Geschichten:Knappenbuhurt in Greifenfurt

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Stadt Greifenfurt, Turnierplatz „Was um der Götter willen machen die da?“ Dieser Ausruf, der sich einer älteren Baronin auf der Ehrentribüne des Greifenfurter Zwölfgötterturniers entrang, muss wohl vielen der Schaulustigen durch den Kopf gegangen sein, als sie sich, einen Tag vor Tjoste und Buhurt des Greifenfurter Adels, das Knappenturnier ansahen.

Zahlreiche Greifenfurter hatten die ihnen in Knappschaft gegebenen Schüler der Schirmherrin der Veranstaltung, Irmenella von Wertlingen überantwortet und bis hinauf in die Nordmarken war der Ruf zur Knappenbuhurt gelangt. Von überall waren kleine und große Anwärter auf den Kriegerbrief herbeigeströmt, um sich miteinander zu messen. Der Jubel war groß, selbst die Kriegerschule von Greifenfurt hatte ihre Pforten geschlossen und Hlûthar von Schellenberg, der alte Recke und Leiter der Schule, hatte seine Schützlinge die halbe Tagesreise zum Turnierplatz geführt, damit sie hier mit den bei ihm erworbenen Fähigkeiten glänzen sollten.

Wie erfolgreich sie sein würden konnte er mitnichten ahnen. Es war ihm allerdings augenscheinlich auch verborgen geblieben, welche eigenwilligen Taktiken sich gerade die Schüler des zweiten Jahrganges antrainiert hatten.

„Ha! Des kenn Ich fei Scho!“ Ein Koscher an meiner Seite hieb mir seinen Ellenbogen recht schmerzhaft in die Seite, als die Buhurt der ersten Gruppe (Knappen im ersten bis dritten Jahr) kaum zehn Sandkörnlein andauerte. Unter den irritierten Blicken der Zuschauer hatte sich eine kleine Gruppe von Knappen zu einem Schildwall formiert, dieweil ein etwas größeres Häuflein unter martialischen Gebrüll anstürmte. Die knapp dreizehnjährigen, denen die Mordlust ins Gesicht geschrieben stand, ließen ihre Sandsäcke kreiseln, während einzelne Stimmen über den Platz schallten wie: „Ich krieg das Geld... lasst mich nach vorne... denen hau ich eine rein!... ich will Blut sehen!“

„Lauter Mörderkinders!“ Die ältere Dame neben mir sah mich entrüstet an.

„Ich hab eben `ne eins gewürfelt, ich mach’ die alle!“ Die heranstürmenden, angehenden Helden warfen sich in die Brust, ganz die Heroen der Vorzeit, bereit, es mit Drachen, Orken und anderem Zeuch aufzunehmen. Die sieben Recken der Greifenfurter Schule hatten dieweil ihren Schildwall aufgegeben und sich neu formiert. Zum Dreieck gruppiert liefen sie gegen ihre Gegner an, denen, in der Gewissheit einer leichten Beute, bereits ein breites Grinsen im Gesicht stand. Genau in diesem Augenblick verhielt die Phalanx der Zweitklässler mitten im Schritt, zwei der Schüler falteten die Hände und plötzlich flogen ein Junge und ein Mädchen über die Köpfe der Angreifer hinweg, hinter deren Angriffslinie. Während diese noch verwirrt verharrten, prallten die restlichen Schüler der Schule auf ihre Gegner, dieweil die hinter der Gruppe platzierten nun gezielt gegen Knie und Nieren vorgingen.

Die stärkeren Greifenfurter hatten sich nach dem ersten Anprall wieder zurückgezogen und formierten sich unter den Rufen einer einzelnen hinter der Gruppe verbliebenen Schülerin neu.

„Ich werd verrückt! Der Moha-Weitwurf! Und jetzt die Magierpyramide... und der Wehrheimer Kreisel!“ Mein Begleiter, ein begeisterter Imanspieler, sah bewundernd zu der Riege der Kadetten, die, nachdem ihre ersten Gegner vollständig zu Boden gegangen waren, in neuer Formation gegen weitere Angreifer vorgingen.

Die ältere Baronin schien sich von ihrem Schrecken erholt zu haben und stupste mich spitzbübisch lächelnd in die Seite. „Herzig, die Kleinen, aber warum rufen sie eigentlich Lefthan an?“

Ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss, während ich in das großmütterliche Gesicht an meiner Seite sah: „Sie rufen: Lechdan voran! Damit meinen sie den Namensgeber der Kriegerschule, den heiligen Lechdan!“ „Ach so! Und ich dachte schon...“ Das verlegene Hüsteln der Baronin schickte mir eine ganze Front von Assoziationen durch mein gemartertes Hirn, von denen ich mir eigentlich keine einzige genauer betrachten wollte.

Ein ganz anderes, aber nicht minder bemerkenswertes Verhalten legte Metzel von Uztrutz, der Knappe des Koscher Ritters Falk Barborn von Siebental an den Tag: Als Erster und ungewöhnlich früh fiel dieser in den Staub des Turnierplatzes. Ein Hieb von Sigane von Schroffenstein, einer Greifenfurter Kadettin des ersten Jahrganges, der den korpulenten Erben einer Baronie im Schetzeneck gerade mal streifte - mancher gab gar an gesehen zu haben, dass der sandgefüllte Beutel der Gegnerin ihn gar verfehlte - reichte aus, um ihn gekonnt umkippen zu lassen. Metzel klopfte sich darauf den Schmutz ab, holte eine kleine Wurst aus seinem Brustbeutel und trottete mit zufriedener Miene an den Rand des Feldes, von wo aus er dem Treiben seiner Kampfgenossen nun genüsslich kauend zusah.

Die sieben Knappen des zweiten Jahrganges, die erwartungsgemäß den ersten Durchgang gewonnen und sich dadurch die Teilnahme am zweiten Durchgang gesichert hatten, der für die Knappen im 4. bis 6. Jahr bestimmt war, schieden in diesem Durchgang leider aus, hatten sie sich doch mit derartiger Verbissenheit auf die Kadetten des vierten Jahrganges geworfen, dass der Kampf an ihnen vorbeiwogte. Zwar erreichten sie auch ein Ausscheiden ihrer Gegner, die einträchtig mit ihnen das Feld verließen, die weiteren Kämpfe aber gingen nun an die eher konventionell streitenden Jungrecken. Im abschließenden Kampf Mann gegen Mann konnten sich letztlich dann doch die Knappen des OZR durchsetzen. So belegte der Wächter des OZR im Rondranoviziat Peraindorn Wulfensforst den ersten Platz des Knappenturniers und durfte somit auch am eigentlichen Adelsturnier, welches ja am folgenden Tage stattfand, mitstreiten, während der zweite Platz im Turnier an Ginaja von Hasenfeld, eine Knappin des fünften Jahrganges der Greifenfurter Akademie ging und der dritte Platz wiederum durch einen Knappen des OZR, Anjun Lenges, erstritten wurde, der durch den Ordensgroßmeister Adran von Bredenhag höchstselbst ausgebildet wird.

Alles in allem lassen die Ergebnisse der Knappenbuhurt letztlich wirklich erahnen, dass der Greifenfurter Adel nach dem Aderlass, den der Orkensturm vor 12 Jahren bedeutete und der die Blüte des damaligen Adels dahinraffte wie ein Orkan die Saat des Sommers, nun endlich wieder erstarkt ist und, gleichwohl mit Witz und Fantasie, in Greifenfurt denn doch eine wehrhafte Jugend heranreift. So wollen wir hoffen, dass die neusten Gerüchte sich als unwahr erweisen und diese Jugend uns durch Krieg ungeschmälert erhalten bleibt, sind doch einige Barone der Mark mittlerweile in einem Alter, wo die Sicherung der Erbfolge oberstes Gebot wird.