Geschichten:Grauen am Darpat - Spurensuche im Wasser

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Dramatis Personae

Spurensuche zu Wasser

Stadtteil Boronshof – Ingerimm 1032 BF

Es war voll geworden auf der Bireme. Der Platz auf einer Galeere war ohnehin begrenzt, wenn sie wie die ‚Admiral Dozman' als Kriegsschiff gebaut worden war, galt dies umso mehr. Doch noch bot das Deck allen ausreichend Platz. Auf die Befehle ihres Kapitäns hin, nahm das Schiff langsam Fahrt auf und glitt durch die Kraft seiner Ruderer weiter den Darpat hinauf. Auch wenn es wenig Tiefgang hatte, so hieß es vorsichtig zu sein. Hakon wollte so nah wie möglich an das Ufer und hier, abseits der tiefen Fahrrinne in der Mitte des stolzen Flusses, war der Grund trügerisch und manche Sandbank lauerte und dem flachen Wasser.

Auch wenn er nach allem, was sie bereits in den letzten Tagen herausgefunden hatten, nicht glaubte das Untier zu dieser Stunde auszumachen, so lies er dennoch die Besatzung Hornisse und Rotze bereit machen. Nicht ohne einen gewissen stolz wollte er zeigen, was Schiff und Besatzung zu leisten im Stande waren.

Schließlich hatten sie die Stelle erreicht. Der Darpat war hier recht breit, wenn auch nicht so tief wie an anderen Stellen. Auf der perricumschen Seite hatte sich die Ritterin durch den Gürtel aus Schilf und Röhricht gekämpft und winkte ihnen zu. Es war eindeutig zu erkennen, dass das Schilf an dieser Stelle zur Seite und eingedrückt war. Nun galt es nach weiteren Spuren Ausschau zu halten. Alfred Beradje war es nach kurzem anzumerken, dass dies nicht das erste Mal war, dass er ein militärisch genutztes Schiff zu betreten. Schnell hatte er eine Stelle in der Nähe Tasecos gefunden, an der nicht im Wege stand. Für den einen oder anderen an Bord mochte es seltsam erscheinen, dass der Rondrianer einen Kriegsbogen mitführte doch die Aufgaben nahmen die meisten sicher zu schnell wieder in Anspruch, als dass sie sich zu viele Gedanken machen konnten.

"Es freut mich, Euch einmal persönlich kennen zu lernen, Euer Hochwürden", sprach Alfred den Gefährten von Wind und Wogen an, "Mein Ordensbruder, Faenwulf Firunjason, der dereinst in Dergelmund stationiert war und nun auf der Feste Travinianshall am Ufer des Ochswassers seinen Posten bezogen hat, berichtete mir von Euch."

"Faenwulf Firunjason?", fragte der Geweihte und musterte den Rondrianer. "Bei Efferd, den kenne ich natürlich! Selten genug erlebt man Magier in Rondraorden. Wenn ich mich nicht täusche, ist es etwa fünf Jahre her, dass er und Euer Orden das beschauliche Dergelmund verließen, oder?"

"Dem ist so.", antwortete der Zornesritter knapp. "Die Station in Dergelmund wurde ebenso wie die Feste Leuenfels zu Gunsten einer stärkeren Wacht am Ochswasser auf Burg Travinianshall aufgegeben."

Nach einer kurzen Pause fuhr er fort. "Seither ist nicht mehr so viel geschehen in unserer Stadt. Euer Orden hat weise gehandelt, seine Männer und Frauen an anderen Orten einzusetzen. Doch sagt, was denkt Ihr über dieses ... Monster ... das wir hier suchen? Ich muss gestehen, dass ich mich kaum auf das Lesen von Spuren verstehe und kenne nur den Bericht von Kapitän von Sturmfels." Dabei schaute er abwechselnd Alfred an und verfolgte das Schauspiel an Land, wo offenbar die Ritterin etwas gefunden hatte und zugleich ein Neuankömmling – war es eine Frau oder ein Mann? – eingetroffen war.

"Unser Orden ist vielerlei Hinsicht einzigartig, Euer Hochwürden – eine dieser Besonderheiten ist es auch Magier und Maga der Gilden aufzunehmen, die das Herz an der rechten Stelle haben, um den Dienst in dem Orden des Heilgen Zorns zu verrichten." Auch Alfred blickte nun, ebenso wie der Geweihte, abwechselnd hin und her und fügte hinzu, "Die Geschichten über das ‚Monster' erscheinen mir persönlich in gewisser Weise übertrieben – dennoch denke ich, dass es ‚Etwas' sein muss – welcher Art es ist scheint ja recht wage zu sein – wir wissen lediglich, dass es aus des Herren Effers Element kommt, sich in diesem verbirgt und allem Anschein nicht das Wohlwollen des Herren von Wind und Wogen besitzt."

Schließlich blickte Alfred mehr an Land als zu Taseco und meinte dann, "Er oder sie scheint sich mit den unseren zu unterhalten, hm, ob dies wohl ein weiterer Teilnehmer an der Jagd werden wird?" Der Leutnant blickte freundlich lächelnd zu Taseco und meinte noch, "Auch ich verstehe mich nicht sonderlich auf das Lesen von Spuren Euer Hochwürden, doch ich glaube, dass Unswin uns dabei sehr helfen mag. Er entstammt im Gegensatz zu mir aus der Mark Greifenfurt, wo dies durchaus gelehrt wird und es Kenner dieser Kunst gibt – Ihr seht, wir versuchen uns im Orden so gut zu ergänzen wie es irgendwie machbar ist – denn nicht immer ist es alleine die Kunst an der Waffe, welche hilft das Unheil zu bekämpfen." Lächelnd blickte Alred an Land und verspürte dabei so etwas wie Stolz und Freude in dem Orden dienen zu dürfen und den Edelknappen Unswin an seiner Seite zu wissen.

"Jeden Sommer das Gleiche mit diesen verdammten Stechmücken", Hilberian von Sandfelden, erster Offizier der Galeere stand neben dem Kapitän und versuchte die kleinen Plagegeister mit seinem Dreispitz zu vertreiben. In Ufernähe war es immer eine Plage, doch Gnitzenkuhl war richtig berüchtigt für die kleinen Biester. Insbesondere die Ruderer, von denen viele ihr Hemd ausgezogen hatten, hatten unter ihnen zu leiden. "Desto eher wir hier fertig werden, umso besser, oder?"

"Ganz recht Sandfelden. Bei allen Entbehrungen die der Dienst in der Reichsflotte mit sich gebracht hat, so etwas hatten wir, Efferd sei's gedankt, nie." Hakon von Sturmfels blickte während er mit seinem alten Freund sprach Richtung Ufer und suchte das Gelände nach Spuren ab. "Nicht besonders auszumachen hier, oder?"

"Wie schon an den anderen Orten. Es muss vom Wasser gekommen sein. So flach das Ufer hier ist, kann es aber kaum heran geschwommen sein." Der Offizier lehnte sich über die Reling und blickte hinunter zum Darpat. "Wer weiß, mit etwas Glück können wir am sandigen Grund noch etwas entdecken. Viele Spuren wird die Strömung zwar beseitigt haben, doch vielleicht hat das Untier Spuren hinterlassen, die nicht so schnell verschwinden."

"Winterkorn, macht das Beiboot klar. Seht Euch im Uferbereich einmal um." Er drehte sich zu seinen Gästen auf der ‚Admiral Dozman' um. "Wünscht einer der Herren sie zu begleiten?" Währenddessen hatte der junge Offizier bereits damit begonnen das kleine Beiboot, das hinter dem Schiff hergezogen wurde, wie befohlen klarzumachen.

Leichenblass stand der junge Knappe der Gnitzenkuhler Ritterin in der Mitte des Schiffes. Beunruhigt hatte Thorondir wahrgenommen, wie sich außer den Ruderern alle Männer an der Reling versammelt hatten. Merkten sie denn nicht, wie ihr Kahn ins Ungleichgewicht kam, und sicher kurz davor stand zu kentern! Kalter Schweiß brach ihm aus, und er hielt sich an einem der Masten unsicher fest. Die Frage des Kapitäns quittierte er nur mit einem sehr mechanischen Kopfschütteln. Was hatte er noch gleich wissen wollen? Er versuchte gerade nicht zu vergessen, dass er atmen musste, so er nicht völlig die Besinnung verlieren wollte. Kein Wort würde er über die Lippen bringen, bis er wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte, soviel stand fest! Mit weit aufgerissenen Augen heftete er den Blick auf den Rücken der Ruderer, um ja nicht die trügerische Farbe des sie umgebenden Wassers sehen zu müssen, dass schon viele Menschen seiner Familie das Leben gekostet hatte. Leise begann er alle adligen Familien Perricums, von denen ihm Leomara in letzter Zeit erzählt hatte in einer eintönigen Litanei zu wiederholen. Zu mehr war er hier und jetzt nicht in der Lage.

"Beim Lesen von Spuren, werde ich Euch kaum eine Hilfe sein Kapitän, doch solltet Ihr noch Verstärkung bei der Bedeckung wünschen, will ich sicherlich helfen – ich bin es noch aus früheren Zeiten in Grangor durchaus gewohnt in kleinen Booten unterwegs zu sein." antwortete Alfred Beradje freundlich.

"Kaum einer von uns wird sich darauf verstehen, Spuren im Wasser zu lesen, Leutnant. Wir können einzig schauen, ob etwas am Grund auszumachen ist. Tiefe Spuren, verschobene Steine, fehlender Bewuchs. Winterkorn," der junge Offizier war gerade dabei den vier Matrosen, die das Boot rudern sollten, letzte Anweisungen zu geben. Ihr wisst worauf zu achten ist." Erst jetzt wandte er sich dem Zornesritter erneut zu. "Scharfe Augen sind bei dieser Sache sicher das Beste. Wir werden von der ‚Admiral Dozman' aus für Schutz sorgen", bei diesen Worten nickte er Richtung Rotze, die bereits ausgerichtet wurde.

"Käptn'", der erste Offizier deutete in Richtung Ufer, dem nun wieder die Aufmerksamkeit der Meisten galt. Die Ritterin von Isenbrunn kämpfte sich so eben durch den Schilfgürtel am Ufer. Sie hatte Rüstung und Waffen abgelegt, einen Dolch zwischen den Zähnen. Alles in allem sah es nicht so aus, als ob sie mit der Lage sehr zufrieden war. Hinter Ihr war eine weitere Frau zu erkennen, die den Anwesenden noch unbekannt war. "Sie geht etwas abseits der Stelle rein, die sie uns vorhin zeigte." "Gut, wir sollten sehen was wir vom Wasser aus tun können. Das Beiboot ist klar. Leutnant, Hochwürden? Zwei Plätze sind im Boot noch frei. Es liegt an Euch."

Der Efferdgeweihte wandte sich kurz vom Zornesritter ab und schüttelte den Kopf in Richtung des Kapitäns. "Ich bleibe hier an Bord und überlasse das Spurenlesen den erfahreneren Leuten."

Dann fiel sein Blick auf den bleichen Knappen am Mast.

Taseco runzelte die Stirn. Was hatte der Knabe? Schnellen Schrittes ging er zu ihm herüber und legte seine Hand auf die Schulter. "Alles in Ordnung mit Euch? Bisher fehlt vom Monster jede Spur, und die ‚Admiral Dozman` ist gut gerüstet – kein Grund, sich zu fürchten!"

Große Augen blickten ihn leer an. Plötzlich kam wieder Leben in sie. Die nun entstehenden Schiffsbewegungen brachten einen panischen Ausdruck im jungen noch bartlosen Gesicht zum Vorschein. Während die Männer von der Bireme nach unten ins Beiboot kletterten, geriet das an sich völlig ruhig stehenden, da verankerte Schiff ein wenig ins Schaukeln. Krampfhaft umklammerte er mit seinen Armen den Mast, derweil er weiterhin versuchte auf keinen Fall aufs Wasser zu blicken. Inzwischen war es trotz der auffrischenden Brise und der einsetzenden Abkühlung schweißnass. Mehrfach versuchte er dem Efferd Geweihten zu antworten, doch es wollte ihm kein Wort über die Lippen kommen.

Der Geweihte schaute den Jungen an. Er konnte unmöglich seekrank sein, hier auf dem ruhigen Darpat! Taseco schüttelte den Kopf und fasste den Burschen mit beiden Händen an den Schultern.

"Ganz ruhig, wir schaffen das schon. Bei Efferd, das Wasser hier ist kaum tiefer als in einem Schweinetrog und das Schiff hier gehört zu den Besten, die man rund um Perricum finden kann. Und was das Monster angeht – bei so vielen Rittern und Knappen wird es sich schon freiwillig verkriechen!" Der Geweihte versuchte, sein überzeugendsten Lächeln aufzusetzen und blickte dem Knappen tief in die Augen.

Irritiert, fast als sei er eben aufgewacht blinzelte der Knappe mehrfach. ‚Rittern?' Seine Schwertmutter, sie war dort irgendwo am Ufer, und würde sicher sehen, was er hier tat, oder besser gesagt, nicht tat. Er schloss abermals die Augen und versuchte nicht auf die Bewegung des Schiffes zu achten. Nach wenigen Augenblicken fasste er den Geweihten wieder in den Blick und dieses Mal schien er etwas klarer bei Sinnen zu sein. Die kräftigen Hände des Geweihten hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. "D…. Dada…. Das ist es nicht…!" Brüchig und rau klang sie zuerst die Stimme des Knappen die sich so schien es noch nicht recht entschieden hatte, ob es die eines Junges oder eines Mannes sein wollte. "Das Wasser, es ist…trügerisch. Ich…ich kann nicht…!"

Der Geweihte runzelte die Stirn. "Trügerisch? Der Darpat ist hier so ruhig wie eine Potte im Hafenbecken! Bist Du das erste Mal an Bord eines Schiffes?"

Taseco erwartete nicht wirklich eine schnelle Antwort des Knappen, den er unwillkürlich zu duzen begonnen hatte, sah sich daher um und deutete auf den Heckaufbau der Bireme. "Was hältst Du davon, wenn wir langsam dorthin gehen? Ein bisschen Bewegung ist besser als sich hier am Mast festzuklammern. Gehörst Du auch dem Orden an?", versuchte er ein belangloses Gespräch aufzusetzen und dabei den Knappen vom Mast wegzulotsen.

Ein kurzes Nicken erfolgte auf die Nachfrage, ob er das erste Mal an Bord eines Schiffes war. Der Junge schien förmlich an seinen Lippen zu hängen, doch als der Augenkontakt kurz abbrach, und er so genötigt wurde seine Umgebung und damit den Fluss wieder wahr zu nehmen sackte er wieder in sich zusammen, und suchte wieder engeren Kontakt zum Mast. "Ich bin…ich …ich bin der Knappe von Leomara von Isenbrunn. Der Ritterin, die ihr bei der Baronin in Gnitzenkuhl kennen gelernt habt." Es versuchte jetzt zwar frei zu stehen, aber er folgte Taseco nur ein zwei Schritte. Sobald er des Wassers ansichtig wurde blieb er erneut wie angewurzelt stehen.

Die Frauen und Männer die das Ruderboot klarmachen sollten hatte ihre Arbeit beendet, und sowohl Winterkorn als auch der Leutnant der Zornesritter kletterten an Bord des Beibootes. Sobald sie der Wasserlinie so nah waren, konnten sie die eben noch gut sichtbare Rittfrau nicht mehr erkennen, hören allerdings sehr wohl. Es waren einige derbe Flüche, die sie gerade eben wieder ausstieß. Anscheinend war es kein Vergnügen sich durch den Bewuchs zu kämpfen. Ein Blick aus dem Boot ließ allerdings die Hoffnung auf eine leichte Spurensuche sinken. Der Fluß trug viel mit sich, was ihn nahezu undurchdringlich wirken ließ. Als ob man Erde mit Wasser vermischt hatte. Zielstrebig ruderten die Seeleute an das Ufer heran. Vorsichtig darauf bedacht, nicht auf einer der Sandbanken aufgrund zu laufen.

"In der trüben Brühe ist kaum etwas zu erkennen," kommentierte der junge Offizier ihre Suche nach Spuren." Doch je näher sie dem Ufer kamen, desto klarer wurde das Wasser. Nun konnte man zumindest etwas am Grund erkennen. Und tatsächlich nach einiger Zeit fanden sie etwas. Auf einer größeren Fläche waren Muscheln zertrümmert worden, ganz so, als sei etwas Schweres über sie hinweg geglitten. Es war in etwa auf Höhe der Stelle, die die Ritterin von Isenbrunn ihnen gedeutet hatte. Als sie sich dem Ufer vorsichtig weiter näherten, sahen sie auch recht deutlich, wie das Schilf hier niedergedrückt worden war. Hier konnte man auch schwach einen Abdruck im sandigen Grund erkennen. Doch mehr als die Erkenntnis, dass hier etwas gewesen sein muss, offenbarte ihnen diese Spur nicht.

"Schwierig", Winterkorn blickte noch einmal auf den Grund und dann in die Runde. "Wenn da was war, dann müsste es doch auch Spuren im Schilf geben, oder?" Der junge Mann kratzte sich nachdenklich am Kinn.



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Texte der Hauptreihe:
29. Ing 1032 BF zur abendlichen Hesindestunde
Spurensuche im Wasser
Ein Zaungast mit Absichten


Kapitel 14

Erste Spuren
Autor: Alex N., Christian K., Rafael K., David L.