Geschichten:Uslenried lädt zum Turnier - Luringer Knappenschar

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»Odo, ich kann dich nicht schon wieder in den Kampf schicken – an meiner Statt.« Graf Danos seufzte schwer. Eine feuchte Binde bedeckte seine Augen. Er saß zurückgesunken in einem weichen Stuhl, das Licht in dem Turmzimmer war fast grell, weil mehrere Dutzend Kerzen brannten.

»Ich stehe hier, Danos, bereit, jeden Befehl auszuführen.« Odo von Luring-Mersingen versteifte sich. Der hochaufgerichtete Krieger mit dem Greisengesicht wirkte entschlossen, doch schwang in seiner Stimme ein warmes Timbre mit. Er wusste, was seinen Vetter quälte, der den Titel ›König der Ritter‹ errungen hatte, weil er der Beste war. Der Beste, bevor die Schlacht auf den Vallusanischen Weiden diesem Mann einen Schlag versetzt hatten, den kein Ritter mit dem Schwert parieren konnte.

»Ich weiß, mein Freund. Aber du hast in Appelhof vor knapp einem Jahr Großartiges geleistet. Ich habe gehört, dass mancher Hartsteener dachte, du seiest der Graf von Reichsforst. Das schmeichelte mir.« Danos nahm die Binde ab. »Zum Henker mit dem Arzt.« Der Graf erhob sich schwungvoll aus dem Sessel und ging an das Fenster, um in die Nacht hinauszustarren. Er erschauderte kurz und wand sich wieder dem Licht zu.

»Hör zu, Odo. Es geht hier nicht nur um irgendein Turnier. Es ist der Streitziger, der einlädt, und die Streitzigs sind sehr wichtig, wenn es darum geht, die guten Sitten in Garetien aufrecht zu halten. Die Familie ist alt und hat Tradition. Und Baron Wulf steht seinen Mann – vielleicht ein bisschen starr, aber dafür umso fester. Es ist wichtig, ihm zu zeigen, für wie wichtig wir ihn und sein Turnier erachten, seit aus Gareth die Stiche gegen die alten Familien kommen. Man nimmt uns die Halsmark weg, Odo, wenn ich nicht auspasse.« Danos griff nach der Karaffe mit kühlem Wasser und setzte sie an die Lippen. Nach einigen tiefen Zügen kniff er die Augenbrauen zusammen: »Bah, ich hasse diese Politik! Sie ist so unehrlich.«

Odo wartete ab.

»Um Streitzigs Willen muss ich nach Uslenried, und wegen Nimmgalf. Immerhin habe ich ihm vor Jahresfrist gedroht, dass ich ernstlich böse werde, wenn er sein Problem nicht endlich beseitigt. Uslenried hilft ihm dabei. Die Pfortenritter helfen ihm dabei. Also werde ich ihm auch helfen.«

»Danos, willst du etwa auf das Turnier?«

»Nur als Zuschauer, Odo. Ich werde nicht mitreiten. Ich werde die Luringer Knappenschar nach Uslenried bringen und Streitzig bitten, ein paar von ihnen zum Ritter schlagen zu dürfen. Vielleicht auch ein paar von den anderen Knappen.«

»Gut, das beruhigt mich. Mit deinen Augen kannst du derzeit nicht ...«

»Ich weiß. Ich reite in drei Tagen. Rumhilde wird mich begleiten, dann sieht jeder, dass ich nicht turnieren oder kämpfen werde.« »Wird das nicht Getuschel geben: Der Reichsforster Graf guckt nur zu?«

»Und wenn schon. Die, auf die es ankommt, wissen, dass ich Nimmgalf eine Aufgabe, eine Prüfung gegeben habe. Also wissen sie auch, dass ich ihm nicht helfen darf, wenn die Prüfung nicht zur Farce werden soll. Alle anderen sollen doch denken, was sie wollen.« »Gut. Dann bereite ich alles vor.«

»Du bleibst hier, Odo, und hältst Wache auf Luringen. Ich kann doch Horulf nicht alles aufbürden. Gib meine Vögten Nachricht, sie sollen mich begleiten.«

»Melina und Praiodan

»Genau. Praiodan wollte doch sowieso wieder mal turnieren. Das kann er auch in Uslenried. Und Melina sollte jetzt endlich mal en Schwert in die Hand nehmen.«

»Gut, sie werden es morgen erfahren. Wer noch?«

»Firunia Thyria Flaß von Cresseneck, Rondradan Helmar von Pfortenstein und Emer Alara von Rallerspfort. Sie sind meine Hausritter.«

»Gut. Ich werde Uslenried Nachricht senden.«

»Danke, Odo.«

Danos von Luring suchte kurz nach der Binde, als sein Burgsass den Raum verlassen hatte, setzte sich wieder in den Sessel und legte die Binde wieder auf die Augen. »Wenn’s hilft«, murmelte er.