Geschichten:Nicht mal Raidri Conchobair

Aus GaretienWiki
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„Uroma?“

„Nein“, schüttelte Radomir den Kopf, „es ist mein Vater, dein Onkel, Isida.“ der Praiot setzte sich zu seiner Nichte, die einen Säugling im Arm wiegte. „Er … er liegt im Sterben. Die Hitze des Sommers macht ihm zu schaffen. Und dass seine Tochter gefallen ist.“

„Das tut mir Leid, Onkel. Will er, dass wir kommen?“

„Ja, er will es. Oma will es nicht, aber sie verliert nun ihr letztes lebendes Kind. Von ihren Enkeln bin ich auch der letzte lebende, der Isppernberg heißt. Die Sylberhofen sind ja tot, und Gerding und Selinde weit weg. Sie möchte nicht wieder daran erinnert werden, dass sie zu lange gelebt hat.“

„Kann man das? Zu lange leben?“ Isida streichelte ihrer Tochter mit dem Zeigefinger über die Wange.

„Ich denke schon“, seufzte Radomir. „Ich sehe etwa, dass mein Sohn Praigold nun das Schwert Mondenglanz trägt, das zuvor deine Mutter getragen hat. Ein sogenanntes Schlachtenschwert, das seinen Besitzer in einer Schlacht wechselt. Yosmina und ich haben oft darüber gewitzelt, in welcher Schlacht gegen das Alter sie das Schwert wohl abgeben würde, aber wir wussten beide, dass die Schlacht viel früher kommen würde. Dass Yosmina jung sterben würde. Und nun trägt mein Sohn dieses Schwert … Ich möchte es nicht erleben, dass er das Schwert abgibt. So lange will ich nicht auf Dere sein, Isida. Und Oma sieht nun ihren letzten Sohn sterben. Wegsiechen. Das ist hart, zu hart selbst für sie.“

„Du hast recht, Onkel. Andererseits ist Uroma immer noch so rüstig, so tatkräftig. Denk dir nur, wie sie in der Schlacht vor Gareth ein Landwehrbanner kommandiert hat! Mit über neunzig! das hätte nicht mal Raidri Conchobair noch gekonnt!“

Beide lachten, aber Radomir ergänzte, wieder ernst: „Schon, aber das war das Banner, das nie kämpfen musste. Gut für Oma. Sie war immerhin an diesen Gaul festgebunden!“ Beide schmunzelten versonnen.

„Wie dem auch sei, Nichte, mein Vater, dein Opa, will so viele aus seiner Familie noch einmal sehen, ehe Golgari ihn holt. Und er will es auch gegen den Willen seiner Mutter. Ein letztes Aufbegehren, wenn du so willst. Immerhin hat er sein Leben im Schatten seiner Mutter verbracht - vom ersten bis zum letzten Atemzug. Sagst du Palinai und Lucian bescheid?“

Radomir erhob sich. Die schwarzen Gedanken über seinen Sohn, den Schwertträger, hatten ihn trübsinnig gestimmt. Hätte rer gewusst, dass sein Vater zu diesem Zeitpunkt schon gestorben war, einfach friedlich eingeschlafen, dann wäre er noch niedergeschlagenerer gewesen. Um seines Vaters willen und um seiner Großmutter willen.

Aber so ist der Ratschluss der Götter und die Ordnung der Welt.