Geschichten:Gut Weyring in der Raulsmark, 17. Peraine 34 Hal Teil 3

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Teil 3

Es ist eine altbekannte Tatsache, dass sich wenig Dinge schneller bewegen als schlechte Neuigkeiten, und diese Neuigkeiten waren besonders schlecht. Zuverlässig wie stets hatte die mündliche Weitergabe die jeweils aktuelle Fassung der Wahrheit (von "Die Untoten marschieren ein!" und "Die Untoten marschieren!" über "Die Untoten haben Schwarztobrien angegriffen!", "Galotta befiehlt den Untoten!", "Die Untoten befehlen Galotta!" schließlich wieder zu "Die Untoten marschieren ein!") unter den Bediensteten Gareths funktioniert und bereits bevor der Aufruf zur Mobilmachung seine ersten Adressaten - die Garether Adligenschaft - erreichte, knisterte und wisperte es in allen Ecken und Enden der riesigen Stadt vom Krieg. Man konnte die niedergedrückte Spannung spüren - außer in den Vierteln, für die Krieg ohnehin der Alltagszustand war und die nicht wussten, was sich für sie ändern sollte.

Doch das Land hatte in den letzten Jahren zu viel geblutet. Es würde keine Jubelschreie geben, nicht den perlenden Tharf ungezügelten Enthusiasmus', nur den bitteren Geschmack der Notwendigkeit - und, wenn alles gutging, das vertraute Gewicht des Schwertes in der rechten Hand.

"Nu wern se wieder reiten, wa? Kettenhemd an Kettenhemd, Jambeson an Jambeson - feenste Tuche, un wie die Sonne noch oof em Pferdarsch jlänzt, denkt wieder keener an det arme Schwein, wo et jestriegelt hat..."

"Was quatschstn du so dämlich daher? Wenn de Bösen erstmal vor den Toren von det olle Jareth stehn, da will ick dir nochma hörn, wie du oof eenen schimfst, der mit em Schwert rinhaut."

Die beiden Stallknechte waren noch damit beschäftigt, Sigmans Braunen zu versorgen. Das Tier war zwar kaum in Fahrt gekommen, doch die Nervosität seines Herrn - und vielleicht auch die Angst, die die Atmosphäre über der Stadt vergiftete - hatten es angesteckt und reizbar gemacht.

"Nee, sach wat du willst," fuhr der Zweite fort, "aber besser find ich det, det de Adel rauszieht und unsereens höchstens mit det Pike hinterher."

"Joa, klar," hakte der erste ein, "bis oof die, wo nie nix anners jelernt haben, als wie de möglichst schnell möglichst weit weg kummst."

Beide schwiegen, denn beide wussten, was gemeint war. Denn auch an diesem Morgen war - wie so oft in den Tagen zuvor - eine der Boxen leer. Ein Pferd war draußen und auf seinem Rücken saß gewiss niemand, der ein Kettenhemd trug.

Allerdings hatte er gelernt, ein Pferd zu bewegen, anstatt nur von ihm bewegt zu werden und tatsächlich war es wohl selbst so wenig entwickelter Reitkunst möglich, im Schritt so behutsam an die Stallgasse zu lenken, dass man der Straßengeräusche wegen nicht gehört werden mochte, zumal wenn die Hörenden gerade in ein Gespräch verwickelt waren.

"Wenn ihr mit ihm soweit seid, kümmert euch um mein Pferd," befahl Lassan von Weyringhaus-Rabenmund j.H. in neutralem Ton. Er warf einem der erstarrten Stallknechte die Zügel zu, klopfte der branschwarzen Stute einmal auf den verschwitzten Hals und schickte sich an, den Stall zu verlassen. Noch immer bewegten sich die Stallknechte nicht. Der junge Herr, das war allgemein bekannt, konnte die Flöhe husten hören, wenn er wollte.

Lassan zögerte an der Tür. "Wessen Pferd ist das eigentlich?" fragte er. "Dasjenige seiner Edelwohlgeboren Herrn Sigmans seins," befleißigte sich der erste Bedienstete, schaurige Genitive übereinander zu häufen.

Lassan nickte und griff wieder nach dem Türriegel. Sein Herz schlug noch immer hart und er redete sich ein, dass dies von der Anstrengung des Ritts kam. Er strich sich die schweißfeuchten Strähnen aus der Stirn und schluckte heftig, um die Tränen zurückzudrängen. "Krieg, wie?" sagte er leise und wie zu sich selbst. Dann drehte er sich noch einmal um.

"Na schön. Macht weiter und seht zu, dass ihr fertig werdet. Einen Silber für den ersten, der mir zuverlässig sagen kann, ob und mit wem die Königin reitet. Ich muss zu meinem Vater." Die schmale Gestalt des Junkers verschwand in der Dunkelheit eines Flurs.