Geschichten:Koscher Fuchs - Schollenflucht?

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Ende 1033 BF, Baronie Bärenau, Stadt Bärenau


Dramatis Personae


Die Hände auf dem Rücken verschränkt lief der neue Stadtvogt Bärenaus, Roban Albertin von Stippwitz, vor dem Fenster seines Kontors auf und ab. Sein Blick schweifte über den nahegelegenen Marktplatz. Ein reges Treiben herrschte dort, die Aufbauarbeiten am Praiostempel hatten begonnen und die Winzer und Weinhändler waren sichtlich damit beschäftigt den Handel anzukurbeln.

Seinen scharfen und gekonnten Blicken blieb jedoch nicht verborgen, dass viele der Bärenauer Bevölkerung verletzt waren oder bleibende Schäden behalten hatten. Die Bettlerzunft hatte zumindest gehörig an Zuwachs erhalten.

Der Rest der Bürger gab ebenfalls ein erschreckendes Zeugnis ab. Viele Alte und ein wenig Junge, wenn sie nicht schon an Unterernährung gestorben waren, zierten das Bild der Stadt. Die tatkräftigen und starken Jahrgänge, die Mittzwanziger bis Mittvierziger, mussten viel Bluten auf den Schlachtfeldern der letzten Götterläufe.

Die Baronie hatte wahrlich viel bluten müssen, dachte er insgeheim. Mehr als die Häfte seiner Einwohner hatten den Gang in Borons Hallen antreten müssen. Roban war bewusst, dass er ohne tatkräftiges Volk keinen Aufschwung erreichen könnte. Wer sollte die verbrannten Felder bestellen und ernten, wer den Handel treiben?

Er zückte seinen Abakus und rechnete. Stunde um Stunde vergingen, Papier um Papier beschrieb er mit seinen Rechenbeispielen.

"Das ist es." Mit einem freudigen Aufschrei auf den Lippen verließ er rasch die Stadt zur nahegelegenen Burg, um der Baroness seine Ideen vorzustellen.


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später auf Burg Bärenau


"Nun was haltet ihr von meiner Idee?" Mit den Armen auf den Hüften gestützt stand der Stadtvogt voller Zuversicht vor der Baroness Iralda von Bärenau.

Mit einem skeptischen Gesichtsausdruck kommentierte sie seine Ausführungen. "Ihr meint wirklich, dass uns dieses tatkräftiges Volk nach Bärenau bringt?"

Ein Lächeln auf seinem Gesicht, deutete an, dass er mit seinem Vorschlag sehr zufrieden war. "Gewiss. Gewiss. Bärenau hat über die Hälfte seiner Einwohner verloren, die Überlebenden sind großteils zu jung, zu alt oder zu angeschlagen. Wenn wir Teile des Koscher Geldes nutzen um die Pacht auszusetzen und den Zehnt ebenfalls, dann könnte ich mir gut vorstellen, dass neue Bürger den Weg hierher einschlagen werden. Auf den Kaisertaler können wir gewiss nicht verzichten, denn wir müssen diesen ja ebenfalls leisten. Es gibt genug reisende Handwerker und Knechte, für die ein solches Angebot interessant ist, vor allem in den härter umkämpften Gebieten weiter im Norden."

Bevor Iralda ihm antworten konnte, setzte er weiter fort. "Den nächstjährigen Ernteausfall müssen wir gewiss noch kompensieren. Vor allem der nächste Winter wird uns wieder hart treffen. Ich denke wir können das Licht am Ende der Höhle sehen. Wir müssen langfristig denken und hart arbeiten, dann wird die Zeit der Besserung kommen."

Die junge Baroness grübelte. "Unsere Essensvorräte werden kaum reichen, um die in Bärenau Lebenden zu versorgen. Wie sollen wir denn noch weitere Bürger über den nächsten kalten Winter geleiten? Gleichfalls soll die Vergünstigung nur für Zugezogene gelten, wie schaffen wir es den Frust der heimischen Bauern einzudämmen? Habt ihr dafür auch eine Lösung parat?"

Roban faltete seine Hände. "Gewiss. Gewiss. Es bleibt uns noch etwas mehr als ein halber Götterlauf. Wir werden die Stippwitzer Zuwendung ebenfalls nutzen müssen, um Vorräte zu erwerben. Das wiederum bedeutet jedoch auch, dass wir uns gegen Plünderungen schützen müssen. Die Hungernden werden wir kaum von Rationierungen überzeugen können, wenn in den Kammern noch Korn lagern sollte." Er schritt Gedankenverloren auf und ab. "Die Gemüter Eurer Einwohner werden wir versuchen mit gutem Zureden zu besänftigen. Es gibt natürlich keine Garantie, dass sie sich mit Worten beruhigen lassen. Im Härtefall muss die starke und kräftige Hand, wie die Eures Verlobten, sie zurecht weisen."

Iralda nickte zaghaft. "Ich vertraue Euch, lieber Roban, auch wenn ich nicht recht vom Erfolg überzeugt bin. Bitte reicht mir ein Blatt Pergament, ich werde einen Aushang schreiben, den die Ausrufer verkünden sollen."

Der Stadtvogt räusperte sich. "Wir werden mehrere Ausrufer instruieren, die den Weg gen Norden einschlagen werden. Aushänge werden uns nicht helfen, denn die wenigsten Bauern sind des Lesens mächtig. Gleichfalls sollte Vorsicht geboten sein, wenn wir dieses unmoralische Angebot unterbreiten, denn die Schollenfluchtzuweisung des damaligen Reichsregenten Jast Gorsam vom Großen Fluß aus dem Götterlauf 1027 BF ist meines Erachtens noch in Kraft und die Bauern, die sich dieser widersetzen, machen sich strafbar."

Die Bärenauerin ließ sich auf ihren Stuhl sinken und schlug die Hände vor das Gesicht. "Wenn ihr meint, es könnte klappen, werden wir es so machen. Ach, mein lieber Roban. Es kommt mir vor als wäre ich ein Analphabet in einer Bibliothek."

Mit einem wohlwollenden Lächeln kniete er sich vor ihr nieder. "Ihr seid eine sehr intelligente junge Frau, doch ebenfalls seid ihr für solche Aufgaben niemals ausgebildet worden. Euer Vater war noch jung an Jahren als er in Borons Hallen überging und danach sollte Euer Bruder ihm folgen. Das Bärenau von damals lässt sich ebenso mit dem Heutigen nicht vergleichen. Zu Eures Vaters Zeiten war dies ein blühender Landstrich in der Kornkammer Garetiens - das hätte jeder regieren können - heute ist es ein verbranntes Stück Land. Euer Großvater legt viel Wert darauf, dass ich Euch die Verwaltung lehre und ich kann Euch nur bescheinigen, dass Ihr eine gute Schülerin seid. Habt ihr angefangen das Buch zu lesen, welches ich Euch anemspfahl?"

Iralda strich sich eine kleine Träne aus den Augen. "Gute Schülerin... Danke. Das Buch habe ich fast durchgelesen. Die Schreibweise ist anders als in den magischen Werken, die ich bisher studiert habe, aber ansonsten ist es recht gut verständlich und kurzweilig."

Das wohlwollende Lächeln wandte sich zu einem freudigen Lachen. "Die wenigsten Leser des Buches "Vom Wesen des Staates, seiner Erhaltung und Förderung" würden es als gut verständlich und kurzweilig beschreiben. Seht Ihr was ich meine, Ihr habt einzig ein Terrain betreten, was Euch unbekannt ist. Ihr müsst Euch nur auf die Veränderungen einstellen und Euren Geist in eine andere Richtung lenken."



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Texte der Hauptreihe:
10. Rah 1033 BF
Schollenflucht?
Ein neuer Stadtvogt


Kapitel 3

Autor: Treumunde