Geschichten:Wo es was zu holen gibt, kommen die Verwandten - Morgens vor Mardershöh

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Es war ein sonniger Frühjahrsmorgen und die Praiosscheibe näherte sich langsam dem Zenit. Ihre Strahlen hatten schon gehörig Kraft, doch hier im Vorgebirge des Raschtulswalls, zwischen den Nadelbäumen der Kronvogtei Mardershöh war die Luft nach wie vor kühl, frisch und klar. Als er wieder einmal unter den Schatten einer mächtigen Föhrengruppe ritt, schlang Wolffried von Weidenhoff seinen Mantel enger um die Schultern, dennoch fror er leicht. In der Goldenen Au hatte schon längst der Frühling Einzug gehalten, doch hier herrschte noch nach wie vor der Herr Firun und an der Nordseite der vereinzelten Baumgruppen hielten sich noch immer weite Schneefelder.

Hinter sich hörte Wolffried seine Gemahlin, Tsaiane, in der Reisekutsche lachen. Sie war schon die gesamte Reise bester Dinge. Oft hatte sie ihn gebeten endlich ihren Neffen zu besuchen können, um ihn zu beglückwünschen und einmal die Kronvogtei in Augenschein zu nehmen, die er durch so glückliche Fügung zur Verwaltung erhalten hatte. Doch berühmter Rondraschrein hin oder her, sie hatten die Reise in die Grafschaft Schlund immer wieder aufschieben müssen, vor allem da es immer wieder Angelegenheiten im Junkertum oder am Grafenhof gegeben hatte, die ihn banden. Und überhaupt, wie würde das denn wirken. Kaum war ein entfernter Verwandter unverhofft zum Kronvogt eines bedeutenden schlunder Lehens geworden, schon standen die Weidenhoffs vor der Tür. Nach Emporkömmlingen jetzt auch noch Schnorrer. Bei Praios, nein! Nun aber hatte sich eine Konstellation ergeben, die ein Treffen äußerst genehm erscheinen ließ. Wie er von den Eschenrods erfahren hatte, wurde auf der Baustelle seiner Schwägerin schlunder Marmor verbaut: Feinste Qualität in grün und grau, wie er vor allem im mardershöher Land gebrochen wurde. Na wenn das nicht ein Fingerzweig Alverans war. Höchstwahrscheinlich bezog diese Hexe Yelinde auch den Rest ihres Baumaterials aus der Kronvogtei. Nun da sein Vater verschieden war, mochte Boron seiner Seele gnädig sein, hatte er außerdem freie Hände gegen sie vorzugehen. Kurzentschlossen hatte er also seiner Frau die Freude gemacht und sie waren mit einigen Mann Bedeckung, ein paar Zofen und dieser Bänkelsängerin, die seine Frau neulich vor der Heldenbühne aufgegabelt hatte, aufgebrochen.

„Herr seht dort vorne liegt Burg Mardershöh und zu ihren Füßen die gleichnamige Stadt!“ Wolffried blinzelte etwas irritiert und sah seinen Ritter an. Nerek von Dynkelsquell war ein Stück vorausgeritten, hatte nun aber angehalten und deutete mit seiner rechten Hand auf einen Hügel, auf dem sich eine stattliche Burganlage erhob, die durchaus geeignet schien auch mal den kaiserlichen Tross zu beherbergen. Die Stadt Mardershöh darunter wirkte weitaus weniger beeindruckend. Wolffried schätzte Sie auf etwa ein paar Hundert Einwohner. Dorf Rüstering wirkte deutlich größer. Aber man war hier nun mal nicht in der Kaisermark.

„Ritter Nerek, seit so gut und reitet voraus zur Burg und unterrichtet unseren Neffen von unserem Kommen!“ Der junge Windhager neigte ehrerbietig das Haupt und sprengte von dannen. Auf den Zügen dieses verhaltene Lächeln, so voll von jugendlichem Tatendrang, das Wolffried an ihm so schätzte. Er konnte wirklich froh sein, dass das Windhag zu klein und ärmlich war um Ritterinnen und Ritter diesen Schlages ausreichend zu versorgen.

Nun kam er also doch mit einer Bitte zu seinem Neffen. Aber was soll's, die Schande, die seine Schwägerin auf die Familie zu laden drohte, wog eindeutig schwerer als eine kleine Bitte und wie er hörte verfolgte Orelan selbst ambitionierte Ziele in Gareth. Ziele für die er Verbündete brauchen würde, Verbündete mit Geld und Bewaffneten. Beides konnte Wolffried als einer der mächtigsten Junker um Gareth anbieten. Und sollte der frischgebackene Kronvogt mit seinem Plan wirklich Erfolg haben und dabei vom Junker von Weidenhoff unterstützt worden sein, wer würde dann noch an Bruchstein aus dem Raschtulswall denken?



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17. Phe 1034 BF
Morgens vor Mardershöh


Kapitel 1

Verhaltene Vorfreude
Autor: K.M.