Geschichten:Lichterfest auf Lüstern

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30. Rahja 1043 BF, Schloss Lüstern

Anders als viele andere Schlösser und Burgen würde vermutlich kein Mittelreicher je auf den Gedanken kommen, das Schloss Lüstern als ehrwürdig zu bezeichnen. Zu viele Orgien und ausschweifende Feste hatten sich hier zugetragen und so manche biedere Seele konnte sich glücklich schätzen das nicht einmal annähernd die Hälfte dessen, was sich hier zugetragen hat, auch außerhalb der Mauern bekannt wurde. Eben diese lüsternen Eskapaden prägten das Bild des kleinen Edlengutes und ließen die Leute vergessen, dass es eigentlich die überall im Schloss befindlichen kunstfertigen lichtspenden Lüster gewesen sind, die einst namensgebend waren. Ihrer technische Raffinesse war es zu verdanken, dass im Schloss mit wenigen Kerzen, ganz ohne Madakraft, magische Momente im Spiel mit dem Licht erzeugt werden konnten. Nur wusste dies kaum jemand. Schloss Lüstern war eben bekannt, bekannt für seine Verbundenheit zur Schönen Göttin. So verschloss sich auch der neue Edle nicht den Traditionen und veranstaltete im Rahja-Mond Feste. Diese Feste hatten nichts gemein mit den Ausschweifungen die die Leute vermuten würden, immerhin handelte es sich nicht länger um ein Mitglied derer von Lüstern sondern um einen Abgänger der kaiserlichen Kavalleristenschule in Gareth.

Am Abend des 30. Rahja hatte der Edle seine Vasallen an das Schloss geladen, ein Novum wie diese sich schnell einig waren. Erhellt von zahlreichen Feuerschalen und bunten Lampions hatte ihr Herr auf dem Hof des Schlosses Bänke aufstellen lassen, während zugleich der verlockende Duft von gebratenem Fleisch hinüber wehte. Jeder von ihnen bekam Wein als er durch das Tor schritt und teils erstmals staunend das legendäre Schloss mit eigenen Augen von Innen sah. Mit Wein und Efeu bewachsene oder weiß getünchte Wände strahlten etwas Märchenhaftes aus, während Musiker aufspielten und ihre Hörer zum Tanz einluden. Auch versuchten einigen die Gelegenheit zu nutzen um ein Anliegen an ihren Herren heranzutragen, doch war dies ein Abend der holden Rahja und so würden die Anliegen bis zum Praios-Mond warten müssen.

Gesättigt und leicht berauscht fiel es allen leicht sich auf die Stimmung einzulassen, wobei dennoch niemand die guten Sitten zu vergessen schien. Den Höhenpunkt des Abends läutete Drego von Vairningen ein, als die Praiosscheibe kurz davor war, ein letztes Mal vor den Namenlosen Tagen unterzugehen. Mit seiner kräftigen Stimme schlug er seine Zuhörer in seinen Bann, lobte ihren Fleiß und dankte ihnen für ihr Kommen. Doch war das Lichterfest, wie der Name sagte, ein Fest der Lichter und die unzähligen Lampions nur ein Teil der vorbereiteten Szenerie. Mit einer einladenden Geste bat er schließlich die Leute auf die erhöhte Fläche im nördlichen Zipfel des Schlosses. Und staunende ‚Ohs‘ und ‚Ahs‘ entfuhren den überraschten Kaisermärkern, denn der See wurde durch ein Meer kleiner, schwimmender Kerzen erhellt. Vergleichbares zum Lichtermeer auf dem Hof oder auf dem Wasser hatten sie noch nie gesehen oder sich auch nur vorstellen können.