Benutzerin:Gramhild/Briefspiel: Unterschied zwischen den Versionen

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Gramhild (D | B)
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Langsam näherte sich ein Reiter, in dessen Gefolgschaft noch ein junger Bursche auf Schusters Rappen und ein Diener mit Maultier am Führstrick trotteten. Hinten an seinem Pferd konnte man ein Schild erkennen, auf dem ein goldenes Mühlrad auf rotem Grund über einer blauen Spitze zu erkennen waren. Ein wenig runzelte Gramhild die Stirn, bevor sie eine Magd schickte, ein Gästezimmer zu richten. 'Was will denn der [[Greifenfurt:Tyrian_Gelfert_von_Schelentorff-Zalgo|Zalgoer]] hier?'
 
Langsam näherte sich ein Reiter, in dessen Gefolgschaft noch ein junger Bursche auf Schusters Rappen und ein Diener mit Maultier am Führstrick trotteten. Hinten an seinem Pferd konnte man ein Schild erkennen, auf dem ein goldenes Mühlrad auf rotem Grund über einer blauen Spitze zu erkennen waren. Ein wenig runzelte Gramhild die Stirn, bevor sie eine Magd schickte, ein Gästezimmer zu richten. 'Was will denn der [[Greifenfurt:Tyrian_Gelfert_von_Schelentorff-Zalgo|Zalgoer]] hier?'
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=== Unerwartete Unterstützung ===
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'''[[Greifenfurt:Gut_Dreihügeln|Dreihügeln]], 07. Travia 1036 BF'''
  
 
=== Vor der Feier ===
 
=== Vor der Feier ===

Version vom 3. März 2013, 17:33 Uhr

Muttertag

Teil 1

Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Es war ein ruhiger, sonniger Frühlingstag Anfang Peraine 1035 BF. Ruhig lag das Dörfchen Dreihügeln mit seinen Hütten und Schuppen, der Mühle und dem Gutshaus in der strahlenden Sonne des Vormittags. Vögel zwitscherten, die ersten Grillen zirpten, ein noch einsamer Frosch quakte im Mühlweiher, die Hühner gackerten auf dem Dorfanger und pickten vor sich hin. Die Schafe, Ziegen und Rinder waren auf die ersten grünenden Weiden außerhalb des Dorfes getrieben worden und einige Burschen bewachten das Vieh. Rund um die Herden liefen immer mal wieder zwei oder drei große, zottige Hunde, die jedes abweichende Tier wieder zurück zur Herde trieben.

Auf den umliegenden Feldern herrschte rege Betriebsamkeit, denn die Bauern bereiteten die Aussaat vor. Mit dem Ochsen wurde gepflügt, dahinter mit dem Gaul geeggt und anschließend Furchen gezogen und Samen eingestreut. Jeder im Dorfe hatte dieser Tage viel zu tun. Sogar die Ältesten, die sich um die Kleinsten kümmerten, während die Mütter und Väter ihrer Arbeit nachgingen.

Dächer wurden ausgebessert, morsche Balken erneuert, die Häuser geputzt und die Töpfe gescheuert. Die Kinder, die noch nicht auf dem Feld helfen konnten, gingen in den Wald, um die ersten Frühlingspilze zu sammeln oder Kräuter zu suchen. Zwei halbwüchsige Mädchen waren etwas abseits des Dorfes am Peraine-Schrein und schrubbten den Stein, säuberten die Teller und füllten die Schalen wieder mit Brot, Winteräpfeln und ein wenig Gemüse.

Die fröhlich ausgelassene Stimmung erfüllte die Luft wie ein emsiges Summen, in welches plötzlich und schwer Hufgetrappel und das Schleifen von eisenbereiften Rädern auf Kies brach. Eine große, staubige Kutsche schälte sich aus dem nahen Wäldchen und hielt auf das Dorf zu, den Feldern das von Staub übertünchte Wappen derer von Keilholtz präsentierend. Das Kutschdach war angefüllt mit Kisten und Kästen, welche ob der schlechten Qualität der ausgefahrenen Wege hin und her rutschten und den hinten festgekrallten Jungen in Dienertracht arg in Bedrängnis brachten. Seine Wange wies bereits ein paar Striemen auf, wo eine metallverstärkte Kistenecke ihm fast das Auge ausgeschlagen hatte, und ein Riss an seinem Wams zeugte von der Begegnung mit einem eisenbeschlagenen Truhendeckel. Indes schienen die Insassen des Gefährtes es nicht für nötig zu erachten, die paar Sandkörnlein anzuhalten, um das zu locker befestigte Gepäck sicher zu verzurren, so dass der Knabe in halsbrecherischer Gewandtheit ein ums andere Mal beherzt zugreifend die Ladung mit Mühe daran hinderte, das Dach des Gefährtes zu verlassen und den Steinen der Fahrspur entgegenzufallen. So aufs Höchste auf die ihm anvertrauten Kisten und Kästen fixierte, gewahrte der Page viel zu spät, dass man den Hof zu Dreihügeln und somit das angepeilte Quartier erreicht, wurde gleichsam dem Gepäck beim harschen Bremsen nach vorne gerissen und prallte, da ihn nicht wie dieses eine eiserne Stange vor dem Vorpreschen ins Leere bewahrte, frontal mit dem Gesicht in eine hohe, von Metallbändern gefasste Truhe. Der Aufprall war dumpf, gekrönt durch einen erstickten Schrei, welcher, da die Pferde just diesen Moment nutzten, noch einmal ein paar Schritte nach vorne zu tun, zu einem panischen Kreischen wurde, während der Knabe, die Vorwärtsbewegung des Gespannes nicht vorausahnend, nun nach hinten geschleudert wurde, wodurch er, den sicheren Halt der Hände durch sein ruckartiges Fallen mit einem hektischen Rudern vertauschend, in gerade Linie nach unten fiel, um mit dumpfem Geräusche auf dem gepflasterten Hof aufzukommen. Den Göttern zum Lobe war der Fall nicht so groß gewesen, dass sein Kopf Gelegenheit gehabt hätte, sich in direkten Kontakt mit den Steinen zu begeben, gleichwohl taten Pflaster und hohe Geschwindigkeit das ihre, den Knaben an den Rand einer Ohnmacht zu katapultieren, welche alleine der stechende Schmerz verhinderte.

All dies geschah in nachgerade fließender Bewegung und es stimmt den Erzähler fast traurig, dass sich dieser doch recht eindrucksvolle Sturz von allen unbemerkt ereignete, nutzte der Kutscher doch den Halt der Kutsche, um die am Bock angebrachte Bremse einzurasten, ein Manöver, welches nicht nur den Sturz des Dieners ausgelöst sondern zudem mit einem derartig höllischen Quietschen begleitet war, dass sich alle Umstehenden gleichzeitig an die Ohren fassten und die Augen zusammenkniffen, während zwei Kater über den Hof schossen, nach der so offensichtlich rolligen Katze Ausschau haltend.

Teil 2

Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Kaum war das Gefährt zum Stehen gekommen, unterstützt durch den dumpfen Aufprall besagten Körpers, als der Kutscher auch schon von seinem Bocke sprang und an den Verschlag eilte, diesen aufreißend und mit gleicher Bewegung die Trittstufen herunterklappend, um dort unten in kriecherischer Haltung zu verharren, den Wagenschlag weit aufgerissen.

Einige Kleinkinder, die gerade noch auf dem Dorfanger zwischen den Hühnern getollt hatten, sprangen herbei, um sich die Kutsche und den gefallenen Knaben besser abschauen zu können, als eines der Mädchen das Wappen erkannte. „Schaut mal, ist das nicht wie bei der Herrin auch?“, flüsterte sie den anderen Kindern zu, was die kleine Schar dazu brachte, der stehenden Kutsche noch ein wenig näher zu kommen und zu spicken, wer denn da wohl kommt.

Zur gleichen Zeit trat eine Magd, die von dem kreischenden Quietschen ebenfalls aufgescheucht worden war, durch die Tür des Gutshauses, schaute sich das Ganze einen Augenblick an, bevor sie den Staublappen in die Schürze stecke und sich die Schürze glatt strich, um abzuwarten, wer der unerwartete Gast wohl sein möge. Aus dem Hinterhof indes schallte der Ruf mehrerer Hunde, die von dem ohrenbetäubenden Kreischen angestachelt in wildes Gebell und Geheul verfallen waren.

Aus dem Wagenverschlag schob sich ein von Altersflecken übersäter, knochiger Arm, welcher in ein schmuckloses, braunes Reisekleid ragte, welches die Gratwanderung versuchte, gleichzeitig ärmlich zu wirken, ohne die Verwendung exzellenter Stoffe und die Hand eines ausgezeichneten Schneiders zu verleugnen. Das darin gekleidete Frauenzimmer war eine Ansammlung harter Züge, ergänzt von Altersstarrsinn, welcher sich bis zu einem Dutt hinaufzog, welcher von einem Waffenschmied in lauterem Stahl nicht besser hätte verfertigt werden können. Das Aussteigen aus der Kutsche war vielmehr das Auseinanderfalten von Gefieder, eines Geiers nicht unähnlich, und auch der lauernde Blick, welcher in einem einzigen Augenblick den gesamten Flecken zu erfassen und sofort zu verwerfen schien, hatte mehr von einem Raubgeflügel denn von einem Menschen.

Teil 3

Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Wenig hätte gefehlt und der Erzähler hätte die ausgemergelte Gestalt um einen üppigen Damenbart und ein paar hässliche Warzen ergänzt, als dem Hexensinne zuzurechnen dargestellt, indes waren dieser Lande die Hexen, so überhaupt vorhanden, so denn eher von lieblichem Wesen, auch hatte die so Angereiste wenig hexenhaftes und mehr von einem geizigen Kleinkrämer oder einem Steuerbeamten. Das Märchenhafte ging der Ausgemergelten ebenso ab wie Frohsinn oder Freundlichkeit. Kurz wandte sie den Kopf nach ihrem Pagen, während sie sich aus der Kutsche schälte, welcher immer noch mit jämmerlichem Gesichte im Staub kroch und sich die schmerzenden Glieder rieb, herrschte ihn mit einem: „Mach keine Faxen und kümmere dich um die Arbeit, Laus!“ an und wandte dann einen zweiten Blick auf das Haupthaus. Die sich nun vollziehende Wandlung hatte etwas so erschreckendes, dass die Kinder erschreckt zurückwichen, noch ehe sie sich dessen Gewahr geworden. Die Mundwinkel der Vettel schoben sich vorsichtig lauernd nach oben und entließen ein paar quittegelbe Vorderzähne in die freie Landluft. Das Kinn straffte sich und der Kopf ruckte ein wenig nach oben. Alles in allem entblößten sich die Kiefer zu einem Lächeln, das einem Wolfe gut zu Gesicht gestanden hätte. Bei der Ankommenden jedoch wirkte es wie ein Zähneblecken kurz vor dem Zuschnappen.

Schwerfällig ließ sie sich auf die Stufen fallen und krallte sich, um Haltung bemüht, in die Schulter des immer noch gebeugten Kutschers, dem sogleich ein scharfes, pfeifendes Atmen entfuhr, das die Frau mit einem weiteren Zupacken ihrer eisernen Klaue ahndete. Dann, der Boden hatte sie schweigend empfangen, sah sie mit dem starren Blick einer Klapperschlange in die Gesichter der ahnungslosen Kinder und schnaubte einmal verächtlich: „Schert euch weg, elendiges Pack.“

Ohne lange darüber nachzudenken, liefen die Kinder fort, so schnell ihre kurzen Beinchen sie nur trugen, um bei den inzwischen ebenfalls aus der Ferne schauenden Ältesten Schutz zu suchen. Die aus dem Haupthaus getretene Magd jedoch schluckte einmal tief, nachdem sie die aus der Kutsche steigende Person einmal kurz abschätzend gemustert hatte, und trat um ein freundliches Lächeln bemüht näher an die Kutsche heran. Den Pagen zu mustern oder gar anzusprechen, während dieser sich aus dem Staub schälte, erschien der jungen Frau nicht gerade klug, also konzentrierte sie sich auf die Alte, die in dieser kleinen Gesellschaft offensichtlich das Sagen hatte. Doch fiel ihr die Anrede der Fremden schwer, konnte sie doch anhand der staubigen Kutsche und der bescheiden erscheinenden Kleidung den Status der Frau nicht einordnen. Also entschied sie sich für eine eher neutrale Anrede: „Die Zwölfe zum Gruße, edle Dame, und willkommen im schönen Flecken Dreihügeln. Sicher wollt ihr zu unserer Junkerin. Wen darf ich ihr denn melden, Hohe Dame?“

„Ja was denn nun, ungebildeter Fratz? Wenn du auf edle Dame bestehst, dann kannst du gleich Wohlgeboren sagen, wie es sich gehört. Die Hohe Dame hintenweg ist Firlefanz. Immerhin ist eine Ritterin im Status unter der Junkerin. Und was wölltest du hintan setzen, wenn du nun schon bei der Ritterin gelandet bist?“ Die Augen der Frau hatten sich zu Schlitzen verkniffen und versenkten die Magd wie ein glühendes Schüreisen. „Melde der Besitzerin dieses elenden Gehöftes, dass ihre Mutter sich dazu entschlossen hat, ihr die ihr gebührende Aufwartung zu machen. Und dies, wie mir scheint,“ der Blick der Frau umschloss Haus und Hof, „kein Sandkörnlein zu spät.“

Die Magd schaute einen Moment sichtlich irritiert, weil sie den Worten der Dame nicht auf Anhieb folgen konnte. Doch sie entschloss sich, mit einem höflichen Knicks und einem Nicken der Edlen aus den Augen zu gehen und ihrer Herrin diese Angelegenheit zu überlassen. „Sehr wohl, Euer Wohlgeboren. Tretet doch inzwischen ein, ich gebe der Herrin Bescheid.“

Teil 4

Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

So schnell sie meinte, dass es die Etikette zuließe, wandte sie sich ab und gab im Inneren des Hauses einer jüngeren Magd einen Wink. Außer Sicht der Alten flüsterte sie dem Mädchen zu: „Biete dem Gast etwas zu Essen und zu Trinken an, ich hol so schnell es geht Frau Gramhild. Sag so wenig, wie du kannst.“ Und mit einem aufmunternden Klaps auf die Schulter war sie auch schon fort. Dieweil nahm die Alte wie schon den Hof so auch das Haus in Besitz.

Kalt lächelnd betrat Yadviga Keilholtz durch die dicke Eichenholztür das Vogthaus, als sie auch schon mitten in der Bewegung erstarrte und den Raum min festgefrorenen Gesichtszügen in Augenschein nahm. Vor ihr öffnete sich ein heller, großer Raum, in dem insgesamt vier große Tische aus altersdunklem, schweren Pflaumenholz standen, zur Wand hin mit derben Sitzbänken, zum Raum hin mit massiven Holzstühlen ausgestattet, alles in allem bereit, an die 30 Gäste zu fassen. Ihr gegenüber stand ein Tresen, hinter dem ein junges Mädchen gerade in ihre Richtung blickte. Kurz erfasste der Blick der Alten noch die Treppe im hinteren Bereich der Gaststube, da drehte sie sich auch schon auf dem Absatz um, nur um zu sehen, dass der schlaksige Page, den der Kutscher inzwischen gezwungen hatte, die erste Truhe vom Wagendach entgegenzunehmen, unter deren Gewicht in die Knie brach. Ekel huschte über ihre Züge, dann wandte sie sich an den Kutscher: „Timon, lasse er die Pferde angespannt. Wir sind hier falsch. Das ist hier nur die Kaschemme. Das Junkerngut muss woanders sein.“

Erschrocken schaute das Mädchen die Alte an. „Verzeihung, Wohlgeboren, aber Ihr seid hier schon richtig. ‘s ist nur so, dass es das größte Haus im Ort ist. Deswegen ist hier auch die Herberge und die Wirtsstube mit drin.“ Sie lächelte höflich die fremde Junkerin an, und kam ein paar Schritte um die Theke herum entgegen. „Die Herrin kommt gleich. Wollt Ihr vielleicht schon was trinken?“ Um ihre Unruhe zu verbergen, hatte das Mädchen ihre Hände hinter dem Rücken verschränkt und ballte nun die Fäuste ineinander.

Der Blick, mit dem die Alte nach dieser Eröffnung die Gaststube maß, hätte auch einer Senkgrube gelten können. „Zu meiner Zeit,“ raunte die Alte, „war ein Junkerngut selbst im äußersten Finsterkamme noch gut genug ausgestattet, dass es der Junker nicht nötig hatte, eine Absteige zu betreiben. Zumal keine billige…!“ Erst als sie das Kind ins Auge fasste, geriet der starre Blick wieder in Wandlung, hin zu einem Lächeln, das so von oben herab kam, als befinde sich die Keilholtzerin auf dem vögtlichen Dache und blicke hinunter in den Abwassergraben. „Und was hat dieses… Etablissement an Getränken anzubieten?“ Der Blick der knorrigen alten Frau war lauernd.

Teil 5

Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Ein Knecht kam aus dem Innenhof und schaute sich Pagen und Kutscher einen Moment an, bevor er näher trat. „Kann ich was helfen?“ fragte er schlicht und beschaute sich die merkwürdigen Gäste weiter, bis man ihm eine Antwort gäbe. Der Page blickte auf und verzog wehmütig das Gesicht: „Würd‘ ich zu gern ja sagen. Aber wenn der Drachen mich dabei erwischt, verpasst der mir ‘nen Einlauf von hier bis Selem. Nee. Vielleicht kannst du Timon zeigen, wo er mit den Pferden hinsoll oder so. Aber das Gepäck nimmt mir keiner ab.“ Ein leises ‚leider‘ folgte einen Herzschlag später, während der Knabe sich unter der Last taumelnd in Richtung der Gaststube stemmte. Mit einem Schulterzucken nuschelte der Knecht ein „Na, wenn de meinst, Jung. Aber hinten rum ist’s kürzer zum Gästezimmer.“ Dann wandte er sich dem Kutscher zu. „Darf man dir helfen? Der Stall ist hinten, da kannst auch die Kutsche abstell’n.“

Der Kutscher nickte stumm und überprüfte die Lederriemen. „Dann hilf man. Zeig mir den Weg. "Ich fahr am Besten die Kutsche nach hinten, bevor die Vettel es sich noch anders überlegt und sofort wieder zurück will." Sprachs und griff nach dem Führungsstrick, um Pferde und Wagen in die angegebene Richtung zu dirigieren.

Teil 6

Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Bevor sie sich getraute zu antworten, holte das Mädchen noch einmal tief Luft. „Also, wir haben ein helles, dünnes und ein dunkles, starkes Bier, roten und weißen Wein, gelagerten Apfelmost und verschiedene Kräuter für Tees oder zum Würzen des Weins...“ Unsicher brach sie die Rede bei den Kräutern ab. Ob die Dame wirklich Tee nehmen würde?

Die Augen der Frau hatten sich unmerklich verkleinert. „Wein? Hier? Und was für ein Zeug ist das? Greifenhorster Praioströpfchen will mir scheinen.“ Errötend knetete das Mädchen weiter fest ihre Hände, während sie sich bemühte, nicht zu Boden zu blicken. „Nein, Euer Wohlgeboren. Wir haben für besondere Gäste einige Flaschen roten Almadaner und etwas weißen Liebfelder eingelagert...“ Sie rang noch um weitere Worte, mit denen sie die Getränke wohl besser beschreiben könne, doch wusste sie nicht mehr über die Flaschen, als sie bereits gesagt hatte. Doch der peinliche Moment des Stockens wurde unterbrochen, als man feste und durchaus eilige Schritte von oben die Treppe herunterkommen hörte. Trotzdem entging dem Mädchen die Replik der Alten nicht: „Dacht‘ ich’s mir doch. Lauter ausländisches Gesöff. Schämen sollte se sich!“

Kaum dass ihre Füße unten zu sehen waren, erhob die Junkerin bereits ihre Stimme: „Mutter, welch Freude Euch hier begrüßen zu dürfen! Wenn Ihr Euer Kommen angekündigt hättet, wäre bereits ein Zimmer bereitet. So wird es nun leider noch wenig dauern. Was darf ich Euch anbieten? Mögt Ihr Euch nicht setzen?“ Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen näherte sich Gramhild ihrer Ziehmutter, um sie zu begrüßen.

Diese allerdings blickte sich nur gespielt verständnislos um. „Setzen? Hier? In einer Kaschemme? Selbst wenn‘s wohl die vogteiliche Kaschemme ist? Und warten, bis die Taugenichtse aus dem Dorf kommen, um mit mir anzustoßen?“ Die Abscheu war dabei wahrlich nicht gespielt.

Gramhild hatte kaum etwas anderes erwartet, schien aber dennoch ein wenig enttäuscht, konnte ihr Gesicht aber gut genug beherrschen, um den gebührlichen Respekt zu behalten. "Mutter, bitte. Die Leute sind bei ihrer Arbeit und haben in den nächsten Stunden genug zu tun, als dass niemand hierher kommen wird. Ich meinte damit außerdem lediglich den Zeitraum, bis das Zimmer bereitet und das Gepäck verstaut ist. Wenn es Euch aber beliebt, können wir uns auch gern in meine private Stube zurückziehen."

Notizen:

- Die Töchter sollten dringend unter die Haube, sie werden ja auch nicht jünger und sollten langsam für Kinder sorgen. Und auch Gramhild stünde als Junkerin ein tatkräftiger Gemahl gut zu Gesicht, auch wenn da wohl in ihrem Alter kaum nochmal mit einem Kind zu rechnen sei.

- Eine Adlige, die als Handwerkerin arbeitet, ist eine Schande. Das Rahjamunde soll sich lieber mit dem für sie ausgesuchten Bräutigem (Vorschlag?) eine Horde Kinder zulegen, da hat sie genug zu tun und kommt weg von den dummen Gedanken.

- Die Dörfler haben ja gar keinen Respekt vor dem Adel. Ihnen gehört erstmal der anständige Umgang mit ihrer Junkerin und deren Verwandtschaft eingebläut. Dass hier überhaupt etwas funktioniert, ist ja kaum zu glauben.

- Wenn Gramhild schon Hunde züchten muss, soll sie die doch lieber auf dem Greifenfurter Markt für gutes Geld verkaufen und sie nicht ihrem Pöbel schenken.

Gramhild wird ihrer Ziehmutter erst möglichst freundlich, später aber auch mit treffenden Worten sagen, was sie von diesen Ratschlägen hält.

Yadviga wird daraufhin schon bald (noch am gleichen Tag oder am nächsten Morgen) bereits wieder zurück nach Nebelstein und zurück auf ihren Junkerssitz heimkehren.

Schroffensteiner Familienangelegenheiten

Nachricht aus Kressenburg

Dreihügeln, Anfang Praios 1036 BF

Gerade auf dem Dorfanger vor ihrem Gut im Gespräch mit einigen Dörflern vertieft, wann wohl bei gutem Wetter der beste Zeitpunkt für die diesjährige Heuernte sein würde, blieb der Blick der Junkerin plötzlich an einer Gestalt hängen, die sich mit einem kleinen Packtier dem Dorf näherte. "Sofern ihr die Heuballen dann gebunden habt, bis der Roggen fertig ist, könnt ihr die Zehntscheuer als Zwischenlager nehmen. Ich will nicht mit unseren Abgaben an den Baron in Verzug geraten." Mit diesen Worten und einem freundlichen Wink schickte Gramhild die Bauern wieder an die Arbeit und schaute weiter auf den Reisenden. Kurz darauf erkannte sie den Knecht, den sie ihm Rahja gen Kressenburg gesandt hatte. Also wartete sie ab, bis sie ihm ein Zeichen geben konnte, sich zu eilen.

Als er nach einer gefühlten Ewigkeit - das Maultier wollte nicht so wie er - endlich bei ihr angekommen war, fragte sie ungeduldig nach. "Was ist nun mit Rahjamunde, Henner? Hast du sie gesehen? Ist sie schon dort? Oder wieso bist du schon wieder hier?" Sich zu einer Pause zwingend trat sie fast wie ein junges Mädchen ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. "Herrin, die haben nur gewollt, dass sich der Raul ein bisschen einlebt. Um ihn hab ich mich dann gekümmert und ein wenig im Stall geholfen und Sachen getragen, wenn sie was brauchten. Wollten mich nicht vorher schicken. Der Vater vom Herrn Ardo ist dann selbst losgezogen. Sagten, sie brauchen mich nicht, weil sie ja zu dritt sind. Sein Knappe und ein Bursche waren da noch. Sind dann los, als ich auch wieder heim geschickt wurde. Aber die anderen Sachen konnte ich auf dem Markt losschlagen." Er reichte ihr ein Beutelchen mit einigen Münzen, die sie ohne einen Blick einfach wegsteckte. "Also wird sie auf Kressenburg bleiben und der Hund auch. Das ist gut. Dann bring mal das Tier in den Stall und ruh dich heute noch ein wenig von der Reise aus. Morgen ist dann aber Schluß mit den Ferien." Lächelnd klopfte sie dem Knecht auf den Unterarm, der sie fröhlich angrinste und sich dann davon machte.

Schnellen Schrittes ging Gramhild dann in Richtung ihres Gutes. Ihr war gerade eingefallen, dass sie ein wichtiges Schreiben vergessen hatte: Sie hatte ihrer Tochter nicht mitgeteilt, dass sie auf Kressenburg bleiben sollte. Aber es würde sich sicher bald jemand finden, der ein Schreiben dort abliefern könnte. Dann würde sie der Tochter alles erklären. Und die Stadt war nun auch nicht so weit fort, dass man das Kind nicht auch einmal besuchen könnte...

Die freudige Botschaft

Dreihügeln, Anfang Rondra 1036 BF

Es war ein langer Tag gewesen. Beim Austreiben der Tiere auf die Weiden des Dorfes kurz nach Sonnenaufgang war in einer der Bauersscheuern ein Stützbalken eingestürzt. Das ganze Dorf war auf den Beinen gewesen, um die Hütte vor dem endgültigen Einsturz zu bewahren und den Balken zu ersetzen. Da die Junkerin bei der Reparatur nicht helfen konnte, hatte sie sich mit ein paar der Jüngeren und Ältesten zusammengetan und die Kleinsten beaufsichtigt, während die übrigen auf den Feldern das Heu einholten oder Hilfstätigkeiten erledigten. Zum Glück war bei diesem Vorfall keiner ihrer Dörfler zu Schaden gekommmen. Als dann am späten Nachmittag der Balken endlich ersetzt und das Schlimmste überstanden war, setzte sich Gramhild hinten raus auf eine Bank zur Koppel mit Blick auf die Pferde und den Bach. Wieder einmal war ihr heute deutlich geworden, wie anders das Leben auf dem Land und die Verantwortung für ein ganzes Dorf war im Gegensatz zu ihrer Zeit in dem Haus in Wandleth, wo sie nur ein paar Mägde, einen Knecht und ein paar Kleintiere gehabt hatte. Doch das Haus war verkauft, die ältere Tochter Rahjamunde inzwischen wohl ebenfalls auf der Reise nach Greifenfurt und die jüngere in der Armee. Sie war sich manchmal nicht ganz klar darüber, ob sie der Zeit in Wandleth nachtrauerte. Doch hier hatte sie endlich den Platz, den sie schon immer haben wollte. Die Hunde hatten genug zu tun, die Leute waren ehrlich und genügsam und es wurde einem nie langweilig!

Als sie so ihren Gedanken nachging, trat ein kleines Mädchen neben sie. "Herrin? Da ist ein Bote, Herrin." "Ist gut, Irmhild, schick ihn her." Mit einem Lächeln nickte sie dem Kind zu, das schnell kehrt machte und durch den Stall zum Vordereingang lief. Die Junkerin stand auf und strich sich das Kleid glatt. Gegen die Flecke konnte sie jetzt auf die Schnelle ohnehin nichts tun. Kurz darauf brachte das Mädchen einen Reiter mit einem Schreiben mit und huschte dann nach einem höflichen Knicks wieder davon. "Ich bringe Euch Nachricht aus Kressenburg, Euer Wohlgeboren." Mit einer Verbeugung überreichte der Bote ein Schreiben, gesiegelt mit dem Alt-Keilhöltzer Wappen. "Geh, hol dir in der Küche etwas zu essen und ruhe den Rest des Tages. Ich gebe dir heute Abend noch Bescheid, wann du wieder reiten sollst." Mit einer weiteren Verbeugung zog der Bursche sich zurück und ging in Richtung des Stalles davon.

Unruhig brach Gramhild das Siegel. Ob es endlich die Nachricht war, dass ihre Tochter heil auf der Kressenburg angelangt war? Als sie schließlich die Handschrift erkannte, mit der die Botschaft geschrieben war, legte sich ein sanftes Lächeln auf ihre Züge und sie begann zu lesen.

Edelgunde Gramhild Keilholtz von Schroffenstein

Junkerin und Perlvögtin zu Dreihügeln
 
 
 
 
Geliebte Mutter,

ich wollte Euch mitteilen, dass ich nun auf Kressenburg einem neuen Lehrmeister anvertraut werden kann. Ich war erst überrascht, dass Ihr mir diese Nachricht nicht selbst habt zukommen lassen, doch die Überraschung war dadurch nicht weniger erfreulich. und stellt Euch vor, Mutter, es ist Meister Durac selbst, der Zwergenälteste von Kressenburg, der meine Ausbildung hier weiterführen will. Ich hoffe inständig, dass ich ihn nicht enttäuschen werde.

Zudem freue ich mich, Euch berichten zu können, dass Ihr bald auf Dreihügeln eine Hochzeit abhalten könnt, denn ich habe mich verlobt! Der ehrenwerte Ritter Wulfhart von Keilholtz, der mich auch auf der Reise von Wandleth nach Kressenburg tapfer beschütze und gegen jegliche Harm verteidigte, hat um meine Hand angehalten.

Wir werden keine große Mitgift benötigen, denn ich habe von meinem alten Meister meine erste Aussteuer erhalten. Mein zukünftiger Gemahl hat zudem ebenfalls ein Gut hier in der Baronie und ist recht nah mit dem Baron verwandt. Bitte zürnt mir nicht, wenn ich Euch beichte, dass es der Vater des Barons Ardo von Keilholtz ist, dem ich mein Herz und meine Hand schenken möchte.

Bevor Ihr weitere Einwände erheben wollt, möchte ich Euch als meine Mutter darauf aufmerksam machen, dass ich mir durchaus des Alters meines Bräutigams bewusst bin. Er mag vielleicht keine so lange Lebenszeit mehr übrig haben, wie sein Sohn, die Götter behüten sie beide, doch kann er sicherlich noch zahlreiche Götterläufe an meiner Seite verweilen und seinen Schwertarm schützend zwischen mich und derlei viele Unwegbarkeiten werfen, so es denn nötig sei.

Und wenn ich Euch erinnern darf, wie Ihr früher immer sagtet: "Kind, lass dich von deinem Herzen und den Göttern leiten, dann wird alles schon kommen, wie es soll." Genau diesen Rat von Euch möchte ich befolgen. Ich habe das Gefühl, in Ritter Wulfhart jemanden gefunden zu haben, der nicht nur meines Titels wegen oder des vermeintlichen Geldes, das ich einst vielleicht verdienen könnte, um meine Hand bat, sondern der meine Leidenschaft für die Kunst verstehen kann. Mein Herz ist tatsächlich davon überzeugt, dass es völlig unwichtig ist, ob ich einst erfolgreich bin oder nicht, sondern dass es sich hier um eine Liebe der Liebe willen handelt.

Doch da ich, wo ich nun schon in Greifenfurt bin, wohl als Eure Erbin alsbald auf Eurem Gut vorstellig werden sollte, kam uns der Gedanke, dass der Traviabund auf Dreihügeln stattfinden soll. So lernen die Menschen dort nicht nur mich, sondern auch meinen zukünftigen Gemahl gleich kennen, noch dazu in fröhlicher Stimmung.

Ich hoffe inständig auf Euer Einverständnis und um Euren Segen,

Eure Euch zutiefst verbundene Tochter
 
 
 
 
Rahjamunde von Schroffenstein-Grünfels

dezeit auf Kressenburg


Beim ersten Lesen des Briefes erstarrten die Gesichtszüge der Junkerin und nur die Augen flogen über die Textzeilen, die ihre Tochter ihr hatte überbringen lassen. Wieder und wieder überflog sie die Zeilen und fing dann - nach bestimmt dem fünften Mal, da sie den Brief gelesen hatte - lau an zu lachen. Es war erst ein wenig verkrampft, doch wurde es immer leichter und fröhlicher, bis sie schließlich vor lauter Lachen das Schreiben fallen ließ. Einer der Knechte schaute um die Ecke: "Alles recht, Herrin?" Strahlend schaute sie zu ihm und jubelte: "Ja, Franhold, wir werden bald eine Hochzeit ausrichten. Alles Bestens!" Mit einem Nicken und einem Schulterzucken zog der Angesprochene sich wieder zurück und Gramhild atmete einige Male tief durch, bevor sie sich bückte und das Schreiben wieder aufhob. "Jetzt muss ich das nur irgendwie Mutter beibringen..."

Botengänge

Dreihügeln, Anfang Rondra 1036 BF

Ein Bote verließ eilig mit einer großen Tasche das Gutshaus und nahm sich das große Pferd seiner Herrin. Vorsichtig bestieg er den Wallach, um ihn erst behutsam aus dem Dorfe und dann energischen Schrittes gen Schmalfurt zu lenken. Der hiesige Baron sollte den ersten Brief erhalten, dann würde der Weg ihn weiter nach Weidensee, Schroffenstein und schließlich in die Hauptstadt der Mark führen, um alle Mitglieder des jüngeren Hauses der Familie Keilholtz zu erreichen. Für jeden Jung-Keilhöltzer hatte er eine Botschaft in seiner Tasche, die er persönlich zu überreichen angewiesen war.

Für jeden Adressaten hatte die Junkerin einige persönliche Zeilen gefunden. So stand zum Beispiel im diesem Brief:

Seine Hochgeboren Adran von Schmalfurt, Baron von Nardesfeld
 
 
 
 
Einladung zum Travia-Segen

Der ehrenwerte Ritter Wulfhart von Keilholtz, Vater des Barons Ardo von Keilholtz zu Kressenburg


wird noch heuer am 15. Travia


mit der Edlen Rahjamunde Praioslieb von Schroffenstein-Grünfels, Erbin des Junkertums Dreihügeln


den Traviabund schließen.


Die Zeremonie und die anschließende Feier werden im Kreise der Familie auf Gut Dreihügeln stattfinden.


Ich würde mich über die Nachricht freuen, wann mit Eurer Anreise zu rechnen ist, da ich Euch gern bei dieser Gelegenheit den neusten Wurf meiner Hündin Cella vorstellen möchte.

Selbstverständlich werden auch Pfeifenkraut und Angelköder reichlich zur Verfügung stehen.
 
 
 
 
geschrieben und gesiegelt von Edelgunde Gramhild Keilholtz von Schroffenstein

Junkerin und Perlvögtin zu Dreihügeln

So hoffte der Bote, dass ihm die Gäste schnell ein Schreiben für die Junkerin mitgeben würden, damit er noch rechtzeitig vor der Feier wieder im Dorfe einträfe, um bei den Vorbereitungen helfen zu können. Schließlich gab es nicht alle Tage eine Adelshochzeit auszurichten!

Hochzeit auf Dreihügeln

Gästeliste

Brautleute:

geladene Gäste:

außerdem:

  • verschiedene Kammerdiener und Zofen, Mägde und Knechte
  • eine Faust Grenzreiter
  • die Döfler
  • eine Hand voll Fahrender

Hochzeitsvorbereitungen

Dreihügeln, 05. Travia 1036 BF

Der erste Most war gekeltert und lagerte im kühlen Keller unter dem Gutshaus. Reisende Händler hatten diesen Sommer ein gutes Geschäft hier im Dorfe machen können, denn allerlei Gewürz und zusätzliche Töpfe und Pfannen wurden ihnen hier schier aus den Händen gerissen. Zwei bunte Planwagen standen etwas abseits des Dorfes nahe der Fallobstwiese, denn die wenigen Fahrenden, die durch diese Gegend reisten, wollten sich die Gelegenheit ebenfalls nicht entgehen lassen. Umsichtig, wie sie war, hatte die Junkerin angeordnet, dass immer zwei Burschen oder Mädel aus dem Dorfe dafür sorgten, dass es den Musikanten und Akrobaten an nichts mangelte, damit sie sich auf die Vorbeireitung ihrer Darbietungen konzentrieren konnten. (Zudem konnte man so darauf achten, dass die Fremden nicht von der überreifen und reichlichen Tracht der Obstbäume zu sehr "abgelenkt" würden.) Rege Betriebsamkeit herrschte im Dorf, denn jeder wollte sein Haus in den bestmöglichen Zustand bringen, bevor die ersten auswärtigen Adligen eintrafen. Zudem war ja noch die Ernte einzuholen. Der Baron hatte sich persönlich angemeldet, also wollte man sich in bestem Lichte zeigen. Unerwartet war ein Laienbruder des nahegelegenen Klosters Nardeshain erschienen, der seine Hilfe angeboten hatte, und dankbar von den Dörflern aufgenommen worden war.

Trotz der emsigen Vorbereitungen schienen einige Ältere auch die Muße zum Angeln zu finden. Tatsächlich aber hatte die Junkerin einen Wachdienst angeordnet, da sie die wertvollen Perlmuschel-Bestände ungetastet wissen wollte. In diesen turbulenten Tagen könnte man sonst leicht den Überblick verlieren.

Auch am Gutshof neben dem Dorfanger werkelten verschiedene Hände, um Dach und Läden auszubessern, die Wand neu zu weißen oder den Kamin zu putzen. Immer wieder kam es zu Zänkereien zwischen den Dörflern, weil etwas in der Eile zu Bruch ging. Doch meist halfen die Bauern sich gegenseitig, wie sie es sonst auch taten. Besonders hier wollte man möglichst bald fertig werden, denn jeden Tag konnten die ersten Gäste eintreffen. Man rechnete hier bereits fest damit, dass die ersten Kressenburger vielleicht schon in den nächsten Tagen eintreffen würden. Und überhaupt waren es ja nur noch 10 Tage bis zum Travia-Bund der Junkerstochter!

Keinen der Dörfler störte es, dass man die junge Dame bisher noch nicht mal kannte. Die Herrin hatte man ja auch nicht gekannt, bis sie vom Baron zur Junkerin ernannt worden war. Und die hatte sich ja in den letzten zwei Jahren als tüchtige Gutsfrau herausgestellt, die sich auch nicht zu schade war, einfach mal mit anzupacken, wenn es nötig war. Außerdem hatte sie ja ihre Hunde mitgebracht, die seitdem die Arbeit mit den Tieren deutlich erleichterten. So hatte man sich an die "Neue" gewöhnt, während sie sich beste Mühe gab, die Sorgen ihrer Leute zu verstehen und sich um sie zu kümmern.

Es gab zwar auch welche, die hinter vorgehaltener Hand munkelten, dass man auf diese Giftspritze von Mutter auf der Feier gern verzichten könnte, doch von der Herrin selbst kam nie auch nur ein böses oder abfälliges Wort über ihre Ziehmutter Yadviga. Die Junkerin konnte ohnehin schwerlich schlecht von ihr sprechen, da sie generell deren Erwähnung vermied.

Am Nachmittag diesen ungewöhnlich warmen TRAviatages nun kamem zwei Burschen einen der Hügel hinabgerannt und riefen lauthalt: "Sie kommen, sie kommen!" Die Junkerin indes blickte sich nur in die von ihnen gestikulierte Richtung um. "Ja, wer denn überhaupt?"

Langsam näherte sich ein Reiter, in dessen Gefolgschaft noch ein junger Bursche auf Schusters Rappen und ein Diener mit Maultier am Führstrick trotteten. Hinten an seinem Pferd konnte man ein Schild erkennen, auf dem ein goldenes Mühlrad auf rotem Grund über einer blauen Spitze zu erkennen waren. Ein wenig runzelte Gramhild die Stirn, bevor sie eine Magd schickte, ein Gästezimmer zu richten. 'Was will denn der Zalgoer hier?'

Unerwartete Unterstützung

Dreihügeln, 07. Travia 1036 BF

Vor der Feier

Dreihügeln, Abend des 12. Travia 1036 BF

Einige Forellen schwammen bereits in mehreren mit frischem Quellwasser durchstömten Becken, um auf den Tag der Feierlichkeiten zu warten. Eine handvoll Jungbullen stand noch in den Stallungen des Junkertums, um über der vor der Grenzreiter-Feldküche extra ausgehobenen Grube gegart zu werden. Morgen in der Frühe würde man sie schlachten und zum Ausbluten aufhängen, damit man sie für den Spieß vorbereiten konnte. Käse und Wurst sowie einige Schinken und reichlich Brot waren bereits vorbereitet worden, um es der Gästeschar an nichts mangeln zu lassen.

Die meisten Gäste waren bereits eingetroffen und mit den letzten rechnete man eigentlich jeden Moment. So hatte der Baron die versammelnten Adligen am Morgen aufgefordert, ihn auf eine Treibjagd zu begleiten. Einige - vierbeinige - Schwarzpelze würden hier in der Gegend durch den Wald streifen und sich hervorragend an einer Hochzeitstafel machen, wenn sie denn erstmal erlegt seien. So war man denn losgezogen, hatte einige der Hunde Gramhilds und zusätzliche Treiber mitgenommen und war in die umliegenden Wälder gezogen.

Da die Junkerin sowohl auf dem Pferd als auch auf der Jagd nicht besonders geschickt war, hatte sie dieses Vergnügen ihren Töchtern den Gästen überlassen und war weiter bei der Organisation der Feierlichkeiten verblieben. Am Nachmittag hatten einige Bauern sie irritiert, die verschiedene Steine aus dem ganzen Dorfe zusammentrugen. Dabei hatten sie damit begonnen, Stücke einer Trockensteinmauer zu entfernen. Als sie schließlich nachfragte, wozu das denn bitte dienen solle, zuckten die Bauern nur mit den Schultern. "Ja, weißt du, Herrin, ein Schmied hat vor vielen Jahren mal für ein Wurfspiel Steine geschlagen. Die waren alle extra abgewogen für die Runden. Und für Männer und Frauen. Wir brauchen die doch sonst nie. Da sind die hier wohl eingebaut worden. Die Zeichen da zeigen das." Die Burschen deuteten auf einige Symbole, die grob in die Steine geschlagen waren und wohl mal die zwölf Götter darstellen sollten. Mit einem Seufzen wendete sich Gramhild wieder anderen Tätigkeiten zu und ließ die Männer weitermachen.

Ausgelassen kam die Gesellschaft am Abend aus dem Wald zurück. Erfolgreich hatte man eine Rotte Wildschweine getrieben und zur Strecke gebracht, was einen Keiler, vier Bachen und ein knappes Dutzend Jungtiere als Beute brachte. Einer der Schäferhunde humpelte zwar schwer und ein weiterer der Treiberhunde war im Wald geblieben, aber alles in allem war man ganz zufrieden mit dem Tage und freute sich auf ein anständiges Dunkelbier aus den Kellern des Gutshauses. Den Transport der Jagdbeute hatte man den Bauern und Jagdhelfern des Barons überlassen, die vor Ort bereits damit begonnen hatten, die Schweine auszunehmen und in Beutel zu verpacken, um sie einfacher ins Dorfe verbringen zu können.

Feierlichkeiten

Dreihügeln, 15. Travia 1036 BF

Nach und nach waren in den letzten Tagen die Gäste angekommen. Baron Adran hatte die Junkerin ihre eigenen Kammern überlassen, damit die junge Familie des Kressenburger Barons die etwas größeren Gästezimmer für hohe Herrschaften nehmen konnten. Alle anderen Edlen waren auf die kleineren Gästezimmer oder verschiedene Bauernhäuser verteilt oder in mit Teppichen und Decken aufgebauten Zelten untergebracht. Die Dorfgemeinschaft selbst war etwas "zusammengerückt", damit all die fremden Gäste eine brauchbare Unterkunft zur Verfügung hatten. Der Laienbruder aus dem nahen Kloster hatte inzwischen die Umsorgung einer von dort angereisten Geweihten übernommen, der bei der Zeremonie zusammen mit Travhelm von Keilholtz den Bund der Brautleute besiegeln sollte.

Auf dem Dorfanger vor dem Gutshaus war also an diesem Morgen ein großer Tisch aufgestellt worden, auf dessen mit einem großen arangenen Tuch bedeckten Oberfläche reichlich mit Gänsefedern und frischen Speisen wie Käsetörtchen, Brot und Braten, aber auch Most und Wein aufgedeckt worden war. Travhelm von Keilholtz und die Peraine-Geweihte Mechthild von Nardeshain zur Praiosstunde den Traviabund besiegeln sollten.

Rahjamunde, die ältere Tochter der Junkerin und damit einstige Nachfolgerin als Perlvögtin, sollte - in Ermangelung ihres bereits verstorbenen Vaters - von Baron Adran persönlich zum Traualtar gebracht werden. Früh hatten einige Mägde begonnen, die junge Dame zu baden, ihr die Haare zu bürsten und sie in die feinsten und edelsten Gewänder zu hüllen, die ihr zur Verfügung standen. So trug sie heute ein rotes Kleid aus feinem Leinen, das an den Seiten mit zahlreichen Ranken und Blüten bestickt war. Vorsichtig hatte man ihre Wangen mit ein wenig Puder betupft und die Lippen mit ein wenig roter Farbe hervorgehoben, so dass ihre Blässe noch vornehmer wirkte. Kunstvoll hatte man ihren Reif, den sie selbst als Gesellenstück gefertigt hatte, in ihre Haare geflochten, die am Hinterkopf in einem hübschen Zopf mündeten, der sich mit spät blühenden Blumen verziert über ihre linke Schulter nach vorn legte. Als der Baron sie so an der Hütte abholte, verneigte er sich leicht vor der anmutig erscheinenen Braut und murmelte einige wohlmeinende Worte über die Schönheit der Jungend, bevor er Rahjamunde seinen Arm anbot.

Die Gäste waren bereits auf dem Dorfplatz versammelt. Zur Schonung der älteren Herrschaften hatte man die Bänke aus der Schankstube des Gutshauses nach draußen gebracht, so dass einige der Gäste tatsächlich nahe des Traualtares sitzen konnten. Die übrigen Personen hatten sich stehend versammelt und einige Männer standen noch nahe des ebenfalls in seine besten Gewänder gehüllten Herrn, der trotz seines ergrauenden Haares nervös wie ein Schuljunge die Hände hinter dem Rücken gefaltet hatte, um sie nicht ständig zu reiben. Wulfhart von Keilholtz schaute immer wieder zu dem Hause, in dem er seine Angebetete wusste, hatte sie aber in den letzten Tagen seit ihrer Ankunft kaum zu Gesicht bekommen. Zwar hatte man ihm erklärt, dass er sie vor der Heirat zwei volle Tage nicht sehen dürfte, sonst verhieße das Unglück, doch war es ihm - zu seiner eigenen Überraschung - zunehmend schwer gefallen, je näher der Tag ihres Bundes rückte.

Nun aber wurde Rahjamunde zu ihm geführt. Seine Söhne Ardo, Rondwin und Firnward zogen sich ein wenig zurück, um den anderen Gästen ebenfalls einen guten Blick als Zeugen dieses Traviaschwurs zu ermöglichen. Die Geweihten Travhelm und Mechthild hielten trotz der kurzen gemeinsamen Vorbereitungszeit eine wundervolle Rede und legten gemeinsam zur Segnung ihre Hände auf die Schultern der Brautleute und sprachen: "Möge Euer Bund den Göttern wohlgefällig sein, dass ihr Euch stets verbunden fühlt und einander achtet. Möge die Herrin TSA euren Bund mit Kindern segnen und ihr beide Glück und Zufriedenheit in der gemeinsamen Zukunft finden." Nach diesen Worten brach ein großer Jubel unter den Gästen und Dörflern aus und ohne Rücksicht auf Formalitäten konnte Rahjamunde sich nicht mehr halten und schlang die Arme um ihren Mann und küsste ihn vor allen Anwesenden mitten ins Gesicht!

Zur Feier des Tages

In ausgelassener Stimmung saßen die Gäste beim Essen und genossen die ihnen aufgetragenen Gänge. Immer wieder kam es zwischen den einzelnen Speisen zu kurzen Phasen der Aktivität. So wurde nach Suppe und Fisch zum Steinstoßen aufgefordert. Die Regeln dieses Spiels waren denkbar einfach: Man nahm einen Stein, stieß ihn zusammen mit den anderen möglichst weit und trank dann einen Schnaps. Jede Runde wurden die Steine schwerer. Wer am häufigsten schaffte, den Stein am weitesten zu werfen, gewann.

Nachdem Baron Adran, der älteste Bauer und einer der Gäste - die Wahl fiel auf Baron Greifwin - gemeinsam die jeweils gekennzeichneten Steine der unterschiedlichen Gewichtsklassen mittels einer Waage auf ihre Gleichheit überprüft worden waren, nahmen alle Beteiligten einen Stein und stellten sich in einer Reihe auf. Seitlich dazu stellte sich Adran von Schmalfurt, der als Schiedsrichter fungierte. Selbstverständlich bekam er auch seinen Schnaps! Doch zur Sicherheit seiner Füße hatte er sich seine Kettenschuhe angezogen. Es konnte ja mal zu Querschlägern kommen. Das hatte bereits sein Vater so gehandhabt, sicher ist sicher.



Wer macht mit? Bitte Rückmeldung! Ich würfle das dann anhand des Basis-FK aus!

Zeitvertreib:

  • Steinweitwurf (Adran als Kampfrichter in Kettenschuhen, je Runde wird der Stein immer schwerer, danach gibt es immer einen Apfelschnaps)
  • Tanz zur Musik der Fahrenden Musiker (Tanzbeschreibungen?)

geladene Gäste:

außerdem:

Nardesfelder Landwehr

Dreihügeln, irgendwann im Herbst

Es war mal wieder an der Zeit: Die Ernte war vorrüber, die Abgaben sollten zum Baron gebracht werden, die jungen Burschen sollten auf Burg Schmalfurt vorstellig werden. Es war mal wieder Zeit, dass der Rondra-Geweihte, der den Burgschrein dort pflegte, die Burschen im Umgang mit den Waffen schulte. Also wurden die Halbstarken mit den Wagen die zwei Tage dauernde Reise nach Schmalfurt geschickt.

Weitere Beschreibung in Schmalfurt:

  • von Landwehr-Burschen, die aus verschiedenen Teilen der Baronie kommen, um Steuerabgaben zu bringen und eine grundlegende Waffenausbildung zu erhalten.
  • Beschreibung des Städtchens