Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Über die Wiesen Hexenhains

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Breitenau

Baronie Hexenhain, Baronie Donfanger

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae

Als man sich am nächsten Morgen wieder in der großen Küche zu einem eiligen aber reichhaltigen Frühstück traf, konnte man jedem die kurze Nacht ansehen.

„Guten Morgen ihr beiden, lasst uns in Ruhe essen und dann wird ein scharfer Ritt in der kühlen Morgenluft uns schon wieder wecken.“, meinte Urion und verschlang eine große Portion Ei mit gesottenem Speck. „Ich habe alle Pferde vorbereiten lassen. Mechthild, du bekommst heute FIRUNA, wie gestern Abend versprochen. Aber lass mich dir noch raten bevor wir losreiten. FIRUNA hat keine Ausbildung zum Schlachtross, deshalb wäre es nicht klug etwas Ähnliches, wie gestern auf meinem ANTLITZ, auszuprobieren, hast du verstanden?“

Die Knappin nur nickte begeistert. Mit dem Mund bis zum Anschlag voll mit Frühstücksspeck und Ei, schien es ihr sicherer, nichts zu sagen. Urion würde sie auch so verstehen.

„Dennoch ist FIRUNA ein gutartiges Geschöpf und hat zumindest die grundlegende Ausbildung durchlaufen. Das heißt, sie ist genauso trittsicher und wendig wie BOROMIL oder ANTLITZ, und du kannst dich ganz auf deine Reitkünste konzentrieren. Im Übrigen ist sie, weil sie noch jünger ist genauso ausdauernd und kann jedes Tempo mithalten. Aber ich möchte, dass du sollte es dir zu schnell gehen, das Tempo raus nimmst. Es ist keine Schande und wir beide“, er deutete auf Ardo und sich, „haben auch mal langsam angefangen. Hast du auch dass verstanden?“

„Jawohl Herr Rittmeister.“ Diesmal hatte Mechthild mit der nächsten Fuhre Ei gewartet, bis Urion fertig gesprochen hatte, um ihm artig zu antworten, wie es sich gehörte. Schließlich wollte sie nicht riskieren, wegen ungebührlichen Benehmens, doch noch von dem Ausritt ausgeschlossen zu werden. Mochte FIRUNA auch kein fertig ausgebildetes Schlachtross sein, so versprach es dennoch ein großer Spaß zu werden, mit dem Rittmeister und ihrem Schwertvater im vollen Galopp über die Wiesen zu jagen.

„Ansonsten kannst du dich auf deine, wie ich finde, schon bemerkenswerten und intuitiv guten Reitkünste verlassen und den Ritt in vollen Zügen genießen.“ Er legte der Löffel zur Seite und trank seine warme Milch aus. Dann erhob er sich und wandte sich zur Tür: „Ich werde jetzt noch Rondrian und meinen Neffen informieren, dass es bald losgeht. Er wollte auch mit und den Grünschnäbeln da draußen eine Predigt halten. Esst in Ruhe auf. Deine Lanze und dein Großschild sind bei BOROMIL und einsatzbereit, Ardo. Ich gehe noch kurz zu den Kindern, warte dann im Hof auf euch.“

„Keine Sorge Urion. Wir werden euch nicht warten lassen.“ Der Baron hatte Mühe beim Essen mit seiner Knappin mit zu halten. Wieder einmal war er erstaunt wie viel und wie schnell angehende Ritter essen konnten ohne zu verfetten. Aber schon seine Mutter hatte immer gepredigt, dass wer wachsen und lernen soll, auch ordentlich speisen müsse.

Als Ardo und Mechthild ihr Frühstück beendet hatten bekamen sie noch ihren obligatorischen Apfel und traten auf den großen Innenhof des Marstalls. Dort standen in einer Reihe angebunden, BOROMIL, ANTLITZ und drei weitere Kalte. Mechthild erinnerte sich noch an Urions Beschreibung am Vorabend und suchte nach der braunen Stute. Dass sie die Tochter ihres etwas größer gewachsenen Vaters ANTLITZ war konnte man, wie Urion beschrieben hatte, nur an den unendlich eisblauen Augen erkennen. Ansonsten meinte Mechthild viel mehr Ähnlichkeiten mit DIDO zu erkennen, die sie gestern nur kurz gesehen hatte. Aber das Verhalten des Tieres machte ihr Mut. Sanft wiegte die Stute den Kopf und er war Mechthild als versuchte das Pferd seinem Vater zu ärgern, indem es ihn mit dem breiten Hinterteil weg zu schieben versuchte. Doch ANTLITZ ließ sich nichts anmerken und hielt störrisch und mühelos dagegen.

Rondrian und Praiolin machten sich daran aufzusitzen. Man konnte ihnen ansehen, dass sie ihr erstes Gebet an die stürmische Göttin bereits verrichtet hatten. Nur hatte Mechthild heute kein Waffenklirren im Hof gehört. Beide grüßten die Gäste höflich.

Nach der kurzen Begrüßung gingen auch Ardo und die Knappin zu ihren Tieren. Während sich der Baron schnell in den Sattel schwang, trat Mechthild zuerst an den Kopf FIRUNAS heran. Sanft streichelte sie die Stute am Hals und über die Schnauze und flüsterte dabei leise in ihr großes Ohr. Erst als alle anderen bereits aufgesessen waren und Ardo ihr mit einem Räuspern zu verstehen gab, dass man auf sie wartete, stieg sie ohne Probleme, aber mit leicht gerötetem Kopf, in den Sattel.

Dann traten zwei Reitknechte heran, die Ardo und Urion Ihre Großschilde und Ritterlanzen reichten. Ein dritter trat an Mechthild heran und reichte ihr eine weit kürzere Reiterlanze. Urion nickte Ihr ermutigend zu: „Nimm sie ruhig, erstens gibst du so vor feindlichen Spähern ein bedrohlicheres Bild ab und zweitens schult es deine Körperkraft und deine Reitkunst. Übrigens möchte ich, dass auch du auf dem Ritt Augen und Ohren aufhältst. Wir reiten ein gutes Stück in Richtung Finsterkamm, und dass dort nicht nur der Schwarzpelz eine Gefahr darstellt, brauche ich dir sicherlich nicht mehr zu erzählen.“ Urion trieb ANTLITZ zu einem ruhigen Gang an und passierte das Tor. Ihm folgte Ardo auf BOROMIL und Mechthild. Danach folgte Praiolin und zuletzt Rondrian, der mit einem imposanten Rondrakamm bewaffnet war.

Als sie die den Breitenauer Rübenweg erreichten konnten sie noch die Dächer von Rosskuppe erblicken, bevor sie gen Firun abbogen. Kurz nachdem sie die Brücke über den Perlenbach überquert hatten, wandte Urion sein Pferd leicht gen Efferd und lenkte es vom Weg runter auf die Wiese. Dann lies er leicht antraben, sodass allen der kühle Wind leicht durch die Haare wehte. Es war ein wunderschöner leicht sonniger Morgen. Auf den Weiden an denen sie vorbei ritten grasten friedlich ein paar Pferde, Rinder und Schafe und zwischen den kleinen Buschgruppen konnten sie hier und da die letzten Rehe in deren Schutz verschwinden sehen. Ardo bedauerte bei ihrem Anblick fast den Bogen nicht mitgenommen zu haben. Er nahm sich vor, nach seiner Rückkehr nach Kressenburg wieder einmal zur Jagd auszureiten.

Der Morgen verlief ruhig und so fielen sie auf einigen flachen Wegabschnitten in einen scharfen Galopp. Am späten Vormittag entdeckten sie zu Ihrer Rechten die Reichslandstraße, deren Verlauf sie bis zur Wegstation Drei Kronen folgten. Dort nahmen sie ein wenig Proviant auf, den sie im Sattel auf dem Ritt firunwärts verzehrten. Sie folgten jetzt einem Karrenweg, der, wie Urion berichtete, nach Greifenrode und weiter zum kleinen Weiler Waldthann führte. Nach Waldthann verließen sie die Zivilisation und tauchten in die bewaldeten Ausläufer des Finsterkamms ein. Der Übergang zwischen den Baronien Hexenhain und Donfanger verlief hier ohne jede sichtbare Markierung. Einzig die veränderte Landschaft ließ Rückschlüsse darauf zu, wie weit man inzwischen gekommen war. Das Terrain wurde zusehends welliger und durchschnittener.

Am späten Nachmittag erreichten sie schließlich ein versteckt gelegenes Tal, in welchem die Grenzreiter nahe eines befestigten Steinturmes lagerten. Als sie auf das Lager zuritten, wurde Urion vom Posten angerufen und nach der Parole gefragt. Nachdem er sie genannt hatte, wurde die Reiterschar umgehend zum Zelt des Kommandanten geführt. Dort erwartete sie bereits der Kommandant Leutnant von Bärwitz.

„Herr Rittmeister, Leutnant von Bärwitz, melde gehorsamst die 2. Schwadron Grenzreiter hat wie befohlen die Vorbereitungen zum Biwak abgeschlossen. Das Lager ist eingerichtet. Eine Streife zu Fuß sichert den Nahbereich. Eine berittene Patrouille unter dem Kommando von Weibel von Jungingen habe ich auf Spähtrupp befohlen. Alles zur Abnahme bereit.“

Urion erwiderte den Gruß des Offiziers. „Leutnant von Bärwitz, ich habe, wie ihr seht, den Baron von Kressenburg und seine Gnaden Rondrian in meiner Begleitung. Sie werden die Inspektion und die Ausbildung mit beaufsichtigen und es bedarf zweier Unterkünfte für die Herrschaften. Veranlasst dies sofort! Ich werde derweil mit den Herrschaften das Lager inspizieren.“

„Zu Befehl, Herr Rittmeister“, entgegnete der junge Offizier, „herzlich Willkommen, eine hohe Ehre, Hochgeboren, Euer Gnaden! Darf ich darauf hoffen, dass Euer Gnaden während seines Besuches einen Feldgottesdienst abhält?“

Rondrian nickte dem Leutnant zu. „Wir wollen erst mal sehen, ob die Truppe ihre Pflichten gut erfüllt hat. Sonst werden wir der stürmischen Göttin auf andere Weise huldigen, von Bärwitz.“ Ardo bemerkte den scharfen Unterton in der Stimme des Geweihten. Rondrian war wohl nicht gut auf den Offizier zu sprechen.

Leutnant von Bärwitz schien dies nicht bemerkt zu haben, ließ sich jedenfalls nichts anmerken. Mit kurzem Gruß meldete er sich ab und wandte sich seinem Adjutanten und Schreiber zu. Nachdem sie abgesessen waren übernahmen zwei Grenzreiter ihre Pferde, und sie begannen ihren Rundgang durch das Lager.