Geschichten:Fremd in der Heimat - Teil 22

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Wenig später stieg er einen Karrenweg hinauf, der an der Stadt vorbei bergan führte. Konnte er den Angaben der Wache glauben – und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln – dann führte er direkt zur Burg. Je näher er ihr jedoch kam, umso stärker wurde ihm bewusst, dass sein Plan irgendwie etwas unausgereift war. Was sollte er sagen? Aus welchem Grund sollte der Baron ihn anhören oder sogar auf seine Bitte eingehen? Was hatte er dem Baron denn eigentlich anzubieten? Er konnte sie alle nach Gutdünken behandeln, sie hatten in dieser Zeit keinerlei Rechte! Unter der Last dieser Gedanken war sein Schritt nun nicht mehr so sicher und schon gar nicht weit ausholend. Mit hängenden Schultern trottete er hinauf.
„Autsch!“ Hartor rieb sich die Stirn. So ein Mist! Offensichtlich waren mit seinen Schultern auch die Augen gen Boden gesunken, so dass er nicht bemerkt hatte, dass er bereits am Burgtor angekommen war. Allerdings blieb ihm wenig Zeit, sich zu bemitleiden, denn im selben Augenblick öffnete sich eine Luke im Tor.
„Ja? Wer issen da?“
„Ähm, ich möchte zum Baron.“
„Hä? Zu w e m willste???“
Hartor war verwirrt. Hatte man ihm falsche Informationen gegeben?
„Ich möchte zu Baron Darulf!“, versuchte er es mit fester Stimme etwas förmlicher.
„Hahaha, du bist mir’n Witzbold! Baron Darulf! Nicht schlecht! Verpiss dich!“ Die Luke schloss sich wieder.
Hartor stand wie vor den Kopf gestoßen und zu allem Überfluss wuchs trotz intensiven Reibens ein beachtliches Horn an seinem Kopf. Der Wächter war offensichtlich aus ebenso hartem Holz wie das Tor. Er sah jedoch keine andere Möglichkeit, sein Leben und das der anderen zu verbessern, ja, zu retten, als hier und heute auf Einlass zu drängen. Er schlug mit fester Hand erneut an das Tor.
„Ey, ihr schlagt ja das Tor ein!“ Gelächter erscholl aus dem Inneren. Die Luke öffnete sich wieder. „Du schon wieder?“
Hartor straffte seinen Körper und erwiderte mit Nachdruck: „Ich muss sofort mit Baron Darulf sprechen, es geht um Leben und Tod!“
„Na, dann würde ich sagen, um Leben wohl weniger, wa?“ Der Wachmann grinste schief, zumindest er schien sich zu amüsieren.
„Was soll das heißen?“
„Das heißt, dass der Baron –“ „– nicht hier ist!“, ergänzte eine Stimme von innen unter heiterem Gegluckse. „Ja, ja genau, er ist nicht mehr hier.“
Hartor war sich nicht sicher, was das hier werden sollte, aber er hatte ein Ziel und das musste er unbedingt erreichen. „Dann sagt mir doch endlich, wie ich zu ihm komme!“
Der Wächter überlegte kurz und antwortete dann: „Versuch es mit Luft anhalten, zehn Minuten sollten genügen!“ Gejohle folgte, die Luke klappte zu und Hartor stand allein.
Das ist doch hier ein schlechter Witz! Was sollte das denn jetzt? Er wurde wütend, schließlich zählten die Fremmelshofer auf ihn und überhaupt, seit wann dürfen denn die Torwachen darüber entscheiden, wer vom Baron empfangen wird und wer nicht! Er trat ans Tor und begann unter energischem Trommeln zu rufen.
„Baron! Baron Darulf! Hört ihr mich? Ich habe wichtige Dinge mit Euch zu besprechen! Baron Darulf!“
„Ruhe da draußen!“
„Baron Darulf! Lasst mich rein, ich muss zum Baron!“ Er trat gegen das Tor.
Plötzlich ertönte eine Stimme. „Was ist denn hier los?!“
„Lasst mich hinein!“
„Öffnen!“, befahl die Stimme und man hörte einen Riegel. Das Tor öffnete sich und noch ehe jemand herauskommen konnte, sprang Hartor in den sich verbreiternden Spalt und drängte in die Burg.