Geschichten:Lassan auf Abwegen - Vor dem Convente in Yaquirien

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"Und schon wieder eine Reise allein - das auch noch bei den heißblütigen Almadanis."

"Aber seht doch, gnädige Herrin - bis jetzt ist doch auch alles bestens gegangen. Seine Edelwohlgeboren ist doch immer mehr als wohlbehalten zurückgekehrt."

"Gewiss, Selina - ach, halte mir doch bitte einmal die Spange - aber du hast doch sicher im letzten Boten gelesen, wie schlecht die Straßen derzeit sind. ,Oldebor', habe ich gesagt, sofort als ich es sah, ,Oldebor', da siehst du, welchen Gefahren sich der Junge aussetzt.'"

"Und was hat der gnä' Herr geantwortet?"

"Du meinst nach ,Zweifellos hast du recht Liebste und es ist nicht so, als würde ich die Fährnisse leugnen wollen oder unterschätzen, jedoch ...'? Na ja, er meinte, dass Lassan auf so einer Reise leicht mehr Wertvolles lernen kann als seine Geschwister in einem ganzen Akademiejahr."

"Mit Verlaub, so ganz unrecht hat er damit vielleicht nicht."

"Eben das macht mir ja Sorgen - seine Geschwister haben dort gelernt, ihr Leben im Kampf zu verteidigen. Und mein Kleiner wird von finsteren Waldwesen gejagt, muss sich Harpyien erwehren... seht doch, was letztes Jahr in Weyhenhorst geschah: selbst wenn er in einem Heerlager ist, wo es von gestandenen Kämpfern nur wimmelt, wer muss gegen solche Monster antreten? Lassan!"

"Aber das waren doch Zufälle ..."

"Zufälle? Meine liebe Selina, mein Gatte hätte ruhig etwas besser auf ihn achten können. Und allein die Begründung für diese Reise - es ist ja nicht mal mehr eine göttergefällige Pilgerfahrt! ,Die Herkunft seines almadanischen Teils nachspüren', ich muss doch sehr bitten. Wäre ich jemals auf den Gedanken gekommen, ihn für einen solchen Zweck auf ein darpatisches Treffen zu schicken?"

"Aber, mit Verlaub, gnä' Herrin, in Almada gibt es weniger Bregelsaums."

"Auch wieder wahr. Und dem teuren Vetter Dom Ansvin und Donna Tsajane eines der Kinder zu schicken, wo wir doch schon so lange selbst nicht mehr nach Al'Muktur konnten und er nicht nach Gareth, das ist ja auch eine gute Idee. Nur, wo diese so plötzlich herkommt, möchte ich wissen."

Merisa von Rabenmund j. H. schwieg einen Moment, während ihr ihre Zofe dabei half, das dichte, schlohweiße Haar zu einer Frisur aufzustecken, die den noch immer schlanken und edlen Hals zu betonen verstand.

"Glaubt ihr, gnä' Herrin", begann Selina von selbst wieder, "der junge Herr Lassan wird wieder Briefe schreiben?"

Merisa lächelte kurz in verhaltenem Stolz. "Aber gewiss. Die fünfzig Exemplare der Sammlung von der letzten Reise sind fast alle gern angenommen worden. Wenn es wieder genug Briefe werden, lassen wir diesmal vielleicht sogar hundert drucken."

"Dann möchte ich gnä' Frau doch bitten, auch wieder ein Exemplar zu erhalten. Der junge Herr schreibt schon einen fantastischen Stil. Da mag es ja fast erscheinen, dass selbst über den greifenfurtschen Lande noch so etwas wie Schönheit liegt."

* * *

In einem anderen Flügel der Villa Geldana hatte Lassan gerade die letzten Vorbereitungen zu seiner Abreise getroffen. Vorsichtig fühlte er nach seiner Brust, ob das vertraute Pergament zwischen den Stoffen knisterte. Tatsächlich, seine bisher gelungenste Komposition befand sich an ihrem Platz.

Auch Lassan hätte nicht genau zu sagen gewusst, warum ihm sein Vater, der Burggraf, die Reise nach Almada, den Besuch des Oheims Ansvin und insbesondere die Anwesenheit bei der Gründung der Loge zum Goldenen Yaquir, oder wie das hieß, nahgelegt hatte. Almadanisches Viertel? Das war zweifellos nur eine vorgeschobene Begründung. Aber Lassan hatte das lange und tiefernste Gespräch mit seinem Vater vor zwei Jahren, dass am Anfang seiner Pilgerfahrten nach den Peraineheiligtümern innerhalb und außerhalb der Reichsgrenzen gestanden hatte, nicht vergessen. Oldebor wollte seinen jüngsten Sohn ebenso wie alle anderen seiner Kinder einen Platz im Leben verschaffen, auf dem sie den Göttern, der Königin und - vielleicht nicht zuletzt - der Familie dienen konnten. War es nicht möglich, dass der Burggraf ihn auf diese Reise schicke, damit er seinen politischen Scharfblick übte, in einer Situation, die nicht gerade von hoher Wichtigkeit war, aber doch eine Besonderheit, zudem verknüpft mit Interessen des Horasreiches - und wenn jemand für ausgefeilte Politik bekannt war, dann doch die Horasier ... Also, es hieß: Holzauge, sei wachsam! Immer bei der Schulter des guten Oheims bleiben und soviel als möglich lernen.

Alles war bereitet. Die Kutsche wartete. Nun galt es, sich zu verabschieden. Für die ersten Meilen Weg, auf denen es wohl nichts neues zu sehen gab, hatte sich Lassan den neuesten Aventurischen Boten als Reiselektüre zurechtgelegt, langweilig würde ihm so schnell nicht werden.



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10. Fir 1027 BF zur mittäglichen Ingerimmstunde
Vor dem Convente in Yaquirien
Abends in Gareth


Kapitel 2

Nach dem Convente in Yaquirien
Autor: Lassan