Geschichten:Wochen der Entscheidung - Ein Bad am Abend

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Burg Orbetreu, 30. Phex 1032 BF


Entspannt lehnte sich Haldora im Badezuber zurück. Die Dienerin hatte die Kammer verlassen, um eine weitere Kanne warmen Wassers zu holen. Haldora war in Gedanken versunken und schloss beruhigt die Augen.

Kalter Stahl an ihrer Wange ließ sie erschrocken auffahren. „Ich denke, diese Bad ist beendet!“ sprach eine Männerstimme rau. Haldora öffnete die Augen. Die Hand mit dem Schwert fuhr hoch. Haldora verspürte einen Schlag auf dem Hinterkopf und verlor das Bewusstsein.

Haldora erwachte in einem Bett. Sie stöhnte auf und versuchte sich aufzusetzen. „Ihr solltet besser noch liegen bleiben!“ sprach ein Mann. Haldora schaute sich erschrocken um. In einem Kamin prasselte ein Feuer und davor stand er – weiße Schwingen auf blauem Wappenrock. Haldora seufzte leise. „Oderik von Schwingenfels, nehme ich an?“ sprach sie leise. Oderik lächelte. „Ihr liegt richtig, Haldora!“ „Wo bin ich?“ fragte Haldora und richtete sich nun auf. Oderiks Miene wirkte belustigt. „Auf Burg Orbetreu. Wo denn sonst?“ sprach er gelassen. „Habt Ihr wirklich gedacht, dass Eure Familie diese Burg lange halten würde?“ Haldora nickte verstehend. „Dann bin ich also Eure Gefangene!“ stellte sie fest. Oderik trat an das Bett heran und setzte sich auf die Bettkante. „Eher mein Gast.“ Er griff zu einer Karaffe und goß ihr Wasser ein. „Hier, trinkt etwas!“

Haldora nahm den angebotenen Becher und nahm einen Schluck. „Was ist mit meiner Mutter geschehen? Was ist mit meinen Soldaten?“ frage Haldora neugierig. Oderik nahm sich ebenfalls von dem Wasser und sprach ruhig: „Eure Mutter wurde gefangen gesetzt. Eure Soldaten sind entweder tot, geflohen oder gefangen gesetzt.“ Haldora wirkte niedergeschlagen. „Und was werdet Ihr jetzt mit mir tun?“ Oderik musste leicht lachen. „Was erwartet Ihr denn?“ Haldora zog sich ein Stück zurück. „Ich weiss nicht, was ich erwarten soll.“ Oderik musterte die Bewegungen Haldoras genau. „Nun, Euch wird nichts geschehen, solange Ihr mein Gast seid. Doch erwarte ich dafür, dass Ihr Euch wie ein Gast verhaltet. Ich würde es bedauern, wenn ich Euch in Ketten legen müsste.“ Haldora nickte. „Und alles Weitere hängt von Eurem Bruder ab. Zeigt er sich kooperativ und einsichtig, dann wird man Euch wohl bald gestatten zu gehen.“ Haldoras Gedanken rasten mit einem Mal. Sie wusste nur zu genau vom Jähzorn ihres Bruders. Und diese Situation würde seinen Jähzorn noch mehr reizen. Ihre Stimme verriet ihre Unsicherheit, als sie fragte: „Und wenn mein Bruder sich nicht einsichtig zeigt?“ Oderiks Blick wanderte über Haldora, bis er ihr direkt in die Augen sah. „Das wäre dann nicht so gut für Euch!“ Haldora zitterte ob der Kälte in Oderiks Blick.

Oderik erhob sich. „Doch nun solltet Ihr erst einmal schlafen. Ich bedauere den Hieb auf Euren Kopf. Hoffentlich könnt Ihr mir verzeihen.“ Haldora zwang sich zu einem Nicken. Oderik hatte die Tür erreicht. „Schlaft gut, Haldora.“ Die Tür wurde geschlossen und Haldora hörte, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Ermattet sank sie ins Kissen zurück.