Geschichten:Schwarzer Weg - Zweite Station: Grafenpalas zu Hirschfurt

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Grafenpalas zu Hirschfurt, 25. Hesinde 1038 BF:  

Wie jeden Tag herrschte auf dem Marktplatz der Reichsstadt Hirschfurt munteres Treiben. Neben den heimischen Waren wie Pelzen, Lederwaren und Kupfergegenständen, wurden hier beispielsweise auch Angbarer Eisenwaren feil geboten. Hirschfurt war durch seine Lage an der Reichsstraße Gareth – Angbar ein beliebter Zwischenstopp für Händler. Am nördlichen Ende des Marktplatzes befand sich der schmucke Grafenpalas, seit den elfischen Gräfinnen Sitz des Grafschaftsrates, heuer Seneschall geheißen, und somit politisches Zentrum der Grafschaft. Neben dem Seneschall hatte hier auch die Landrichterin ihren Amtssitz.  

Radegund von Luring-Cronenfurt hatte die Hartsteener mit den anderen Zweifelfelser Hausrittern in die Reichsstadt geleitet. Er wusste nicht was für ein Spiel hier gespielt wurde, aber so langsam begann er Freude daran zu haben. Das Auftreten der Hartsteener war ihm viel zu rüpelhaft gewesen. Da kann man vom Lichtboten persönlich geschickt worden sein, sich aber auf fremder Scholle wie der eigentliche Herr aufzuführen war ungeheuerlich. Sicherlich, er empfand es ebenso ungewöhnlich ein so ehrenvolles wie wichtiges Und selbst wenn die Ritter im Auftrag der Krone unterwegs waren – Beweise hatten sie nicht vorgelegt - Recht musste Recht bleiben, so ist es des Götterfürsten Wille und die gräfliche Administration war da sehr penibel.  

Die nun deutlich kleinere Hartsteener Delegation um Praiodan von Steinfelde, Felan von Schallenberg und Hadrumir von Schwingenfels wurde vergleichsweise zügig zu den Räumlichkeiten der Landrichterin vorgelassen. Dort begrüßte sie der Adjutant der Landrichterin, Leomir von Zweifelfels, doch sofort winkte Praiodan von Steinfelde ab: „Die Nettigkeiten können wir uns für später aufheben. Wo ist die Landrichterin?“ "Eben! Es wurde schon genug Zeit mit Eurer Posse vergeudet!" knurrte der Schwingenfelser.  

„Nun, die Landrichterin ist zur Zeit leider nicht zugegen. Sie befindet sich in Grafenruh vor den Toren der Stadt. Hätten die verehrten Herrschaften zuvor einen Boten mit ihrem Anliegen gesendet, wäre die Landrichterin selbstverständlich nicht abgereist“, Leomirs Gesichtsausdruck drückte Bedauern aus, von dem den Anwesenden nicht wussten ob es wirklich ernst gemeint war.  

„Wir hatten eine Botin geschickt!“, polterte es aus Felan von Schallenberg heraus, „Die sollte schon längst eingetroffen sein.“  

„Das tut mir leid, hier ist keine Botin mit besagter Nachricht eingetroffen“, versuchte der Adjutant der Landrichterin zu beschwichtigen, „Aber der Reichsforst mag für Hartsteener Boten auch zuweilen ein unüberbrückbares Hindernis darstellen.“  

Ein sarkastisches Lächeln huschte über das Gesicht des Steinfelders, als er zu Luring-Cronenfurt gewandt meinte: „An der Botin an sich liegt das nicht, die ist zuverlässig. Könnte es etwa sein, dass jemand anderes seine Arbeit nicht richtig macht? Oder...“, setzte er mit Schärfe in seiner Stimme hinzu, „...seine Zeit den falschen Dingen widmet?“  

Radegund öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch Leomir kam ihm zuvor: „Das wird später zu klären sein. Aber wie dem auch sei: Was ist eigentlich Euer Begehr?“  

„Ursprünglich waren wir auf der Jagd nach einem gesuchten Verbrecher – dabei haben gräfliche Amtsleute dieses Unterfangen nicht etwa tatkräftig mit Hilfe unterstützt. Im Gegenteil! Wir wurden grundlos, oder besser: widerrechtlich, aufgehalten und behindert; und obendrein durch impertinente Respektlosigkeit beleidigt. Dafür verlangen wir Genugtuung!“  

Geduldig hatte der Zweifelfelser die Worte des Hartsteener Wegevogts angehört. Währenddessen zog der Grenzwächter ein Schreiben mit dem Siegel der Landvögtin von Rabenfels hervor, das er dem Adjutanten der Landrichterin überreichte. Der überflog das Pergament und meinte dann: „Eine Unternehmung, die die hoheitlichen Rechte Waldsteins betrifft, muss rechtlich abgesichert sein, daher ist die Genehmigung der Landrichterin von Nöten, wie die geschätzte Landvögtin zu Rabenfels richtig festgestellt hatte.“  

Felan sog hörbar die Luft ein, doch Leomir ergänzte rasch: „Doch werden wir Euer Ansinnen selbstverständlich unterstützen.“  

Nachdem die Hartsteener gegangen waren, verblieb Radegund noch in der Amtstube.  

„Glaubst du, die haben tatsächlich einen Boten geschickt?“, Radegund schaute sein Gegenüber fragend an, „ Zu Debrek haben sie einen geschickt, sonst hätten wir uns auch gar nicht so schnell an ihre Fersen heften können.“  

„Sieh an, dann werden sie auch den Streitzig benachrichtigt haben“, Leomir kniff seine Augen zusammen, ohne dabei auf die Frage des Ritters einzugehen.  

„Ich frage mich nur, warum hier kein Bote eingetroffen ist“, Radegund kratzte sich am Kopf.  

„Nun, so außergewöhnlich wie es scheint ist es nicht...“