Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Erst das Ross und dann der Reiter

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Breitenau

Markgräflicher Marstall in der Baronie Hexenhain

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae

Urion wies den beiden Gästen den Weg zum Tor. „Na, dann herein mit euch. Wir bringen erst die Pferde in den Stall und satteln ab. He, da Fuhrmann! Du bringst den Wagen zur Schmiede. Sag dem Zwerg dort, dass ich dich schicke und was du geladen hast. Er soll dir beim Abladen helfen, dir ein Bier geben und dann meldest du dich im Gesindehaus, wo man dir eine Unterkunft zuweist!“

Zu Ardo gewandt fragte er: “Ich gehe davon aus, dass er nicht gleich wieder zurückfährt, Ardo?“

„Ja, ja, er soll sich ruhig ausruhen. Nur nicht zu viel Bier, hörst du? Du weißt, dass das Zwergische es in sich hat!“ rief Ardo dem Kutscher zu.

Urion übernahm die Führung und lenkte seine Schritte durch das Tor. Ardo und Mechthild folgten ihm.

Langsam begann nun die Dämmerung und die Mauern warfen schon einen langen Schatten auf den großen Innenhof, dessen Ausmaße sicherlich vierzig Schritt in der Länge und fünfzig Schritt in der Breite betrugen.

Urion wandte sich seinen Besuchern erneut zu und erklärte kurz die wichtigsten Gebäude. Er wies zunächst auf ein größeres Gebäude, welches an der praisowärtigen Mauer stand. „Dort befindet sich der Stall mit den normalen Reitpferden und den „Unterkünften“ für die Deckhengste.“ Gerade aus zeigte er auf einen kleineren Bau aus dessen innerem eine dunkle Rauchsäule auf stieg. Vor dem Gebäude stand ein Holzklotz mit einem schweren Amboss. „Die Schmiede, wie unschwer zu erkennen ist.“ Rechter Hand schloss sich in einem beträchtlichen Abstand ein weiteres Gebäude an: „Das Gesindehaus.“ Urion blieb stehen, drehte sich auf dem Absatz und zeigte auf die Firun zugewandte Seite, wo sich ein doppelstöckiges wehrhaftes Steingebäude befand, das gleich an den nebenstehenden Wehrturm heran gebaut war. „Und das ist das Gutshaus, und euer Heim, so lange ihr bei mir bleiben mögt!“

Er führte sie weiter zum Stall und öffnete das Scheunentor. Sofort stieg Ihnen der Geruch eine Mischung aus Pferdedung und frischem Heu und Stroh in die Nase. Rechts und links bog ein Gang ab, an dessen Seiten sich jeweils Einzelboxen befanden. Urion half den beiden beim Absatteln und reichte ihnen trockene Leinentücher, grobe Kämme und Wurzelbürsten. „Ardo, du kennst mich bereits lange und gut genug, dass dich dies nicht überrascht.“ Zu Mechthild gewandt fügte er hinzu: „Die alte Ritterregel: Erst das Ross und dann der Reiter. Keinem Edlen ist jemals deshalb ein Zacken aus der Krone gefallen. Und es knüpft das Band zwischen dir und deinem Pferd enger.“

Die Knappin nickte ernst und war auch sofort mit ganzem Eifer dabei. Mit einem Lächeln quittierte Ardo ihren Enthusiasmus, war er doch froh, dass die letzten Erlebnisse ihr diesen Wesenszug nicht genommen hatten. Da sie zuletzt sehr zurückhaltend gewesen war, hatte er befürchtet, dass ein Schatten auf ihrer Seele zurückgeblieben sein mochte. Doch hier und jetzt und vor allem nach dem harmlosen Kompliment Urions schien sie wieder gänzlich aufgelebt zu sein.

„Ich würde mich gerne öfter um BOROMIL kümmern, aber meine Baronie lässt mir leider zu oft zu wenig Zeit dazu. Ich will zum Wohle der Mark alles wohl geordnet wissen und es wäre Praios nicht gefällig alles meinem Vogt zu überlassen und mich so aus der Verantwortung zu stehlen. Letztlich bin ich es, der den Kopf hin hält, wenn etwas in den Abrechnungen nicht stimmt. Aus diesem Grund bin ich ehrlich froh, dass Mechthild so ein eifriges Mädchen ist. Ich hätte wahrlich schlechtere Knappen haben können.“

Still und rot vor Scham nahm das junge Mädchen das seltene Lob ihres Schwertvaters hin und begann mit noch mehr Inbrunst ihr Pferd zu striegeln. Ardo indes war zu sehr mit seinem eigenen Tier beschäftigt, um auf ihre Reaktion zu achten. Seit dem Reichskongress hatte er sich wieder verstärkt bewusst gemacht, wie wertvoll sein BOROMIL eigentlich für ihn war und es freute ihn, dass die frischen Narben gut zu verheilen schienen.

Ein Reitknecht trat in die Scheune, verneigte sich stumm vor dem Baron und füllte aus einem metallenem Eimer Wasser in die Tröge. Dann holte er zwei Futtersäcke, füllte jeweils eine gute Portion Hafer in die Futterumhängebeutel und lehnte sie an die Wand es Stalles. Anschließend trat er auf den Hengst des Barons zu und tätschelte ihn zärtlich. Ein Ausdruck innigster Vertrautheit stand in seinem Gesicht zu lesen.

Urion lächelte und nickte dem Knecht zu. „Das lieber Ardo ist der Reitknecht Rubold. Er hat BOROMIL seit seiner Geburt gepflegt, zugeritten und ausgebildet. Alles was diesen Hengst ausmacht, hat er mit Rubold gelernt. Rubold war kaum zu halten, als er von deiner Ankunft erfuhr. Dass er dich nicht standesgemäß begrüßt hat, liegt daran, dass die Orks, diese Blutsäufer, ihm damals die Zunge herausgeschnitten haben, um ihn im eigene Blute ersaufen zu lassen.

Zu Rubold gewandt sprach Urion ruhig: „Danke Rubold, lauf jetzt zur Herrin und melde, dass der Herr Ardo von Kressenburg und seine Knappin zu Besuch gekommen sind und einige Tage bleiben werden.“ Der eifrige Knecht zückte eine kleine Schiefertafel und notierte sich einige wenige kurze Worte bevor er eilig die Scheune verließ.

Als Ardo und Mechthild damit begannen Ihre Pferde abzureiben, sprach Urion seinen Freund an: „Sag mal, hattest du in letzter Zeit Ärger mit den Schwarzpelzen, oder woher stammen BOROMILS Wunden. Deiner Knappin hat man ja auch mächtig zugesetzt? Kann ich mir den Hengst mal näher ansehen?“

„Schau nur. Ich bin froh über jede Meinung von jemandem der sich darauf versteht. Du glaubst nicht, welche Sorgen ich um die beiden hier hatte. Auch wenn sie in Behandlung eines Perainebruders waren und die Dergelsteinerin für ein paar Wochen gut auf sie acht gegeben hat.“ Bei seinen Worten deutete er über BOROMILS breiten Rücken auch auf seine Knappin. Er trat von seinem Pferd zurück, um Urion Platz zu machen und legte die Bürste zur Seite.

„Wenn es denn nur Schwarzpelze gewesen wären. Aber es war viel arger.“ Schnell blickte er sich um, ob außer dem stummen Stallknecht nicht noch weitere Bedienstete in der Nähe ihrer Arbeit nachgingen. „Einem unheiligen Paktierer des Namenlosen sind wir auf die Schliche gekommen. Der hat sich natürlich nicht kampflos ergeben und uns gehörig Ärger gemacht, bevor wir ihn endlich unschädlich machen konnten. Aber die Geschichte erzähle ich dir lieber bei einem Bier in der guten Stube.“

Bei den Worten Ardos warf Urion diesem einen erstaunten Blick zu. „Ein Paktierer des Namenlosen bei uns in der Mark. Wahrlich! Davon musst du mir berichten. Aber nun lass sehen, was ich für BOROMIL tun kann.“

Er untersuchte die frischen Narben am Körpers des Hengstes und kam zu dem Schluss, das alle gut verheilten. An der Form der Wunden erkannte er, dass Boromil sowohl von Hufen als auch von Bissen eines anderen Pferdes getroffen worden war. Die Behandlung durch den Perainebruder war ausreichend gewesen, so dass Urion sich sicher sein konnte, dass BOROMIL keinen dauernden Schaden behalten würde.

Als nächstes besah sich der Rittmeister das Gebiss und die Hufe BOROMILS, die er nebenbei noch schnell auskratzte, konnte aber keine Verletzungen feststellen. Der Hengst hatte sich sicherlich zur Wehr gesetzt, aber keinen Schaden davongetragen.

Er umschlang den Hals des Tieres, legte seine Stirn auf den Kopf des Tieres und stand ruhig und schloss konzentriert die Augen. Er hatte das Gefühl als durchströmte ihn das wohlige Gefühl von prickelnder Wärme. Die Signale, die vom Hengst ausgingen waren ruhig und zufrieden. Er genoss die Pflege, die sein Herr ihm angedeihen ließ und freute sich sichtlich auf den Hafer.

Urion war zufrieden und löste sich. „Es ist alles in Ordnung, Ardo. Du hast gut daran getan, die Hilfe des Perainebruders in Anspruch zu nehmen. Die wunden sind allesamt gut verheilt und es werden keine Beeinträchtigungen mehr bleiben.“

Dann trat er an das Pferd der Knappin und fand das Tier trocken und sauber gestriegelt vor. „Nun noch schnell die Hufe junge Frau und dann gibt es eine warme Mahlzeit und wenn dein Schwertvater es erlaubt auch einen Humpen Zwergenbier.

Mechthild beeilte sich mit den Hufen und schlang dann den Futterbeutel um den Hals ihres Pferdes. Ardo tat ihr es bei BOROMIL gleich und geräuschvoll begannen die beiden Pferde zu fressen. „Den Rest erledigen die Stallknechte.“ meinte Urion und wies zur Stalltür.