Geschichten:Gallsteiner Geschichten

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Gallstein. Bericht des Barden Thalian Jergus vom grünen Tann:

Meine Neugier hatte gesiegt. So weit wie es in meinen Möglichkeiten gestanden hatte, war ich den Informationen über den Baron von Gallstein hinterhergelaufen, aber was ich auch immer fand, es war nicht genug,um ein wahres Bild zu erhalten und so zog ich nun die Straße nach Mor'Tres hoch, denn nur dort konnte mein Wissensdurst gestillt werden. Ich wollte denBaron selbst sehen.

Als hätte Phex selbst die Hand über mein Vorhaben gehalten,suchte der Baron gerade nach solch Spielleuten wie mir, denn seine Gemahlin warkrank und er wollte ihr wohl ein wenig Abwechslung bieten. Meine Schritte aberwaren nicht so weit ausholend wie sonst, denn immer wenn ich meinen Kopf erhob,die Augen mit einer Hand vor dem hellen Lichte des Praiosschildes abschirmend,erkannte ich die Mauern von Mor´Tres, die sich in strahlendem Weiß erhoben.Doch dies war es nicht, was mich so bedrückte, wusste ich doch dort hinter denZinnen verborgen die Geschütze, die einst von der benachbarten Baronie Zagbarhierher geliefert worden waren. Die ganze Straße wand sich in engen Kehrenimmer genau vor den Mündungen dieser tödlichen Werkzeuge des Krieges hin undher. Kein Baum, keine Felsen, keine Möglichkeit zum Verstecken war hier geblieben,so das ich immer auf freiem Feld stand und ein sehr gutes Ziel für die Schützenabgab. Nichts war hier normal, alles war dem Willen des Barons untergeordnet.Was wäre, wenn es ihm, getrieben durch eine seiner grausamen Launen, erfreuenwürde die Geschütze einem Test zu unterziehen? Was wäre, wenn er meine Personfür ein geeignetes, weil unbedeutend erscheinendes, Ziel halten würde?

Narr, schallte ich mich selbst. Warum sollte er nach Bardensuchen, um diese dann ganz offen mit steinernen Kugeln zu beschießen? Er wollteAbwechslung für seine Frau und nicht für sich selbst.

So setzte ich also, tief in dunklen Gedanken versunken,einen Schritt nach dem anderen bis die Straße dann von der Burg weg führte. Siebeschrieb einen weiten Bogen, um dann wieder geradewegs auf Mor´Tres zuzulaufen. Dabei lenkte sie mich nun durch eine kleine Felsenschlucht, bis sieeinen jähen Abgrund mit Hilfe einer Steinbrücke überwand und so denFelsvorsprung erreichte, auf dem Mor´Tres errichtet worden war. Selbst einemLaien wie mir wurde klar, das ein Versuch diese Burg zu erobern, viel zu viele Leben kosten würde, als es das Ergebnis am Ende Wert war. Über zehn Götterläufehatte es gebraucht, um aus dem verfallenen Wehrdorf hier oben, das einst für die Bevölkerung von Gallestra als letzte Zuflucht diente, diese Burg zuerschaffen. Der Söldnerbaron Cordovan Limpurg hatte dieses eigenwillige und kostspielige Projekt vorangetrieben, doch er selbst hatte nie lebend dieFertigstellung erlebt, sondern ruhte hier in der dunklen Grabkammer, in der nunalle aus dem Hause Limpurg ihre letzte Stätte hatten oder haben würden, da derneue Baron dies so angeordnet hatte. Nicht ohne vorher dieses Vorhaben mit denGeweihten des Totengottes zu besprechen. War er doch dem Herrn des Todes, genau wie dem grimmen Herrn des Winters und der Jagd sehr ergeben.

Mit diesen Gedanken erreichte ich nun endlich das Tor der Burg, welches offen war, da hier im Herzen des Reiches kein Kriegszustand herrschte. Hier musste man nicht mit einem Angriff rechnen und doch schienen die Wachen hier mein Kommen schon genau überwacht zu haben. Vielleicht hatte nsie aber auch Langweile, weil eben nichts geschah. So kam ihnen dann ein dahergelaufener Barde gerade Recht, um ein wenig ihre Zeit zu erfüllen.

"Heda! Wer seid ihr und was ist euer Begehr?" So scholl es mir entgegen, als ich noch auf der Brücke stand. "Ich bin Barde hier und komme um die alten Melodien und Geschichten erklingen zu lassen, die unser Leben so wundervoll machen. Ich heiße Thalian Jergus vom grünen Tann!" Meine Stimme klang ruhig, denn schonlange hatte ich gelernt meine innere Unruhe nicht nach außen dringen zu lassen.

"Ach ein Barde also! Na dann wollen wir doch mal sehen, was der Barde so mit sich führt ..." Das Lächeln, das sich nun in den Gesichtern der beiden Torwächter widerspiegelte, ließ mich nicht gerade hoffnungsvoll in die nähere Zukunft blicken, aber ich sollte unerwartet Hilfe erhalten, auch wenn ich diese nicht unbedingt als Hilfe für mich selbst betrachten mag.

"Jaldrin, hatte seine Hochgeboren sich vielleicht nicht richtig ausgedrückt? Wie lautet der Befehl, den ich heute morgen in seinem Namen an die Torbesatzung ausgegeben hatte?" Die dunkle, volltönende Stimmeließ die beiden Wächter zusammenfahren, noch ehe ich den Sprecher sehen konnte, drang leises, feines Klirren an meine Ohren und schließlich bog ein Rittersmannum die Ecke, baute sich direkt in der Mitte unter dem Torbogen auf. Meine Augenweiteten sich, denn hinter diesen Mann, angetan mit blitzenden Plattenpanzer,der von dem schwarzgrünen Wappenrock nicht ganz verborgen wurde, erschien nun,auf seinem Stab leicht gestützt ein weiterer Mann, der die Dunkelheit mit sich zu führen schien, denn sein Gesichtlag verborgen im Schatten seiner Kapuze. Seine Stimme war eher ein Flüstern, und ein kalter Schauder rann meinen Rücken hinab, als ich das Fehlen jeglichenGefühls erkannte.

"Ich könnte ihnen dabei helfen ihre Erinnerungen an den Morgenbefehl wieder zu finden, aber das wäre verschwendete Zeit und Kraft." Er ignorierte den stechenden Blick dem der Ritter ihn aufgrund dieser Äußerungenzuwarf und hob die Hand um mich zu grüßen. Mir erschien es, als würde der Tod mir zuwinken und unwillkürlich machte ich einen Schritt nach hinten. "Kommt nur, werter Barde vom grünen Tann! Seid willkommen auf Mor´Tres.".

Ich schluckte die heraufkommende Beklemmung herunter,unterdrückte den Gedanken an einen übereilten Abgang und näherte mich denbeiden Männern, die ungleicher nicht hätten sein können. Die beiden Torwächterschienen ihr Interesse an meiner Person verloren zu haben, denn sie hattengenügend damit zu tun vollkommen mit der Umgebung zu verschmelzen, damitniemand auf sie aufmerksam würde. So betrat ich also den Hof der Burg und kamvor den beiden Herren zum Stehen.

Der Ritter verneigte sich leicht vor mir, wobei er mich abernie aus den Augen ließ. Ich konnte nicht sagen ob er mich verachtete, odereinfach nur abschätzte was an mir in irgendeiner Weise seinem Herren hättegefährlich werden können. Was auch immer er am Ende von mir dachte, er strecktedie Hand aus, um mich zu begrüßen. "Auch von mir ein Willkommen auf Mor´Tres.Ich bin Cyberian Wulfwart Anteron, Junker von Silberblick. Hauptmann im Dienstedes Barons von Gallstein. Habt ihr eine Waffe bei euch?" Seine Hand umschlossdie meine und er schien nicht gewillt sie loslassen zu wollen, bis er eineAntwort von mir erhalten hatte.

"Normalerweise trage ich keine Waffen, wenn ich an den Hof eines Adeligen komme, um diesen zu erfreuen. Mein Schwert, das ich mehr schlecht denn recht führen kann, ist in meinem Zimmer in Gallestra geblieben.Ich habe nur einen Dolch bei mir, ansonsten trage ich nur die Leier.".

Er lächelte mich an. Das Lächeln eines Wolfes, der um seine Überlegenheit wusste. "Die Leier ist manchmal eine weitaus gefährlichere Waffe in den Händen eines geübten Mannes. Stellt eure Begabung nicht so weit in denSchatten, denn dort ist es für Leute wie euch zu gefährlich." Er ließ mich los,deutete mit der Hand nun auf das größte und vornehmste Gebäude, dem Haupthausund gab mir zu verstehen ihm zu folgen, doch da ertönte wieder die leise Stimmedes anderen Mannes.

"Ich bin Magister Exkarendel, Leibmagier des Barons." Der Magister reichte mir nicht seine Hand und ich dankte ihm dafür innerlich, dennich hatte keine große Lust diesem Mann der arkanen Künste zu nahe zu treten. Erschien auch nicht die Nichtbeachtung des Junkers zu bemerken, der ja keinerleiAnstalten gemacht hatte mir den kleineren Mann vorzustellen. Seine ganze Haltung drückte einen Stolz aus, der aus der Gewissheit geboren wurde, einemStand anzugehören, der ihn über andere erhob.

Beide führten mich nun zum Haupthaus. Wir hielten uns nicht lange im Flur auf, sondern schritten die breite Holztreppe empor. Mein Blick glitt dabei zu dem großen Leuchter, der unter der Decke hing. Ein skelettierter Kopf eines drachenähnlichen Wesens. Der Hauptmann bemerkte meinen Blick, folgtediesem aber nicht, war der Anblick dieses Leuchters ihm doch nur zu bekannt."Der Kopf des Tatzelwurmes, den der Vater seiner Hochgeboren erlegt hatte. Eswar das letzte große Raubtier, das hier in Gallstein sein Unwesen getriebenhatte."

Ich nickte anerkennend und beeilte mich dann dem vorausgeeilten Junker zu folgen, denn der Magier war an meiner Seite gebliebenund auch sein Blick war nicht zu dem Leuchter hin gegangen ...

Schließlich wurde ich in einen großen Saal geführt, in dem ein schwerer, langer Tisch aus dunklem Holz stand. Um diesen herum zahlreicheStühle. An den Ecken des Raumes standen Rüstungen, die mit zahlreichen Waffennoch zusätzlich behängt waren und vor jeder fand sich auch ein großer Wappenschild. Auf zwei der Schilde konnte ich das Wappen der Baronie erkennen,die silberne Distel auf schwarzgrünen Grund. Die beiden anderen zeigten einviergeteiltes Wappenbild, in dem man den Basilisken und neun Tränen erkennenkonnte. Das Wappen des Hauses Limpurg.

Im großen Kamin prasselte ein Feuer, jedoch nicht groß genug, um dem Heizen zu dienen, sondern nur für den Anblick an sich. Ein Mannstand vor dem Kamin, hatte seinen Blick in die Flammen gerichtet, als würde erdarin Bilder sehen, die uns anderen verborgen blieben. Ich wandte meineAufmerksamkeit von dem Raum ab, der an der einen Wand eine Reihe von Fensternaufwies, allesamt mit gelblichen Butzenglas und der an der anderen mitWandteppichen geschmückt war, auf denen man Jagdmotive erkennen konnte, und sah nun neugierig zu dem Mann hin, vondem ich doch nun schon so viel gehört hatte.

Er war dunkel gewandet, überhaupt schien er im Gesamtbild der Dunkelheit den Vorzug zu geben. Lange schwarze Haare, die er offen trug und die somit teilweise in sein Gesicht fielen. Blass konnte man seine Haut nennen,denn der helle Teint wurde durch die Wahl der dunklen Kleidung noch verstärkt.Es war die Kleidung eines Mannes, der wohl gerne zur Jagd ging. Wildleder herrschte vor, verziert durch Pelz, Kordeln, Stickereien, hier und da auchdurch Federn und gar kleinen, funkelnden Metallstücken und Steinen. Alles warjedoch weit entfernt von der einfachen Gewandung eines Jägers. Es war ein sehrgutes Leder und alle Arbeiten daran waren von Meistern ihrer Kunst gefertigtworden. Die Stiefel waren hochschaftig, eben Reitstiefel. Wollte der Herr Baron noch ausreiten? Ich hatte auf dem Weg hierher schon in der Ferne Wolkenaufziehen sehen und konnte mir vorstellen, das schon bald Rondras Donnersturm über den Himmel jagen würde.

"Ihr seid der Barde Thalian Jergus vom grünen Tann? Man hat mich wissen lassen, das ihr eure Kunst hier in meiner Baronie zum Besten geben würdet." Er wandte sein Gesicht nun mir zu. Das Feuer warf Licht und Schatten auf seine Haut. Schwarze Augen schauten direkt in die meinen.

"Euer Hochgeboren." Ich verneigte mich vor dem Baron, wartete einen Moment und richtete mich dann erst wieder auf, um mit meiner Rede fortzufahren. "Man hat euch wohl informiert. Ich habe tatsächlich meine Kunst schon oft in eurer Baronie vorgeführt, bekam ich doch so Unterkunft und Essen.".

"Welchem Künstler habt ihr eure Lieder verschrieben? Dem Herrn Aldifreid, oder doch eher der Frau Torbenia?" Ohne den Blick von mir zu nehmen, sagte er dies mit emotionsloser Stimme, so als wäre ihm an dieser Unterhaltung kaum etwas gelegen und der Inhalt des Gespräches für ihn vollkommen belanglos.

"Je nachdem. Ich finde beide haben ihre Vorzüge, aber auch beide ihre Nachteile.".

Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen, aber auch dieser schien nur ein müdes, höfliches Anerkennen von Verhaltensregeln innerhalb eines Gespräches zu sein.

"So, so. Beide haben ihre Vorzüge und Nachteile. Ich habe mich auf so manchen Festen Stunden darüber unterhalten dürfen, wer von diesen beiden denn nun eher Künstler genannt werden darf und wer eigentlich nur einunbedarfter, hilfloser Melodienzusammenflicker wäre. Nicht könnte einen mehrlangweilen, als solche Fragen." Nun schritt er zu dem einem Ende des Tisches,was ihn von meinem Standort entfernte, ergriff dort den silbernen Pokal dereben dort seinen Platz gefunden hatte, hob ihn an seine Lippen und nahm einenlangen, tiefen Schluck daraus.

Ich selbst schmeckte förmlich den kühlen Trunke in meiner Kehle, denn ich musste zugeben, das ich durch den langen, staubigen Weg einen ziemlichen Durst hatte und so schob sich ganz ungewollt meine Zunge ein Stücknach vorne, um meine Lippen ein wenig zu befeuchten. Mit ein wenig Widerwillenkonnte ich nun ein Glitzern in den Augen des Barons erkennen und sein Lächelnhatte nun einen fast sadistischen Zug bekommen. Er hatte wohl gemerkt, das esmich dürstete, aber er machte keinerlei Anstalten einen Bediensteten herbei zurufen, um mir etwas anzubieten.

"Setzt euch doch, werter Barde. Ihr müsst von dem Weg erschöpft sein." Seine Handbewegung war eine abfällige Handlung, eine Abwertung meiner Person und nur mit Mühe konnte ich ein heftiges Stirnrunzeln verhindern, wäre dies doch eine weitere Freude für meinen Gastgeber gewesen.

So setzte ich mich, nahm aber vorher meine Leier vom Rücken, um sie auf den Tisch zu legen. Noch immer standen seine Wohlgeboren der Junker von Silberblick und der Herr Magister hinter mir. Sie machten keinerleiAnstalten an den Tisch zu treten, oder sich am Gespräch zu beteiligen. DasWissen diese beiden Herrschaften hinter meinem Rücken zu haben, hinterließ einsehr flaues Gefühl in meinem Magen.

"Nun, ich will das ihr eure Künste hier auf Mor´Tres zeigt. Meine Gemahlin ist krank ..." War da eine menschliche Regung zu erkennen? Vielleicht gar ein Anflug von echter Sorge? "... und da sie Musik so liebt, will ich ihr mit der Darbietung eurer Kunst eine Freude machen.".

"Es täte eurer Gemahlin sicher gut, denn Musik ist ...".

"SCHWEIGT!" Ohne eine vorherige Andeutung, sprang der Baron plötzlich auf. Der Pokal fiel mit einem hellen, klirrenden Laut zu Boden und dunkel ergoss sich das Rot des Weines über die hellen Bodenfliesen. Ich schreckte zurück und konnte hinter mir den Herrn Magister scharf ausatmenhören.

Seine Hochgeboren hielt die geballte Faust in die Höhe, als wolle er sie auf den Tisch hernieder fahren lassen, doch dann öffnete er die Hand, wischte sich über das Gesicht und für eine kurzen Augenblick erschien ermir wie ein müder, von Angst um seine Gemahlin gezeichneter Mann. Der Augenblick jedoch verflog und der Ausdruck der Kälte kam in sein Antlitzzurück.

"Was erdreistet ihr euch! Was für meine Gemahlin gut ist, hat mir kein hergelaufener Leierdreher zu sagen. Ihr habt nur dafür Sorge zu tragen, das meine Gemahlin von eurer Musik gut unterhalten wird. Also werdet ihr euer Bestes geben, oder wollt ihr aufgrund solch einer Anforderung lieber wieder in die Dörfer hinabsteigen, um den Pöbel zu erfreuen, der doch selbst zwischen dem Furzen einer Kuh und der Darbietung eines Künstlers nicht einen Unterschied erkennen könnte und beide mit Applaus nur so bedecken würde?"

Nun konnte ich ein leises Kichern hinter mir vernehmen, das jedoch verstummte, als der Blick aus den schwarzen Augen des Barons über meinenKopf hinweg glitt und ein Ziel hinter mir fixierte. Ich hatte für einen Momentnicht die Aufmerksamkeit des Barons und war auch froh darüber, denn ob der letzten Worte war mein Blute mir zu Kopfe gestiegen und ich spürte an der Wärmemeiner Wangen die Röte aufsteigen. Dieser Mann war ein kalter Herr. Ich war füreinen Moment wirklich versucht aufzustehen und zu gehen, doch dann erinnerte ich mich an den Ausdruck in seinem Gesicht, als er von seiner Gemahlingesprochen hatte und an die Erzählungen der Bevölkerung, die immer wieder vondem Liebreiz der Baronin berichtet hatten. Das es leicht werden würde, hatte ich ja wohl kaum erwarten dürfen.

"Ich bleibe und werde mein Bestes geben, euer Hochgeboren."

Wieder ruhten diese dunklen Augen auf meinen Gesicht. Es fiel mir schwer dem Blick stand zu halten und nicht vor Angst meine Augen zusenken. Langsam nickte er und entlies mich so aus seinem bannenden Blick. "Man soll euch euer Zimmer zeigen. Heute ist meine Gemahlin zu schwach. Ihr werdetfür diese Nacht mein Gast sein." Diesmal erhob er sich weitaus langsamer,wandte sich um, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen und verließ den Saal.Ich stand ebenfalls auf, drehte mich um und sah direkt in das Gesicht des Junkers.

"Folgt mir, Barde.". Dieser wandte sich um, folgte jedoch nicht seinem Herren, sondern führte mich wieder zu der Türe heraus, durch die wir gekommen waren. Kaum draußen auf dem Gang verfiel er wieder in seinekräftige, lange Schrittfolge, eben ganz ein Krieger. Ich wollte ihm folgen, als sich ein Schatten vor mich schob, der durch eine Bewegung mit seiner linkenHand nur ein wenig mehr als eine Andeutung von einem Gesicht erhielt, als der Magister seine Kapuze etwas zurückschob.

"Seht euch ruhig ein wenig um und solltet ihr ein gepflegtes Gespräch führen wollen, dann könnt ihr mich in meinen Räumlichkeiten imBergfried finden, aber...", dabei erschien ein breites Lächeln auf seinemGesicht. "...hier wissen wir immer wo sich unsere Gäste aufhalten, deswegenseid unbesorgt. Man wird euch finden, wenn man euch braucht. Hier seid ihr inSicherheit. Geniest euren Aufenthalt hier.".

Nun legte ich nun doch ebenfalls eine schnellere Schrittfolge an den Tag, um rasch außer Reichweite dieses Mannes zu kommen, meine Leier dabei fest an mich gepresst und fast wäre ich wieder die Treppe hinunter gelaufen, um in den Hof zu kommen, als mich der Junker zurückhielt.

"Ihr habt im Haupthaus ein Zimmer.".

"Sehr großzügig von seiner Hochgeboren. Es ist sonst nicht üblich einen wandernden Barden so gut zu bewirten. Travias Segen ruht auf diesem Haus." Ein wenig Ironie konnte ich nicht aus diesen Worten heraushalten,war meine Kehle doch schon fast so trocken, wie die Wüste Khom selbst.

"Ihr werdet schon nicht verdursten, oder gar verhungern. Auf eurem Zimmer steht schon ein kleines Mahl bereit. So wurde es von seiner Hochgeboren angeordnet. Ihr hattet ja wohl kaum erwartet aus dem Pokal desBarons trinken zu dürfen, oder hattet ihr ein anderes Trinkgefäß entdecken können? Hütet euch vor allzu schnellen Schlussfolgerungen und baut nicht zusehr auf das Geschwätz von ungebildeten Leuten." Der Junker blieb vor einerTüre stehen, machte diese auf und deutete mit der Hand dort hinein. "Hier isteuer Zimmer. Auf Mor´Tres wird euch nichts geschehen, denn hier ist kein Ortv oller dunkler Mächte, sondern ein Hort von Treue, die von Lehnsherren des Kaiserhauses erwartet werden darf. Vergesst dies nicht, wenn ihr von eurenErlebnissen berichtet, denn der Lügner wird seine gerechte Strafe erhalten.".

Mit diesen Abschiedsworten ließ er mich allein in den Räumlichkeiten, die nun für eine Nacht mir gehörten. So dachte ich esjedenfalls. Ich versuchte in seinen Worten keine Drohung zu sehen, sondern nurdie Sorge um den Ruf seines Herrn, dem er treu ergeben schien. So öffnete ich mein Fenster, das in den Hof wies, um ein wenig von der guten Eslamsgrunder Lufteinatmen zu können und ließ meinen Blick ein wenig schweifen. Mor´Tres war keine große Anlage, aber doch sehr geräumig. Hier hatte man nicht nur an dieWehrhaftigkeit gedacht, sondern schon ein wenig an die Tatsache, das hier auchrepräsentiert werden sollte, ganz so, wie es sich für eine edle Familie, diehier ihren Sitz hatte, gehörte. Ich konnte ein anerkennendes Nicken nichtunterdrücken.

Schließlich aber wurde mein Blick von einer Gestalt festgehalten, die ein wenig im Schatten stand und mich aus diesem heraus zubeobachten schien. Es war der Leibmagier des Barons, Magister Exkarendel. Alser erkannte, das ich ihn entdeckt hatte, verließ er seinen Aussichtspunkt undging anderen Beschäftigungen nach. Eigentlich war solch eine Haltung nicht soverdächtig, wie es mir zuerst erschien, denn welche Aufgabe hatte der werteMagister denn zu erfüllen? Er war für die Sicherheit seines Herrn auf seineureigene Weise genauso verantwortlich, wie der Hauptmann eben auf militärischeArt. Da musste man schon auf Gäste, die man nicht gut kannte, eben mehr sein Augenmerk richten. Sollten die Geschichten also doch nur auf Missverständnissenberuhen, die bei dem einfachen Mann nur deswegen nicht berichtigt wurden, weiler nicht den Einblick gewährt bekam, der hierfür notwendig gewesen wäre?

Fernes Donnergrollen kündete vom Nahen eines Gewitters, schon wollte ich mein Fenster schließen, da der Wind deutlich auffrischte, alsich sah, wie man ein Pferd in den Hof führte. Schwarz wie die Nacht, mit einem glänzenden Fell, als wäre es mit Staub aus Adamanten bedeckt. Es war gesattelt,also bereit gemacht für einen Ausritt und dies obwohl das Näherrücken des Unwetters deutlich zu vernehmen war.

Und dann erschien der Reiter. Es war der Baron höchstselbst!

So hatte mich der erste Eindruck von der Gewandung seiner Hochgeboren also nicht getäuscht. Ohne weiteres Zögern, schwang er sich in den Sattel des Pferdes, gab diesem die Spuren und mit wilden Wiehern, machte eseinen gewaltigen Satz nach vorne, so das der Baron meinem Blick so schnell entschwand, als wäre dies alles nur ein Traum gewesen. Doch es war noch nichtvorbei, denn nun kam der Junker von Silberblick aus den Stallungen herausgetreten und auch er führte ein gesatteltes Pferd an der Leine. Er gab noch einpaar Anweisungen, die ich nicht verstehen konnte, bestieg dann sein Ross undjagte seinem Herrn hinterher.

Seltsam dies alles. Ich schüttelte den Kopf und schloss das Fenster. Warum nur ritt der Baron bei solch einem Wetter aus? Was sollte dies?Niemand begab sich doch so offensichtlich in Gefahr. Niemand würde bei einem herannahenden Gewitter ausreiten, wenn es nicht unbedingt nötig wäre, außer ersuchte die Nähe des Todes. Was auch immer den Baron zu solch einer Handlung drängte, es war bestimmt interessant dies herauszufinden. Mein Aufenthalt auf Mor´Tres schien wirklich aufregend zu werden ...