Geschichten:Trügerischer Schein - Teil 62: Nebachoten unter sich

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Dramatis personae:



Baronie Gnitzenkuhl, Praios 1034 BF


Schnell hatten sich Al’Arik und sein Krieger Rash’ijd aus dem Thronsaal der Friedburg, in dem die raulschen Adligen jetzt noch tagten, aufgemacht, ein paar Sachen gepackt und dann ihre bereits gesattelten Pferde in den Stallungen aufgesucht, um dann im schnellen Ritt gen Rotfurt zu reiten um dort einige Rösser und Krieger zur Unterstützung ihres Vorhabens in Wasserburg zu gewinnen.

Nun waren sie schon einige Zeit unterwegs und Al’Arik beendete gerade seine Erzählungen über die Vorkommnisse der letzten Tage und ihrer Reise nach Perricum. (Nebachotisch:)

„…Und? Bester Schwager, wie ist es euch mit der aufmüpfigen Baroness ergangen? Ich hoffe ihr habt ihr, wie ich angeordnet habe, auf die Finger geschaut. Aber viel passiert ist hier ja ohnehin nicht.“, sprach Al’Arik halb salopp, wie immer wenn er mit Rash’ijd sprach, ohne dabei aber völlig außeracht zu lassen, dass sie trotz aller Verwandtschaft in einem hierarchischen Verhältnis zu einander standen. Und daran ließ der Edle auch in seiner übrigen Art und Haltung keinen Zweifel.

Der besonnene Krieger war dies gewohnt und fand auch nicht wirklich Missfallen daran und so entgegnete er gelassen, aber in der Form wie es sein Herr erwartete: „Nun, mein Herr, natürlich leistete ich eurer Anordnung Folge und hatte stets ein Auge auf die Baroness (respektvolle Betonung) und konnte dabei ein recht gutes Bild von ihr erlangen. Wenn ihr mir erlaubt offen zu sprechen?!“

Al’Arik nickte aber warf seinem Krieger einen ungehaltenen aber fragenden Blick zu.

„Die Baroness begegnete mir als durchaus mutige, beinahe schon übermutige Kriegerin, die wahrlich von der Mutter Kors gesegnet scheint. Auch ihre leidenschaftliche Heimatliebe und ihre Treue zu ihrem Gemahl und dessen Heimat, genauso wie ihre Heißblütigkeit und ihr Stolz, haben mich überzeugt, dass sie eine wahre Nebachotin ist, gleich ihrer raulschen Abkunft. Außerdem ist sie ohne Vorurteile den unseren gegenüber, was die raulschen Perricumer gut gebrauchen können, noch besser sie erkennt unsere Stärken und weiß diese zu schätzen, eine echte Baroness weiß um ihre Leute. Und somit ist sie es würdig dem hohen Hause Beshir a Danal anzugehören und ihm Nachkommen zu schenken. Die Kinder des Sohn des Marbens und ihr werden wahre Krieger der Nebachosja werden, gesegnet von Kor und seiner Mutter zugleich, vielleicht ist das der richtige Weg…“

„SCHWEIG!“, unterbrach Al’Arik barsch die Analyse Rash’ijds, „Was redet ihr da? Der richtige Weg? Seid ihr von Sinnen? Mag ja sein, dass die Baroness euch mit ihrer rüden Art imponiert hat, Mann, aber ihr glaubt doch nicht allen Ernstes, dass das der richtige Weg ist, oh, großer blutiger Kor verzeihe diesem deinem Diener …“, der Edle schlug sich mehrfach hart auf die Brust und hielt dann inne, Zorn in seinem Blick, Rash’ijd immer noch mit einer Geste das Schweigen befehlend. Während dieser seine Offenheit beinahe bereute. Dann fuhr Al‘Arik fort: „Die Verwässerung unserer Linien ist mit Sicherheit nicht der Weg, ganz im Gegenteil er bedeutet Schwäche und ihr wisst was uns diese Schwäche einst gekostet hat. Wir müssen stark sein, um jeden Preis und das können wir nur als geeinte Nebachoten, die ihre Kraft aus sich selber schöpfen. Und nicht aus den Raulschen, die IHRE Gunst geschenkt bekommen haben und sie genauso wie wir wieder verlieren werden, wenn sie weiter den Weg der Schwäche und des Selbstgefallens gehen. Allen voran ihre Frauen, sie gehen mit dem Geschenk um wie eine Selbstverständlichkeit, sie müssen sich erst beweisen, genau wie die unseren, das sie würdig sind eine wahre Ammayin zu sein. SCHWÄCHE IST NICHT AKZEPTABEL. SIE akzeptiert keine Schwäche. Vor allem nicht von denen die am höchsten in IHRER Gunst stehen.“

Desweiteren verfiel der Feshavener in einen Rausch aus gen Kor und Alveran gerichteten Anbetungen und Verheißungen, während er sich mit seinem Krummdolch tiefe Einschnitte ins Fleisch riss. Mit grimmigen Blicken forderte er Rash’ijd dazu auf seinem Vorbild Folge zu leisten und so standen sie eine Weile auf einem felsigen Hügel direkt unter freiem Himmel. Rash’ijd wusste dass das Gespräch für das erste hier beendet war, das ganze aber noch ein Nachspiel für ihn haben würde, trotzdem empfand er letztendlich keine Reue.

Nach einiger Zeit setzten sie blutbenetzt schweigend ihren Ritt gen Rotfurt fort. Al’Arik voran, Rash’ijd, als sein Gefolgsmann, hinten an.

Trenner Perricum.svg

Der Wind war aufgefrischt. Das Schilf wogte unruhig und immer, wenn man sich in der Nähe des Gewässers aufhielt, konnte man sich des Gefühles kaum erwehren, dass sich dort etwas bewegte.

Das Gut, welches direkt an der Reichsstraße gelegen war, besaß ein eisernes Tor, welches um diese Stunde verschlossen war. Die Umfriedung war kein ernsthaftes Hindernis, doch ein Mann, der scheinbar als Wache abgestellt war, nahm die Reiter schnell wahr, und konnte sie bald ins Innere des Gutes geleiten.

Nach einer Weile kam auch ein großer, keineswegs schlanker Mann in den Vierzigern herein. Seine Gewänder waren aus kostbarer Seide.

Argwöhnisch musterte er Al‘Arik, bevor er ihn auf nebachotisch ansprach.

„Möge Praios den morgigen Tag beseär beginnän lassän, als dieser Tag endete - du hast misch soeben davon abgehalten einer wunderbaren Blume der Nacht mein überbordendes Temperament zu beweisen … ich hoffe, du hast gute Gründe!“ Dabei stütze er seine Hände in die Hüften und blieb neben einem prächtig geschnitzten Lehnstuhl stehen, derweil er seinem Gast anbot sich ihm gegenüber auf niedrigen Sitzkissen niederzulassen, so er wünschte.

Al’Arik hatte keineswegs vor sich hier niederzulassen. Seine Laune hatte sich nicht gebessert und so musterte er seinen Gegenüber unverhohlen, Rash’ijd hinter ihm aufgebaut. Der Mann vor bestätigte ihm sein Bild von den verweichlichten Sippen im Norden, am liebsten wäre er sofort wieder gegangen, immerhin sprach er Nebachotisch und verzichtete auf diese Hundesprache und raufte er sich zusammen und knurrte seinen Gegenüber auf der Sprache seiner Ahnen an: „Mar’olum, mein Name ist Al’Arik han Kur’barun, vom Stamme der Bahr ai Danal, Mar’olum und Ammayin von Fez’hava im Tal der schwarzen Pferde (Brendiltal) und ich habe sehr gute Gründe eure Rahjastündchen zu stören, Hamardan han Rohd’far.“

Er ließ eine Kunstpause um die Worte wirken zu lassen. Dann sprach er weiter: “Das Land eurer Ahnen, dass jetzt Perricum heisst, wird seid geraumer Zeit von einem Ungeheuer aufgesucht. Diesem Ungeheuer, besser seinen Gebietern, sind wir auf die Schliche gekommen und wir wissen wo es als nächstes zuschlagen wird und so ersuchen wir euch um Unterstützung durch Krieger und Rösser die sich unserem Tross von Gnitzenkuhl-Stadt aus anschließen werden. Die raulschen Adligen alleine werden dem Problem nicht Herr und so müssen ihnen wohl unter die Arme greifen unsere Lande von diesem Gezücht zu säubern, so trieb es doch schon in beinahe allen Gebieten südlich des Darpat sein Unwesen und muss nun von dessen Boden getilgt werden. Und sollte das Ersuchen doch auch in eurem Interesse sein.“

Das Interesse des Nebachotenführers war geweckt, bedächtig strich er sich den geölten Bart und dachte nach, derweil der Brendiltaler weiter sprach.

Dieser setzte einen beherrschteren Ton auf, der aber seinem Inneren Lügen strafte: „Desweiteren wird euch mit Sicherheit interessieren, dass Kor’win aus der der Shar der Beshir a Danal, der Familie unseres Heerführers, bei der Unternehmung zur Ergründung dieser Vorfälle zu Boron ging und sein feiger Mörder entweder aus den Reihen der Bande hinter dem Ungeheuer stammt oder eine Raulsche Ritterin ist oder vielleicht sogar dies vereint. Und so steht es in unserer Pflicht als Nebachosja die Übeltäter zur Strecke zu bringen und ihre Seelen zu erlösen und ihnen einen neuen Sinn zu geben. Blut muss fließen.“ Al’Arik maß seinem verbalen Überraschungsangriff viel Kraft zu und erwartete eine Antwort des dicklichen Nebachoten.

„Sicher kann ich in der Kürze der Zeit vier meiner Männer erübrigen, und ich selbst werde auch mit reiten, wer weiß schon was uns da erwartet? Aber was soll dieses Gefasel von einem Tross aus Gnitzenkuhl?“ Entrüstung offenbarte sich in seiner Stimme. „ Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass ihr mit dieser Schnepfe Geshla gemeinsame Sache macht? Oder sprecht ihr von Zhurbaran han Bre’a Sarataran und seiner Sippe?“ Während er sprach hatte er auch schon mit Gesten und kurzen Worten seiner Wache zu verstehen gegeben, dass Pferde gesattelt und seine Krieger geweckt werden sollten.

Kor’win hat es sicher geschafft, und wird dereinst wiedergeboren um ihr zu gefallen, wenn nicht er, wer dann? Aber dennoch - sein Tod muss aufgeklärt werden. Wer steht im Verdacht?“ Während er noch sprach brachte eine Dienerin, die jeden zweiten Blick wert gewesen wäre, seine Kleidung, die er drauf und dran war im Beisein der Fremden zu wechseln. Scheinbar störte ihn das wenig.

Al’Arik wandte seinen Blick von dem etwas schwammigen Körper des Edlen ab und somit auch von der hübschen Dienerin, für die er momentan keinen Kopf hatte. Dann antwortete er dem Rotfurter, den Blick auf einige Wandteppiche gerichtet: „Nein, diese Geshla, das ist die raulsche Baronin, nicht wahr, ist nicht anwesend. Nichtsdestotrotz besteht dieser Tross, seid dem Ausscheiden von Kor’win von Brendiltal und seinem Ziehsohn Kain, fast ausschließlich aus Raulschen, die der Bedrohung bis jetzt nicht gewachsen waren. Die einzigen Nebachosja befinden sich im kleinen Zug der Reshminianer um diese Malina von Niederriet-Brendiltal, der Gemahlin Au’rels von Brendiltal, ebenso gehört die Gattin Ra’ouls zum Tross. Und so seht ihr doch sicher die Dringlichkeit weiterer nebachotischer Ammayin?! Wenn ihr also noch eine Möglichkeit seht die Familie Bre’a Saratan schnellstmöglich hinzuzuziehen, oder sie zu unserem Tross hinzustoßen zu lassen, dann ergreift diese Möglichkeit sofort“, dabei hoffte Al’Arik inständig, dass deren Anführer ein besseres Bild abgeben würde als der abgehalterte Krieger vor ihm, der nun umgekleidet vor ihm stand.

„Was den Mord an dem edlen und großen Jäger Kor’win angeht, so habt ihr sicher recht. Im Verdacht steht eine Reshminianerin aus der Perrinmarsch, Nedarna von Trollsteige. Alles deutet auf sie hin, nur das Motiv fehlt, aber dies könnte sich durch Zugehörigkeit zu den Drahtziehern der Vorfälle um das Ungeheuer erklären. Die Frau wurde nun auf der Friedburg arrestiert.“

„Ai, ist der alte Isenbrunn auch mal was zu gebrauchen, erstaunlich!?“ Gut, dann lasst uns los reiten, ich werde sehen, dass ich einen meiner Männer bei der Sippe vorbei schicke, aber ich fürchte, die sind selbst auf der Jagd…die Spuren führten in die Berge, wo sie sich verflocht. Wir hatten beschlossen das selbst ohne die Garethis in die Hand zu nehmen.“

In seiner gehärteten Lederrüstung sah der Gnitzenkuhler Nebachotenführer ganz passabel aus. Gar nicht mehr so beleibt sondern eher kräftig und die Kriegslanze hielt er spielerisch in der Rechten.

„Wollen wir nicht gleich dorthin reiten wo der Treffpunkt sein soll? Wir können auf diese Raulschen doch verzichten, oder? Ihre Schlachtrösser, machen ohnehin nur jeden auf uns aufmerksam.“

Al’Arik zögerte, so fand er den Gedanken, ohne die Raulschen auf Jagd zu gehen doch sehr verlockend, empfand er ihre Anwesenheit doch eher als störend. Schließlich sagte er dann doch: „Sehr verheißungsvolle Idee, edler Hamardan, doch will ich mir eigentlich nicht entgehen lassen den Garethis zu zeigen wie man eine wahrlich blutige Jagd gestaltet. Also schlage ich vor erstmal gen Gnitzenkuhl-Stadt zu reiten und zu sehen was die Raulschen auf die Beine bekommen haben. Den Bre’a Saratan lasst uns aber einen Treffpunkt weiter südlich vorschlagen, falls uns das Aufgebot der blasierten Garethis nicht zusagt und wir dem ganzen besser selber ein schnelles Ende setzen wollen. Was sagt ihr?“

Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht, und mit einem Male wirkten seine Züge fast freundlich. „Gut Phexens Schläue scheint ebenfalls in eure Wiege gelegt worden zu sein…! Ja, lasst uns los reiten, der Wind frischt auf, ich spüre Regen wird kommen…“



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Texte der Hauptreihe:
Pra 1034 BF
Nebachoten unter sich
Kerkergespräche


Kapitel 67

Abreise gen Wasserburg I
Autor: Jan, Eslam