Geschichten:Tränen des Launenhaften - Hinter dem Horizont

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Efferds Zorn schaukelte das kleine Schiff ächzend hin und her wie eine Nussschale und nicht wenige der Reisenden hingen über der Reling, um dem Launigen ihr ganz persönliches Opfer darzubringen. Gefasst saß Alinde auf ihren Platz, den Blick fest nach vorne gerichtet. Neben ihr saß ihre Dienerin Grimma, die seit der Abfahrt in Perricum deutlich an Gesichtsfarbe verloren hatte. In der Ferne konnte Alinde bereits die felsigen Klippen der Efferdstränen ausmachen – ihrer neuen Heimat.

Wie kam es dazu, dass es eine bodenständige und erdverwachsene Zweifelfelserin auf ein kleines, sturmumtostes Eiland verschlug? Nun, Alindes Leben war im vergangenen Götterlauf etwas turbulent gewesen, was nicht wirklich an ihrer Person, sondern an den äußeren Umständen lag. Der jungen Ritterin aus altem Hause war eigentlich ein Leben in der Kaisermark vorbestimmt. Doch es sollte anders kommen...

Geboren in der kleinen Festungsstadt Osenbrück in der Grafschaft Waldstein, war es schon früh offensichtlich, dass das junge Mädchen eher nach ihrer einfühlsamen Mutter, einer Adligen aus Donnerbach, kam. Alinde war weniger aufbrausend und temperamentvoll als viele ihrer Familienmitglieder, sondern eher ruhig und in sich gekehrt, interessierte sich für die Geschichte ihrer Heimat und konnte schon früh Lesen und Schreiben – schon etwas untypisches für eine Waldsteiner Maid. Auf Feierlichkeiten hielt sie sich stets im Hintergrund, beobachtete aber mit Eifer das Geschehen. Ihre Mutter erkannte das zarte Wesen ihrer Tochter und setzte durch, Alinde für ihre ritterliche Ausbildung in die Kaisermark zu schicken. Durch die guten Beziehungen ihrer Familie brachte man sie schließlich bei Ginaya von Luring-Gareth unter. Das unkomplizierte und bodenständige Wesen der neu eingesetzten Burggräfin der Alriksmark sagte Alinde sehr zu, sodass sie sich zu einer selbstsicheren und tiefgründigen jungen Ritterin entwickeln konnte. Ginaya wurde ihr dabei eine mütterliche Freundin. Auch zu der Erzieherin der burggräflichen Kinderschar, Nanduria von Feenwasser, entwickelten sich freundschaftliche Bande, teilten die beiden adligen Damen doch einige Interessen. Nach ihrem Ritterschlag verblieb Alinde am Kaiserlichen Hof der Alriksmark um ihrer Herrin als Hausritterin zu dienen.

Wäre alles so gekommen wie sie gedacht hätte, wäre Alinde nun mit einem Adligen aus der Alriksmark verheiratet und würde immer noch ihrer Herrin dienen. Doch Tsa wollte es anders! Alinde hatte es kommen sehen, all die teuren Geschenke, extravaganten Empfänge, die horrenden Ausgaben der Gemahls der Burggräfin. Dieser Pomp, bezahlt von dubiosen Geldgebern, konnte auf Dauer nicht gut gehen. Wie oft hatte Alinde auf ihre mütterliche Freundin eingeredet, sie gewarnt, doch Ginaya war blind vor Liebe. Schließlich verlor ihre Herrin alles und musste ins Exil. Die halbe Alriksmark wurde an die elenden Pfeffersäcke der Stadt Arikshain verpfändet. Eine Katastrophe – auch für Alinde. Ohne ihre Herrin wollte sie nicht in der Alriksmark bleiben. Aber ihre Familie hatte eh schon andere Pläne mit ihr. Im Frühling 1035 BF brach ihr Familienoberhaupt Debrek Rondrawin von Zweifelfels von Burg Zweifelfels auf, um seine auf Wallfahrt in der Wildermark befindliche Verlobte nach Hause zu holen. Der ungemein rondragefällige und stolze Rittersmann focht in der Wildermark mit seinen tapferen Hausrittern ein ums andere Gefecht. Bei einem dieser Scharmützel stieß Debrek auf Hauptmann Storko von Gernatsborn-Mersingen und die von ihm befehligte Kaiserliche Schatzgarde zu Brücksgau, der die Waldsteiner Ritter zu Hilfe eilten. Lange Zeit verblieb Debrek mit seiner Ritterschaft auf der Pfalz Brücksgau, denn in dem jungen Pfalzgrafen Ugdalf von Löwenhaupt-Hauberach hatte er eine verwandte Seele gefunden. Die gegenseitige Zuneigung ging so weit, dass die hohen Herrschaften einen Traviabund zwischen dem Pfalzgrafen und einer Zweifelfelser Maid verabredeten. Die Wahl fiel schließlich auf Alinde.

So kam es, dass die junge Ritterin nun auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft auf, wie es ihr schien, götterverlassenen Inseln im stürmischen Golf von Perricum war. Die Schiffsglocke läutete, sie hatten die Hafeneinfahrt von Praioshaven erreicht. Alinde wusste nicht, ob sie erleichtert sein sollte oder nicht. Just in diesem Moment übergab sich die sonst so resolute Dienerin Grimma vor die Füße ihrer Herrin. Eins war Alinde nun klar: Der launige Efferd hatte ihr keine guten Empfang bereitet.


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Texte der Hauptreihe:
12. Eff 1036 BF zur mittäglichen Praiosstunde
Hinter dem Horizont


Kapitel 1

Am Horizont
Autor: Bega