Geschichten:Vorfreude und Freude

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Mit einer von Tag zu Tag größer werdenden Vorfreude fieberte Selinde von Löwenhaupt-Hauberach dem Zeitpunkt ihrer Abreise zu den Feierlichkeiten entgegen. Nicht nur das Wiedersehen der neugewonnenen Waffengefährten und gar Freunde aus den gemeinsamen Tagen seit der Jagd nach dem Ungeheuer vom Darpat im vergangenen Götterlauf beflügelte sie, nein, die Junkerin war insgeheim auch froh, wieder aus Vellberg herauszukommen. Die Baronie war sowas von langweilig! Die Baronesse schüttelte es bei dem Gedanken, daß sie dereinst diesen Flecken Land regieren würde müssen - ein Umstand, an den ihr Vater Wallbrord sie leider viel zu oft erinnerte. So fiel der Abschied von diesem am Tag der Abreise auch recht kurz aus, was der Baron mit einer noch mürrischeren Miene als sonst schon registrierte. Dessen Aufforderung, dem Brautpaar und deren Eltern seine besten Grüße und Wünsche auszurichten, quittierte die junge Frau mit einem kurzen Nicken, ohne daß es sie innerlich wirklich interessiert hätte.
Wie fast immer, so ritt Selinde auch dieses Mal alleine, frei von allen Verpflichtungen und Verantwortungen. Zudem hielt sie ohnhin nichts vom Gepränge vieler Adliger - einer der wenigen Punkte, wo sie mit ihrem Vater einer Meinung war - welches zumeist ohnehin nur Fassade war.
Die Anreise verlief, den Zwölfen sei´s gedankt, ohne Zwischenfälle, sodaß die Baronesse reichlich Zeit hatte, über einige Dinge nachzudenken. Dabei fiel ihr zu ihrer eigenen Verwunderung auf, daß dies ihre erste Reise zu den Nebachoten war, sieht man von einigen Stippvisiten nach Perricum ab. Vielleicht war dieser Ritt auch eine gute Gelegenheit, mehr über dieses merkwürdige Volk zu erfahren, auch wenn Kain ihr schon einiges über Land und Leute nahegebracht hatten. Beim Gedanken an ihn mußte die Junkerin schmunzeln. Ob er wohl immer noch so naßforsch zur Sache ging? Und dann war da noch das Angebot, den begonnenen 'Austausch' beider Völker wieder aufzunehmen ...
Aber auch auf Leomara und ihren Bruder war die Vorfreude groß; was die eine an Stärke besaß, hatte der andere an Charme. Mit einem versonnenen Lächeln erreichte Selinde am späten Nachmittag schließlich Rashia'Hal, froh, endlich angekommen zu sein und sich ausruhen, frischmachen und das eine oder andere bekannte Gesicht begrüßen zu können. Das erste traf sie gleich bei den Stallungen, wohin ein Bediensteter sie geleitet hatte. Dort traf die Baronesse Kain, den sie sogleich herzlich begrüßte.
"Ach, das hätte ich mir doch gleich denken können, daß ich Dich hier als ersten treffe, Kain!" rief sie diesem mit einem breiten Grinsen zu, bevor sie ihn freundschaftlich umarmte.