Geschichten:Grauen Am Darpat - Auf Efferds Wogen gen Kaltengrundt

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Dramatis Personae


„Oh, schaut dort ein Flußschiffer...! Sollten wir ihm Zeichen geben, dass er anlegen soll? Wir könnten ihm die Verletzten mitgeben?“ Sie hatte das laut ausgerufen, damit es jeder der Anwesenden hören konnte.


Unswin war schnell neben die Ritterin getreten um selbst nach dem Boot Ausschau zu halten. Da sie jetzt fast so viele schwer Verletzte wie Kampffähige in ihren Reihen hatten war es klar, dass diese sie bei den weiteren Erkundungen nur behindern würden bis sie nicht wieder einigermaßen auf den Beinen waren. Und bei der Schwere der Wunden war es auch fraglich, ob die verletzten überhaupt ohne eine bessere Versorgung länger überleben würden.

„Ich denke du hast Recht. Je eher die Verletzten zurück nach Gnitzenkuhl kommen desto besser für sie.“ Mit einem Gedanken an den noch immer bewusstlosen Kelsensteiner im Stall fügte er ganz leise hinzu: „Und für uns...“

Auch der Geweihte kam humpelnd zurück von den Gefallenden.

„Ein Flussschiffer? Ja, gebt ihm Bescheid. Die Wunden werden in Gnitzenkuhl besser versorgt werden können.“

Viel hatte er nicht gefunden bei ihnen… ein paar Münzen, Messer, ein Kartenspiel… das übliche.

Es dauerte nicht lang, da kehrte auch Kor’win wieder zu den anderen zurück. Zwischen zwei stabil wirkende Stäbe hatte er, mittels der Lederriemen eine Decke gespannt und diese wiederum mittels Querverstrebungen verstärkt, so dass Kain zwar nicht gemütlich darauf liegen würde, aber zumindest getragen werden konnte. Besorgt kniete er sich neben seinem Schüler und kontrollierte den Verband. Kain war zwar immer noch bewusstlos, doch atmete er weiterhin ruhig und regelmäßig. Kor’win hielt die rechte Hand des jüngeren Nebachoten und senkte den Kopf, da er nicht wollte, dass jemand die Tränen in seinen Augen sah. Innerlich fluchte er über sich selbst, dass er Selinde einen Gegner und nicht Kain dem seinigen abgenommen hatte. Hoffentlich würde der Junge durchkommen.


Der Flussschiffer war wenig begeistert gewesen, über die unerwartete Unterbrechung seiner Fahrt, doch sobald er den Hünen von Hafenmeister, Arn Fuxfell, auf die Schulter Tjalfs gestützt auf dem Steg heran wanken sah, brauchte es nicht mehr vieler Worte, um ihn zu überzeugen. Seine Männer halfen alsbald emsig Arn, Marnion und Kain an Bord zu bringen. Leomara musste allerdings deutliche Worte finden, damit der Schiffsführer seine Neugier im Zaume hielt, waren doch die frisch ausgehobenen Gräber, die fehlende Turmbesatzung und die stark mitgenommen wirkenden Adligen und Angehörgen des Zornesordens für ihn derart bemerkenswert, dass seine Fragen scheinbar nie enden wollten.

„Guter Kapitän, ich bin sicher, dass wir euch bei eurem nächsten Aufenthalt in Gnitzenkuhl mehr dazu sagen können, doch es dürfte euch einleuchten, dass wir momentan andere Sorgen haben.“

Hier ging ihr Blick zwischen den Gefangenen an Land und den Verletzten an Bord hin und her. Vorsichtig ging sie zu den anderen zurück.

„Ich habe euch einen Vorschlag zu unterbreiten.“ Sie stellte sich zu Selinde von Löwenhaupt - Hauberach, Alexis Darios, dem Edelknappen Unswin und Kor’win dem Jäger.

„Ich schlage vor wir fahren alle mit der `Möwe` mit. Ich glaube, dass mein Vater zunächst einen Boten zur Baronin hier schicken wird, vielleicht will er sogar selbst um eine Unterredung bitten. Ich denke wir sind alle weder in der körperlichen noch...gesellschaftlichen Verfassung, um vor ihr vorsprechen zu können.“ Fragend blickte sie in die Runde und dachte, dass einzig Selinde und Kor’win soweit in der Verfassung waren dies tun zu können. Doch eigentlich war es eine Gnitzenkuhler Unternehmung gewesen, sodass es merkwürdig wäre diese beiden dorthin zu entsenden.


Selinde nickte kurz zustimmend. „Das klingt vernünftig. Auch wäre es an niemanden sonst als Deinen Vater, Kontakt mit der Baronin aufzunehmen. Falls gewünscht, böte ich aber meine Unterstützung hierbei an.“


Auch Kor’win nickte nach einem kurzem Augenblick, in dem er die Worte der Isenbrunnerin abwog. Zur Marbena (Baronin) von Bergthann zog es ihn nicht wirklich, da dort das Untier wohl nicht hausen würde. „Wuas ist mit dän Gefangenän?“ Fragte er mit rauer Stimme. Kor’win hatte sich – nachdem Kain jetzt versorgt war – wieder auf seine Umgebung besonnen.

„Ich bin iberzeugt, wenn ihr mich mit ihnen alleine lasst, werdä ich einiges in Erfahrung bringän, wuas ihr där Greifin von Bärgthann sagen kennt.“

„Wir sollten sie zunächst unversehrt mitnehmen“, sprach der Geweihte, „wenn wir angekommen sind, bietet uns – während wir auf die Antwort der Baronin warten – genügend Zeit um Informationen aus ihnen zu holen. Dort werden sie auch nicht auf den Gedanken kommen, ‚mal eben’ weglaufen zu können.“


Unswin hatte das Gespräch bis hierhin wortlos verfolgt. Alle hatten ihre Meinung gesagt und sein Ordensbruder hatte eine Entscheidung gefällt. Damit war klar was gemacht werden musste. „Ich werde die Gefangenen holen gehen.“ Er nickte Alexis kurz respektvoll zu, bevor er sich umwandte und den Hügel hinauf zum Stall zurückging. Nach wenigen Minuten kam er mit den beiden Räubern zurück. Als sie zur Anlegestelle ankamen war deutlich zu erkennen, dass dem kleineren der beiden das Blut aus der offensichtlich frisch gebrochenen Nase lief, was wiederum Kor’win ein Lächeln abgewann.

Der Geweihte kommentierte dies nicht. Er dachte sich nur eins: ‚Wer nicht hören will, muss fühlen. Das hatten die Eltern ihm früher schon beigebracht.’


Auf der Fahrt zurück nach Gnitzenkuhl erlangte der Kelsensteiner Junker nicht das Bewusstsein zurück. Lediglich die Blässe wich aus seinem Gesicht. Hier und da konnten die Anwesenden ihn murmeln hören und er lächelte oft, wie zum Zeichen das das Leben in ihm nicht erloschen war, wenn er auch nicht aufzuwecken war und keine Nahrung zu sich nahm außer etwas Fischsuppe, die ihm die Flußschiffer eingeflößt hatten.

Kor’win saß lange neben dem Junker und beobachtete diesen. Er hatte nicht das Gefühl, dass der Kelsensteiner durch seine Wunden auf das Krankenlager gehalten wurde, vielmehr versuchte er das Murmeln des Junkers zu verstehen. Träume und Visionen besaßen eine enorme Kraft.

Marnion träumte. Er träumte von seinen Gefährten und sich auf abenteuerlicher Fahrt. Sie alle waren zu einer großen Turney geladen. Der Graf von Perricum hatte seine Gefolgsleute zu sich geladen um endlich zu sehen wer sich den nun besser schlagen würde die Raulschen, die Nebachoten oder die Trollzacker. Sie alle waren angereist um es den anderen Landsmannschaften zu zeigen, hatten sich zunächst kennen und in Verlaufe des Turniers schätzen gelernt.

Doch trotz aller Wettbewerbe konnte kein Sieger ermittelt werden. So sollte ein großer Buhurt schließlich den Ausschlag geben, welche Seite die besten Diener des Reiches stellte. Nach dem ersten hitzigen Aufeinandertreffen waren nur noch wenige Streiter übrig geblieben. Für die Nebachoten Kor’win von Brendiltal ein alter erfahrener Turnierritter und Marnion von Kelsenstein, dessen Rüstung ihn allerdings durch einige Dellen schon erheblich behinderte. Für die Trollzacker Selinde von Löwenhaupt eine barbarische Ritterin ohne Rüstung, aber mit viel Kampfgeist und Alexis Zornwacht, ein Veteran alter Schule, der sich rühmen konnte bisher die meisten Gegner in den Staub geschickt zu haben.

Für die Raulschen hatten sich trotz Anfeindungen von allen Seiten ein Kampfduett gehalten, das nicht zu trennen war. Die Leomara Baronin von Isenbrunn, eine flinke und mit allen Wassern gewaschene Kämpferin und ihr erster Ritter, den alle nur den rosaroten Ritter genannt hatten, ob seiner beständigen Minneanstrengungen gegenüber seiner Herrin, der sich aber doch im Turney als fähiger Recke erwiesen hatte.

So standen sie sich gegenüber, ihre Pferde schnaubten, die Menge johlte und kreischte und wollte nun Blut sehen. Doch die Streiter sahen sich nur in die Augen und verbeugten sich voreinander.

Sie hatten erkannt, das sie einander ebenbürtig waren, mehr noch aufeinander angewiesen waren um Ihren Herren zu dienen. Als die Menge das sah, brach sie in Jubel aus und überschüttete die siegreichen Kämpfer mit Blumen, als sie sich umfaßten und das Bad in der Menge genossen.


Derweil brachte der sanfte Wellenschlag des Darpat die Gefährten sicher zurück nach Gnitzenkuhl.



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Texte der Hauptreihe:
1. Rah 1032 BF zur mittäglichen Traviastunde
Auf Efferds Wogen gen Kaltengrundt
Das Selbstverständnis der Nebachoten


Kapitel 39

Kaltengrundt - Die Rückkehr der Streiter
Autor: Alex N., Eslam, Hermann K., Nicole R., Marcus F., Robert O.