Lass mal sehen. Die Aussaat sollte fertig sein und das Vieh mit dem Kalben und Ferkeln am Ende. Gutes Wetter wäre auch nicht zu verachten. Peraine und Ingerimm fallen also weg. Anfang Rahja ist wieder das Turnier und bei einem Fest hinterher wird die Zeit knapp, dass alle Gäste vor dem Jahreswechsel Heim kommen. Der beste Termin wäre meiner Meinung nach Mitte Praios tausendfünfundreißig. Was meinst du?“
 
 
 
„Gut, dann soll es so sein.“ Über den Tisch hinweg reichte Ardo seinem Vetter die Hand um die Absprache zu besiegeln. „Ich werde dich auf dem Heimweg nach Weidensee begleiten. Du sollst nicht alleine stehen wenn Ifirnia es erfährt. Und wer weiß, vielleicht überrascht sie uns ja doch.“ Nach diesen letzten hoffnungsvollen Worten hob er wieder seinen Krug und starrte den Rest der Nacht gedankenverloren zu den albernischen Musikanten hinüber.
 
 
 
=== Verlobung ===
 
''Ingerimm 1033 BF''
 
 
 
Rückkehr vom Kongress in Perricum und Verlobung auf Weidensee.
 
 
 
''folgt''
 
 
 
 
 
=== Schwermütige Gedanken ===
 
Ardo und seine Knappin reisen nach der Verlobung weiter nach Kressenburg.
 
 
 
''folgt''
 
 
 
 
 
=== Landwehr ===
 
Praiadne beendet ihre Ausbildung an der Kriegerakademie und wird zu den Landwehrübungen in den Süden versetzt.
 
 
 
''folgt''
 
 
 
 
 
=== Unerwünschte Gefühle ===
 
Ardo und Praiadne kommen sich während den Landwehrübungen näher, ohne sich ihre Gefühle einzugestehen.
 
 
 
''folgt''
 
 
 
 
 
=== Die tote Braut ===
 
Greifwin bringt die Kunde von Ifirnias Tod aus der Wildermark.
 
 
 
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=== Mobilmachung ===
 
''Peraine 1034 BF''
 
 
 
Die Greifin oder der Meister der Mark ruft die Landwehr zu den Waffen.
 
 
 
''folgt''
 
 
 
 
 
=== Die Schlacht von Hasenfeld ===
 
Ardo und Praiadne in der Schlacht
 
 
 
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=== Nach der Schlacht ===
 
Greifwin, Ardo und Praiadne im Zelt
 
 
 
Erschöpft ließ Ardo sich gleich nach dem Eintreten auf einem der Stühle nieder die inder Mitte des Zeltes um eine Feuerschale aufgestellt waren. Sein Schildarm schmerzte noch immer von den vielen harten Schlägen der Schwarzpelze und auch im rechten Unterarm spürte er das Pochen des frisch verbunden Schnitts. Greifwin kam hinterdrein, hockte sich neben ihn und schien für einen Moment mit sich zu ringen, bevor er den Vetter fest ansah.
 
 
 
"Ardo? Es mag ein schlechter Zeitpunkt sein nach all dem Töten und Sterben dort draußen. Aber die Greifin ist wieder da und die Hoffnung mit ihr! Die Schwarzpelze sind ein weiteres Mal besiegt und zerschlagen. Auch wir sollten jetzt in die Zukunft schauen. Die geliebten Toten und die Vergangenheit ruhen lassen."
 
 
 
Der Kressenburger sah ihn vorsichtig an, konnte er doch mit den rätselhaften Worten seines Vetters nicht viel anfangen.
 
 
 
"Ich spreche von unserer Absprache, von der Verlobung. Ifirnia zu verlieren war... schmerzhaft. Aber es ist nun schon einige Monde her. Wir haben um sie getrauert und es muss nun irgendwann weitergehen. Es ist wahrlich die Zeit für einen Neuanfang."
 
 
 
"Und wie hast du dir das vorgestellt geschätzter Vetter?"
 
 
 
"So wie ich das sehe hatten wir einen Plan. Die Teile unsere Familie sollte wieder in Freundschaft miteinander verkehren. Bisher haben nur wir beide das uns gesteckte Ziel eingehalten, aber wir hatten auch eine Vereinbarung getroffen um die Freundschaft weiter zu festigen."
 
 
 
"Das weiß ich doch alles Greifwin. Aber Ifirnia ist tot! Diesen Teil unseres Plans haben die Ränke des Nebelsteiners uns verdorben."
 
 
 
Der Eslamsrodener Baron schluckte kurz als Ardo so heftig von seiner toten Schwester sprach. Aber er fuhr unbeirrt weiter fort.
 
 
 
"Wir hatten immer gesagt, dass du meine Schwester heiraten solltest. An dieser Vereinbarung möchte ich festhalten. Es ist wahr, Ifirnia wird den Traviakreis nie beschreiten, aber sie ist nicht meine einzige Schwester gewesen. Deswegen bin ich dafür, dass wir die Verlobung erneuern. Praiadne wird an ihrer Schwester statt mit dir den Traviabund eingehen."
 
 
 
Für einen langen Moment war Ardo komplett sprachlos. Mit offenem Mund starrte er seinen Vetter an als hätte dieser den Verstand verloren. Was konnte Greifwin schon wissen? Natürlich war er immer der Berechnendere gewesen, aber so einfach über das Schicksal seiner jüngsten Schwester zu befehlen sah ihm nicht ähnlich. Ardo hatte noch deutlich vor Augen wie schwer er sich getan hatte die mittlere Schwester von diesem Punkt zu überzeugen und Ifirnia war nie glücklich mit dieser Übereinkunft gewesen.
 
 
 
"Hör zu Greifwin. Ich möchte unsere Familie nach wie vor geeint wissen. Heute mehr als je zuvor, denn wir hatten schwere Verluste. Aber Ifirnia hat mich gehasst, sag nichts, ich weiß es. Trotzdem haben wir sie dazu zwingen wollen und sie war die letzten Monde ihres Lebens unglücklich. Wahrscheinlich hat sie ihren Tod noch als Erlösung empfunden, weil sie damit der Verbindung mit mir entgehen konnte. Das werde ich Praiadne nicht auch antun!"
 
 
 
Ardo war bitter und voller Gram, das war aus seiner Stimme deutlich herauszuhören. Bei den letzten Worten hob Greifwin aufmerksam den Kopf und sah seinen Vetter forschend an. Dem Kressenburger entging dieser Blick nicht, doch fühlte er sich dadurch noch gereizter als zuvor und sprang während seiner Antwort wütend auf.
 
 
 
"Jetzt schau nicht so! Ja, ich liebe Praiadne. Ich habe es lange genug vor mir selbst geleugnet, doch will ich mich nicht länger selbst belügen. Ich liebe sie mehr als ich für Ifirnia trotz aller Bemühungen je empfunden habe. Aber genau deswegen werde ich sie niemals zwingen. Ich will Praiadne nicht gegen ihren Willen in den Traviakreis führen. Damit köntne ich nicht leben. Nenne es Dummheit oder Selbstmitleid wenn du magst."
 
 
 
Schwer atmend stand Ardo vor seinem Vetter und wartete auf eine Erwiderung. Doch Greifwin sah wie in Gedanken zum Zelteingang und zeigte keine Reaktion. Als der Eslamsrodener wieder sprach, redete er an Ardo vorbei.
 
 
 
"Was denkst du? Wie würdest du es nennen?"
 
 
 
Zu Ardos Überraschung erklang hinter ihm eine ihm wohl bekannte weibliche Stimme.
 
 
 
"Ich nenne es Ritterlichkeit."
 
 
 
Ruckartig drehte der Kressenburger sich um und erkannte erst jetzt, dass Praiadne während des Gesprächs hinter ihm ins Zelt getreten war und einen guten Teil mit angehört haben musste. In seiner Wut war das seiner Aufmerksamkeit entgangen. Jetzt schritt die Kriegerin langsam auf ihn zu ohne ihre Augen von den seinen zu lassen. Einen halben Schritt vor ihm blieb sie stehen und griff nach seinen Händen.
 
 
 
"Auch ich habe heute erkennen müssen, dass ich meine Gefühle nicht länger betrügen kann. Ich liebe dich... und um ein Haar wäre es mir nie vergönnt gewesen dir das zu sagen."
 
 
 
Beide dachten an jenen gefährlichen Augenblick in der Schlacht wo Rondra ihren Arm, schützend über sie gehalten hatte. Ardo betrachtete ihre Hände die vertrauensvoll in den seinen lagen. Als er wieder aufsah hatte er einen Entschluss gefasst.
 
 
 
"Praiadne Leuinherz Keilholtz! Wir haben von den Göttern diese Gelegenheit erhalten und wer bin ich dieses Geschenk sehenden Auges abzuweisen? Ich liebe dich und will dich nicht verlieren. Deswegen frage ich dich: Willst du meine Frau werden und mit mir den Traviakreis beschreiten?"
 
 
 
"Das will ich."
 
 
 
Einige Sekunden standen sich die zwei nach diesen Worten noch mit glänzenden Augen gegenüber bevor sie sich vom Glück überwältigt um den Hals fielen. Mit einem Räuspern machte Greifwin wieder auf sich aufmerksam. Die Liebenden lösten sich widerwillig voneinander und sahen ihn an. Mit gespieltem Ernst trat er heran.
 
 
 
"Und wann hattet ihr vor mich um Erlaubnis zu fragen?"
 
 
 
Die entgeisterten Gesichter seines Vetters und seiner Schwester brachten ihn schließlich zum Schmunzeln und einen Augenblick später lagen sich alle drei Keilholtzer lachend in den Armen. Ganz Verwalter brach in Greifwin sofort der Drang zur Organisation durch.
 
 
 
"Für wann wollen wir die Hochzeit ansetzen?"
 
 
 
Fragend blickte Ardo zu seiner Braut und in ihren Augen erkannte er seine Gedanken wieder. Lächelnd wandte er sich an seinen Vetter und baldigen Schwager.
 
 
 
"Wir hatten ja bereits einen Termin im kommenden Praios angesetzt und ein Teil der Vorbereitungen war sowieso schon angelaufen. Unter den gegebenen Umständen bin ich dafür die Verlobungszeit zu verkürzen. So haben wir keine doppelten Vorbereitungskosten und Zeit sparen wir auch. Die drei Monde bis dahin werden uns lang genug werden."
 
 
 
=== Mit Praios' Segen ===
 
Hochzeit in Kressenburg
 
 
 
''folgt''
 

Aktuelle Version vom 10. November 2019, 14:02 Uhr

Unruhige Zeiten

Kapitel 11

Ende Tsa 1043 BF, Kaiserlich Randersburg, Pfalz Randersburg

Auf der Pfalz herrschte bereits große Aufregung als die Kutsche mit der Pfalzgräfin kurz vor Sonnenuntergang auf den Hof fuhr. Immerhin hatte man sie bereits gegen Mittag erwartet und da man um die marodierenden Kaisermärker in der Umgebung wusste, war Pfalzgraf Udilbert in großer Sorge um Frau und Tochter gewesen. Umso erleichterter schloss er sie in die Arme und ließ sich ausführlich von den Ereignissen des Tages berichten. Stets einen Schritt hinter ihm hielt sich eine junge Ritterin, die vor allem ein Auge auf das restliche Geschehen auf dem Burghof hatte und hin und wieder knappe Befehle an Bedienstete und Soldaten gab, die in ihre Nähe kamen.

Hauptmann Rallerau! Euch erwarte ich in zehn Minuten zum Rapport in meinem Besprechungszimmer! Der Rest von euch schiebt die nächsten zehn Tage Nachtwache! Weggetreten!“

Mit deutlich angesäuerter Mine trat er zu Wulfhelm und Gerion, die noch immer neben ihren Pferden im Burghof standen. Unwirsch winkte Udilbert zwei Stallknechte herbei die sich gerade um die Kutsche kümmerten, damit sie zuerst die Pferde der Ritter versorgten.

„Ritter Gerion von Sturmfels, bitte begleitet meine Frau und meine Tochter in den Palas. Sie werden Euch ein Zimmer geben lassen, wo Ihr Euch ausruhen könnt.“ Er wartete kurz, bis sich Gerion mit einem knappen Nicken verabschiedet hatte, um den beiden wartenden Frauen und einem herbeigeeilten Kammerdiener in die Burg zu folgen. „Ritter Wulfhelm von Keilholtz. Ich bin Euch zu großem Dank verpflichtet! Ich will mir gar nicht ausmalen was alles hätte passieren können, wenn Ihr nicht so selbstlos eingeschritten wärt!“

„Ich tat was meine Ehre mir gebot, Euer Hochwohlgeboren.“ Bescheiden und etwas beschämt über das überschwängliche Lob des Pfalzgrafen neigte Wulfhelm den Kopf.

„Ich sehe, ein Ritter der alten Schule. Das gefällt mir Keilholtz, das gefällt mir sehr. Ihr und Euer Begleiter sollt heute Abend Ehrengäste an meiner Tafel sein.“

„Vielen Dank, Euer Hochwohlgeboren. Es wird mir eine große Ehre sein.“ Wulfhelm straffte sich, versuchte aber weiter seinen verwundeten Arm zu schonen.

„Zuvor aber sucht Ihr unseren Medicus auf. Wir wollen doch nicht, dass Ihr Euren Schildarm verliert, mit dem Ihr meine Familie so trefflich verteidigt habt.“ Er winkte die junge Frau heran, die ihn schon die ganze Zeit begleitete. „Die Ritterin Pfortenstein“, stellte er sie knapp vor. „Sie ist im Moment meine Verbindungsfrau zum Reichsforster Grafenbann. Frau von Pfortenstein, Ihr geleitet den Ritter Keilholtz bitte zum Medicus, bringt ihn hernach zum Palas und meldet euch dann wieder bei mir.“

„Natürlich, Euer Hochwohlgeboren.“ Die Ritterin stand stramm und wartete einen Moment, bis der Pfalzgraf sich in Richtung des oberen Burghofes verabschiedet hatte.

„Ritterin Pfortenstein“, ließ der Keilholtzer sich neben ihr vernehmen.

„Oh, bitte nennt mich Jeswine.“ Mit einem offenen Lächeln wandte sie sich an den Greifenfurter. „Der alte Hardt ist so unglaublich steif im Protokoll müsst Ihr wissen. Ein Windhager halt“, tat sie es mit einem Achselzucken ab.

„Sehr angenehm. Wulfhelm“, stellte er sich noch einmal vor und reichte ihr die Hand. Der Ritter mochte die offene Art seiner Gegenüber und konnte nicht anders als das Lächeln zu erwidern, wenn es bei ihm wegen der Schmerzen auch reichlich gequält ausfiel.

„Bitte folgt mir, Wulfhelm. Es ist gleich dort drüben.“ Die Pfortensteinerin setzte sich in Bewegung, hörte aber nicht auf zu reden. „Ihr seid ein Keilholtzer aus Greifenfurt habe ich gehört? Kommt Ihr gar aus Kressenburg?“

Verblüfft wandte Wulfhelm ihr das Gesicht zu. „Ja, tatsächlich. Wie kommt es, dass eine Ritterin aus dem Reichsforst sich so gut mit den Greifenfurter Familien auskennt? Seid ihr etwa meinem Neffen Ardo auf einem Turnier begegnet?“

„Baron Ardo meint Ihr? Von dem habe ich auch schon gehört. Aber nein, getroffen habe ich ihn noch nicht persönlich. Aber meine Mutter kommt aus Kressenburg. Sie stammt aus dem Geschlecht derer von Immingen.“

„Ah, die Imminger. Ich wusste gar nicht, dass sie so weit im Süden Verwandtschaft haben. Ritter Arnulf hat zumindest nie davon erzählt, soweit ich weiß. Aber zugegeben hatte ich bisher noch nie viel Gelegenheit mit ihm zu reden und die ferne Verwandtschaft war dann auch kein Thema gewesen.“

„Ja seht Ihr, der Ritter Arnulf ist tatsächlich mein Vetter. Unsere Mütter sind Schwestern.“

„Wie klein Dere doch manchmal ist.“ Wulfhelm schüttelte belustigt den Kopf. „Warum besucht Ihr uns nicht einmal in Kressenburg? Mein Neffe Ardo veranstaltet jeden Götterlauf zum Jahreswechsel ein Turnier. Selbst der berühmte Baron Nimmgalf von Hirschfurten ist als Vertreter Reichsforsts schon dort gewesen. Das wäre doch eine interessante Gelegenheit mal wieder auf die Familie zu treffen und Geschichten auszutauschen. Es würde mich freuen, Euch da einmal wiederzusehen.“

„Das klingt verlockend.“ Die Pfortensteinerin schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln und blieb dann vor einem an die innere Mauer der Pfalz gebauten Haus stehen. „Wir sind da. Geht rein und lasst Euch verbinden. Ich muss noch kurz beim Burgvogt reinschauen und hole Euch dann hier wieder ab.“ Als der Keilholtzer keine Anstalten machte durch die Tür zu gehen, öffnete sie diese und schob ihn mit sanftem Nachdruck hinein. „Und keine Sorge, wir werden schneller Gelegenheit zum Erzählen haben als Ihr denkt. Ich bin heute Abend eure Tischdame.“ Mit einem kecken Zwinkern verabschiedete sie sich, zog die Tür hinter sich zu und ließ ihn im plötzlichen Halbdunkel stehen.

Auf dem Holzweg

Gebotene Eile

Mitte Praios 1041 BF, Kressenburg

Die kleine Keilholtzer Reisegruppe war schnell vorangekommen. Neben Baron Ardo, seinem Vater Wulfhart und dem entfernten Vetter Unswin, bestand sie noch aus den diversen Knappen und Pagen der hohen Herren. Sie hatten von Gareth aus den Weg durch Waldstein, den Elfenpfad, gewählt. Ardo war vor allem neugierig, wie weit die bauliche Instandsetzung dieses Handelsweges auf der garetischen Seite fortgeschritten war. Die elfische Gräfin hatte sich damals sehr entschieden gegen den weiteren Ausbau ausgesprochen, was den hochfliegenden Plänen des Waldsteiner Adels und den angrenzenden Greifenfurter Baronen etwas den Wind aus den Segeln genommen hatte. So stimmte es Ardo sehr froh zu sehen, dass die Waldsteiner Edlen sich unter dem Einfluss Leomars von Zweifelsfels doch mehrheitlich gegen den Wunsch ihrer Gräfin zu stellen schienen und das einzig Richtige taten, was den Handel in dieser Region voranzubringen vermochte. Der Karrenweg Richtung Greifenfurt war an vielen Orten verbreitert und bis zur Stadt Osenbrück sogar vollständig mit Feldsteinen befestigt worden. Auch zwei neue Gasthäuser waren dem Kressenburger aufgefallen, die bei seiner letzten Durchreise noch nicht fertig gestellt gewesen waren. Auch das letzte Teilstück durch das Gebiet der Junker von Hagenbronn war trotz der schwelenden Feindschaft friedlich verlaufen. Drei gut gerüstete Ritter samt ihrem Gefolge schüchterten die Büttel genug ein, dass sie sich diesmal kaum mehr als ein paar unfreundliche Blicke und ein mürrischen Knurren gewagt hatten. So war die Heimreise vom Kaiserturnier in Gareth deutlich angenehmer gewesen, als Baron Ardo es erwartet hatte.

Im heimatlichen Kressenburg öffneten sich schnell alle Tore vor ihnen. Ardo merkte vor allem am Baufortschritt des Praios-Tempels, dass er schon wieder für mehrere Monde fern seines Lehens gewesen war. Die üblichen Schuldgefühle überkamen ihn und zum wiederholten Male nahm er sich vor, in Zukunft deutlich mehr Zeit bei seiner Gemahlin und den Kindern zu verbringen. Sie waren auch kaum auf den Burghof geritten und von den Pferden gestiegen, als eine kleine lärmende Kleinkinderschar aus den Stallungen stürmte und sie umringte. Kurz danach traten zwei jungen Edeldamen dazu. Die eine zierlich von Gestalt und von fast elfenhafter Anmut. Die andere nicht minder schön, doch von eher muskulöser Statur, der man die Kriegerin auf eine halbe Meile Entfernung ansah, die zudem einen etwa fünf Monde alten Säugling auf dem Arm hielt.

Noch bevor Wulfhart und Ardo ihre Gemahlinnen begrüßen konnten, trat eine dritte, noch etwas jüngere Frau dazu, gewappnet und in den Farben der Mark gewandet. Das eher gezwungene Lächeln, das sie zur Schau stellte als sie Ardo sah, sagte dem Baron, dass seine Tante nicht auf einen Freundschaftsbesuch vorbeigekommen war. Nachdem sich der größte Trubel des Willkommens gelegt hatte, nahm die Ritterin der Mark den Baron dann auch kurz zur Seite, um ihre Botschaft los zu werden.

„Die Greifin wünscht dich umgehend zu sehen, Neffe! Ich weiß, du bist gerade erst heimgekehrt, aber es wird das Beste sein, du lässt dein Pferd sofort wieder satteln und begleitest mich jetzt sofort, damit wir noch vor Sonnenuntergang in der Residenz sein können.“

Keilholtzer Neuordnung

Geordnete Verhältnisse

Ich, Ardo von Keilholtz ä.H., Baron zu Kressenburg, verfüge Folgendes als meinen letzten Willen:
 
 
 
 
1. Als Erbe der Baronswürde bestimme ich meinen Vater Wulfhelm von Keilholtz.

2. Ihm nachfolgen soll mein Erstgeborener Answin Shazar. Sollte dieser sein Erbe nach dem Willen der Zwölfen nicht antreten können, so bestimme ich an seiner Statt eines meiner nachgeborenen Kinder in der Reihenfolge ihrer Geburt.
3. Sollte nach der Götter Willen keines meiner Kinder das Erbe antreten können, so bestimme ich meine Geschwister aus der ersten Ehe meines Vaters in der Reihenfolge ihrer Geburt, mir nachzufolgen. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.
4. Sollte nach der Götter Willen keines meiner genannten Geschwister das Erbe antreten können, so bestimme ich die Geschwister meines Vaters und ihre Nachkommen in der Reihenfolge ihrer Geburt. Bedingung dafür sei, dass sie und ihre Nachkommen den Namen der Familie Keilholtz fortführen.
5. Sollte es dem Herrn Boron gefallen mich und meinen Vater zu sich rufen, bevor mein rechtmäßiger Erbe die Mündigkeit erreicht, so bestimme ich meine Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz zur Verweserin der Baronie Kressenburg, bis mein Erbe dieses antreten kann.
6. Meiner Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz sei das Edlengut Greifenwehr bis zu ihrem Tode als Wittibengut zugesprochen, auf das es ihr im Leben an nichts mangele.
7. Meine derischen Besitztümer vermache ich meinem rechtmäßigen Erben, ausgenommen der nachfolgend genannten.
8. Aus meiner Privatschatulle erhält die Praioskirche Zwölf mal Zwölf Dukaten um den Bau des neuen Kressenburger Tempels voranzutreiben.
9. Meine Gemahlin Praiadne Leuinherz Keilholtz erhält mein Gebetsbüchlein, auf das es ihr in dunklen Stunden Trost spende.
10. Mein Bruder Firnward von Keilholtz erhält mein Schwert Orkentod.
11. Meine Knappin Mechthild von Kieselholm erhält mein Streitross Boromil. Sollte das treue Tier mit mir verstorben sein, so erhält sie ein Streitross aus der Zucht des Märkischen Marstalls.
12. Es ist mein Wunsch und Wille in der Krypta des Praios-Tempels Sankt Garafan vor dem Tore zu Kressenburg meine letzte Ruhestatt zu finden. Dieselbe soll sein die Grablege meiner Familie auf immerdar.

Gegeben am 1. Tag des Herrn Phex im Jahre 1037 nach Bosparans Fall
 
 
 
 
Gesiegelt und bezeugt

Badilak von Praiostann
Ardo von Keilholtz ä.H.

Praiomel von Kieselholm

DEUS VULT

Bauarbeiten

  • Bauholz: aus Kressenburg
  • Stein: ggf. eigener Steinbruch (Neuerschließung mit Folgenutzung, mit Volker abklären) oder aus dem Finsterkamm (Spieler?)
  • Versorgung der Arbeiter: zusätzliche Getreidelieferungen aus Eslamsroden und Hexenhain
  • Gold: aus Gareth?
  • Marmor: Eslamsgrund? oder andere Quelle?
  • Arbeiter: Tagelöhner aus der Region (Mark und Waldstein), ggf.dauerhafte Erhöhung der Einwohnerzahlen durch Zuzug? (mit Volker abklären)

Gästeliste zur Einweihung

Geladene Gäste: