Geschichten:Zackenduster - der letzte Kuss

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In den Zacken, Rondra 1038 BF

Fassungslosigkeit. Tiefempfunden und in sich verwurzelt… Das war das erste Gefühl was alle ereilte. Fassungslosigkeit, dicht gefolgt von Trauer und Wut. Wäre Zähigkeit, Kampfgeist und Ehre in Ihrem Wesen nicht so verankert gewesen – sie hätten sich vielleicht einen Augenblick der Verzweiflung ergeben. Aber die Meisten taten es nicht. Nur vereinzelt sah man Hinterbliebende mit leerem Blick vor einer Urne flüstern, Tränen in den Augen und voller Sehnsucht nach dem Menschen, den sie nie wieder sehen würden, dessen Hand sie nie wieder halten würden oder dessen Lachen nie wieder hören. Tamina hatte denselben Abend noch den Freitod gewählt – überwältigt von den Schmerzen den der Anblick ihres getöteten Geliebten und ihrer geliebten Tochter ausgelöst hatte, war sie losgelaufen und nicht wiedergekommen. Das Dorf war überzeugt – sie war tot. So betrachteten die Reste der Verwüstung und die inzwischen neu entstanden Urnen der Verstorbenen, während andere stritten und disktutierten. Der Than blickte derzeit noch teilnahmslos und undeutbar, ließ seine Sippenmitglieder streiten, hörte zu und machte sich ein Gedanken. Was hatte das zu bedeuten? Warum dieser Überfall? Der Angriff war durch Nichts provoziert worden und kam für sie völlig ohne jeden Grund. Es musste eine Antwort geben, aber er war ratlos. Eine Frau saß am Rande des Raumes, versunken in sich und ihrer Welt, erst nicht beachtet von den anderen, bis sie sich erhob. Langsam und mit gebeugtem Rücken, gestützt auf ihre Schülerin, näherte sie sich der Mitte des Raumes. Murmelte selbst für die Anwesenden unverständliches Zeug, bis sie kichernd die Arme hob und begann sich zu einer Melodie zu wiegen, die nur sie kannte. Wie konnten alle anderen die Zeichen nicht sehen? Die alte Waegga der Sippe legte wieder – ohne sich um die anderen zu kümmern – ihr Leder aus und warf die Knochen in die Höhe und tanzte umher – geführt von einer Melodie, die sie nicht kannte. Sie schloss die Augen und murmelte – sie benötigten Beistand und sie würden ihn bekommen, wie all die Jahre zuvor. Stille erfüllte den Raum und der laute Streit der Familie war vergessen, wie es sich gehörte. Ihre Sippte zollte ihr den Respekt der ihr gebührte und hörte zu.

Sie öffnete die Augen wieder, das Bild war klar. Klarer als jemals zuvor. Tamina rappelte sich auf. Wusste erst nicht wo sie war, ihre Kleidung war zerrissen, ihre Hände bluteten von den Schlägen die sie auf einen Felsen willkürlich hatte niederprasseln lassen, bis sie die Kraft verloren hatte. Sie musste zu Ihrer Väter Sippe, sie hatte geheiratet und sich der Sippe Ihres Mannes angeschlossen, aber da war nichts mehr was sie hielt. Sie musste zu ihrem Vater und ihre Ahnen befragen. Sie sah den letzten Blick ihres Mannes, wie er losgegangen war um mit seiner Tochter Beeren zu sammeln. Das kleine Mädchen quietschte vergnügt, als er sie auf die Schultern gehoben hatte. Er hätte beinahe den Abschiedskuss vergessen… kam dafür aber extra nochmal zurück mit einem warmen Lächeln. Sie spürte den zarten Kuss auf ihren Lippen. Unwillkürlich hob sich Ihre geschundene Hand zu ihren Lippen und spürte der Erinnerung nach. Ein schmerzerfülltes Schluchzen entrang sich der Kehle der jungen Frau, die wieder in die Knie brach, als eine Welle der Verzweiflung sie zu überrollen drohte. Das Bild der zerschmetterten Körper schob sich vor das andere. Einen Schritt, einen Atemzug, noch einen Schritt, noch einen Atemzug… sie musste zu ihrem Vater. Mit ihm sprechen. Sie würde jeden einzelnen dieser Bastarde umbringen oder selbst dabei zu den Ahnen gehen.