Geschichten:Verschollene Eber - Ein weiter Blick in die Geistmark

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Prinz Edelbrecht stieg die letzten Stufen hinauf und ein eisiger Wind schlug ihm entgegen. Oben auf dem Turm wartete bereits seine Gnaden Leuenzahn. Die Praiosscheibe hatte ihren Lauf mit rotem Glühen angekündigt. Nun hatten die dünnen Wolken zahlreiche Lücken und des Himmels Blau schien überall hindurch. Der Prinz zog den Mantel enger um die Schultern und trat neben den Geweihten.

Weit konnte er in die Geistmark schauen. Genau efferdwärts lag in einige Meilen das Dorf Rondrasdank. Von dort musste die Straße firunwärts nach Auersbrück gehen. Dort lag das Wengenholmer Land. Und hinter allem erhob sich in der Ferne dunkel der Kosch.

„Die Zwölfe mit euch, euer Gnaden“, grüßte Edelbrecht. „Und auch mit euch!“, erwiderte der Geweihte den Gruß. „Firun scheint heute milde gestimmt zu sein, nachdem er euch gestern so reichlich geprüft hat.“ Der Rondrianer ging zur anderen Turmseite und Edelbrecht fiel auf, dass der Geweihte ein Bein deutlich nachzog. Als er dem Blick des Geweihten folgte, konnte er als kleine Erhebung das entfernte Helms Haupt erkennen. Dort irgendwo lag Dreihügel, wo die Grenzjäger sie gestern erwartet hatten. Schließlich drehte er sich wieder in Richung Kosch um.

Unten, am Fuße des Burgfelsen, sammelten sich die Dörfler. Die Pferde wurden gesattelt. Vom Fluss her hörte Edelbrecht die Rufe des Furtwartes. Er und einige Bauern brachen das Eis, damit die Pferde sich nicht an den scharfen Kanten die Fesseln verletzten. Neben der Furt stand der Efferdtempel. Vom Dorfe gesehen fiel der ungemein breite Giebel ins Auge. Von hier oben erkannte Edelbrecht, dass das Gebäude einer Muschel nachempfunden war.

„Ein guter Tag zum Reisen“, meinte schließlich seine Gnaden Leuenzahn. „Und alles ist ruhig…“

Erschöpft vom langen Zechen der Nacht doch hoch erfreut, heute den Kosch betreten zu können, hatten die Getreuen gerade ihre Pferde auf dem Hof aufgesattelt, als man ein Trommeln von Hufen in der Ferne vernahm.

Binnen kurzer Zeit schwoll das Hufgestampfe an und eine Gruppe Reiter wurde gegen den heller werdenden Weg sichtbar. So mancher runzelte die Stirn und verfolgte die sich Nähernden, bis klar war, dass ihr Ziel das Banner des Greifingemahls war. Im Nu waren alle auf den Beinen.

Ins Lager ritt der Rittmeister der Mark mit einer handvoll Reitknechte, die an langen Stricken die versprochenen Ersatzpferde führten. Auf jedes zweite Pferd war ein Packsattel gebunden, der bis unter den Rand mit Proviant gefüllt war. Am Sattel des Rittmeisters baumelte der tote Körper einer Hirschkuh. Am Führstrick des Rittmeisters folgte ein großer, dunkelbrauner Hengst, dessen Augen in Schein des Feuers hell aufblitzten.

Urion warf einem seiner Reitknechte den Strick zu und saß ab.

„Mein Prinz! Hier ist der versprochene Ersatz, ein firungefälliges Abendessen und ein wenig mehr.“ Er wies zu den Tieren. „Es ist mir eine Ehre, Euch endlich eines der besten Pferde der Mark übergeben zu dürfen. Die Greifin hat ihn selbst aus den Fünfjährigen für Euch ausgesucht. Ihrer Erlaucht gefielen besonders die hellen Augen und sein außergewöhnlicher Mut, als er durch die Feuertaufe ging. Sein Name ist "ANSCHÜTZ". Der erste Zureiter des Marstalls hat ihn zugeritten und dank eines getragenen Leinenhemdes ist er auch bereits an Euren Geruch gewohnt. Nehmt ihn und er wird Euch ein treuer Begleiter in jedweder Queste sein.“