Geschichten:Natzungen im Frühjahr - 2. Rahjastunde

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Baronie Natzungen, 13. Tsa 1030 BF


„Meint Ihr, dass wir lange nach Weisenfels brauchen?“ fragte Edelgunde ihren Retter. „Wir werden schnell dort sein.“ antwortete Ludegar. Alinde hinter ihm schnaubte verächtlich: „Wenn wir bei diesem mörderischen Tempo überhaupt ankommen!“ Ludegar ignorierte ihren Einwurf. Er war sich sicher, dass die Gefangennahme Edelgundes irgendwie mit den Ereignissen in Natzungen zu tun hatte.

Jorunde von Gerstungen lächelte böse. „Wartet, Greyfentrutz!“ rief sie über den Platz und ging dann auf die Reiter zu. „Orbetreuer Schwingen! Ergebt Euch oder die Natzungerin stirbt hier auf der Stelle!“ Zufrieden stellte sie fest, wie der Schwingenfelser den Befehl gab, die Waffen zu strecken.

Tanira schaute den Greyfentrutzer ungläubig an. Dieser schmierige Kerl, welcher den Greyfentrutzer begrüßt hatte, packte ihre Zügel. „Legt sie in Ketten!“ befahl die Gerstungerin. Mehrere Männer traten zu ihrem Pferd und Tanira wurde rüde vom Pferd gezerrt und führte sie zum Haupthaus.

Hadrumir hatte vom Karren zu sehen müssen, wie man seine Frau packte. Als er vom Karren sprang, trat dieser schmierige Handlanger zu ihm und schlug ihm mit einem Stab ins Gesicht. Er entschloss sich, nichts Weiteres zu unternehmen, um Tanira nicht zu gefährden. „Greyfentrutz, Ihr werdet die Orbetreuer Schwingen in Gewahrsam nehmen! Meine Männer werden sie bewachen“, hörte Hadrumir die Gerstungerin sprechen. Von den Soldaten wurden er und seine Männer darauf hin abgeführt. Hadrumir warf Eberhelm einen finsteren Blick zu.

Tanira musste es über sich ergehen lassen, dass man ihr Ketten anlegte wie einer gemeinen Verbrecherin und sie wieder auf den Hof hinausführte. Jorunde von Gerstungen schaute sie abschätzig an. „Reto, du begleitest mich und diese Usurpatorin!“ „Zu Befehl!“ Eberhelm von Greyfentrutz trat hinzu. „Euer Wohlgeboren, was ist mit meiner Tochter?“ fragte er flehentlich. „Ihr wird nichts geschehen, wenn Ihr weiterhin, dass tut, was ich verlange.“ Tanira begriff langsam, dass man den Greyfentrutzer erpresste. Ihr Blick war fast mitleidvoll als sie auf ein Pferd gehievt wurde. Die Gerstungerin ritt an ihre Seite und griff nach den Zügeln.

Ludegar hielt auf Weisenfels zu. Im Dunkel bemerkte er den Schatten dreier Reiter. Er schaute kurz fragend zu Edelgunde, doch die schien nicht zu wissen, was vor sich ging. Ohne zu verlangsamen ritten sie durch das Tor auf den Burghof. Die Wachen sammelten sich sofort. Ludegar konnte einen älteren Mann sehen, welcher gerade im Begriff war, das Haupthaus zu betreten. „Eberhelm von Greyfentrutz, wartet!“ rief er.

Eberhelm drehte sich um und schaute die Neuankömmlinge ungläubig an. „Und wer seid Ihr?“ fragte Eberhelm barsch. „Dies ist Ludegar Eberhardt von Schwingenfels, Vater. Er hat mich vor Strauchdieben gerettet und mich hierher gebracht. Du solltest freundlicher sein!“ rief ihm seine Tochter entgegen. „Edelgunde!“ entfuhr es Eberhelm und sein Herz blieb fast stehen. „Oh, ihr Götter, was habe ich nur getan!“

Hadrumir schritt in seiner kargen Zelle auf und ab. „Haltet endlich still, Euer Hochgeboren!“ forderte ihn der Feldscher auf, welcher sich um seine Schulterwunde kümmern sollte. „Ich kann nicht ruhig bleiben!“ schrie Hadrumir ihn an. Er schaute seine Zellengefährten an. „Man hat uns komplett ausgeschaltet. Aldare hat gewonnen!“ Raul Zornbold sprach gelassen: „Wir haben schon schlimmere Situationen erlebt.“ Hadrumir schrie seine ganze Wut heraus: „Meine Frau ist gefangen genommen worden von einer psychischen Irren, welche ihren Tod will! Wir sitzen hier gefangen gesetzt in einem Verlies eines üblen Verräters! Ich wüsste nicht, was noch schlimmer sein soll!“ „Seid kurz still!“ sprach der Feldscher. „Habt Ihr das auch gehört?“ Hadrumir hielt sein Ohr an die Tür. „Das ist Waffenlärm!“ stellte er fest.

Eberhelm war zufrieden. Die verbleibenden Männer der Gerstungerin hatten ihre Waffen gestreckt. „Öffnet sofort die Zellentüren!“ befahl Ludegar neben ihm. Gehorsam folgten die Männer und Frauen dem Befehl und öffneten die Türen.

„Das reicht!“ sprach Jorunde gelassen. Sie parierte die Pferde zum Stehen. Tanira schaute sich verwirrt um. Sie hatten mitten auf einem Feld angehalten. „Was soll das?“ „Keine Fragen, dumme Kuh!“ raunzte Reto. „Runter vom Pferd!“ befahl er und zerrte Tanira gewaltsam vom Pferd.

„Es tut mir leid, Euer Hochgeboren, aber meine Tochter wurde von dieser Schurkin entführt. Der junge Ludegar hier hat sie aber befreit. Ich war gezwungen, die Befehle dieser Schlange auszuführen!“ entschuldigte sich Eberhelm von Greyfentrutz mit vielen Worten. Hadrumirs Gedanken rasten. „Wo ist Tanira?“ fragte er hektisch. Der Greyfentrutzer druckste. „Die Gerstungerin hat sie mitgenommen!“ Hadrumir musterte ihn und Ludegar. „Ludegar, komm mit!“ befahl er.

„Welch trauriges Schicksal!“ sprach Jorunde hämisch. „Während ihre Kusine, die strahlende Baronin von Natzungen, sie zu Gesprächen nach Natzungen bat, zog es die Usurpatorin Tanira vor, zu fliehen. Leider kam sie auf der Flucht um!“ Tanira richtete sich aus dem Dreck auf und spuckte Jorunde vor die Füße. Reto verpasste ihr dafür eine schallende Ohrfeige. „Steh auf!“ befahl Jorunde. Mit der rabiaten Hilfe Retos stand Tanira vor Jorunde. „Und jetzt lauf!“ befahl Jorunde. „Bitte?“ „Es soll doch schließlich nach einem Fluchtversuch aussehen!“ Tanira blieb stehen. „Reto?“ fragte Jorunde genervt. Reto trat vor Tanira. „Ich hatte gehofft, dass du dich weigern würdest“, sprach er hämisch und zückte eine Peitsche.

Auf dem Hof bemerkte Hadrumir freudig seinen Tralloper Baron Donnerschlag. „Ludegar, mein Schwert!“ Ludegar überreichte ihm seinen Anderthalbhänder nachdem er aufgestiegen war. „Schnapp Dir ein Pferd und komm mit!“ Er gab seinem treuen Pferd einen Klaps. „Renn, Donnerschlag, wie du noch nie zuvor gerannt bist!“

Tanira stolperte mehr über das Feld als das sie lief. Die Peitsche hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Striemen, die sie geschlagen hatte, brannten wie Feuer. Vor ihr tauchte das Pferd Jorundes auf. Ein Schlag mit der Breitseite des Schwertes ließ Tanira taumeln. „Los, steh auf, Baronin!“ rief sie Tanira zu. Tanira versuchte sich aufzurichten, was ihr nur schwerlich gelingen wollte. Die Gerstungerin schien die Folter zu genießen und wartete geduldig, bis Tanira wieder stand. „Lauf!“ rief sie.

Hadrumir konnte am Wegesrand ein Pferd grasen sehen. Kurz darauf hörte er Rufe von einem nahen Feld. In der Dunkelheit waren nur Schatten auszumachen. Ohne zu Zögern hielt er auf das Feld zu. Ludegar hinter ihm tat es ihm gleich.

Tanira spürte erneut den stechenden Schmerz der Peitsche dieses Widerlings Reto. Geschwächt stürzte sie zu Boden. Ihr Widersacher wendete sein Pferd und stieg dann ab. Er trat an Tanira heran. „Na, genug?“ fragte er herablassend. „Bitte!“ flehte Tanira. Ihr Gegenüber ließ seine Peitsche erneut auf sie herabsausen. Tanira schrie.

Hadrumir hörte querab einen Schrei und hielt auf den Schatten zu. Er konnte einen Mann mit Peitsche erkennen. „Tanira!“ rief er und packte die Zügel fester, um den Mann einfach über den Haufen zu reiten. Er brauchte nicht lange, um vom Pferd zu steigen. Auf dem Boden hatte er Tanira ausgemacht, doch hielt ein Pferd auf ihn zu. Hadrumir zückte den Anderthalbhänder und erwartete den Angriff. Gekonnt drehte er sich an dem Pferd vorbei und zog den Anderthaldhänder durch die Flanke des Tieres. Wie erhofft hatte sich der Halteriemen des Sattels gelöst und die Reiterin stürzte zu Boden.

Tanira richtete sich schmerzerfüllt auf. Sie hatte den Ruf Hadrumirs vernommen und sah nun, wie dieser offensichtlich gegen die Gerstungerin kämpfte. In hohem Bogen flog eine Waffe durch die Luft. Tanira konnte sehen, wie die beiden miteinander im Ringkampf standen. Tanira wankte zu dem Schwert, welches auf dem Boden lag.

Hadrumir hatte die Gerstungerin unterschätzt. Sie war eine gute Ringerin und konnte so die Oberhand gewinnen. Wo auch immer sie den her hatte, hielt sie plötzlich einen Dolch in der Hand. „Macht Euch bereit in die Niederhöllen zu fahren!“ schrie sie ihm entgegen.

Tanira holte mit dem Schwertknauf aus und schickte die Gerstungerin zu Boden. Sie packte den Griff des Schwertes mit fester Hand und wollte zum Streich ausholen, doch vollendete sie ihn nicht. „Du wolltest mich leiden sehen, Jorunde! So einfach kommst du mir daher nicht davon!“ Mit diesen Worten ließ sie ihre Waffe sinken. Hadrumir trat an sie heran und Tanira ließ sich geschwächt in seine Arme sinken.

Brin gähnte dreimal kräftig und sang dann: „Hört Ihr Leut, dieser Tag hat nun ein End, doch seid gewiss, der nächste ist schon kommend!“