Geschichten:Schattenkrieger – Der Kriegsherrnhandel

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Der Kriegsherrnhandel


Anmerkung: Diese Episode spielt unmittelbar im Anschluss an die Szene „Bündnis mit den Helden?”, welche auf den Seiten 79 bis 82 im Abenteuer „Der Schattenmarschall“ geschildert wird.


Nahe Gareth, 20. Praios 1040 BF

»Nun denn, das war es.« Der Fürstkomtur machte eine Handbewegung, als wolle er die Besucher hinfortwischen und wartete, bis selbige gegangen waren. Dann wandte er sich an seine Mannen. »Was macht unser anderer Gast? Ist er inzwischen eingetroffen?«

»Jawohl, Exzellenz.«

»Dann wollen wir ihn nicht länger warten lassen. Führt ihn herein.«

Der Angesprochene entfernte sich, öffnete eine Tür zum Hinterzimmer und führte den erwarteten Gast hinein. Jener war schwarzgewandet, in Kette gerüstet; kein Wappen zierte Körper oder Gürtel. Ihm folgten zwei Schatten mit grazilen, weiblichen Bewegungen; einer in schwarzem Leder, der andere in dunklem grau, die Kapuze ins Gesicht gezogen.

Haffax erhob sich. »So trifft man sich also. Ihr habt es weit gebracht.« Er reichte dem Besucher die Hand; jener schlug ein, nach Ritterart.

»Dennoch wäre es zu früheren Zeiten lukrativer gewesen. Eine Ehre auf Dauer, nicht nur für den Moment.«

Der Fürstkomtur winkte ab. »Alles ist flüchtig. Titel und Posten kommen und gehen, wie es den Oberen beliebt. Erbe und Weihen hingegen sind von Bestand, und gerade letztere kann einem keine weltliche Macht abspenstig machen.«

Der Gast des Fürstkomturs ließ sich nichts anmerken, wenngleich ihn die Bemerkung innerlich verunsicherte.

»Ich gebe zu, diese Finte ist Euch gelungen; erst meine Augen und Ohren in Mendena haben es in Erfahrung gebracht, als Ihr die vermeintliche Schlacht gegen mich dort geschlagen habt. Doch genau aus diesem Grund habe ich Euch um dieses Treffen gebeten – weil Ihr seid, was Ihr seid. Es mag eigenartig klingen, doch ich brauche Euch – und Eure Hilfe.«

»Ihr braucht meine Hilfe? Man kann es bereits als Verrat auslegen, dass ich überhaupt mit Euch spreche. Von rechts wegen hätte ich mich darum zu kümmern, Eurer habhaft zu werden und den Vorstoß Eurer Truppen zurückzuschlagen.«

»Und dennoch seid Ihr hier und folgt Eurem eigenen, blutigen Pfad, und nicht jenen stumpfsinnigen Befehlen, die Leute wie Paligan, die Kaiserin oder gar Euer großgaretischer Marschall ausgeben. Ihr folgtet immer Eurem eigenen Weg, nicht dem von Kanzlern und Königen. Es ist der Stolz Eures Hauses, der Euch aufbegehren lässt gegen die anderen, die Emporkömmlinge, wie auch ich einer bin.«

»Manchmal zählen die Taten des Einzelnen mehr als seine Herkunft.«

»Das mag sein. Und es zählen Wille und Überzeugung, nicht die Gier nach Macht und Einfluss. Das ist eine Lektion, die ich lernen musste, zu einem wahrhaft hohen Preis. Unsere Pfade mögen ähnlich sein, unsere Motive ebenfalls, dennoch sind sie so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Ich will Euch nicht vom rechten Weg abbringen, sondern selbst den unrechten verlassen, solange es mir und meiner Seele noch möglich ist. Ihr repräsentiert das garetische Königreich kraft Eures Amtes, ganz gleich, welche Lakaien nun die Verteidigung Gareths vorbereiten, und Ihr seid ein Diener desjenigen, in dessen Obhut ich mich begeben werde, um mich selbst zu retten. Alles andere ist, was schon Mendena war.«

Der Kronobrist verschränkte die Arme vor der Brust. »Ihr wollt gar nicht gewinnen.«

»So könnte man es ausdrücken, wenn man es rein weltlich betrachten würde. Was habe ich noch zu verlieren außer meiner Seele? Es wird Zeit für mich siegreich zu sein, und zwar gegen jene, die nicht dieser Sphäre entstammen und mich nicht freigeben wollen. Ich habe einen Plan, den ich nicht zu sehr offen legen kann, ohne mich selbst jener Wesenheit gegenüber zu verraten, mit der ich im Pakt stehe. Es ist mir letztlich völlig gleich, welches Heer am Ende siegreich sein wird, doch es darf nicht zu schnell geschehen. Sähe ich Euch auf Seiten Gareths, sehe ich meinen Plan in Gefahr, denn Ihr versteht Euer Handwerk. Ich hatte nach Mendena nicht damit gerechnet, auf zu großen Widerstand und Führungsfähigkeit zu treffen, und doch seid Ihr hier. Eure Anwesenheit bei der bevorstehenden Schlacht wäre misslich, so dass ich Euch beseitigen müsste, um Sicherheit zu haben. Auf der anderen Seite dient ihr jenem, dem ich mich anzuvertrauen gedenke und könnt mir behilflich sein, meine Seele zu retten.« Haffax schwieg einen Augenblick, dann sah er Wulf mit festem Blick an. »Es wäre mir eine Ehre, Euch in meiner letzten Schlacht an meiner Seite zu wissen. Fragt Euch, was Euch wichtiger ist: Das Reich, das auch Euch nichts geschenkt hat, oder der Dienst an Eurem Herrn, dem Ihr Euch geweiht habt.«

»Manchmal wiegt das Schicksal des Einzelnen schwerer als das Schicksal der Vielen.« Sinya schlug die Kapuze zurück, trat einen Schritt aus Wulfs Schatten hervor und zog das Amulett mit dem Fuchskopf heraus, das sie unter dem Mantel verbarg. »Ihr bereut also und lasst Euch auf einen Handel ein, der dem Nächtlichen gefällig ist, indem Ihr ein Spiel um Eure Seele gegen die Widersacher der Zwölfe spielt? Wenn es Euch ernst damit ist, dann ist es recht und soll den Segen Phexens haben.«

Haffax nickte kaum merklich; man konnte ihm förmlich ansehen, wie sein Geist mit etwas anderem rang, etwas zu verbergen versuchte – doch nicht vor ihnen, sondern vor jemand anderem.

Wulf sah erst seine Gemahlin an, dann Jessa, die an seiner anderen Seite stand. Die Korpriesterin nickte.

»Das Reich… Es geht schon lange seinen eigenen Weg mit jenen, die es führen. Zeit meines Lebens hab ich versucht, meinen Platz darin zu finden, doch immer fand ich nur Knüppel, die man mir zwischen die Beine warf. Meine Bestimmung habe ich auf einem anderen Weg gefunden. Egal, was geschieht, ich bin ohnehin nicht länger Baron zu Uslenried, noch werde ich, wenn all dies vorbei ist, weiterhin der Krone dienen – weil ich es weder will noch man mich zukünftig in diesem Amt dulden wird. Der Wille der Götter sind nicht weltliche Dinge, sondern die Seelen der Gläubigen. Es mag mir als Reichsverrat ausgelegt werden – doch meine Pflicht gemahnt mich, meinem Herrn zu folgen und nicht dem Reich. Es sei.« Er reichte Haffax die Hand.

Der Fürstkomtur schlug ein. »Ich danke Euch. Erwartet mich in zwei Tagen im Tempel Eures Herrn in der Gareth

Wulf nickte. Dann wandte er sich grußlos um, zog die Kapuze seiner Gugel über den Kopf verschwand durch die Hintertüre, durch die man sie hereingeführt hatte; Sinya und Jessa folgten ihm stumm.