Geschichten:Teurer Manegold - Silkwiesen

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Auf den Silkwiesen, 3. Phex 1012 BF


Verehrter Lehrer und Freund, teurer Herr Manegold,

direkt vom Schlachtfeld diktiere ich Euch dieses Schreiben, das mein fehlbarer Schreiber Gsevino Euch überbringen wird, gemeinsam mit der Novizin Halva Selissa von Hartsteen-Rothermund. Das Mädchen ist in miserabler Verfassung und bedarf jetzt eines geistigen Beistandes, der wach, erfahren und unerschütterlich ist: Eures Beistandes. Ich kann nicht.

Den ganzen Tsa über war Halva unruhig und wurde von ihren Träumen geplagt, sie drängte mich, nach Gareth zu gehen und die Stadt zu warnen. Denkt Euch: Gareth zu warnen! Ich hielt das Mädchen für vollkommen übergeschnappt, aber meine Mitbrüder und -schwestern rieten mir, dem Drängen der Novizin nachzugeben. Und wie glücklich war ich, dies getan zu haben! In der Nacht, da die tapferen Mönche von Marano sich wehrten und überrannt wurden von den Schwarzpelzen, die niemand dort vermutet hatte – mit dem Speer auf Gareth zielend, waren wir bereits in Güldenfeldt. Die ganze Nacht erfüllte das Schreien der Novizin den Tempel, doch erst, als wir in Gareth ankamen, erreichte uns auch die Nachricht von Marano.

Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits von mehreren Personen für verrückt erklärt worden: Gareth sei niemals in Gefahr, beschied mir Burggraf Sighelm von Gareth-Sighelmsmark. Die Novizin Halva Selissa sei eine Gefahr für sich und andere, erklärte Efferdane von Eberstamm-Ehrenstein mir, die Gouverneurin der Stadt des Lichtes, und selbst bei Euch, in Eurem Kloster, wurde ich verlacht, während Ihr noch auf der Reise von Rommilys zurück nach Gareth wart – möget Ihr inzwischen wohlbehalten angekommen sein!

Am niederschmetterndsten war allerdings das Treffen mit der Staatsrätin des Königreiches, denn Alwene von Gareth kanzelte mich ab, als wäre ich ein Novize, der noch nichts von der Welt gesehen habe. Ich kann nicht behaupten, dass sie unhöflich gewesen sei, aber wie sie ihre politische Weisheit über die Erfahrungen eines Tempelvorstehers des Götterfürsten stellte, war beschämend. Immerhin beorderte man Reiterei unter dem Kommando eines Hauptmanns vom Blautann gen Südwesten. Und jene Reitertruppe war es, die nach den Mönchen von Marano den Orken soviel Zeit stahl, dass des Reichsbehüters Heer rechtzeitig in Gareth eintreffen konnte. Gute Halva Selissa!

Die mit den Göttern Redende war es auch, die mich anwies – eine Novizin den Tempelvorsteher! – mich auf die Silkwiesen zu begeben. Und dort war ich am Rande des Schlachtfeldes und beobachtete das Gemetzel, sah die Orken wüten und die Menschen fechten, und seit zwei Tagen mache ich nichts anderes, als Wunden zu verbinden, Sterbesakramente zu erteilen, Mut und Zuversicht zu spenden und Wasser zu schleppen. Ich hoffe, in ein, zwei Tagen ebenfalls zu Euch in die Stadt des Lichtes kommen zu können. Kümmert Euch derweil um Halva Selissa. Um Gsevino braucht Ihr Euch hingegen nicht zu kümmern, achtete nur auf seine langen Finger.

Mit uns waren die Götter, und Praios erstrahlte uns, und Rondra erkühnte uns, und Boron verschonte uns, und Tsa gibt uns neue Kraft!

Gehabt Euch wohl, die Götter mögen Ihre Hände über Euch halten.

Praiodan von Luring m.p.