Geschichten:Höllenwaller Ränke Teil 8

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Kampf um die Helburg

Anfang /Mitte Travia in der Baronie Höllenwall


Singend waren sie losmarschiert, in den goldenen Herbstage des frühen Götternamen Travia. Mut und Zuversicht sollten die Lieder bringen, als sie bewaffnet mit Sensen und Dreschflegeln, Sicheln und Mistgabeln ins Niffeltal marschierten. Einhundert Bauern und Bürger, angeführt von einem Söldling, waren auf dem Weg zur Helburg.. Doch das stets klamme und dunkle Tal ließ alsbald selbst die Mutigsten verstummen. Zu viele unheimliche Sagen und Legenden von bösen Geistern und eingesperrten namenlosen Kreaturen umgaben das Tal. In den Vollmondnächten soll das Jammern der gestorbenen Gefangenen von den Felswänden widerhallen, und die Reisenden in die Abgründe treiben. Der Söldling gab sich alle Mühe, doch dem einfältige Landvolk war nicht weiter zu singen zumute.

Als ihnen dann auch noch die Tore der Niffelheim verschlossen blieben, gab es schon die ersten Stimmen, welche den Erfolg der Unternehmung in Frage stellten. Hart griff der Söldling durch, und stopfte mit wuchtigen Hieben die größten Jammermäuler. Wenn es ihm nicht gelang, die Bauern bei der Stange zu halten, war die ganze Mission gefährdet. Deutlich machte er den Aufständischen mehrfach klar, dass es nun kein Zurück mehr geben konnte. Die Helburger würden sich für diesen Verrat grausam rächen. Und diese Furcht vor der Rache des Barons, trieb die Aufständischen weiter an in ihrem Kampf gegen die Unterdrückung. Der Söldling, welcher auf den Namen Baccaro hörte, gefiel die Situation nicht. Er hatte darauf gesetzt, dass sich dem Marsch der Aufständischen die Bewohner des Niffeltales anschließen würden. Doch die Bauern waren aus ihren Dörfern geflohen und der einzige nennenswerte Ort im Tal versperrte ihnen den Zutritt. So mussten sie allein weiterziehen und umso wichtiger war es, Erfolg zu haben. Doch dieser stellte sich nicht so richtig ein. Der Müller, jener, der das Volk so richtig aufgehetzte, hatte lauthals geprahlt, dass sich ganz Höllenwall wie ein Mann erheben würde, um die Tyrannen zu verjagen. Doch nur im altbesiedelten Nordwesten, waren die Bauern dem Aufruf gefolgt. In den restlichen Landsteilen verharrten die Bauern ängstlich in ihren Höfen.

Niemand wagte es oder wollte sich an dem Aufstand beteiligen. Zum Glück stellte sich ihnen aber auch niemand in den Weg. Nun musste es ihnen schnellstens gelingen, die Zentren der Macht zu erobern. Stadt Höllenwall lag sicher in ihrer Hand, obwohl auch dort sich bei weitem nicht alle Einwohner am Aufstand beteiligten. Die Burgen Nymphenhall und Helburg mussten erobert werden, nur dann konnte es gelingen dem Treiben der Helburger ein Ende zu setzen und eine neue Herrschaft zu etablieren. Ihre Auftraggeber würden zufrieden sein.

Drei Tage quälte sich der Zug der Bauern hinauf durch das enge Niffeltal, in dem ein kalter Wind pfiff. Vorbei an dem tosenden Wasserfall, der in endlose Tiefen verschwand, entlang den schroffen Felswänden die sich wie düstere Drohungen gegen den Himmel reckten. Ein grimmiges Schweigen hatte sich breit gemacht. Dann, am Mittag des dritten Tages, standen sie vor der letzen Biegung der Straße zur Helburg. Drohend ragte der alte Bergfried vor ihnen auf, ein mahnender Finger des Schreckens, den die Helburg für ihre Besucher bereithielt. Sie war eine der königlichen Kerkerburgen Garetiens, wo all jene abgeschoben wurden, die nie wieder frei unter dem Gestirn des Herren Praios wandeln sollten. Im letzten Dorf, knapp acht Meilen unterhalb der Burg, hatten sie ihr Lager errichtet. Dort wurden nun Leitern und Schutzwälle gezimmert, für die Erstürmung der Burg, doch der Söldling hoffte auf einen leichten Sieg. Wenn ihre Informationen richtig waren, dann gab es zur Zeit noch maximal anderthalb Lanzen Soldaten auf der Burg, ein Kinderspiel. Er würde den Burgherren ein Ultimatum stellen, und ihnen freien Abzug zusichern. Natürlich würde er diese Abmachung nicht einhalten, wer würde schon die blanken Knochen befragen, tief unten in der unerreichbaren Schlucht.

Mit einer Bedeckung aus zehn Bauern und Bürgern näherte er sich dem Burgtor, offensichtlich waren die Helburger gewarnt, denn das Tor war fest verschlossen und das Fallgitter zusätzlich herab gelassen. Auf den Mauern patrouillierten zwei Wachen. Beim Anblick der Gesandtschaft bliesen sie Warnhörner, und alsbald war die Mauer von knapp einem Dutzend Soldaten besetzt, viel zu wenig für eine sinnvolle Verteidigung. Über dem Tor erschien der Kommandant der Helburg, Ritter Mort von Helburg. Mit strengen Blick musterte der junge Mann die Gesandtschaft. Offensichtlich missfiel ihm der Anblick.

Baccaro trat vor. Der Südländer forderte ungeniert die Übergabe der Burg und stellte die Bedingungen. Er verhehlte nicht die Schlagkraft seiner Leute und machte dem Junker klar, dass dieser unterliegen würde. Der Junker nannte ihn einen Verräter, da die Hasardeure geschworen hatten, dem Herrn dieser Lande die Treue zu halten. Und zudem machte er klar, dass er mit Gesindel und Aufständischen keine Verhandlungen führen würde. Der Söldling lachte verächtlich, spukte aus und kehrte zu seinem Lager zurück. Dort waren inzwischen ein gutes Dutzend Sturmleitern fertig gezimmert, eine Ramme gerichtet und vier Schutzwälle kurz vor der Fertigstellung. Alles war bereit für den Sturmangriff. Der Söldling machte den Aufständischen Mut. Er erklärte ihnen, dass die wenigen Verteidiger keine Chance hätten, und er besprach sich mit den Rudelführern bezüglich der Taktik. Die Nacht war kalt und finster im oberen Niffeltal. Diesmal sangen die Bauern wieder, wenn auch mit zaghaften Stimmen.

In der Morgendämmerung marschierten sie los und nahmen alsbald Aufstellung vor der Burg. Langsam schoben sich die vier Schutzwälle ,gefolgt von den Leitern, vorwärts. Die Soldaten auf der Mauer trugen Armbrüste, woraufhin der Söldling hinter einem der Schutzwalle herlief. Dann blies Baccaro in sein Horn. Die Bauern begannen mit dem Sturm. An die zwanzig Burschen waren je mit einem Kurzbogen ausgestattet, und sollten die Mauerverteidigung unter Beschuss nehmen. Das Gros ihrer Pfeile jedoch prallte an der Mauer ab oder verschwand in der Luft. Die Soldaten dagegen waren gut an der Armbrust ausgebildet und Junker Mort führte einen Kriegsbogen. Bald lagen die ersten Aufständischen tot am Boden. Dann waren die Leitern an der Mauer aufgestellt und der Sturm begann. Baccaro hatte richtig erkannt, dass die einzige Schwäche der Helburg die lange Passmauer war, die von der Burg bis zum Bergrücken das Tal absperrte. Um diese sinnvoll zu verteidigen brauchte es mindestens fünfzig Mann, und die standen dem Junker nun mal nicht zu Verfügung. Doch auch der Ritter zur Hel erkannte wohl die Situation und kommandierte seine Leute zurück auf die Burgwälle. Ohne Widerstand gab er die Passmauer auf. Die Aufständischen jubelten, wähnten sie den Sieg doch greifbar nahe, doch nun begann erst das Gemetzel.

Der Mauerkampf forderte viele Tote und Verletzte. Den gut ausgebildeten Soldaten hatten die Aufständischen nur ihre Masse entgegenzusetzen. Allein der Junker Mort, in Platte, mit Schild und Schwert gerüstet, schien ein unüberwindliches Hindernis zu sein. Baccaro erkannte, dass auf der Mauer kein schneller Sieg zu erreichen war, und befahl das Tor aufzurammen. Donnernd dröhnte der Eichenstamm gegen das Tor, doch dieses hielt den ersten Rammstößen stand. Verzweifelt kämpfte der Ritter mit seinen Soldaten auf dem Burgwall, und es gelang ihnen sogar, sämtliche Gegner von der Mauer zu fegen und die Leitern zu stürzen. Doch unermüdlich wurden sie aus dem Wehrgang der Passmauer berannt. Wieder dröhnte es, bald würde das Tor zerbersten. Das Fallgitter war bereits stark verbogen, die mächtigen Eichenbohlen waren zum Teil geborsten.

Da erschien ein Schatten auf dem Burgwall, Baccaro hatte ihn zuerst nicht wahrgenommen, doch dann bemerkte er das Entsetzen unter den Aufständischen. Diese ließen vor Schreck sogar die Ramme fallen und wichen von den Leitern zurück. Nun schaute der Söldling genauer hin. Doch er sah nicht mehr als eine schwarzgewandte Gestalt mit Schleier, die sich auf einen grotesken Stecken stützte. Ein Wispern und Flüstern durchzog die Reihen der Aufständischen, ein „Sie lebt ja doch noch“, oder „Ihr Fluch wird uns treffen!“ war zu vernehmen. Dann warf die gebrechliche Gestalt, deren Glieder stark zitterten den Schleier zurück.

Ein entsetztes Aufstöhnen war zu vernehmen. Viele schlugen das Praioszeichen. Sogar die Burgwachen wichen zurück in den Schatten des Palas, nur der Ritter schien die Ruhe zu bewahren, er und Baccaro. Unter dem Schleier kam das fahle und faltige Gesicht einer alten Frau mit dunkeln bösartigen Augen. zum Vorschein, die wohl seit langem das Licht der Sonne nicht mehr gesehen hatte.

Sie streckte die Arme gegen den Himmel, in einer ihrer knochigen Hände den seltsamen Stecken, und erst als ihr wüstes Gemurmel anfing, begriff der Söldling, dass er es hier mit einer Magierin zu tun hatte. Verzweifelt sah er sich nach einer Schusswaffe um, doch keiner der Kurzbogen war greifbar. Er schrie seine Schützen an, dass sie die Alte erschießen sollten, doch diese waren starr vor Schreck. Dann hörte er aus dem anschwellendem Fluchen der Alten die verhängnisvollen Worte „Terror subdome vos“ und mit einem wilden Aufschrei begann die Meute der Aufständischen Hals über Kopf zu fliehen.

Die Furcht legte sich wie ein eisiger Schatten auch auf das Herz des Söldners, doch er vermochte zu widerstehen. In ihrer Panik drängten sie sich so sehr, das einige in die Schlucht fielen, oder unter den Füssen der anderen niedergetrampelt wurden. Binnen weniger Minuten stand Baccaro verlassen vor den Mauern der Helburg. Von der Schlucht waren noch die Schreie von den, die Straße hinuntereilenden Menschen, zu hören. Verlassen lagen Leitern, Ramme und fahrbare Palisaden um den Söldling herum Ein höhnisches Lachen erklang von den Mauern. Keuchend und kichernd stützte sich das alte Weib auf einer der Zinnen ab, offensichtlich hatte sie der Zauber stark geschwächt. Ihr gehässiger Blick verspottete den Söldling. Dieser war noch immer geschockt von der abrupten Wende der Schlacht. Damit hatte er nicht gerechnet. Als ihm bewusst wurde, dass er in einer lebensbedrohlichen Situation steckte, war es auch schon zu spät. Ein schwarz und weiß gefiederter Pfeil bohrte sich in seine Brust. Die Wucht riss ihn von den Beinen. Der Ritter Mort hatte Schwert und Schild beiseite gelegt und führte nun wieder seinen Kriegsbogen. Wehrlos lag der Söldling zappelnd auf dem Rücken, als der nächste Pfeil seinen Bauch traf. Verzweifelt kroch er über den felsigen Boden, er wollte nur noch entkommen. Der dritte Pfeil jagte ihn in den Rücken, blutend und am Ende seiner Kräfte brach er zusammen. Das Leben rann langsam aus seinem Körper und er sehnte sich nach einem schnellen Tod. Da hörte er das wütende Gebell der Kampfhunde, die nun aus ihrem Zwinger gelassen wurden. Hechelnd hetzten die Hunde aus einer geheimen Schlupftür der Mauer auf den Söldling zu und zerrissen ihn in Stücke. Mit einem zufriedenen Seufzen brach die alte Frau zusammen, der Ritter fing sie auf und trug sie zurück in den Palas. Die Mutter der Helburger, hatte sie gerettet!