Geschichten:Zweifelfelser Zwist – Ein Fuchs in der Höhle des Löwen

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Burg Zweifelfels, Baronie Zweiflingen, 1. Rondra 1040 BF:

Bernhelm von Zweifelfels ritt gemächlich dem sich um den Burgberg windenden Weg zur Stammfeste seiner Familie empor. An seiner Seite der Knappe seines Herren. Gisborn war für Bernhelm noch immer wie ein verschlossenes Buch. Er war in sich gekehrt, von eher besonnenen Gemüt, aber äußerst aufmerksam und lernwillig. Viele Stundengläser verbrachte der Blondschopf bei Meister Salpion. Auch mit dem Schwert konnte er schon einigermaßen gut umgehen. Allerdings noch lange nicht so wie es sich für einen echten Zweifelfelser gehörte.

„Und Junge, freust du dich deine Verlobte wiederzusehen?“, durchbrach der Ritter die Stille, als sie gerade das Turnierfeld unterhalb der Burg passierten, „Sie soll ja mittlerweile zu einer wahren Schönheit erblüht sein wie man hört.“

„Natürlich freue ich mich“, antwortete der Angesprochene knapp, „Wie man sich eben auf jemanden freut den man kaum kennt.“

Der junge Knappe hatte sie erst einmal kurz gesehen. Die Verbindung mit der Grafentochter aus Salza wurde, wie üblich im Adel, arrangiert. Sein Onkel Leomar hatte sie während der Brautschau des albernischen Fürsten eingefädelt. Gisborn hatte eh noch so gar keinen Kopf für solcherlei Dinge. Das lag noch weit in der Ferne. Vielmehr beschäftigten den Jungen seine merkwürdigen Träume, die ihn seit den namenlosen Tagen jede Nacht heimsuchten. Er würde sich gerne jemanden anvertrauen, denn er verstand sie nicht, doch wusste er nicht wen.

Die beiden Ritter erreichten schließlich die altehrwürdige Burg Zweifelfels. Seit dem heldenhaften Tod von Baron Debrek auf dem Mendena-Feldzug herrschte hier Debreks Mutter Ehrgard von Wetterfels als Vögtin für ihre unmündigen Enkelinnen. Die Wetterfels war nicht unumstritten in der Familie und so würde es eine der Aufgaben des Familienrates sein zu klären, wer Vormund für die beiden Mädchen und vor allem wer das neue Familienoberhaupt werden würde.

Im Burghof angekommen, kümmerte sich der Stallknecht sogleich um die beiden Pferde, während ein Diener die beiden in die Burg führte. In den Gemächern der Vögtin wartete bereits Ehrgard von Wetterfels.

„So so, hat die Kabinettshure also sein Füchslein vorgeschickt“, begann die Wetterfels ohne die sonst üblichen Begrüßungsfloskeln, „und den Verlobten der Salzarelle, wie erbaulich.“

„Charmant wie eh und je,„ Bernhelm setze sein bestes Lächeln auf, „Hat dir dein Haferbrei heute morgen nicht gemundet? Wie man hört hat deine Heimat immer noch nicht gelernt Vorräte für den Winter zurück zu legen … und schon wird bald wieder Hunger herrschen. Sollen wir vielleicht noch einen Armenzug auf den Weg bringen? Aber na ja, was will man vom ungeliebten Kind Garetiens schon erwarten.“

„Ha“, Ehrgard lachte hämisch, „hast du nicht neuerlich deine Angetraute vor Mendena verloren? Du musst voller Trauer sein … ach warte … seid ihr euch vorher überhaupt schon begegnet? Aber halb so schlimm, sie soll ja eh eine nichtsnutzige Dirne gewesen sein, wie man hört, aber immerhin hat sie fürs Reich gekämpft – was man von dir nicht behaupten kann! Nur zu schade für dich, das sorglose Leben auf Kosten der feisten Pfundt ist nun dahin.“

„Immerhin habe ich noch eine Perspektive und bin nicht schon so verbraucht und ausgedörrt wie das hartsteener Land.“

„Ja, versuche es mal im Kosch oder in Weiden, dort findet sich bestimmt ein Rindvieh für dich.“

„Lieber in Rindvieh in Waldstein als ein edler Mann in Hartsteen. Das waldsteiner Rindvieh dürfte auf jeden Fall was besseres zu fressen bekommen.“

„Leomars Umgang zeigt seinen verdorbenen Charakter und so einer schickt sich an die Familie zu führen?“ Ehrgard starrte Bernhelm mit finsteren Augen an.

„Hast du Angst das deine Zeit dann vorbei ist? Zu recht, noch bevor du `Hartsteener Dirn´ sagen kannst, lässt er dich in den Kerker schmeißen. Du hast die Macht hier in Zweiflingen an dich gerissen und gibst vor für Debreks Kinder zu sprechen? Was ist denn mit Emer?“

„Es ist mein gutes Recht das Erbe meiner Enkel zu schützen.“ Die Vögtin knallte ihre Faust auf den Tisch. „Emer ist nicht ansprechbar … und viel zu labil um Entscheidungen zu treffen! Sie hat Gemahl und Bruder verloren. Ein kann ich dir versprechen, Leomar wird niemals Familienoberhaupt werden!“

„Und wie willst du das verhindern?“, zischte Bernhelm zurück, „Ihn umbringen? Wobei, leiste ihm einfach nur einen Abend Gesellschaft. Jeder Mann springt danach aus freien Stücken aus dem Fenster des höchsten Turmes. Du willst sicher eine deiner Töchter als Oberhaupt sehen, nicht wahr? Leumunde schon mal nicht, die hasst dich mindestens so wie du sie hasst. Rondriga? Die große Hoffnung unserer Familie? Das ich nicht lache. Oder doch lieber Raulwine? Die ließe sich zumindest besser von dir manipulieren.“

„Täusche dich nicht Füchslein, Rondriga hat den Kaisermärker hinter sich, sowie die Aufrechten der Familie. Wen hat denn dein Herrchen? Nur eine Horde von Versagern und Nichtsnutzigen … aber da passt du ja wunderbar mit rein.“ Ehrgard lächelte kühl. „So und nun müsst ihr mich entschuldigen. In ein paar Tagen beginnt der Familienrat und des gibt noch viel zu tun.“

Mit diesen Worten wurden Bernhelm und Gisborn, der das ganze Spektakel staunend mitverfolgt hatte, von Palinai von Rothermund aus den Gemächern der Vögtin begleitet.

Ungläubig sah Gisborn zu Bernhelm. „Was bei allen Zwölfen war das?“

„Der normale Wetterfelser Wahnsinn!“, entgegnete Bernhelm schulterzuckend, „Auf dem Familienrat muss verhindert werden, dass dieses Miststück ihren Einfluss auf unsere Familie ausbauen kann. Das steht ihr nicht zu, die ist keine Zweifelfelserin per Blut.“

„Familienoberhaupt kann sie ja deshalb auch nicht werden.“

„Schon, aber Rondriga und Raulwine sind der alten Fettel hörig. Sollte Rondriga sich als Oberhaupt durchsetzten, wird die Wetterfels die Zügel über unsere Ländereien in Waldstein fest in der Hand halten. Rondriga interessiert sich nur für die Kaisermark.“