Geschichten:Rotes Haar – Rotes Haar

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Baronie Schwarztannen, Burg Scharfenstein, 18. Efferd 1044

„Und was...“ Drego von Altjachtern gesellte sich zu Ailsa, legte den Arm um ihre Taille und blickte mit ihr zum Fenster in den Hof hinaus. Das Pferd hatte man mittlerweile fortgebracht, das Blut war geblieben. Der Regen hatte es nicht nur verdünnt, sondern auch großflächig verteilt. „... ist denn nun vorgefallen? In Praiosborn?“

Die Reichsritterin zuckte mit den Schultern: „Das wissen wir noch nicht. Bisher hat Nella noch nicht geredet.“ Draußen nieselte es noch immer. „Meara hat sie in eine heiße Wanne gesteckt und dann ins Bett, sie ist wohl sofort eingeschlafen. Wir werden also warten müssen...“

Er hauchte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn und stellte fest: „Euch liegt wohl sehr viel an ihr.“

„Das tut es“, erwiderte Ailsa kehlig, „Sie ist die einzige wirklich Verbündete, die wir in Praiosborn haben. Die Einzige...“ Das war freilich nicht alles, aber über den Rest schwieg sie sich lieber aus. „Für ihren Bruder Leomar wird hoffentlich bald eine Amme gefunden. Er ist erst einen halben Götterlauf alt...“

Der Baron nickte und zog sie noch etwas enger an sich: „Es wird sich jemand finden, Orknäschen, ganz gewiss.“

„Ich hoffe, du hast recht. Ich hoffe es wirklich sehr“, noch immer blickte sie zum Fenster hinaus, „Doch eines verstehe ich nicht: Woher hat sie dieses Pferd?“

Fragend blickte sie Drego an.

„Wie meinst Du das?“

„So weit ich weiß, hat ihre Familie nur zwei Ackergäule, aber ein Reitpferd?“

„Ich glaube...“, Yolande von Raukenfels trat zu ihnen, „... dass ich diesen Umstand aufklären kann.“

„Du?“, entfuhr es Nurinai, die mit Yolande zu ihnen getreten war, sichtlich verwundert, „Was hast Du denn damit zu tun?“

„Also“, druckste die Vögtin herum, „Nun... Narzisschen... Ich...“

Drego und Ailsa tauschten vielsagende Blicke aus.

„Du hast ihr doch nicht etwa das Pferd... GEKAUFT?“, kam Nurinai ihr recht schnell auf die Spur, wollte es aber noch nicht so recht glauben.

„Geschenkt, Narzisschen, ich hab es ihr geschenkt“, gestand nun die Raukenfelserin indirekt ein.

„Du hast... hast ihr das Pferd GESCHENKT?“, entfuhr es ihr sichtlich verwirrt, „Warum?“

Das brachte die Vögtin sichtlich in Erklärungsnot: „Weil... weil... weil... Das zu erklären würde nun wirklich zu weit führen, Narzisschen.“

„Zu weit?“, zischte die Geweihte da, „Zu weit? Was heißt hier denn zu weit?“

„Ach“, trat nun auch Scanlail zu ihnen in die kleine Nische am Fenster, „Hier versteckt ihr euch also. Wird das ein Familientreffen? Ihr hättet mir wohl auch Bescheid geben können...“ Sie blickte zu ihren beiden Schwestern. „Streitet ihr etwa wieder? Wer hat angefangen? Soll ich raten?“

„Yolande hat Nella das Pferd gekauft“, petzte Ailsa da ohne Umschweife.

„Der Gaul, dessen Blut im ganzen Burghof verteilt ist? Da draußen sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld!“

„Genau der“, bestätigte die Reichsritterin nickend.

„Ach“, machte die Skladin da mit überspitzter Verwunderung und blickte die Raukenfelserin an, „Na sieh mal einer an. Und jetzt ist unsere Totengräberin wohl beleidigt?“

„Ich bin keine Totengräberin!“, protestierte nun die Geweihte und stampfte energisch mit ihrem Fuß auf, „Wie oft denn noch?“

„Gut“, winkte die Skaldin ab, „Sie ist beleidigt.“

„Ich bin...“, zischte Nurinai weiter, „... keine Totengräberin!“

„Ach“, seufzte nun Scanlail, „Die alte Leier schon wieder!“

„Ich bin keine...“

„Ja, ja“, wiegelte ihre Schwester wieder ab, „Ich kann es einfach nicht mehr hören! Und da heißt es immer ich sei eine Mimose.“

„Bist Du ja auch“, mischte sich nun Ailsa ein, „Noch schlimmer als die blühende Narzisse.“

„Das ist ja wohl einen unverschämte Frechheit! Mich mit einer Totengräberin zu verlgeichen. Und Du willst meine Schwester sein?“

„Von wollen war nie die Rede...“, gab die Reichsritterin zurück.

„Das... das... das... das muss ich mir wirklich nicht bieten lassen. Mir reicht's. Macht euern Scheiß doch allein. Ich... ich... ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen“, damit drehte sie sich um und ging davon, „Ach ja, falls es irgendjemand hier noch interessiert: Der kleine Leomar hat eine Amme gefunden. Eine ganz passable Frau. Allerdings hätte Blasius sie beim ersten Aufeinandertreffen fast aufgefressen...“ Ihre Stimme war schon fast verklungen. „Im Übrigen ist der Amme etwas an dem Kind aufgefallen. Etwas markantes. Leomar hat rotes Haar. Feuerrotes Haar.“