Heroldartikel:Ein Streit um die Stille

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Markt Hallklee, im Praios 1033 BF

Im Sankt-Owilmar-Tempel zu Hallklee schweigt der Gong. Dafür wird der Disput zwischen den dortigen Praios-Geweihten immer heftiger und ist inzwischen schon nach außen gedrungen.

Der Gong - genau wie der Tempel nach dem heiliggesprochenen Baumeister der Stadt des Lichts benannt - hat Hallklee schon seit langer Zeit zu einer bedeutenden Pilgerstätte gemacht. Er wurde von Owilmar wohl als Entwurf für den großartigen Gong im Tempel der Sonne geschaffen. Mit seinen anderthalb Schritt Durchmesser bietet das aus lauterem Gold gefertigte Artefakt schon einen beeindruckenden Anblick. Das eigentliche Wunder besteht allerdings darin, dass dieser Gong jedesmal von selbst erklang, wenn sein Gegenstück in der Stadt des Lichts angeschlagen wurde, mit genau demselben, hellen Ton. Nicht wenige Bewohner von Markt Hallklee behaupten, dass ihr Heimatort seinen Namen wegen dieses Widerhalls trage.

Doch seit die Schlacht in den Wolken über Gareth tobte, ist der Gong verstummt. Der Große Gong in der Stadt des Lichts wurde von den Trümmern der einstürzenden Kuppel vergraben. Er ist längst wieder freigelegt und neu aufgehängt worden und wird wie ehedem geschlagen - aber der Gong zu Hallklee hat seitdem keinen Ton mehr von sich gegeben. Die Verbindung zwischen den beiden Artefakten scheint erloschen.

Unter den Geweihten des Sankt-Owilmar-Tempels ist seither eine Diskussion darüber entbrannt, wie dieses Zeichen des Götterfürsten zu deuten ist. Die Tempelvorsteherin Praiadne Kleehaus will das Schweigen des Gongs so wie das Verschwinden des Ewigen Lichtes als göttliche Prüfung ertragen:

"Der Herr hat uns das Licht entzogen, und so hat er uns auch den Klang genommen. Wenn wir das eine wiedererlangen, dann werden wir auch das andere finden. Lasst uns den Spuren des Heiligen Quanion folgen und in der Stille ausharren."

Einige jüngere Priester, allen voran der Kustos Egilmar von Ruchin, sehen die Angelegenheit weitaus pragmatischer:

"Es ist ein Gong. Wenn er nicht von selbst erklingt, muss man ihn anschlagen."

Bislang hat es noch niemand gewagt, diese Forderung gegen den Willen der Tempelvorsteherin in die Tat umzusetzen. Es gäbe allerdings im Tempel auch nicht einmal einen würdigen Schlegel dafür - bislang hat man schließlich nie einen benötigt.

Ohne die Zustimmung Ihrer Hochwürden Praiadne wird wohl niemand den Gong anschlagen - denn womöglich würde man gerade dadurch das derzeit ruhende Band gänzlich zerreißen? Ob hier früher oder später ein Machtwort aus der Stadt des Lichts den Streit entscheiden wird, ist noch völlig offen. Aber allein die Tatsache, dass eine solche Meinungsverschiedenheit überhaupt aus dem Tempel herausdringt, spricht schon Bände über die Veränderungen in der Praios-Kirche seit dem Verlust des Ewigen Lichtes.