Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Im Schatten des Finsterkamms

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Breitenau

In der Baronie Donfanger

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae

Es war noch keine Stunde vergangen, als Ardo, Urion, Mechthild und die beiden Reiffenberger auf ihren Rössern am Waldrand auf den Trupp warteten. Die Praiosstunde war schon fast vorüber und die Hitze im Talkessel war fast unerträglich. Eine Lanze Soldaten hatte im Schatten der Bäume Zuflucht gesucht, und nahm jetzt ihre Mahlzeit ein. Die Arbeiten an der Schanze waren eingestellt worden und ein weiterer Trupp hatte sich in den nahen Wald begeben, weiteres Bauholz zu schlagen.

Die Gäste konnten beobachten, wie Weibel von Jungingen die Pferde seiner Lanze nochmal zum Bach führen ließ, wo sie ausreichend saufen konnten. Dann führten die Soldaten sie zu Fuß bis zum Waldrand und saßen erst im Schatten der Bäume auf.

Urion winkte den Weibel zu sich. „Von Jungingen, erklärt doch unseren Gästen kurz, was ihr jetzt vorhabt und wie ihr vorgehen wollt.“

Der Weibel reckte sich im Sattel und wies in südliche Richtung: „Hohe Herrschaften, wir erkunden das Gelände südlich des Talausganges. Es is ja schon immem Befehl vom Leutnant gesacht worden, dass wir nen Angriff gegen die Schwarzpelze reiten sollen, wenn die Stoppelhopser von der Infanterie endlich da sind. Deshalb reite ich jetzt mit den Lanzern los um mir die Umgebung mal anzusehen. Ich such' eine gute Stelle, wo die ganze Schwadron nebeneinander angreifen kann. Dafür müssen wir aber ers'mal innen Raum verlegen und die Anmarschwege müssen auch erkundet werden. Der Leutnant sachte, dass wir auch Nachts verlegen können müssen, da kann man sich schnell verirren. Wenn Herr Rittmeister erlauben, reite ich mit der Lanze erstmal aus Richtung des Feindes auf unsere möglichen Stellungen zu. Dann seh' ich, wann unserer Lanzer angreifen müssen, um die Flanke zu treffen. Wenn wir dann weit genug sind, brauchen wir noch einen Platz wo wir uns bereithalten. Und dann muss ich den Weg zwischen dem Raum und dem Angriffspunkt genau aber unauffällig markieren.“

Urion nickte stumm und schmunzelte. Der Vortrag war etwas verwirrend, aber er vermutete, das zumindest Ardo verstanden hatte, worum es ging. Der Keilholtzer nickte denn auch leicht zu dem Vortrag, während seiner Knappin die Fragen förmlich auf dem Gesicht geschrieben standen. Anmarschwege und Flankenangriffe waren ihr ein Begriff, aber an den restlichen Ausführungen scheiterten ihre Gedanken. Mechthild kämpfte einen Moment damit sich diese Blöße zu geben, vor allem vor dem jüngeren Praiolin. Doch dann gewann der Wunsch Oberhand zu verstehen wovon gesprochen wurde, hatte sie doch gelehrt, dass nur der lernen konnte der auch Fragen stellte.

„Verzeit bitte Herr von Jungingen. Was genau meint ihr mit dem Raum und der Verlegung in den Raum?“

Der Veteran wandte sich Mechthild zu, der Ausdruck in seinem vom Wetter gegerbten Gesicht lies erkennen, dass er sich nicht von der Frage gestört fühlte. Vielmehr konnte die Knappin darin die Bereitschaft erkennen, sein Wissen an jüngere Soldaten weiter zu geben. „Nun werte Dame, es iss so, ihr seid wahrscheinlich noch nie beim Militär gewesen. Wir haben hier eine etwas andere Sprache. An die gewöhnt ihr Euch aber alsbald. Also wenn uns die Infanterie hier ablöst, dann müssen wir hier vorne wech. Und weil wir ja für den Gegenangriff herhalten müssen, brauchen wir einen Platz wo wir Lagern und uns vorbereiten können. Das nennt man in unserer Sprache Raum zur Verfügung. Und die Verlegung bedeutet nichts anderes wie den Ritt dort hin. Es ist nur der militärische Begriff. Reiten kann man ja bei der Infanterie nicht sagen. Und marschieren tun wir Kavalleristen schon lange nicht,“ der Weibel grinste in seinen Vollbart,“ also hat man sich wohl gesagt dann verlegt man Truppen von einem Ort zum anderen. Jetzt wisst ihr wahrscheinlich auch, was dann mit dem Raum zwischen Verfügungsraum und Angriffspunkt gemeint ist. Auch den muss man erkunden, damit beim Ritt zum Angriff alles glatt geht. Wenn Ihr noch Fragen habt, ansonsten würd' ich jetzt los?“

„Danke nein, das ist alles was ich wissen wollte.“ Mechthild schüttelte eilig den Kopf das die Zöpfe flogen. Unsicher sah sie noch ihren Baron an, konnte jedoch lediglich ein leichtes Lächeln bei ihm erkennen wie er es gerne zeigte wenn sie ohne sein Zutun etwas richtig gemacht hatte.

Der Weibel wandte sich ab und setzte sich jetzt an die Spitze des Zuges. Dann ging es in einem leichten Trab in den Wald. Im Schatten der Bäume war die Temperatur noch auszuhalten. Sie folgten dem Verlauf des Baches. Der Wald war hier nicht breit. Es war zu vermuten, dass die Schwarzpelze dem kleinen Pfad folgen würden, anstatt sich durch das zerklüfftete Gelände jenseits des Baches zu schlagen.

Der kleine Pfad verlief über offenes Gelände durch eine leichte Senke wiederum auf eine Waldsaum zu. Hier, am ansteigenden Hang war der taktisch günstigste Platz für die Auffangstellungen der Infanterie. Das freie Gelände voraus musste von den Schwarzpelzen durchquert werden. Im Westen verlief der Bach, im Osten zog sich der Waldrand in einem Bogen nach Norden. Ardo vermutete, dass das Regiment sich in drei Abteilungen am Bach angelehnt aufstellen würde. Zwei Abteilungen würden die Front aufmachen und eine die Flanke im Osten sichern.

Die freie Fläche bot gerade so den Raum, dass eine verminderte Schwadron in voller Breite angreifen konnte.

Der Ort des Angriffs war somit gefunden. Weibel von Jungingen ritt mit seinen Lanzern zum gegenüberliegenden Waldrand und saß dort ab.

Nachdem die Gäste ihnen gefolgt waren und ihre Pferde ebenfalls im Schatten der Bäume abgestellt hatten, sahen sie, dass die Lanzer den Boden und den Bewuchs genau in Augenschein nahmen.

Zufrieden nickte der Weibel seinen Leuten zu und gab das Zeichen wieder aufzusitzen. Nun teilte sich die Lanze in Zweiergruppen auf, die sich im Abstand von gut hundert Schritten langsam einen Weg gen Südosten durch den Wald suchten.

„Sie haben sich aufgeteilt, um einen möglichst breiten Anmarschkorridor zu erkunden, schließlich muss hier eine ganze Abteilung nebeneinander nahezu gleichzeitig aus dem Wald herauskommen. Nur so lässt sich der Überraschungsmoment nutzen und die Schwarzpelze haben keine Möglichkeit der Gegenwehr“, erläuterte Urion, „Mechthild und Praiolin wenn ihr Lust habt, könnt ihr euch ja anschließen. Am besten ihr übernehmt die Flanke ganz im Osten. Der Wald endet nach ungefähr einer Meile. Nördlich davon öffnet sich dann ein Seitental, ihr dürftet es nicht verfehlen. Ihr könnt ja nachher davon berichten, wie weit nach Norden der Wald gängig ist. Wir sind beim Weibel und warten am anderen Ende.“

Ardo blickte etwas besorgt drein, stimmte dann jedoch mit einem knappen Nicken Urions Vorschlag zu. Er ließ seine Knappin in der Wildnis des Finsterkamms ungerne aus den Augen, zumal nur in Begleitung eines gerade halb so alten Novizen. Allerdings waren sie im Notfall in Rufweite zu den nächsten Soldaten und bei solch einer Übung konnte es nicht schaden, wenn Mechthild derlei Erfahrung sammelte.