Geschichten:Grauen am Darpat - Wohlgemeinte Ratschläge

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Dramatis Personae


Junkertum Kaltengrundt

Hunger. Das war das erste was Unswin am Morgen fühlte als sich der Schleier des Schlafes von ihm hob. Dennoch fühlte er sich zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig erfrischt und die Sorgen die ihn vor dem zu Bett gehen geplagt hatten, schienen ihm im Schein der über dem Dunst aufsteigenden Praiosscheibe nur noch halb so schwierig. Er sah die Wasserschüssel die ein dienstbarer Geist des Hauses auf dem Schemel neben seinem Bett hinterlassen hatte. Ohne noch lange zu zögern schlug der Novize die angewärmte Decke zur Seite und erhob sich. Nachdem er vom Waschwasser ausgiebig gebrauch gemacht hatte, sprach er das obligatorische Gebet zur Herrin Rondra und vergaß wie am Abend zuvor auch nicht sich an die Herrin Travia zu wenden. Körperlich und seelisch erfrischt warf er sich sodann das Kettenhemd über, gürtete nach kurzer Überprüfung sein Schwert und verließ seine Kammer um sich in den Speisesaal zu begeben.

Alexis Colon Darios musste sich schon etwas vor ihm in den Speisesaal begeben haben. Er saß dort bereits an der Tafel und grinste ihn breit an.

„Einen schönen guten Morgen Unswin. Wie ich sehe seid ihr auch schon wach. Bei den morgendlichen Übungen zu Ehren Rondras heute, hatte ich Euch zumindest vermisst.“

Das Verhalten des Geweihten ließ Unswin jedoch vermuten, dass dieser ihm über sein Versäumnis nicht böse war. Immerhin hätte er ihn ansonsten sicher früher wecken lassen.

„Kommt und setzt Euch! Die vergangenen Tage waren ungewöhnlich und wer weiß, wann wir einmal wieder so gut speisen werden.“

„Danke Euer Gnaden.“ Die Erinnerung an die versäumten Waffenübungen ließen im Novizen kurz das schlechte Gewissen aufkeimen, doch da der Geweihte selber so lapidar darüber hinwegging, schien es zumindest im Moment keine Auswirkungen zu haben. Trotzdem nahm sich Unswin vor in Zukunft auch in Abwesenheit des Ritters Alfred strenger auf die Gebote zu achten.

„Bitte verzeiht mein Fehlen, Boron hat mich heute Nacht recht fest in seinen Armen gehalten.“ Mit diesen Worten setzte er sich und griff beherzt zu den aufgetischten Speisen. Zwischen den Bissen suchte er das Gespräch, hatte er in den letzten zwei Tagen doch trotz aller Aufregung viel Zeit zum Nachdenken gefunden. Alexis Colon nickte Unswin kurz zu und gab zu verstehen, dass er ihm dies nicht nachtrug.

„Euer Gnaden? Ich habe einige Fragen bezüglich der Queste die ihr mir auferlegt habt. Nun, es sind weniger Fragen als eher Feststellungen, deren Ergebnis mich überrascht hat und zu denen ich gerne Eure Meinung hören würde...ähem...“

Unswin trank einen Schluck um einen Brotkrumen von den Stimmbändern zu spülen und fuhr fort. „Wie Ihr mir aufgetragen habt, habe ich die Augen aufgehalten und unsere nebachotischen Begleiter beobachtet. Ich gebe zu es fällt mir noch immer schwer die einzelnen Reaktionen und Meinungen die sie gezeigt haben zu verstehen. Doch ist mir aufgefallen, dass sie in der Auslegung ihrer Lebensweise doch recht unterschiedlich sind. Der Junker von Kelsenstein zum Beispiel lässt, obschon weit gereist und erfahren, jede Form der Etikette vermissen. Seine Worte klingen stets so falsch und aufgesetzt, dass ich es kaum wagte ihm den Rücken zu kehren wäre ich allein mit ihm unterwegs. Der junge Jäger, Kain, scheint das Leben an sich nicht sonderlich ernst zu nehmen, wenn es sich nicht gerade um die Jagd und den Kampf handelt. Sein Meister Kor’win dagegen ist immer die Ruhe selbst und verschwendet nie ein Wort mehr als es notwendig ist. Das mag auch einfach am Altersunterschied liegen, trotzdem scheint es mir, dass ich die Nebachoten nur schwerlich als ein einheitliches Volk werde begreifen können. Außer ihrer Unbeherrschtheit im Kampf habe ich nichts gefunden was sie zu verbinden scheint. Wie soll ich die Unterschiede zu unserer Kultur herausfinden, wenn ich bei ihnen keine einheitliche Kultur finden kann.“ Mit einem resignierenden Seufzen schloss der Novize seine Ausführungen und blickte Alexis um Hilfe suchend an.

Alexis griff zu einem Apfel, den er beiläufig schälte, während er Unswin antwortete.

„Wenn die Aufgabe leicht gewesen wäre, wäre sie nicht ehrenvoll, Bruder.“ Mit einer Geste fragte der Geweihte den Novizen, ob dieser ein Stück des Apfel haben wolle. Dankend griff Unswin zu.

„Seht, bei den Nebachoten gibt es mehrere Stämme. Alle unterscheiden sich voneinander durch ihre Lebensweise, ihre Ansichten und ihren kulturellen Hintergrund. Zudem sind alle Stämme wiederum in mehrere Sippen, oder Häuser unterteilt die wiederum ihre eigenen Charakteristiken aufweisen.“ Kurz dachte Alexis nach, bevor er fortfuhr.

„Zudem glaube ich auch, dass sie ein Volk voller Unterschiede und auch Widersprüche – aus unserer Sicht – sind. Nach allem was ich erfahren habe, gehört die Familie des Junkers zum Stamme der ‚Krek Awar‘, das müsste der kleinste der nebachotischen Stämme sein, während die Jäger zu den Brendiltalern, bzw. Bahr ai Danal wie es richtig heißt gehört.“

Nachdenklich musterte der Geweihte kurz den Novizen, bevor er fort fuhr. „Aber schau uns einmal an. Aus Sicht der Nebachoten sind wir ‚ein Volk‘. Würdest Du dennoch sagen, dass Du mit Quanion von Isenbrunn, Hakon von Sturmfels oder den Wachen des Markgrafes etwas gemeinsam hast, außer vielleicht der Kaiserin? Nein, diese Aufgabe wird sich nicht in der kurzen Zeit lösen lassen, die wir drei uns jetzt noch hier aufhalten. Du wirst Dich nach unserer eigentlichen Quest hier länger aufhalten müssen.“

Dem Novizen beschlich das Gefühl, als wüsste Alexis deutlich mehr über die Nebachoten als Unswin innerhalb der nächsten Monde würde herausfinden können. Viel mehr aber gab ihm die Aussage zu denken, dass er auf absehbare Zeit länger in Perricum stationiert sein würde. Zumindest entnahm er dies den Worten des Geweihten. Als er diese Möglichkeit überdachte wusste er zuerst nicht ob er lachen oder weinen sollte. Die Aussicht für Monde oder gar Götterläufe unter Nebachoten zu leben war sicherlich alles andere als Glück verheißend. Allerdings bot sich ihm hier die Möglichkeit im Rahmen seiner Quest in der Nähe von Gnitzenkuhl zu bleiben. Wenn er die Aufgaben die vor ihnen lagen überleben sollte, würde er danach nicht wieder hunderte Meilen weit weg sein, sondern sich stets kaum mehr als einem Tagesritt entfernt von Leomara aufhalten. Noch immer lag der Blick des Geweihten auf ihm und die widerstreitenden Gefühle mochten sich trotz der schweren Narben auf Unswins Gesicht widergespiegelt haben. Hastig nahm er einen weiteren Schluck aus seinem Krug um sich zu sammeln bevor er antwortete.

„Wie es scheint wird es in der Tat eine recht langwierige Aufgabe werden. Aber ich werde mein Bestes tun um dem Orden mit dieser Quest einen wertvollen Dienst zu tun. Zudem gibt es hier in Perricum anscheinend genügend Probleme und Aufgaben, die den Verbleib einiger Ordensbrüder rechtfertigen, auch wenn wir nicht einmal eine eigene Burg in diesem Landstrich besitzen. Gibt es denn schon eine Order wo die zukünftige Stationierung stattfinden soll?“

Alexis schüttelte bei dieser Frage den Kopf. „Nein, bisher nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass Ihr eher durch die Lande zieht, als irgendwo fest stationiert zu sein. Allerdings liegt dies nicht in meinem Handlungsbereich. Bruder Alfred oder der Wächter Greifenfeste wird sich darum kümmern. Aber….“ Erneut ruhte der Blick des Geweihten auf Unswin. „Unswin, noch sind wir alleine. Wollt Ihr mir noch etwas sagen, was ich wissen sollte?“ Es schien so, als hätte der Tempelvorsteher Schwertwachts mehr in Unswins Gesicht und aus seinem Verhalten in den letzten Tagen heraus gelesen, als Unswin gedacht hatte.



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Texte der Hauptreihe:
2. Rah 1032 BF
Wohlgemeinte Ratschläge
Eine Nacht geht zu Ende


Kapitel 62

Kein leichter Weg
Autor: Alex N., Eslam, Hermann K., Nicole R., Marcus F., Robert O.