Geschichten:Nie Wider Fron und Lehen - Kampf am Abgrund

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Es lag ein gefährliches Funkeln in Helmbrechts Augen, als Walderion mit gebundenen Armen von Ronwina und einem weiteren Wächter auf die Aussichtsplattform gebracht wurde. Er war sich sicher, daß die Lösung, die er im Sinn hatte, den erwünschten Erfolg bringen würde. Welche Auswirkungen diese Tat tatsächlich für seine Schwester hätte, kam ihm dabei kaum in den Sinn. Es gab zwar eine leise Stimme, die ihn mahnte und riet eine andere Lösung zu finden; doch nach vier Tagen nichts tun, loderte es ihn ihm - er wollte etwas unternehmen. Aber einen Ausfall zu riskieren wollte er dann doch nicht, obwohl ihn das jeder riet. Eine Kombination aus Feigheit und Tatendrang lies ihn nun diesen Schritt gehen, aber vor allem seine Gnadenlosigkeit.

Er würde diesen Jungen in die Tiefe stürzen und dem Schartensteiner zurufen, daß er das auch mit Thordenin machen würde, wenn er nicht abzog. Helmbrecht war überzeugt, daß den Nordens keine Wahl bleibt; er mußte abziehen. Diesen Walderion würde keiner vermissen, er war jung und noch nicht wichtig, das einzige wofür er nütze war, war als Drohung verwendet zu werden; aber Thordenin zu verlieren konnten sie sich nicht leisten. Er war das beste Faustpfand, den er hatte; und ihn würde er nicht so leicht hergeben. Helmbrecht lachte, als ihm klar wurde, daß er damit alles von den Nordens verlangen konnte. Vielleicht war es ihm damit sogar möglich wieder Junker zu werden? Es war eh ein Titel, das ihm von Rechts wegen zustand - zumindest war das Helmbrechts Meinung. Er würde nicht mehr rasten, bis er dieses Ziel erreicht würde. Und kein Opfer war ihm da zu gering.

Helmbrecht gab die Anweisung, den jungen Mann von der Plattform zu stoßen. Ronwina zögerte kurz und wollte schon den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als Helmbrecht sie nur anblickte und sie wieder den Mund schloß. Auch dem jungen Walderion schien nun klar zu werden, welches Schicksal für ihn gedacht war breitete sich eine ungeheurige Angst in ihm aus und er beschimpfte den Burgherrn als Verräter und Eidbrecher, auch um seine Angst tapfer zu verbergen. Und etwas anderes als zu Schimpfen war ihm in dieser Lage ja auch nicht möglich.

Doch als er schließlich von Ronwina und Hane zum Abgrund gedrängt wurde, wehrte er sich mit aller Kraft, biß und trat aus, so daß sogar Belgos helfen mußte, den verzweifelten Befreiungsversuchen einhalt zu gebieten. Doch was Helmbrecht nicht sah war der mit einem Dolch bewaffnete Schatten, der sich ihm langsam von hinten näherte. Auch die anderen sahen diesen Schatten nicht, da sich aller Augen auf das Spektakel ruhte, das Walderion lieferte. Auch sah Helmbrecht nicht, daß sich Belgos linke Hand zur Faust ballte, eiserne Dornen aus seiner Panzerfaust fuhren und er zum Schlag ausholte.

Es dauerte alles nur einen Augenblick, doch Helmbrecht wurde sofort klar, daß er verraten wurde: Hane, der Gardist, der half Walderion im Griff zu halten, ging von Belgos` Schlag tötlich getroffen zu Boden und hinter ihm entpuppte sich der Schatten als Thordenin, der sich nun schreiend auf Helmbrecht stürzte. Diesem gelang es noch, gewarnt durch den Schrei, zur Seite auszuweichen.

Die nächsten Augenblicke waren von Angst, Wut, Verzweiflung und Haß geprägt. Während Belgos und Ronwina am Rande des Abgrunds miteinander rangen, konzentrierete sich Thordenin ganz auf den Kampf gegen Helmbrecht. Doch zu seinem Nachteil war er nur mit einem Dolch bewaffnet, während Helmbrecht ein Schwert gezogen hatte. Doch hier ging es ums Überleben, so daß Thordenin nicht lange darüber nachdachte und wieder und wieder angriff. Walderion selbst versuchte sich am Boden robbend vom Abgrund zu entfernen, was ihm aber nicht so recht gelingen mochte, da die Kämpfenden ihn dazu keinen Raum ließen.

Die Angriffe des verzweifelten Vaters drängten Helmbrecht Schritt für Schritt zurück, immer näher an den Abgrund. Selbst die Treffer, die er einstecken mußte, kümmerten ihn nicht. Er spürte keinen Schmerz, nur Wut und Angst, Angst seinen Sohn zu verlieren. Und Thordenin griff abermals an und Helmbrecht ging noch einen Schritt zurück.

In dem Moment als Helbrecht klar wurde, daß er fallen würde, versuchte er sich noch irgendwo festzuhalten. Doch das einzige was er zu fassen bekam, war der Arm Thordenins und riß somit auch ihn in die Tiefe. In diesem Moment hörte man nicht nur Walderion "Vater!" schreien, sondern auch den spitzen Schrei einer kleinen Gestalt am Rande des Geschehens, das bis jetzt alles vor Schreck erstarrt beobachtet hatte.

Doch Thordenin fiel nicht lange. Er schien irgendwo hängen geblieben zu sein. Als er sich umblickte, sah er Al'Ceelar wie er ihn am Bein festhielt und sich dabei selbst gefährlich weit über die Kante beugte. Doch zu seinem Leidwesen hielt auch Helmbrecht eisern sein Arm fest. Thordenin schien es fast, daß er entzwei gerissen würde. Doch ein Blick in Helmbrechts Augen vergewisserten Thordenin, daß er nie loslassen würde. Er würde sie mit in den Tod reißen. Den Dolch hatte Thordenin schon längst verloren.

"Ich kann ihn nicht lange halten", rief Belgos. Walderion, dem es zwischenzeitlich gelungen war, sich von seine Fesseln zu befreien, eilte herbei um dem Krieger zu helfen, seinen Vater hoch zu ziehen. Doch waren zwei Männer zu schwer.

"Ihr werdet mit mir in Borons Hallen einziehen, Thordenin", knurrte Helmbrecht hasserfüllt und griff noch fester zu. Doch dann schien er etwas schräg über ihm zu sehen und riß die Augen vor Schreck auf. Im nächsten Moment hörte Thordenin das charakteristische Geräusch einer Armbrust, das gerade abgefeuert wurde, und im nächsten Moment steckte ein Bolzen in der Schulter Helmbrechts. Dessen Griff wurde schwächer, so daß es Thordenin endlich gelang sich von ihm zu lösen. Schreiend fiel Helmbrecht in die Tiefe, prallte ein, zweimal an den scharfkantigen Felsen auf, bis er schließlich unten leblos liegen blieb.

Somit konnte Thordenin wieder in Sicherheit gezogen werden. Er blickte sich um. Er wollte wissen, wer den Schuß abgegeben hatte und er sah eine Magd einige Meter neben ihnen am Abgrund stehen, noch mit der Armbrust in der Hand und ein bereits verglimmenden Haß in den Augen. Es war die selbe Magd die ihnen heute Morgen das Essen gebracht hatte.