Geschichten:Hartsteen - Boron 34 Hal - Weiler Feldsteynchen I

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Boron 1027 BF


Die Erntefeuer in Garetien waren abgebrannt und man schaute zufrieden auf eine gute Ernte. Zwar war dieses Jahr nicht eine Fülle von Korn erzielt worden, aber die Erinnerung an die Hungerjahre waren noch zu präsent. Diesen Winter würde es in Garetien keinen Hunger geben und man hatte den Zwölfen allen voran dem Herren PRAios, aber auch der gütigen Mutter PERaine und dem Regenspender EFFerd ausgiebig gedankt.

Und auch auf Burg Ebenhain war man nach langen ausgiebigen Feiertagen langsam wieder zum Alltag zurückgekehrt. Die Mägde und Knechte hatten längst die vielen Überreste des Jahrmarktes beseitigt und auch die Zelte der Schausteller und Gauklertruppen waren abgebaut. Der Herbst hatte längst begonnen die weiten Wälder und Fluren Hartsteens mit goldener Farbe zu färben, und die Adligen rüsteten sich zu den traditionellen Boronshatzen in den lichten Wäldern. Das prächtige Rotwild und der schwarze Eber waren beliebte Jagdbeute, allen voran aber liebte man das wilde Geflügel, die Wachtel und den Auerhahn.

Bodebert von Windischgrütz, ein kleiner runder Mann Ende Vierzig, dem man die Lebensfreude ansah, und dessen Witz und Humor man kannte und liebte, bereitete sich zu einem Ausflug vor. Neben seinem gestriegeltem Pferd sassen die Ritter des Zornesordens, welche er für diese Tage zur Jagd eingeladen hatte. Der Wächter Gerion Sturmfels war gemeinsam mit seinem Knappen Edelhard erschienen, um die ehrenvolle Einladung des Hartsteener Adligen anzunehmen.

"Riecht Ihr die Jagd in der Luft, Wächter?", sog der Ritter aus dem Hartsteenschen deutlich hörbar die Luft ein. "An einem Tag wie diesem spüre ich, dass der Grimme Mann uns hold ist."

Der Ordenswächter verzog keine Miene, lediglich sein Knappe, der ihn bereits seit Jahren begleitete wusste, dass der gebürtige Garether alles andere als ein Freund der Jagd war.

"Sicherlich werdet Ihr diesen Tag genießen, wir machen einen Ausflug in die Tiefen Hartsteens, dort wo das größte Anwesen der Familie Windischgrütz liegt. Dort leben die prächtigsten Eber und Hirsche! Und heute Abend werden wir bei meinem Vetter Barthelm eine Fest feiern, an das wir uns noch lange erinnern werden!"

Er winkte seinen 3 Begleitern und seinen beiden Gästen zu, und gab den Befehl zum Aufbruch: "Bei Firun, möge diese Jagd dem Grimmen Mann eine Freude bereiten!"

Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Die Wärme dieses Tages wich langsam der Kühle der Nacht, die Schatzkammer des Herren Phex begann über den erfolgreichen Rittern zu schimmern und die Halbsichel der Mada stand weit im Süden. Die Dämmerung hatte eingesetzt, tauchte alles in ein gedämpftes, rötliches, warmes Licht. In einiger Entfernung tauchte der angestrebte Weiler Feldsteynchen langsam auf. Von einem leichten Hügel hinab über abgeerntete Felder nährte man sich dem dunklen Dorf. Bodebert sah leicht verwundert zu seinen Begleitern hinüber, als wollte er einen Kommentar machen, schwieg jedoch. Sein Blick richtete sich ernst auf das Dörfchen und eine leichte Sorgenfalte durchzog seine Stirn.

Er gab knappe Befehle geschlossen zu reiten und von der Südseite her in den Weiler zu reiten. Der Tag war fast windstill gewesen, für eine Jagd eine hervorragende Vorraussetzung. Nun jedoch setzte ein leises Rascheln des herbstlichen Laubes ein, ein von Norden her einsetzender Wind spielte seine Spiele in den goldenen Bäumen Hartsteens. Unwillig begannen einige Pferde zu schnauben, und als das Pferd des Ordenswächters sich weigernd aufzubäumen drohte, sah man sich erschrocken an. Etwas lag in der Luft, in den erdigen Duft der gefallenen Blätter hatte sich unmerklich ein weiterer Geruch gemischt. Und den Rittern, die alle bereits lange Erfahrungen mit Kriegen und Schlachten hatten, kam dieser Geruch nicht unbekannt vor.

Weitere Pferde begannen sich gegen die Führung ihrer Reiter zu weigern. Die Gruppe setzte ab. "Wir teilen uns!", raunte Bodebert leise, sein Schwert gezückt, zu seinen Begleitern. "Ihr Wächter, kommt mit mir, die anderen gehen von Osten her in das Dorf! Versucht so leise wie möglich zu sein!"

Die Ordensritter nickten stumm und machten sich kampfbereit. Gerion gab seinem Knappen mit seinen Blicken Anweisungen, den Befehlen des Windischgrützers zu folgen. Dies hier war sein Land und sie waren seine Gäste.

Zu dritt näherten sie sich dem Südeingang des Dorfes. Ein schwerer süßlicher Geruch lag in der Luft, der fast den Atem zu nehmen drohte. Und er kam offensichtlich aus dem Weiler vor ihnen. Schemenhaft sahen sie die anderen drei Hartsteener Ritter verschwinden. Nach beiden Seiten sichernd bewegten sich die drei Kämpfer auf den Eingang des Weilers zu.

Kein Laut war aus den Häusern zu vernehmen, kein Kerzenschimmer unter den geschlossenen Laden zu sehen und nur das leise Klappern einer offenen Tür beunruhigte kurz die drei Ritter. Der süßliche Geruch wurde stärker und immer klarer wurde das Bild vor dem inneren Auge des Ordenswächters. Das letzte Mal, dass er diesen Geruch wahrgenommen hatte, war im Jahre 1021 BF (28 Hal) gewesen, als sie in Mitten des Schlachtfeld den Orden des heiligen Zorns der Rondra gegründet hatten, die zwölf letzten Überlebenden des Freiwilligen-Banners, inmitten eines riesigen Haufens toter Freunde und Feinde. Verwesender Leichen ...

Die letzten Sonnenstrahlen warfen bizarre Schatten auf die hölzernen Häuserfronten. Immer näher kamen die Krieger dem Dorfplatz, an dem das Haus des Dorfschulzen ihre Ankunft als erfolgreiche Jagdgemeinschaft hellerleuchtet feiern sollte.

Edelhardt, der Knappe des Ordenswächters, rief als erstes erschrocken auf, deutete auf schwarze Schatten vor dem großen Haus. Die Augen des Ordenswächters überflogen den dunklen Vorplatz und bemerkten ebenfalls die langen, dünnen Schatten, die lange nach Osten geworfen wurden.

Mehr als dreißig lange Stäbe standen, mehr oder weniger systematisch geordnet, auf der Dorfwiese. Mehr als dreißig runde dunkle Klumpen warfen runde Schatten am Ende dieser Stäbe. Und wenige Augenblicke später hatte der Wächter verstanden, dass das gesamte Dorf auf der Dorfwiese anwesend war ...

Ein greller wütender Schrei, und das dumpfe Klingen von Hieben, ließ die Aufmerksamkeit der drei Ritter nach Osten hin gleiten. Mit kurzer Geste wies Bodebert seine Begleiter an, ihm zu folgen. Mit leichten Lauf, der die Kette der Ordensritter singen ließ, liefen sie zum Osteingang des Weilers. In den verschwindenden Strahlen des Tages sahen sie die drei Hartsteener Ritter, wie sie vier gebückte Gestalten niederschlugen. Es dauerte keine drei Atemzüge, dass die dunklen Schatten zu Boden gegangen waren, aber dennoch hörten die Ritter aus Hartsteen nicht auf, den am Bodenliegenden mit Hieben ihrer Schwerter zuzusetzen.

Schnell hatten die restlichen drei Kämpfer den Kampfort erreicht und Bodebert seine Leute angewiesen inne zu halten. Als er sich jedoch über die dunklen Gestalten beugte, konnte der Wächter im schwachen Licht der Madasichel erkennen, wie dieser schlagartig erbleichte. "Ghule!", hauchte der gestandene Ritter zitternd. Allein das Wort ließ den Ordensrittern einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Bodebert hieb eigenhändig mit seinem Schwert die verfluchten Häupter von den grünlichen Körpern.

Derweil hatte Edelhardt eine weitere Entdeckung gemacht. Ein grosser Haufen von dunklen Leibern stapelte sich wenige Meter vom letzten Haus des Weilers. Offensichtlich hatten die unheiligen Kreaturen bereits einige Tage hier schon ihren Leichenschmaus gehalten, denn auf der Wiese schimmerten bereits weiße Knochen zwischen dem dunklen Grass...

Der nächste Morgen brachte das volle Ausmaß der Tragödie ans Licht. Auf den Speeren vor dem Haus des Schulzen, Barthelm von Windischgrütz, waren die Köpfe von etwa 30 Menschen aufgespießt. Dem Zustand der Verwesung nach mussten die Menschen vor etwa einer Woche qualvoll hingerichtet worden sein. Und wer auch immer hier wie eine Bestie gewütet hatte, er hatte niemanden verschont. Neben den Männern und rauen des Weilers fanden die Ordensritter die toten Körper von Alten und Kindern. Der Leichnam eines Neugeborenen war bereits von den unheiligen Kreaturen halb abgeknabbert worden, das kleine Köpfchen allerdings prangte neben dem Haupt der Mutter auf dem Dorfplatz. In den Häusern fanden sich leichte Spuren von Kämpfen, viele Männer waren wohl in ihren Häusern regelrecht abgeschlachtet worden, und da sie fast alle Unfrei waren, hatte niemand eine Waffe gegen den unbekannten Angreifer führen können.

Besonders aber verwunderte die Ritter, dass es keine Anzeichen von Plünderung gab. Die wenigen Habseligkeiten der Dorfbewohner, sowie die nicht unbeachtlich gefüllte Geldbörse des Vetters Bodeberts von Windischgrütz, lagen noch an ihrem Platz. Noch in der Nacht hatte Bodebert zwei seiner Männer nach einem Geweihten des Borons geschickt, der auch im Morgengrauen in seiner schwarzen Kutte auftauchte.

Dem dicklichen Geweihten stand der Schrecken deutlich ins Gesicht geschrieben, und er musste nichts sagen, um allen verstehen zu geben, dass hier etwas passiert war, was niemals hätte geschehen sollen. Er bat Bodebert darum hier dem stummen Herren einen Tempel bauen zu dürfen, damit die Seelen der Getöteten in Frieden über das Nirgendmeer ziehen konnten.

Bleich und ernst gab Bodebert seine Erlaubnis. In seinen Augen funkelte es. Er sah den Ordenswächter an. Mit leiser, aber fester Stimme sprach er: "Der Fehdehandschuh ist geworfen worden." Und Gerion Sturmfels, noch immer vom Schrecken der Nacht gezeichnet, verstand.