Geschichten:Stapelweise

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Am reisenden Kaiserhof im Firun 1037 BF

Der Schein des Kerzenlichtes flackerte und spendete nur ein wenig Licht. Seit den frühen Morgenstunden saß Wolfaran bereits in dem kleinen Amtszimmer inmitten der Mitteilungen über die kaiserlichen Einkünfte aus den tobrischen Landen.

Dreifach sagte sie, dreifach sollte er es zusammenstellen. Ein Exemplar für die Reichsverwaltung in Elenvina zur Ablage, eines zur Rücksendung an den tobrischen Herzogshof und eines für ihre eigene Aufbewahrung.

Wolfaran schüttelte den Kopf, solch unsinniges Zeugs hatte er sein Lebtag noch nicht gemacht. Er nahm ein Blatt hoch und las sich gedankenverloren vor. „Einnahmen und zu erwartende Einnahmen der Kaiserlichen Festung Rulat“. Er schüttelte erneut genervt sein Haupt, griff zu seiner Schreibfeder, benetzte diese mit Tinte und begann zu schreiben… Dreifach, ihr Wunsch war ihm Befehl.

Wiederholt legte er die Blätter auf den drei Stapeln vor ihm ab. Groß angewachsen waren sie bereits, viel Papier hatte er beschrieben, doch großen Nährwert hatte keine dieser Angaben. Geringe Einnahmen konnte er aus dem nichtbesetzten Teil des Herzogtums Tobrien errechnen, doch aus dem besetzten Teil war sicherlich nichts zu gewinnen. Aber auch mit Nichts konnte man Seiten füllen.

Müde rieb er sich durch die Augen, als er auf den Gängen Schritte und Stimmen vernahm. „Wo wollen wir heute hingehen? Durstige Dame oder Rotzender Reto?“ – „Letztes, da schmeckt das Bier besser.“ – „Sollen wir den aus Zimmer 12 mitnehmen?“ – „Von Kalb wurde extra von der Ruchin bedacht.“ - „Ach ja, das erste Jahr im Gefolge der Zahlmeisterinn ist hart, lass uns gehen, bevor alle Tische belegt sind.“ – „Da hast Du recht, ich bin froh, dieses hinter mir zu haben. Von Kalb muss sich erst noch beweisen, vor allem weil jeder weiß, dass sie mit seinem Vater eng befreundet ist. Du zahlst heute, Dein Sold ist höher und ich knapp bei Kasse.“ – „Schon wieder, wirst Du jemals Deine Schulden bei mir bezahlen?“… Die Schritte entfernten sich und es wurde still.

„Von Kalb, ich gebe Euch von Kalb“, zeternd griff er sich Papier, Feder und Tinte. Eigentlich war es ein alter Hut für den Schlunder Ritter sich immer wieder aufs Neue auszeichnen zu müssen. Am Grafenhof war er der Bastardsohn, der verspottet wurde von den anerkannten Abkömmlingen, nun war er das Kalb oder was er noch mehr hasste, wenn sie es sagten, das Kälbchen, das immer an den herausragenden Leistungen des Vaters gemessen wurde. Und immerzu diese Sprüche, niemals direkt ins Gesicht, aber doch allezeit hörbar.

„Einnahmen und zu erwartende Einnahmen der Reichsstadt Mendena“ stand auf den nächstfolgenden Unterlagen. Es hatte keinerlei Sinn sich aufzuregen, dadurch wurde es nicht besser und er verlor nur wichtige Zeit. Zeit die ihm die kaiserliche Zahlmeisterin sicher nicht zugestehen würde. Stur wie ein Ochse berechnete er es auch diesmal – in dreifacher Ausfertigung.

Stille herrschte auf den anliegenden Gängen, vereinzelt fanden die letzten Ausgehenden den Weg zurück in die Pfalz, einzig die Wachen patroulierten unermüdlich. „Endlich geschafft“, dachte Wolfaran zu sich, als er von draußen stapfende Schritte und ein Grummeln hörte – Grummeln – er musste schmunzeln.

Die Tür öffnete sich und Wolfaran blickte zwangsläufig auf Hüfthohe. Rogosch , sein Freund vom Schlunder Grafenhof, stand vor ihm. Schwerbepackt mit einem kleinen Fässchen unter dem Arm. Mit einem Rumms stellte er es ab und sein Blick schweifte durch den Raum und blieb am gestapelten Papier hängen. „Machst ja richtig Karriere.“ Sie lachten.

„Väterchen Ingramm bat mich, Dich zu bitten, etwas an die junge Elea weiterzuleiten. Und damit Du nicht verdurstest“, er klopfte auf das Fass.

Wolfaran hoffte, dass Rogosch ihm ein wenig Gesellschaft leisten würde, doch war er dermaßen in Eile, dass er am Morgengrauen gen Gareth weiterreiste. Er hatte eine Angelegenheit beim Zedernkabinett vorzutragen.